Der letzte Engel 8: Von Dolchen und Stofftieren

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#9 of Der letzte Engel

Mit dem Edelstein im Gepäck führte Alyssa ihr Weg zurück zur Schlange. Nach einer kurzen Erklärung wie man den Stein zerstören könnte, muss Alyssa sich wieder den Weiten des Schlosses stellen. Dieses Mal jedoch nicht unvorbereitet. Dieses Mal wollte sie sich vorher erkundigen und ihr Weg führte sie aus diesem Grund zurück zu Liliths Kapelle. Kein Sex in diesem Kapitel, sorry ;)


Treu zu ihrem Wort hatten die beiden Steine Alyssa wirklich zurück in die Kapelle gebracht. Der Sack Gold den ihr Lilith angeboten hatte lag noch immer auf dem Boden und wartete nur darauf von Alyssa mitgenommen zu werden. Mit dem Gold im Gepäck machte sie sich auf dem schnellsten Weg zurück zur Schlange. Auch diese hielt ihr Wort, auch wenn sie für Alyssas Geschmack überraschend wortkarg blieb. Sie händigte ihr lediglich den Edelstein aus den sie ihr versprochen hatte. Erneut musste Alyssa sich zu Rebecca schleichen. Es schien ihr beinahe schon zu einfach zu sein und doch lief es problemlos. Mit dem nun anders leuchtenden Edelstein kam sie zurück und übergab ihn der Schlange.

„Also? Was sagst du?", fragte sie nachdem die Schlange den Edelstein mehrere Minuten lang intensiv gemustert hatte. Neugierig wartete sie auf das Ergebnis.

„Ich habe gute und schlechte Nachrichten für dich, Alyssa", sprach die Schlange als sie den Edelstein beiseite legte.

„Welche willst du zuerst hören?", fragte sie und kam nicht umhin kurz zu grinsen als Alyssa das Gesicht verzog.

„Die Guten", sagte Alyssa.

„Ich weiß wie man den Stein zerstören kann und deine Freundin befreien kann", erklärte die Schlange und doch war Alyssa nicht wirklich glücklich über diese Aussage. Sie konnte förmlich spüren dass es nicht so einfach sein würde. Etwas zögerlich fragte sie nach den schlechten Nachrichten.

„Du brauchst einen magischen Kris um ihn zu zerstören der in der Waffenkammer hier im Schloss ist", erklärte die Schlange.

„Einen was?", fragte Alyssa verwirrt.

„Einen Kris. So etwas ähnliches wie ein Dolch nur mit einer gewellten Klinge. Ich kann dir genau zeigen wo auf der Karte du die Waffenkammer findest in der er versteckt liegt. Es ist ein ganz besonderes Artefakt welches speziell dafür geschaffen wurde um magische Barrieren zu brechen. Ein sehr altes, sehr mächtiges Werkzeug", lobpreiste die Schlange den Dolch.

„Das klingt irgendwie nicht wirklich nach schlechten Nachrichten wenn du sogar weißt wo man ihn finden kann", wunderte sich Alyssa misstrauisch.

„Das liegt daran, dass ich dir noch nicht gezeigt habe wo diese Waffenkammer ist", scherzte die Schlange und bat Alyssa ihre Karte hervor zu holen.

„Hier! Genau in der Mitte der Baracken der Soldaten. Der einzige Zugang führt durch das Quartier von Madame Liavannias Heerführer. Nerzalt. Es gibt nur zwei Schlüssel. Einer ist im Gemach unserer Herrin und somit absolut unerreichbar für dich. Ihre privaten Gemächer sind mit mehr als nur simplen Schlössern gesichert und nicht einmal ich könnte dort unbemerkt eindringen. Den anderen trägt Nerzalt. Damit meine ich: Er trägt ihn immer bei sich. Am Körper. Er legt ihn nicht einmal zum Schlafen ab. Selbst wenn du es also durch den vermutlich gefährlichsten Teil des ganzen Schlosses schaffen würdest, dann müsstest du immer noch den Heerführer von Liavannias Armee außer Gefecht setzen und ihm den Schlüssel abnehmen. Ich behaupte jedoch dass du kaum eine Chance haben wirst einen der stärksten Dämonen den dieses Land je gesehen hat einfach aufs Kreuz legen kannst. Das sind die schlechten Nachrichten", erklärte die Schlange und machte es sich wieder auf ihrem Kissenberg bequem. Sichtlich entmutigt sah sich Alyssa die Karte an. Es gab keinerlei Schleichwege. Keine Rohre, keine Abkürzungen, nichts. Sie müsste mitten durch die Baracken von denen sie Lilith bereits gewarnt hatte.

