Digimon Data Story - Episode II: Wie es begann...

Story by Claine-kun on SoFurry

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#2 of Digimon Data Story


Die bislang längste Episode. Ich hoffe, es macht euch Spaß, zu lesen ;).

Episode II

Wie es begann

Marc Scott

Der Nachmittag verging ereignislos und langweilig. Da es zu regnen anfing, konnte ich draußen nichts machen. Schon seltsam, dass es erst brütend heiß war und im nächsten Moment ein Regen losbrach, als würde die Sintflut hereinbrechen. So war das Wetter aber in der letzten Zeit. Es spielte einfach verrückt.

Am nächsten Tag traf ich auf den Weg zur Schule Yamazaki. Eigentlich war er immer vor mir und als Erster in der Klasse. Aber dieses Mal schien er auf mich gewartet zu haben. Ich grüßte ihn und beide gingen wir los.

„Heute gibt es die Zeugnisse.", meinte Yamazaki.

„Ja, endlich. Morgen kann ich mal so richtig ausschlafen. Das habe ich schon seit einiger Zeit vermisst."

Die Straßen waren schon um diese Zeit sehr voll, da die meisten Menschen zur Arbeit fuhren. Auf den Bürgersteigen tummelten sich allerlei Leute, von Arbeitenden über Schülern, bis zu Hausieren. Einer wollte uns sogar etwas andrehen, ein Haarwuchsmittel. Glücklicherweise konnte ich ihn abwimmeln.

Dann trafen wir an der Schule ein. Vor dem Eingang herrschte aber ein Gewimmel, wo man sich gegenseitig auf die Füße trat. Ich fragte einen der Schüler, was denn los sei.

„Angeblich wurde ein Monster in einer der Abstellkammern gefunden, als der Hausmeister die Schlüssel holen wollte."

„Ein Monster? Das kann doch nur ein Scherz der Abschlussklasse sein."

Da schrie plötzlich jemand und die Menge teilte sich. Ich und Yamazaki traten auch zur Seite und sahen zwei Polizisten, die ein blaues, drachenähnliches Monster zwischen sich führten. Der Schrei war offensichtlich von diesem Wesen gekommen.

„Lasst... mich!", schrie der kleine Drache. Doch da kam ein Mädchen angerannt, dass sich einen Weg zwischen den Schülern bahnte.

„Halt!", rief es. „Bitte, führt ihn nicht weg. Er... ist mein kleiner Bruder!" Das kurze Stocken schien nur ich zu bemerken.

„Dein kleiner Bruder?", fragte einer der Polizisten zweifelnd.

„Er hat sich nur verlaufen, als ich ihm die Schule gezeigt habe. Heute ist in seiner Schule ein Kostümwebbewerb..."

Der Polizist sah den anderen fragend an, der offensichtlich sein Chef war. „Was tun?"

Der Kommissar blickte das Mädchen durchdringend an und sie schauderte kurz.

„Sagst du auch die Wahrheit, Mädchen?", fragte er ernst.

„Ja, natürlich!", bekräftigte sie ihre Worte. „Könnte jetzt... Mo zu mir kommen?"

Der Polizist schien mit sich zu ringen, doch dann ließ er den „Bruder" des Mädchens los und dieser stolperte auf sie zu. Beide verzogen sich wieder in die Menge, an einem Punkt, wo sie keiner störte.

Die Polizisten redeten kurz miteinander, dann wandte sich der Kommissar wieder an die Schüler.

„Gut!", rief er. „Das Schulgebäude ist wieder freigegeben!"

Sofort strömten die Schüler auf das Gebäude zu und der Unterricht wurde wieder aufgenommen. Kurz warf ich einen Blick auf das Mädchen, dessen „Bruder" nun seltsamerweise verschwunden war. Aber ich sah eine Beule in ihrem Rucksack, die sich ab und zu bewegte.

Der folgende Unterricht war langweilig, abgesehen von den Videos, die wir uns ansahen, da es sich nicht mehr lohnte, irgendwas anzufangen. Die Zeugnisausgabe aber war wieder ein Highlight für sich, denn es passierte etwas, das mal wieder für Gesprächstoff sorgen würde. Und zwar für massig Gesprächsstoff.

Unser Klassenlehrer, ein Deutscher mit dem klangvollen Namen Rosenkranz, wollte uns gerade die Zeugnisse geben, als die Tür aufgerissen wurde. Verwundert hielt er inne und sah nach unten. Dort stand wieder der „Bruder" des Mädchens und keuchte. Da sah man auch schon um die Ecke die „Schwester" flitzen. Sie war ebenso außer Puste und fluchte, was das Zeug hielt. „Mo, was sollte das?", fragte sie.

„Ich spüre etwas, Nanako-chan!", erwiderte Mo mit seiner piepsigen Stimme. „Ein Digital Gate wird hier aufgehen!"

„Red' nicht so einen Unsinn!", fuhr sie ihn an. Erst jetzt schien sie die anderen in der Klasse und Rosenkranz zu bemerken. „Oh... äh...", murmelte sie.

Dann geschah noch etwas Seltsameres. Auf einmal begann die Luft hinter dem Lehrerpult zu flimmern. Zunächst war es, als ob man an einem heißen Tag durch die Luft sähe, oder durch Feuer. Doch dann begann sie zu flackern und die Luft verdichtete sich. Sie formte sie zu einem Loch, das an den Rändern golden schimmerte und innen seltsame Zeichen zu sehen waren. Mo keuchte und rief:

„Ihr müsst hier raus!"

Doch es war bereits zu spät. Ein Summen drang aus dem Loch und wurde schnell lauter. Dann schoss eine Biene aus dem Hohlraum heraus und über unseren Köpfen hinweg.