„Unsichtbar müsste man sein", seufzte Alyssa und ließ sich auf den Hintern fallen. Nach einem weiteren seufzen sah sie überrascht zu der Schlange auf. Ein immer breiter werdendes Grinsen war ihr ins Gesicht gemeißelt.

„Du weißt wie das ginge! Du weißt wie man jemanden unsichtbar machen kann! Nicht wahr?", forderte sie die Schlange auf und sprang wieder auf die Beine.

„Nun, es gibt da schon eine Möglichkeit. Allerdings würde es dir nur ermöglichen bis zu Nerzalt zu kommen. Das Problem wie du ihm den Schlüssel abnehmen willst löst es nicht", gab die Schlange zu.

„Aber es ist möglich, nicht wahr?", freute sich Alyssa und fiel ihr beinahe um den Hals.

„Ich wusste auf dich ist verlass!", strahlte sie und schlang vor Freude der Schlange die Arme um die Schultern.

„Oh vielen vielen Dank! Du weißt gar nicht wie froh ich bin dass ich jemanden habe der so weise ist wie du."

„Na na. Nun übertreib mal nicht. Ich kenne mich nur in gewissen Punkten aus", beschwichtigte sie die Schlange. Alyssa hätte beinahe laut gelacht als sie den Tonfall der Schlange gehört hatte. Sie war tatsächlich verlegen. Sie hätte nicht gedacht dass sie tatsächlich einmal einen Schwachpunkt bei der scheinbar allwissenden Schlange finden würde und schon gar nicht, dass es Lob war.

„Wie funktioniert es? Gibt es einen Trank? Einen Talisman? Einen Zauber?", fragte Alyssa und ließ von der Schlange ab. Wenn sie genau hinsah konnte sie eine leichte Röte auf den Gesichtsschuppen der Schlange sehen, verkniff sich jedoch sie darauf hinzuweisen.

„Einen Trank aber freu dich nicht zu früh! Ein Unsichtbarkeitstrank ist schwer herzustellen und die Zutaten dafür allesamt sehr selten. Ich habe einige davon hier, aber nicht alle. Du müsstest sie erst besorgen. Nachtschattenwurzel um genau zu sein. Sie ist der Grundbestandteil für alle höheren Tränke und Gifte."

„Alles was du brauchst! Sag mir nur wo ich es finden kann", sprudelte es aus der Maus hervor. Ihre momentane Glückssträhne musste sie einfach so schnell es ging weiter ausnützen. Es war selten dass ihr so viel hintereinander wirklich geglückt war und sie wollte auf keinen Fall abwarten bis dieser Funken Glück verloschen war.

„Es gibt einen Kräutergarten hier im Schloss. Zumindest wenn man diesen Dschungel so nennen will. Er wird von einer Dryade geführt und beherbergt einige der seltensten und giftigsten Kräuter die die Hölle je gesehen hatte. Die Dryade ist Liavannias persönliche Alchimistin. In ihrer Sammlung findest du garantiert was du suchst. Allerdings ist sie ziemlich eigen wenn es um ihre Pflanzen geht. Sie wird sie auf keinen Fall freiwillig rausrücken. Dieses Miststück verteidigt jedes verdammte Gänseblümchen mit dem Leben. Liavannia ist die einzige die überhaupt in den Garten darf. Alle anderen werden sofort von ihr vor die Tür gesetzt. Wenn sie Glück haben", grummelte die Schlange und sprach dabei vermutlich aus persönlicher Erfahrung.

„Wenn du es tatsächlich schaffen solltest die Zutaten zu besorgen, dann würde ich dir den Trank sogar brauen. Es braucht nicht viel von den jeweiligen Kräutern und der Überschuss würde mir als Bezahlung mehr als ausreichen. Allerdings wirst du mit der Dryade noch weniger Glück haben als mit Nerzalt. Sie ist eine verdammte Schlampe die so stur ist wie roher Fels. Da ich aber in deinen Augen schon sehe, dass du dich entschieden hast, kann ich dir nur viel Glück wünschen. Ich will mit dieser Hure nichts zu tun haben also bist du auf dich alleine gestellt wenn du sie aufsuchen willst. Der Garten ist auf der Karte verzeichnet. Du solltest ihn also ohne Probleme finden können", erklärte die Schlange und widmete sich anschließend der glühenden Kohle am Kopf ihrer Wasserpfeife. Das Gespräch schien für sie beendet zu sein und sie schien Alyssa zu ignorieren. Alyssa verstand dass es ein Wink mit dem Zaunpfahl war, dass sie nicht mehr darüber reden wollte. Es war offensichtlich dass die Schlange bereits eine Vorgeschichte mit der Dryade hatte und sie wollte nicht alte Wunden aufreißen. Wenn die Schlange jedoch nicht mit ihr reden wollte, dann müsste sie es mit jemand anderes tun. Die Idee gefiel ihr zwar nicht ganz so gut, aber immer noch besser als vollkommen blind loszulaufen. Sie bedankte sich kurz und verschwand anschließend wieder aus dem Gemach der Schlange.

Im stillen Gedenken sprach sie ein Dankgebet an Illias für den Umhang der sie als Dienstbotin markierte. Sie konnte frei im Schloss herumlaufen und musste sich nicht länger hinter jeder Ecke verstecken. Es überraschte sie wie gut sie sich bereits zurechtfand. Sie musste nur ein einziges Mal zur Kontrolle auf die Karte blicken bevor sie wieder dort Stand wo sie aufgehört hatte.

„Lilith!", rief sie in die leere Kapelle. Nichts rührte sich. Verwundert versuchte es Alyssa noch einmal. Wieder keine Reaktion. Schulterzuckend begann Alyssa sie zu suchen. Sie hatte das Gefühl, dass sie nicht weit sein könnte und so versuchte sie es zuerst in den Räumen die direkt an die Kapelle angrenzten. Sie wusste es zwar nicht, doch sie vermutete dass Lilith's private Gemächer vermutlich an der Stelle des Gemachs des Priesters waren. Da diese Kapelle in jedem Punkt eine echte widerspiegelte, hatte sie kaum Mühe diese zu finden. Anstelle von Bildern der Heiligen und Propheten waren die Gänge zwar mit mehr als verwerflichen Abbildungen dekoriert, doch man konnte sie ignorieren. Man konnte. Alyssa konnte es nicht. Auf mehr als einem Bild sah sie Lilith die gerade beim Sex zu sehen war. Mit Menschen. Mit Dämonen. Männern. Frauen. Tieren. Alyssa schüttelte schockiert den Kopf als sie ein Bild sah wie sich zwei Hengste mit Lilith vergnügten. Wie so etwas überhaupt möglich war versuchte sie nicht weiter zu hinterfragen. Als sie endlich die Tür erreichte die sie gesucht hatte trat sie ohne zu zögern ein.

Alyssa stockte der Atem. Mit einer Hand vorm Mund versuchte sie jedes Geräusch zu vermeiden. Sie wusste, wenn sie jetzt ein Geräusch machen würde, dann würde das auf keinen Fall gut ausgehen. Mit jeder Faser ihres Körpers versuchte sie still zu sein. Sie scheiterte kläglich. Lauthals brach sie lachend auf dem Boden zusammen und musste sich den Bauch halten. Lilith sprang hastig aus ihrem Bett und sah sich verwirrt um bevor sie Alyssa erblickte und eilig etwas unter ihre Bettdecke stopfte. Mit einem Rot welches man ihrer gebräunten Haut gar nicht zugetraut hätte ging sie auf Alyssa zu und packte die Maus im Nacken und riss sie in die Höhe. Wutentbrannt starrte sie die lachende Maus an und fletschte bedrohlich die Zähne. Alyssa jedoch konnte die Drohung nicht ernst nehmen. Nicht wenn sie so heftig lachte dass sich Tränen in ihren Augenwinkel bildeten.

„Ein Wort! Ein einziges Wort! Sprich nur ein einziges gottverfluchtes Wort und ich werde dafür sorgen dass selbst deine Ahnen den Tag deiner Geburt verfluchen werden!", spie ihr Lilith entgegen und legte so viel Hass in ihre Stimme dass sie vermutlich Granit hätte verätzen können. An der lachenden Maus jedoch prallte er ab wie Wasser an einer Glasscheibe. Mit einer Handbewegung ließ sie die Maus fallen und stellte sich vor sie.