„Verdammt!", schrie das Mädchen, was das seltsame Wesen „Nanako" genannt hatte. „Mo, wir müssen etwas tun!"

„Aber doch nicht hier, bei dem vielen Menschen!", entgegnete er und blickte sie an.

„Du hast Recht...", meinte sie und sah sich um. „Was tun?"

Die Biene drehte um und stand nun in der Luft.

„Hier kommt ihr nicht mehr raus!", summte sie. Anscheinend waren diese beiden Monster in der Lage zu sprechen, fuhr es mir jetzt durch den Kopf. Ich hatte die ganze Zeit nur auf das Drachenmonster gestarrt und erst jetzt registrierte ich, wie gefährlich unsere Situation war. Wenn diese beiden Monster, wie angekündigt von Mo, miteinander kämpfen würden, würden wir höchstwahrscheinlich getroffen werden.

„Macht, dass ihr verschwindet!", rief Nanako und lief zu mir herüber. Ich blickte sie überrascht an und sprang dann auf. Rosenkranz sah uns verblüfft an, besann sich dann aber auf seine Rolle als Lehrer und gab Anweisungen.

„Alle raus!", rief er uns zu. „Keine Panik, und alle in Reih' und Glied!"

Die Klasse stand geschockt auf, die Ansage wäre wohl nicht nötig gewesen. Einzig und allein Yamazaki schien ruhig zu sein, denn er folgte den Anweisungen sachlich und berechnend.

Wir alle folgten unserem Lehrer hinaus, während das Bienenmonster über uns dieses Schauspiel mit kaltem Interesse beobachtete. Ich fragte mich, was das Mädchen mit ihrem Monster gegen dieses Vieh ausrichten wollte. Vermutlich besaß es einen giftigen Stachel oder etwas in der Art. Doch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, waren wir draußen und Rosenkranz schloss die Tür.

Nanako Ishida

Ich wandte mich wieder dem HoneyBeemon zu, was nun geringschätzig die Tür ansah.

„Wenn ich euch erledigt habe, werde ich mich um die da kümmern. Sie kommen nicht weit.", sagte es summend und lachte dann. Ich schnaubte.

„Das du dich da mal nicht irrst!", sagte ich entschieden und sah zu meinem V-Mon. „Mo, bist du bereit?"

„Immer doch, Nanako-chan!", grinste er und ballte die Fäuste.

Ich nickte und holte mein DigiVice Card heraus, welches ich die ganze Zeit, seit Mo aus meinem Rucksack entkommen war, in der Tasche hatte.

Nun begann der Kampf. Mo stürmte vorwärts und begann, um das HoneyBeemon herumzulaufen. Damit versuchte er, es zu verwirren. Ich hoffte, dass dies klappen würde. Sonst musste ich wohl mit einer Karte nachhelfen.

Das HoneyBeemon schien nur kurz verwirrt zu sein, denn nach einigen Sekunden, in denen es nur dumm vor sich hingestarrt hatte, grinste es und meinte:

„So kannst du mich nicht täuschen. Ich zeig dir mal jetzt, was ich kann!"

Es flog ein Stück nach hinten und wendete dann. Mit hohem Tempo flog es auf Mo zu begann, Giftstachel auf es abzufeuern. Mo aber wich geschickt aus und verpasste, als es nah genug heran war, ihm einen Kinnhaken, der es nach hinten donnern ließ. Es knallte gegen die Wand und war kurz benommen. Darin sah ich unsere Chance.

„Card Shalsh!", rief ich und zog eine Schnelligkeits-Karte durch mein DigiVice. „Speed-PlugIn H!"

Mos Geschwindigkeit wurde damit kritisch erhöht und somit konnte er das HoneyBeemon ausschalten, bevor es wieder zur Besinnung kam. Mit voller Wucht traf er mit einem V-Kick das Bienenmonster, dann ging Mo zum finalen Angriff über.

„V-Tornado!", rief er und drehte sich, dank der Speed-PlugIn-Karte, mit sehr hoher Geschwindigkeit und rotierenden Fäusten auf HoneyBeemon zu. Es wollte gerade die Augen öffnen, doch da wurde es schon getroffen und stieß einen spitzen Schrei aus. Die Daten, die es bei seinem Tod zurück ließ, kehrten in die Digital World zurück. Mo seufzte und ging auf mich zu.

„Das war knapp.", meinte er. „Gut, dass wir gerade noch rechtzeitig kamen. Nicht auszudenken, wenn Menschen von HoneyBeemon vergiftet worden wären."

„Ja, das hast du gut gemacht.", lobte ich mein Digimon. Dann gingen wir nach draußen.

Marc Scott

Kurz hörten wir Stimmen hinter der Tür und einen Ruf, dann schrie jemand. Ich sah besorgt zu Yamazaki, doch der war höchst konzentriert und schien den Schrei nicht bemerkt zu haben. Oder er wusste mehr als ich. Dann kam auch Nanako aus dem Klassenzimmer. Sie sah sehr zufrieden aus, fand ich. Sofort sprang Rosenkranz auf sie zu.

„Was war das für ein Monster?", fragte er aufgebracht. Das war eine von seinen wenigen Schwächen. War eine Gefahr überstanden, regte er sich viel zu sehr darüber auf. Als ob das dann noch von Nöten wäre.

„Nichts, nur eine Biene, die sich verirrt hat.", erwiderte Nanako.

„Das war aber eine ziemlich große Biene!", rief jemand aus der Menge heraus. Die anderen nickten zustimmend.

„Äh... ja, sicher, eine neue Generation von Riesenbienen.", meinte Nanako, etwas unsicher. „Muss wohl... aus einem Labor ausgebüchst sein." Sie lachte nervös.

Rosenkranz sah sie kritisch an, doch dann drehte er sich um.