„Was willst du überhaupt hier?", fragte sie sichtlich genervt. Alyssa die zwar hart auf dem Boden landete, sich aber langsam wieder einkriegte brauchte noch einen Moment. Als sie sich sicher war genug gelacht zu haben um die letzten Wochen, wenn nicht sogar Monate aufgeholt zu haben sah sie entschuldigend zu der Succubus auf.

„Es tut mir leid. Wirklich. Es tut mir wirklich leid ich wollte nicht lachen aber ...", erneut musste sie ihre Hand vor den Mund halten um nicht erneut loszuprusten. Lilith verdrehte die Augen und wandte ihr den Rücken zu.

„Raus hier!"

„Nein! Warte!"

Sofort riss sich Alyssa zusammen. Sie konnte nicht riskieren blind zu der Dryade zu gehen und Lilith noch weiter zu verärgern war keine Lösung.

„Ich meine es ernst. Es tut mir wirklich leid. Bitte verzeih mir!", sprach sie so demütig wie sie nur konnte. Es half ihr, dass sie früher im Kloster genug Übung in Sachen Demut gehabt hatte.

„Ich brauche deine Hilfe. Ich habe doch sonst niemanden außer dir", versuchte sie und sah mitleidig zu Lilith auf. Obwohl ihr die Dämonin den Rücken gekehrt hatte konnte sie förmlich spüren wie diese mit den Augen rollte.

„Ich bin ein Succubus. Wir haben den Welpenblick erfunden! Die Nummer zieht nicht", winkte sie Alyssas versuch ab.

„Verschwinde, ich habe dir nichts zu sagen", beendete sie das Gespräch und ging wieder zu ihrem Bett.

„Ich erzähle es ihr!", rief ihr Alyssa entgegen bevor sie sich zum wiederholten Male die Hand auf den Mund schlug. Dieses Mal jedoch nicht um ein Lachen zu verhindern sondern weil sie wirklich die Worte bereute. Eine Dämonin wie Lilith zu erpressen schien ihr einfach nur dumm doch sie hatte es gerade getan. Lilith fror in der Bewegung ein und wandte sich anschließend betont langsam zu ihr um. Alyssa schluckte als sie spürte wie es in dem Zimmer kälter wurde. Nackte Angst kroch ihr zusammen mit der Kälte in den Körper und nun bereute sie ihre Worte wirklich.

„Du wagst es mir zu drohen?", fragte Lilith in neutralem Tonfall und doch ließ ihre Stimme Alyssa zusammenzucken.

„Mich zu erpressen?", fragte sie etwas lauter bevor sie ihren Tonfall wieder ebnete.

„Nenn mir einen Grund warum ich dich nicht auf der Stelle umbringen sollte? Es wäre nur ein Fingerschnippen um dir dein kleines Genick zu brechen und dich für immer zum Schweigen zu bringen! Einen Grund warum ich dich nicht in Ketten legen sollte und einfach in den Kerker werfen sollte? Oder in die Gruben oder die Baracken! Einen. Verdammten. Grund!", spie sie ihr entgegen und packte Alyssa am Kragen um sie mit einer Hand zu sich hoch zu ziehen. Ihre feminine Statur sprach eindeutig Lügen über ihre wahre Kraft. Zum wiederholten Male wurde Alyssa klar, dass sie es nicht mit irgendjemanden zu tun hatte. Lilith war eine mehr als mächtige Dämonin und der Versuch ihr zu drohen war Selbstmord. Nackte Angst ließ Alyssas Pupillen zittern und lähmte ihren Mund.

„Ich warte!", sprach Lilith zornig.

„Ich kann dir helfen!", platzte es aus Alyssa heraus und sie wusste selbst nicht wie sie darauf gekommen war. Lilith jedoch schien noch deutlich verwirrter von ihrer Aussage zu sein.

„Mir helfen? Wovon redest du?", fragte sie kurz davor die Geduld zu verlieren.

„Du magst sie! Sehr sogar. Stimmt's? Ich kann dir helfen. Mit ihr, aber bitte lass mich am Leben", flehte Alyssa und versuchte so ruhig zu reden wie ihre momentane Panik es ihr erlaubte. Für einen Moment war blankes Unverständnis in Liliths Gesicht zu sehen bevor sie scheinbar resignierend die Schultern hängen ließ und Alyssa auf den Boden fallen ließ. Alyssa war sich nicht sicher, doch für einen Moment glaubte sie Enttäuschung in ihrem Blick zu sehen.

„Geh, Alyssa. Für dich gibt es hier nichts zu tun", sprach sie und wandte sich von ihr ab. Es überraschte Alyssa wie sehr es ihr in der Brust stach diese Worte zu hören. Wie viel Mitleid sie mit dem Dämon hatte der eben noch gedroht hatte sie umzubringen und noch Schlimmeres.

„Ich brauche deine Hilfe, Lilith. Bitte hilf mir. Es war dumm von mir zu lachen und noch dümmer zu versuchen dich zu erpressen. Es tut mir wirklich von ganzem Herzen leid. Bitte verzeih mir. Es ist nur, du hast mir bisher geholfen und ich hatte gehofft, dass wir Freunde sind", stammelte Alyssa vor sich hin.

„Freunde?", Lilith drehte sich nicht zu ihr um und doch sah sie wie sie ihren Kopf schüttelte.

„Alyssa! Verstehst du eigentlich in welcher Lage du hier bist? Ist dir eigentlich klar wo du hier bist? Mit wem du hier redest? Um was du mich bittest?", fragte sie und ließ den Vorwurf in ihrer Stimme klar mitschwingen.

„Du bist ein Eindringling. Eine Ordensschwester. Eine Dienerin des Himmels! Herrgott nochmal Alyssa du bist hier in der Hölle! Buchstäblich! Es gibt keinen Ort auf der ganzen Welt der weiter Weg von deinem Himmel ist als dieses Schloss! Du kannst dir gar nicht vorstellen was für ein unbeschreibliches Glück du bisher hattest überhaupt noch am Leben zu sein! Selbst die Engel deiner geliebten Illias flüstern nur über diesen Ort! Ich habe nicht den blassesten Schimmer welche Dämonen oder Götter oder beides dir hold waren dass du so lange überstanden hast aber vergiss nicht, niemals, wer du bist und wo du bist! Vor allem jedoch: Vergiss nicht wer dir gegenübersteht! Ich bin ein Dämon, Alyssa! Ich habe Sünden begangen die du dir in hundert Leben nicht vorstellen könntest. Ich habe gegen Engel gekämpft und ihnen die Flügel aus dem verdammten Leib gerissen und dabei gelacht! Ich habe gefoltert, geschändet, gemordet, versklavt und verwüstet! Ich bin eine der höchsten Gefolgsleute von Liavannia! Wir sind vieles Alyssa. Allem voran Feinde, aber eines sind wir ganz sicher nicht, Freunde! Vergiss das niemals!", spie ihr Lilith ins Gesicht.

„Es ... es tut mir Leid", entschuldigte sich Alyssa auch wenn sie gar nicht so genau wusste wofür. Sie hatte keinen Zweifel daran, dass alles was Lilith ihr gesagt hatte stimmte. Sie hatte die Bilder draußen am Gang schließlich gesehen. Es von ihr persönlich zu hören war zwar schlimmer als es nur zu sehen, aber dennoch hatte sie nicht das Gefühl vor einem Monster zu stehen.

„Ich dachte weil du letztens gesagt hast, dass du mich unbedingt willst dass ..."

„Beute!", unterbrach sie Lilith scharf.

„Du bist Beute für mich Alyssa! Ich will dich, weil es schwierig ist! Weil du eine Herausforderung bist! Verstehst du?", fragte sie und wirkte tatsächlich verwundert, dass sie es Alyssa so deutlich erklären musste.

„Ich könnte dich problemlos sofort in Ketten legen und brechen. Es würde nicht länger als zwei oder drei Tage dauern und du wärst nur noch eine gefügige Sklavin wie alle anderen hier auch! Der einzige Grund warum ich es nicht tue ist, weil es langweilig wäre. Nicht aus Zuneigung oder Freundschaft sondern nur weil es für mich eine Beschäftigung ist!"

„Ich weiß", seufzte Alyssa und ließ den Kopf hängen.

„Ich weiß das wir keine Freunde sind aber ... aber darf ich es trotzdem denken?", fragte sie Lilith und sah mit glasigen Augen zu ihr auf. Vollkommen verständnislos sah Lilith sie an.

„Wieso ... wieso willst du das denken?", fragte Lilith sie fassungslos.

„Wieso willst du dir selbst vorlügen dass jemand wie ich deine Freundin sein soll?"