„Ich werde euch die Zeugnisse geben, danach geht ihr bitte heim!", rief er. „Ich werde mit dem Rektor über diese Angelegenheit reden."

Nanako wischte sich die Stirn ab und blickte dann auf ihren Rucksack. Anscheinend war da drin ihr Monster, oder was das darstellen sollte. Als sie wieder den Kopf drehte, konnte sie meinen Blick aufschnappen. Sie fuhr kurz zusammen und ich merkte, dass ich wohl zu finster vor mich hingesehen hatte. Lächelnd wandte ich mich um und seufzte. Hoffentlich ging dieser verrückte Tag schnell vorbei...

Nach einiger Zeit hatten wir alle unsere Zeugnisse bekommen. Nanako war verschwunden. Ich fragte mich, ob sie wieder in ihre Klasse gegangen war, oder ob sie sich auf den schnellsten Weg nach Hause begeben hatte. Dieses Mädchen war etwas komisch. Wie sie mit diesem Bienenmonster umgegangen war... Ob sie es getötet hatte?

Jedenfalls wurden wir danach nach Hause geschickt und der Rektor sprach mit der Polizei. Yamazaki und ich stellten uns so, dass wir deren Gespräch aufschnappen konnten. Wir waren ja nicht vom Schulgelände verwiesen wurden, also sprach nichts dagegen, uns noch ein wenig auf dem Schulhof aufzuhalten.

„Und Sie glauben, dass es zu noch mehr diesen Vorfällen kommen wird?", fragte gerade der Rektor.

„Sicher.", meinte der Kommissar. „Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis noch mehr Digital Gates aufgehen."

„Kann denn das DPC nichts tun?"

„Nur, wenn es stichhaltige Beweise gibt, dass eine Lücke im Gefüge vorhanden ist."

Der Rektor seufzte und wandte sich dann um. „Lassen Sie mich wissen... wenn es soweit ist.", bat er.

„Ja, Rektor.", sagte der Kommissar. Danach drehte er sich auch um und ging davon.

Ich blieb noch eine Weile mit Yamazaki da stehen und schaute ihn an. „Von was haben die da gefaselt?", fragte ich mit einer Stimme, die mehr als Worte sagte, wie viel ich über das Gesagte verstand.

„Keine Ahnung.", meinte Yamazaki und zuckte mit den Schultern. „Irgendwas von digitalen Toren. Das ist das Einzigste, was ich verstanden habe."

Mein Blick verriet, dass ich jetzt noch weniger wusste, als zuvor. Auch, wenn mir die beiden Wörter „Digital" und „Tor" etwas sagten. Aber was sollte ein digitales Tor sein? Etwa ein Tor, das in ein Computerspiel führte? So ein Unsinn...

Yamazaki war aber schon voraus gelaufen und ich konnte mir keine Gedanken mehr darum machen. Eben später. In der letzten Zeit war soviel passiert, dass ich dies erst einmal verarbeiten musste.

An meiner Haustüre hielt ich Yamazaki noch mal auf und fragte ihn etwas.

„Was hältst du denn von der Geschichte heute?"

Er sah mich ernst an und seufzte dann.

„Naja, ziemlich komisch das Ganze. Diese beiden Monster und dann das, was der Rektor mit dem Polizisten geredet hatte.", meinte er.

„Ja, das ist mehr als seltsam.", pflichtete ich ihm bei, bevor mir etwas einfiel. „Sag mal... kann ich vielleicht heute Abend mal zu dir kommen?"

Yamazaki lächelte und lehnte sich gegen die Hauswand. „Sicher, wieso nicht?", meinte er und ich lächelte ebenfalls. Aber er sah etwas deprimiert aus, fand ich. Besorgt. Weshalb nur?

„Danke. Ich muss mal mit jemanden in Ruhe über das alles reden."

Yamazaki sah mich verwundert an.

„Wieso? Kannst du nicht mit deinen Eltern darüber reden?"

Ich winkte ab und zog ein Gesicht, als hätte ich in eine Zitrone gebissen.

„Wenn die erfahren, dass ich an der Sache beteiligt war, würden die mich nicht mehr zur Schule schicken. Die machen sich doch schon so Sorgen.", meinte ich. Die Wahrheit war, dass ich mich mit meinen Eltern nicht sonderlich gut verstand, einmal wegen meinen Noten und wegen meiner kleinen Schwester. Emily kam bald in die Schule und, anders als bei mir, stritten meine Eltern darüber, ob sie auf eine private oder eine öffentliche Schule gehen sollte. Da sie von meinem Stiefvater das Kind war, bestand er auf eine Privatschule. Aber meine Mutter hatte nicht das Geld dazu und mein Stiefvater wollte keinen Yen für sie bezahlen. Etwas abgedreht war dieser Streit schon, aber ich und Emily litten darunter, unter diesem ständigen hin und her. Hoffentlich nahm das bald alles ein Ende.

„Ach, so ist das.", sagte in diesem Moment Yamazaki und riss mich damit aus meinen Gedanken. „Ja, gut, kann ich verstehen."

Er drehte sich um und winkte mir noch hinterher.

„Wir sehen uns dann heute Abend.", meinte er und grinste. Ich winkte und schloss dann die Tür auf.

Mit einem Seufzer der Erleichterung ließ ich den Rucksack in eine Ecke gleiten und fuhr mir durch die Haare. Was für ein Tag...

„Marc, bist du das?", hörte ich meine Mutter rufen.

„Ja, Mum, ich bin es!", entgegnete ich und zog meine Jacke aus. Diese hängte ich dann an den Harken. Gerade da kam auch schon meine Mutter aus der Küche, mit einem Teller in der Hand. Sie sah etwas besorgt aus, aber als mein Blick sie traf, lächelte sie.

„Komm, gehen wir in das Wohnzimmer. Ich habe mein Essen schon dort.", meinte sie und deutete mit der freien Hand auf die Tür zum Wohnzimmer. Nickend nahm ich den Teller. Sushi mit einer deftigen Soße. Genau das richtige, was ich jetzt brauchte. Zusammen gingen wir in das Wohnzimmer, wo ich den Teller auf den Tisch stellte, direkt neben den von meiner Mutter. Dann setzten wir uns.

„Marc...", begann sie. „Ich habe heute einen Anruf von der Polizei bekommen. Heute scheint etwas in der Schule los gewesen zu sein."

Ich legte die Stäbchen nieder und schaute sie an.

„War eine Schlägerei von einer Klasse mit einer anderen.", log ich. „Wieder das Typische, was alle zwei Tage vor dem Ende der Schule und am letzten Schultag passiert."

Sie sah mich besorgt an, doch dann sprang sie auf ein anderes Thema.

„Wie ist denn dein Zeugnis ausgefallen?"

Ich hüstelte und sah sie Mitleid erheischend an. „Nicht... sehr gut, fürchte ich."

Sie krauste die Stirn und sah mich streng an.

„Doch nicht eine Fünf darunter", fragte sie scharf.

„Nein.", protestierte ich. „Nur... Naja, nicht nur. Eine Vier in Englisch." Etwas mulmig im Bauch blickte ich auf meinen Teller und betrachtete sehr genau die Pfefferkörner, die in der Soße schwammen.

„Eine Vier in Englisch?", rief meine Mutter aus und sah mich entsetzt an. „Das darf doch nicht war sein, Marc!"

Ich sah auf und zog eine Grimasse. „Leider kann ich es jetzt auch nicht mehr ändern, ja?", sagte ich genervt.

„Aber Marc, wir kommen aus England. Als Engländer dürftest du doch keine Vier haben!"

Ich winkte ab und stand auf. Noch einen Streit musste ich mir nicht anhören. Davon hatten wir schon genug, in der letzten Zeit... Das zerrte an meinen Nerven und ich wollte nach den heutigen Ereignissen in der Schule nur noch meine Ruhe. Gut, dass ich nachher zu Yamazaki gehen würde. Da würde ich wenigstens ein bisschen Ruhe bekommen...

„Hey, hier bleiben!", sagte meine Mutter scharf und deutete auf den Stuhl. „Ich bin noch nicht mit dir fertig, Marc."

„Ich bin aber fertig, und zwar mit meinen Noten.", murmelte ich und lachte. „Mir sind die Noten wirklich sehr egal."

„Mir aber nicht, Marc.", meinte meine Mutter.

Noch einmal sah ich sie kurz an und in ihrem Blick sah ich eine tiefe Besorgnis. Fast schon bereute ich meinen Entschluss Fast. Ich lächelte traurig und ging dann nach oben in mein Zimmer.

Unterwegs kam ich am Zimmer meiner kleinen Schwester vorbei. Sie steckte den Kopf heraus und sah mich fragend an.

„Hattest du wieder Streit mit Mama?", fragte Emily. Ich blieb stehen und ging dann auf sie zu.

„Nein.", versuchte ich sie zu beruhigen. „Es war... nichts."

Emily schaute mich zweifelnd an und dann zur Treppe.

„Ich hätte schwören können, dass ihr gestritten habt.", murmelte sie. Dann lächelte sie mir zu und verschwand wieder im Zimmer. Bevor sie die Tür schloss, konnte ich ihren Fernseher sehen. Es lief Digimon, eine Kinderserie, die sich mit digitalen Monstern beschäftigte. Ich schüttelte nur darüber den Kopf. Als ob es so was je geben könnte... Natürlich fielen mir in diesem Moment nicht die zwei Monster ein, die ich vorher gesehen hatte...

Noch immer über Digimon nachdenkend, ging ich zu meinem Zimmer und machte die Tür auf. Dann warf ich mich auf das Bett, ließ die Tür auf. Ich drehte den Kopf und stelle mir umständlich den Wecker. Unbedingt brauchte ich etwas Schlaf. Meinen Kopf wollte ich damit reinigen. Hoffentlich klappte das...

Das Piepsen meines Weckers weckte mich. Ich hämmerte darauf, sodass er herunterfiel und zersprang. Fluchend schwang ich die Beine aus dem Bett und hob die Reste des Weckers auf. Seufzend warf ich sie gekonnt in den Mülleimer. Ich hatte einen wirren Traum gehabt, in dem es um diese Kinderanimeserie gegangen war. Wieso spuckte mir so was durch den Kopf? War ich denn noch ein Kind, oder was? Ich rieb mir die Augen und stand auf. Mit einem kurzen Blick aus dem Fenster bemerkte ich, dass es regnete. Kurz darauf blitzte es schon. Nach einigen Sekunden folgte auch der Donner.

„Na toll, hoffentlich hat Mum einen Regenschirm", dachte ich missmutig, denn ich hatte keine Lust, pitschnass bei Yamazaki anzukommen.

Dann ging ich hinunter. Unten angekommen blieb ich im Türrahmen zur Küche stehen und blickte auf meine Mutter und Emily, die beide am Küchentisch saßen.

„Hi Marc.", sagte meine Schwester fröhlich. „Auch schon ausgeschlafen?"

„Ja, ja...", murmelte ich und nahm mir einen Keks. Die Dose stand offen auf den Tisch und jeder durfte sich nehmen. „Wo isch denn Dad?", fragte ich mit vollem Mund.

„Er muss heute Ãberstunden machen, weil einige Klienten noch etwas wissen wollten. Außerdem... mit vollem Mund spricht man nicht, Marc.", antwortete Mutter. Vater betrieb eine Kanzlei im Zentrum von Tokio.