„Ich werde hier nicht raus kommen oder?", fragte Alyssa überraschend ernst. Ihre Stimme betrog eindeutig ihre übliche Naivität. Es lag ein Realismus in ihr der Lilith beinahe weh tat. Alyssa hatte sie bisher nicht so ernst gesehen. Sie war eine naive kleine Gutmaus. Eine Dienerin des Himmels die gedankenverloren umherirrte. Dennoch wurde Lilith das Gefühl nicht los, dass sie sich von ihr hatte täuschen lassen. Alyssa wusste ganz genau in welcher Lage sie war und vor allem auch, wie aussichtslos sie war. Warum sie dennoch nicht aufgab war ihr einfach unerklärlich.

„Nein. Dieses Schloss wird dein Grab sein. Wie gesagt, es ist ein Wunder, dass es das noch nicht schon längst geworden ist", antwortete ihr Lilith wahrheitsgemäß.

„Wenn ich schon sterben muss, dann will ich nicht alleine sein. Ich will dir nichts von meiner Kindheit erzählen. Nichts von meinen Eltern oder dem Kloster. Es würde nichts ändern und nur jämmerlich klingen. Rebecca hat mich nicht einfach aus dem Kloster mitgenommen. Sie hat mich gekauft. Ich wurde verkauft wie eine Sklavin und trotzdem habe ich mich so sehr gefreut an diesem Tag das ich es gar nicht wahrhaben wollte. Ich dachte ... ich dachte ich hätte endlich jemanden gefunden dem ich etwas bedeute aber Rebecca wollte nur einen Packesel. Es hätte mir vermutlich mehr ausgemacht, hier drinnen alleine zu sein, wenn ich es nicht schon gewohnt gewesen wäre. Du kannst dir gar nicht vorstellen wie sehr ich mich gefürchtet habe als ich der Schlange begegnet bin. Wie wütend ich war als ich gesehen habe wie du die Messe pervertiert hast. Welche Angst ich hatte als du mir gesagt hast ich müsse das Gebetbuch aus dem Gerangel holen. Ich hatte Todesangst. Trotzdem. Ihr beide. Die Schlange und du, ihr ... ihr habt mir geholfen. Ihr wolltet immer eine Gegenleistung aber so war es immer. Es musste für alles immer eine Gegenleistung geben. Ihr beide wart aber die ersten die ehrlich genug waren es offen zu sagen. Mit offenen Karten zu spielen. Ihr habt mir erlaubt selbst zu entscheiden. Mehr oder weniger. Ihr habt mich aber nie belogen und ich ... ich bin euch dankbar dafür. Du magst ein Dämon sein und vermutlich will ich gar nicht wissen was die Schlange wirklich ist aber ... aber ich ... ich weiß nicht wie ich es sagen soll ich ... ich habe die Zeit mit euch genossen. Ich muss mich nicht verstellen wenn ich bei euch bin. Ihr seht mich genau so wie ich bin. Schwach, hilflos, verloren und trotzdem scheint ihr mich nicht zu hassen. Das ist mehr als ich bisher bekommen habe und daher will ich zumindest glauben das wir Freunde sind. Ich habe nichts mehr. Hier in diesem Schloss habe ich vermutlich selbst mein Leben nicht mehr lange. Darf ich denn nicht zumindest diese eine Lüge haben?", fragte sie Lilith.

„Belüg dich selbst so viel du willst. Es kümmert mich nicht. Ihr Name ist übrigens Shakazara", sprach Lilith und ging zu einem Sessel in ihrem Zimmer. Sie schwang die Füße über die Lehne und ließ die Flügel über die andere Seite baumeln während sie Alyssas irritierten Blick genoss. Nach einer Weile winkte Lilith mit der Hand ab.

„Du kannst dir ja wohl kaum vorlügen wir wären deine Freunde wenn du nicht einmal unsere Namen kennst, nicht wahr?", fragte Lilith und ließ zum ersten Mal seit Alyssa in ihr Zimmer gekommen war ein Lächeln auf ihrem Gesicht durchblitzen. Sofort sprang Alyssa auf und fiel der Succubus um den Hals. Während Lilith wenig überzeugend mit den Augen rollte überschlug sich Alyssa damit ihr zu danken. Sie hielt es kaum eine halbe Minute aus bevor sie die Maus von sich weg stieß. Mit einem schwachen Lächeln wischte sie sich Tränen von ihrem weißen Fell und schien mit jeder Sekunde verlegener zu werden. Offenbar wurde ihr erst jetzt klar wie tief sie Lilith gerade ihr Herz ausgeschüttet hatte.