„Ah.", machte ich und sah aus dem Fenster. Mein Vater war kaum zu Hause und wenn, dann stritt er sich meistens mit Mutter. „Du hast nicht zufällig einen Regenschirm?"

Mutter deutete nach draußen. „Am Kleiderständer müsste einer hängen."

„Danke.", bedankte ich mich und schluckte den letzten Bissen hinunter. Dann stand ich auf und lächelte beide an. „Ich gehe mal zu einem Klassenkameraden, wir wollen ein bisschen miteinander reden."

„Ja, bleib aber nicht zu lange weg.", meinte Mutter und lächelte. Anscheinend hatte sie entweder den Streit vergessen, den wir heute Nachmittag hatten, oder sie schob ihn erst einmal zur Seite.

Ich nickte und ging auf den Flur, wo ich mir meine Jacke anzog, meine Straßenschuhe und mir einen Schirm schnappte. Draußen spannte ich ihn auf. Probeweise hielt ich die Hand heraus und schrak zurück. Hagelkörner waren auf meiner Hand zu sehen. Hagelkörner im Sommer? Spielte das Wetter nun vollkommen verrückt?

Seufzend setzte ich mich in Bewegung und wandte mich in die Richtung, in der Yamazakis Haus lag. Durch die dunklen Wolken war es sehr dunkel und ich zog eine Grimasse, da ich nicht an eine Taschenlampe gedachte hatte. Aber ich würde trotzdem den Weg finden.

Unterwegs liefen mir noch ein paar Passanten über den Weg, die noch Besorgungen zu erledigen hatten, oder es waren Jugendliche, die mir nur einen kurzen Blick zuwarfen und dann weiter gingen, fuhren oder skateten. Insgeheim war ich froh, dass mich niemand ansprach. Momentan wollte ich nur noch zu Yamazaki und über die letzten beiden Tage reden. Mein Hirn brannte regelrecht auf Antworten und die sollte es, hoffentlich, bekommen.

Nach einem zwanzig Minuten Fußmarsch sah ich die Straße, in der Yamazaki wohnte. Ich hatte einmal nach den Adressen aus einem meiner Klasse gefragt und bei der Gelegenheit gleich alle gemerkt. Beziehungsweise aufgeschrieben, denn derjenige hatte mir einen Zettel gegeben. Ich ging über einem Zebrastreifen zur anderen Straßenseite und bog dann in die Straße ein.

Die Straße war nicht gerade ein Luxusort, was anderes hatte ich aber auch nicht erwartet. Yamazaki hatte einmal selber gesagt, dass er nicht reich war und ich hatte nicht weiter nachgefragt, aus Höflichkeit. Jetzt dachte ich daran, dass wir beide vielleicht heute doch noch Freunde werden könnten. So, wie ich ihn einschätzte, brauchte er einen Freund. Einen, der ihm beiseite stand und ihn durch die Mobbingphasen der anderen leitete. Ich musste über solche Gedanken lächeln. Normalerweise war es gar nicht meine Art, so poetisch zu denken...

Nun ging ich auf das Haus zu, was die Nummer trug, die auf den Zettel mit den Adressen der Schüler gestanden hatte. Es sah nicht besser aus als der Rest der Straße. Heruntergekommen und kaum gepflegt. Es regte sich Mitleid in mir mit Yamazaki. Dass er so arm war, hatte ich nicht gewusst. Naja, woher auch? Schließlich wusste ich eigentlich kaum etwas über ihn. Leider. Hätte ich früher doch nur mehr mit ihm geredet... Am Haus angekommen drückte ich auf den Klingelknopf. Ich musste ein paar drücken, bevor ich im Haus die Klingel hörte. Diese ärmlichen Verhältnisse war ich nicht gewohnt und Mitleid zerfraß meine Eingeweide bis in den letzten Winkel.

Ich musste nicht lange warten, da wurde schon die Tür geöffnet. Von einem Mann, der ungefähr im Alter meines Vaters war. Er trug dreckige Kleidung und verfilztes, wirr abstehendes Haar. Zudem stank er schon aus dieser Entfernung nach Zigaretten, Alkohol und altem Schweiß. Ich musste mich zusammenreißen, um nicht eine Grimasse des Ekels zu ziehen. Der Mann öffnete den Mund, musste aber erst einmal rülpsen, bevor er sprechen konnte.

„Ja~, was isch...?", fragte er nuschelnd. Ihm fehlten einige Zähne und er war wohl betrunken. „Wer bist'n du?"

„Marc Scott. Ein Klassenkamerad von Yamazaki..."

Ich schaute auf das Namensschild, denn bisher wusste ich nicht seinen Nachnamen. Wieder ein Versäumnis mehr, stellte ich bekümmert fest.

„...Juno. Juno Yamazaki."

Ich sah den Mann an, der mich etwas dümmlich anstarrte.

„Wie, wasch haste gesacht, Junge?", fragte er und blinzelte.

Ich seufzte und deutete auf das Namensschild. Der Kerl war wohl so betrunken, dass er fast nichts mitbekam.

„Yamazaki.", sagte ich langsam und deutlich. „Ich...will...zu...ihm."

Da blinzelte der Mann einmal und schien zu begreifen.

„Ah.", murmelte er. „Yamazaki-san."

„Ja, danke.", seufzte ich und drängte mich an dem Mann vorbei. Als ich oben ankam, wurde die Tür geöffnet und Yamazaki stand darin. Er sah mich unglücklich an und richtete den Blick dann nach unten. Ich lächelte ihn an und ging an ihm vorbei in die Wohnung.

Diese sah auch nicht viel besser aus als das Haus und die Straße. Dreck lag überall herum, stellenweise so dick, dass man regelrecht hindurchwaten musste. Der Kleiderständer war umgeworfen wurden und die Kleidung, schmutzig wie der Rest, war über den Boden verteilt. Die einzig saubere Jacke war die von Yamazaki. Es schien einmal hier gebrannt zu haben, denn die Wände waren stellenweise rußgeschwärzt.

„Entschuldige, Marc-kun...", murmelte Yamazaki und stelle den Ständer wieder auf. Hinter uns hörte ich den Mann die Treppe hinaufpoltern.

„Yama~zaki~-san!", rief er lang gezogen. „Bring mir ´nen Bier!"

Yamazaki seufzte und deutete auf eine Tür am hinteren Ende des Flures. „Geh bitte schon mal vor.", sagte er und verzog sich in die Küche. Ich wurde verwirrt stehen gelassen. Beschämt ging ich auf das Zimmer zu und musste unterwegs Müllberge zur Seite schieben, um vorbei zu kommen.

Yamazakis Zimmer war um Einiges sauberer als der Rest des Hauses. An den Wänden hingen Poster verschiedener J-Pop-Stars und anderer Sänger. Zudem entdeckte ich ein Digimon-Poster. Anscheinend war er Fan dieser Serie. Ich setzte mich auf das Bett und schaute den Computer an, der in einer Ecke stand. Ein etwas älteres Modell, ich schätze es auf ein Alter von drei bis fünf Jahren. Dann blickte ich wieder nach unten und dachte nach. Ãber Yamazaki und den Mann. War er sein Vater? Onkel? Oder sein Cousin? Wieder fiel mir betrübend ein, dass ich fast nichts über Yamazaki wusste. Zu viele Male hatte ich es versäumt, mit ihm zu reden.

Nach einer kleinen Weile ging wieder die Tür auf und ich hörte kurz ein Geschrei, was nicht gerade leise war.

„Jetzt mach' doch verdammt noch mal den verdammtien Ball ins Tor, verdamm~t noch mail!"

Yamazaki schloss die Tür und blickte mich an.

„Also.", fing er an. „Jetzt weißt du, wie ich lebe... Marc-kun."

Ich sah ihn an und wieder zu Boden.

„Ich wusste nicht...", sagte ich, aber mir blieben die Worte im Hals stecken.

Yamazaki lachte. Ein bitteres Lachen, voller Selbsthohn. „Dass es so schlimm ist?", fragte er schonungslos und setzte sich neben mich. „Ich hätte vielleicht nicht mit Beschreibungen meines Hauses... sparen dürfen, dann wärest du auf das hier vorbereitet gewesen."

Ich schüttelte den Kopf und drehte mich um.

„Ist schon gut, Yamazaki-kun.", meinte ich. „Lass uns über etwas anderes reden."

Yamazaki lächelte schwach und nickte. „Eines nur noch.", sagte er. „Der Mann... das ist mein Onkel. Er ist Witwer, ein NEET und ein Hikikomori. Eigentlich sollte er auf mich aufpassen... als meine Eltern starben. Aber... du siehst ja. Er säuft nur den ganzen Tag und schaut fern."

„Hikikomori? Ist es wirklich so schlimm?"

Juno schaute mich fest an.

„Für was hättest du ihn denn gehalten, Marc-kun?"

Ich schaute ihn verwirrt an. Natürlich wollte ich nichts Falsches sagen, aber mir fiel nichts anderes ein, als Hikikomori. Einen Hikikomori erkannte man auf den ersten Blick, denn er fühlte sich unter menschlicher Gesellschaft sehr unwohl, was ich auch an Yamazakis Onkel bemerkt hatte, denn er hatte gezittert. „Nun ja...", stotterte ich. „Ja... einen Hikikomori."

Yamazaki lachte wieder dieses bittere Lachen. „Siehst du? Man erkennt einen Hikikomori auf den ersten Blick, jedenfalls die wirklich schlimmen. Onkel Ken ist schon seit meinem achten Lebensjahr einer."

Er stand auf und machte die Tür auf.

„Möchtest du etwas zu Trinken? Ich habe einige Flaschen Coca Cola vor Ken-san retten können. Wenn das Bier alle ist, trinkt er gerne mal die restlichen Getränke, die er finden kann."

„J-...ja, sicher.", meinte ich unsicher. Dann war er auch schon wieder draußen.

Das, was ich gerade eben von Yamazaki erfahren hatte, versetzte mir einen gewaltigen Schock. Ich wusste nicht, wie man mit Verwandten umging, wo ein Hikikomori-Fall bekannt war. Natürlich konnte ich mich nicht in solch einen Menschen hineinversetzten, denn in meiner Familie war ja nie ein Hikikomori gewesen, oder wie man solch einen Menschen in England wohl nennen würde.

Nach einer Weile ging wieder die Tür auf und Yamazaki kam wieder herein. Er trug bei sich zwei Flaschen Coca Cola und stellte diese auf den Tisch vor uns, dann schloss er die Tür wieder. Auf die Flaschen deutend setzte er sich wieder.

„Nimm dir ruhig eine, Marc-kun.", meinte er und nahm sich selber eine. Ich griff nach einer Flaschen und drehte den Verschluss auf. Danach nippte ich daran, die Cola war noch kühl.

„Also, worüber wollen wir zuerst reden?", fragte Yamazaki, nachdem er einen tiefen Schluck aus seiner Flasche genommen hatte.

Ich zuckte mit den Schultern und stellte mein Getränk wieder auf den Tisch. „Vielleicht hast du irgendwelche Spekulationen über das, was heute passiert ist?", fragte ich gespielt scherzend.

Yamazaki zog die Stirn kraus und sah dann auf den PC. „Na ja, spekulieren kann man viel... nicht?", fragte er.