„Also was willst du? Du bist sicher nicht zum Tee mit deiner besten Freundin hier, auch wenn ich einige wirklich hervorragende Sorten im Angebot hätte aber das tut nichts zur Sache, stimmt's?", fragte Lilith.

„Ich muss in den Garten. Die Schlange"

„Shakazara"

„Shakazara, danke, sie meinte sie bräuchte einige Kräuter von dort um mir mit Rebecca zu helfen. Sie wollte nicht über die Dryade sprechen die dort das Sagen hat und da dachte ich mir, vielleicht weißt du etwas darüber", erzählte ihr Alyssa.

„Flora", begann Lilith, winkte dann jedoch sofort abfällig mit der Hand, „wir wissen alle, dass das nicht ihr echter Name ist aber sie besteht darauf. Eingebildete Schlampe. Egal. Flora wird sich nur über ihre Leiche von ihren Kräutern trennen und du würdest verdammt gut daran tun Shakazara nicht zu erwähnen wenn du in ihrer Nähe bist", riet ihr Lilith. Da sie bereits ahnen konnte was Alyssa als nächste fragen würde kam ihr Lilith zuvor.

„Die beiden hatten mal was miteinander", seufzte Lilith. angestrengt. Es war offensichtlich was sie von dieser Beziehung hielt.

„Vor hundertzwanzig Jahren oder so. Waren beide Alchemisten und Flora hat sie gnadenlos ausgenutzt um den Posten bei Liavannia zu bekommen. Shakazara wollte sie daraufhin umbringen und Flora sie im Gegenzug dafür dass Shakazara sie umbringen wollte. Das ganze ging fast sechzig Jahre lang in denen sich die beiden ständig an die Gurgel gingen und sich umbringen wollten bis Liavannia endlich der Kragen geplatzt ist. Sie hat die beiden Furien getrennt und ihnen verboten sich noch einmal zu begegnen. Da Liavannias Wort hier Gesetz ist, haben sich die beiden in ihren Bereichen eingeschlossen und sind seitdem nicht mehr raus gekommen aus Angst sie könnten sich zufällig begegnen und Liavannias Zorn riskieren. Du hast ja keine Ahnung was das für eine Erleichterung hier im Schloss war. Die beiden waren unausstehlich in der Zeit. Wie dem auch sei, ich schweife ab. Was willst du genau wissen?", fragte Lilith.

„Und sie sind wirklich seit sechzig Jahren nicht mehr aus ihren Bereichen raus?", fragte Alyssa ungläubig.

„Nicht einen Meter. Glaub mir, Liavannias Zorn hat eine ganz andere Größenordnung als du dir vorstellen kannst. Die meisten hier würden lieber nackt und mit den Händen hinterm Rücken gefesselt alleine gegen die Tore des Himmels anstürmen als Liavannias Zorn auf sich zu ziehen. Sie hat Mittel und Wege die weit über normale Folter hinausgehen und sie hat absolut keine Skrupel sie einzusetzen."

„Kann man aus Nachtschattenwurzel auch ein Gift herstellen welches mächtige Dämonen tötet?", fragte Alyssa und Lilith sah sie neugierig an. Diese Frage war überraschend spezifisch gewesen und sie wusste nicht so recht was sie mit Alyssas Gesichtsausdruck anzufangen hatte. Die Maus hatte einen Plan. Sie hatte einen Plan von dem sie selbst dachte er könnte funktionieren. Diese Tatsache verblüffte Lilith am meisten.

„Ja, ein ziemlich starkes sogar. Für so ziemlich jeden der mächtigen Tränke ist das die Grundzutat. Darum ist Flora auch so wichtig für Liavannia. Sie ist die einzige die dieses Gewächs züchtet, beziehungsweise züchten kann", erklärte Lilith. Sie war neugierig wohin dies führte und beschloss mitzuspielen.

„Shakazara ist auch eine mächtige Dämonin, so wie ich das verstanden habe, richtig? Ein normales Gift würde bei ihr also nicht wirken, oder?", fragte Alyssa und nun setzte sich Lilith aufrecht auf den Stuhl.

„Wenn du auch nur daran denkst Shakazara zu vergiften dann ..."

„Nein! Nein! Um Himmels Willen, ich würde ihr nie etwas antun. Ich habe mir überlegt ...", und so begann Alyssa ihren Plan zu erklären. Lilith hörte überraschend aufmerksam zu, stellte ein paar Fragen, blieb sonst jedoch stumm.