Ich sah ihn fragend an. Was konnte er den vermuten, dass so abwegig war, dass er so... geheimnisvoll tat? „Wie meinst du das?", antwortete ich.

Yamazaki sah mich wieder fest an, durchdringend. Unwillkürlich durchfuhr mein Körper ein Schauer.

„Dass dies alles schon einmal gewesen war, Marc-kun.", sagte er dann.

Ich zuckte zusammen und sah Yamazaki mit überraschtem Gesicht an. „Wie kommst du denn darauf?", fragte ich vorsichtig. Schnappte er denn jetzt vollkommen über, dass er solch einen Kram zusammenspekulierte? So was war doch völlig abwegig und abnormal. Das konnte nicht wahr sein.

Yamazaki stand auf und ging zu dem Computer.

„Was hast du vor?", flutschte es mir heraus und stand ebenfalls auf.

„Ich will dir etwas zeigen, Marc-kun.", meinte Yamazaki und startete den Personal Computer. Der Desktop erschien sofort und ich nahm an, dass Yamazaki den PC in den Ruhezustand verfrachtet hatte. Anscheinend hatte er die ganze Zeit vorgehabt, mir das zu zeigen, was er jetzt mir zeigen wollte, was immer es auch war. „Nun, ich habe etwas sehr Interessantes im Internet gefunden. Wie du sicherlich weißt, sind auf den Seiten der Tageszeitungen Datenbanken über alte Ausgaben dieser Zeitungen."

„Ja, das weiß ich.", meinte ich und zog die Stirn kraus. Was wollte er damit andeuten? „Und was heißt das nun, bitteschön?"

Yamazaki öffnete den Browser und gab eine Adresse ein. Danach wurde einige Sekunden später eine Seite der „Tokio Newspaper" angezeigt, eine der großen Tageszeitungen. Kurze Zeit später sah ich auch das Archiv für alte Ausgaben der Jahre 1999 bis 2002.

Verwundert las ich eine Ausgabe, die im August 1999 angefertigt wurden war. Darin hieß es:

„Eine seltsame Nebelwand umgibt die Innenstadt von Tokio. Bisherigen Augenzeugenberichten zufolge lässt sie sich nicht durchdringen, weder per Boot, noch mit einem Flugzeug oder ähnlichem. Zudem wurden Berichte laut, dass nachts Frauen und Mädchen angegriffen, die dann am nächsten Morgen mit akutem Blutmangel in das Krankenhaus eingeliefert wurden."

Fragend sah ich Yamazaki an. „Da hat das Wetter mal verrückt gespielt, na und?", meinte ich.

„Und was sagst du zu dem akutem Blutmangel?", entgegnete er.

Verunsichert blickte ich auf das Foto der Nebelwand, die sich um die ganze Stadt zu kringeln schien, wie eine lebende Anakonda. „Na ja, da hat jemand vielleicht... Vampir gespielt.", meinte ich, nicht ganz sicher.

Yamazaki kehrte zum Archiv zurück und öffnete das Jahr 2002.

„Mal sehen, was du dazu sagst.", meinte er selbstsicher. Ich sah ihn nur zweifelnd an. Danach wurde ein weiterer Bericht geöffnet, von Weihnachten 2002. Was ich da las, war schon etwas anders.

„Seit kurzem tauchten überall auf der Welt schwarze Türme auf. Keiner weiß, woher sie kommen und was sie bewirken sollen. Abrissversuche schlugen fehl und sprengen kann man sie ebenso nicht."

Verwundert blickte ich auf die Randzeile und fragte mich, was das sollte. Was hatte das bitteschön mit unserem Fall zu tun? „Kannst du mir mal...", wollte ich anfangen, doch da hatte Yamazaki schon den nächsten Artikel parat, einen Tag später.

„Gestern berichteten wir über die massive Erbauung über Nacht von schwarzen Türmen. Heute Nacht tauchten überall auf der Welt Monster auf und verbreiteten Schrecken und Angst. Keiner weiß, was diese Ungetüme wollen und woher sie kommen. Dennoch sprach sich der Sicherheitsrat dafür aus, dass keinerlei Panik von Nöten sei. An dem Fall werde noch gearbeitet, hieß es."

Monster auf der ganzen Welt aufgetaucht? Was sollte das denn bedeuten?

„Genau das ist auch jetzt wieder der Fall, Marc-kun.", meinte Yamazaki ernst. Ich starrte ihn nur an und dachte, er wäre nicht ganz dicht im Kopf.

„Woher willst du denn wissen, dass die Berichte nicht gefälscht sind?", fragte ich anklagend.

Er grinste und öffnete eine Datei auf seiner Festplatte.

„Ich habe von einem Bekannten im Internet diesen Artikel bekommen.", sagte er. „Er ist aus einer Regierungszeitung. Sie wird normalerweise nicht an Außenstehende verteilt, aber sein Vater arbeitet für den Sicherheitsrat und mein Bekannter konnte die Zeitung stibitzen."

Zweifelnd begann ich zu lesen. Irgendwie wollte ich das Ganze nicht begreifen, weil mein Hirn mir sagte, dass dies alles nicht real passiert sein könnte. Sonst würden sich meine Eltern noch daran erinnern. Aber da fiel mir ein, dass auch Eltern ihren Kindern nicht alles erzählten...

„Wegen der erneuten Vorfällen mit den Digimon..."

Zuerst hielt ich ab dieser Stelle inne und blinzelte.

„Digimon?", hauchte ich Yamazaki an.

„Ja, Marc-kun. Lies weiter."

„... wurde nun eine Sicherheitseinheit der Polizei ins Leben gerufen. Sie soll sich mit solchen Fällen auseinandersetzten und die Digimon, soweit möglich, festnehmen. Die Einheit wurde Digital Protecion Command, also Digitales Schutzkommando, getauft. Künftig soll es auch solche Einrichtungen in anderen Ländern geben."