„Du hast den Verstand verloren", beschloss Lilith als Alyssa fertig war.

„Das ist der vermutlich dümmste Plan den ich jemals gehört habe und das Schlimmste an der ganzen Sache ist, dass er sogar funktionieren könnte", seufzte Lilith sehr zu Alyssas Freude. Die Succubus stütze die Ellenbogen auf die Knie und legte ihr Gesicht in ihre offenen Handflächen bevor sie durch ihre Hände ein paar Mal atmete. Als sie fertig war strahlte sie Alyssa immer noch an.

„Ich kann einfach nicht glauben dass ich das sage aber nehmen wir einmal an du schaffst es. Spielen wir einmal das völlig hirnrissige Szenario durch, du hättest Erfolg und bekommst die Kräuter und schaffst es lebendig zu Shakazara zurück. Was dann?", fragte Lilith.

„Dann hilft sie mir einen Unsichtbarkeitstrank herzustellen mit dem ich zur Waffenkammer von Nerzalt komme. Dann werde ich ihm irgendwie seinen Schlüssel abnehmen. Ich weiß noch nicht genau wie aber ich habe noch Zeit das zu überlegen. Wenn ich in der Waffenkammer bin hole ich mir diesen Kris"

„Dolch!"

„Was?"

„Dolch! Es ist ein verdammter Dolch mit gewellter Klinge. Ich habe keine Ahnung warum sie immer mit ihren Fremdwörtern angeben will aber lass dich darauf gefälligst nicht ein. Es ist ein Dolch und Punkt!"

„Also gut, dort hole ich mir diesen magischen Dolch und befreie damit Rebecca und wir flüchten aus dem Schloss!", beendete Alyssa ihre Geschichte und hatte dabei das selbstsichere Grinsen eines Schulkindes im Gesicht welches vollstes Vertrauen in seine Fähigkeiten für eine Prüfung hatte ohne auch nur einen Strich dafür gelernt zu haben. Lilith hasste es.

„Du willst also, natürlich nachdem du bei Flora schaffst was den mächtigsten Dämonen misslungen ist, weiterziehen zu Nerzalt. Nerzalt dem Schlächter! Dem Heerführer von Liavannia und besten Strategen und Krieger den dieses Zeitalter je gesehen hat, willst ihm irgendwie das Wichtigste stehlen was dieser Dämon besitzt und geschworen hat mit seinem Leben zu verteidigen nur um dich dann, wie ich vermute ohne zweiten Unsichtbarkeitstrank durch die Baracken zurück zu Rebecca zu begeben und mit ihr zusammen diese Burg verlassen?", rekapituliere sie Alyssas Plan und kam nicht umhin durchgehend mit dem Kopf zu schütteln.

„Du hast es bewusst schwerer ausgedrückt als ich!", beschwerte sich Alyssa schmollend.

„Schwerer? Ich habe ... Du ...", schrie Lilith sie plötzlich an bevor sie Inne hielt. Mit einem tiefen Atemzug beruhigte sich Lilith. Sie konnte das einfach nicht. Es war einfach zu viel für Lilith. Sie hatte ihr täglich zumutbares Pensum an grenzdebilem Optimismus schon zu weit ausgereizt.

„Weißt du was? Viel Glück Alyssa! Du wirst es brauchen", antwortete sie stattdessen überraschend ruhig und ging zu ihrem Bett zurück. Sie brauchte eine Pause. Alyssa wäre noch ihr Tod wenn sie so weiterreden würde.

„Danke für alles, Lilith!", bedankte sich Alyssa und machte sich zur Tür auf.

„Wenn du es ihr erzählst ..."

„Dann wird die Hölle selbst über mich hereinbrechen, ich weiß. Ich werde schweigen wie ein Grab!", versicherte ihr Alyssa.

„Braves Mädchen!", sprach Lilith und legte sich zurück in ihr Bett. Als sie sich sicher war, dass die Tür geschlossen war und sie ungestört war, zog sie ihr Stofftier wieder unter der Decke hervor. Sie legte die arme um den Körper der grünen Stoffschlange und beruhigte sich in dem Wissen, dass Alyssa die nächsten Stunden vermutlich nicht überleben wird. Ihr Geheimnis war also sicher denn sie würde buchstäblich wie ein Grab schweigen.