„Meine Fresse...", murmelte ich und sah meinen Freund an. „Soll das heißen...?"

„Ja, die DPC, von der der Kommissar gesprochen hat, ist diese Einheit, nur abgekürzt."

Yamazaki stand auf und ging auf seinen Kleiderschrank zu. „Ich möchte dir jemanden vorstellen, Marc-kun."

Als er sich umdrehte, konnte ich meinem Augen kaum trauen. Er hielt ein Wesen in den Armen, das wie ein Hase aussah. Es starrte mich an und dann zu Yamazaki.

„Ob das eine wirklich so gute Idee war?", fragte es, seine Stimme war rauchig und kratzig.

„Natürlich, Chop. Er wird es schon verstehen.", antwortete Juno und ließ das Wesen herunter. „Marc-kun, dies hier ist ein Digimon. Ein Gazimon, um genau zu sein. Wie du mitbekommen hast, ist Chop sein Name."

„Di-di-digimon?", stotterte ich und stolperte rückwärts auf das Bett zu. „Das k-k-kann doch nicht wahr sein!" Versuchsweise kniff ich mich in den Arm, aber ich wachte nicht auf. Trotzdem hielt ich hier das noch immer für einen wirren Alptraum, aus dem ich schnell aufwachen wollte.

„Doch, Marc-kun. Es ist war. Die Digimon existieren nicht nur als Fernsehserie. Wenn du sie mal aufmerksam verfolgt hättest, hättest du mitbekommen, dass sie die Ereignisse von 1999 und 2002 behandelt."

Nun stotterte ich unzuhängenden Zeugs, das keinen Sinn ergab. Irgendwie begriff ich alles nicht ganz, oder ich stand unter Schock. Yamazaki beugte sich hinunter und fasste mich bei beiden Schultern. Eindringend sah er mich an, seine Augen schienen für mich in meine tiefsten Winkel meiner Seele zu sehen. Vielleicht bildete ich es mir auch nur ein.

„Marc-kun, du wolltest doch Antworten, oder? Jetzt hast du sie und..."

Da piepte auf einmal der Computer und Chop sagte etwas zu Juno. Dieser drehte sich um und sah auf den Bildschirm. Sein Blick wurde kurz überrascht, dann entschlossen. Ich stand zitternd auf und trat neben ihn. Auf dem Bildschirm war folgende Botschaft zu lesen:

„Willst Du das Spiel starten?

Ja Nein"

„Was soll das nun wieder heißen?", fragte ich Yamazaki und schaute von ihm zu Chop und dann wieder zurück.

„Eine Nachricht aus der Digital World, denke ich.", sagte Chop. Sein Gesichtsausdruck war nicht zu deuten, oder mir fiel es schwer, aus einem Hasengesicht etwas herauszulesen. Yamazaki sah hinunter und nickte. Dann nahm er das Digimon hoch und sah mich an.

„Nun Marc-kun.", meinte er entschieden. „Willst du mitkommen?"

„W-Was?", stotterte ich verwirrt und blickte wieder von einen zum andern.

„Ob du mit willst, in die Digital World.", sagte er noch einmal. „Aber ich warne dich, es könnte gefährlich sein. Und nachkommen kannst du wohl auch nicht."

Ich trat einen Schritt zurück und stotterte wieder. Yamazakis Gesicht war sehr ernst und ich begriff nur allmählich, dass er in diese digitale Welt gehen würde. Vielleicht war es das, was er sich schon die meiste Zeit gewünscht hatte. Dorthin zu gehen, in diese andere Welt. Abenteuer zu erleben. Sie vielleicht sogar zu retten. Aber andererseits wurde man auch aus ihm nicht schlau. Was er nun im nächsten Moment tun würde, wusste man nicht, ebenso, was er noch später tun würde.

Mein Gehirn ratterte und ich war hingerissen zwischen der Erkenntnis, das es jetzt entweder hieß, mitgehen oder Yamazaki wohlmöglich nie mehr wieder zu sehen. Andererseits machte ich mir Sorgen um meine Familie. Was würden sie tun, wenn ich nicht heimkommen würde? Würden sie sehr traurig sein? Wahrscheinlich, sehr wahrscheinlich sogar. Meine arme Mutter... Aber dennoch, alleine würde Yamazaki wohl zu Grunde gehen, in der Digital World...

Ich nickte und trat einen Schritt vor. Nun gab es kein Zurück mehr. Entweder sterben, dort drüben, oder... ja, oder was eigentlich?

„Ich komme mit, Yamazaki-san.", sagte ich und fasste ihn bei der Schulter. „Ich kann dich doch nicht alleine lassen, bei den Sachen, die da wohlmöglich auf uns lauern!"

Yamazaki lächelte dankbar. Chop sah mich an und ich lächelte. „Danke... Marc-kun.", sagte da Yamazaki. Danach sah er wieder auf den Bildschirm. „Du sollst wissen, dass ich dir sehr dankbar bin, dass du mitkommst. Alleine... hätte ich es wirklich nicht geschafft."

Danach drückte er auf den „Ja"-Button. Der Bildschirm erleuchtete in einem grellen Weiß und aus dem Monitor heraus kam eine starke Böe, die uns nach innen zog. Den letzten Gedanken in dieser Welt widmete ich meinen Eltern... und meiner Schwester.

Nanako Ishida

Etwas gelangweilt hatte ich den restlichen Tag Zuhause verbracht. Mo hatte sich damit die Zeit vertrieben, Bücher zu lesen. Ich bewunderte immer wieder, wie es dieses Digimon zu begeistern schien, die Bücher zu lesen. Er war mit einem Eifer dabei, den ich kaum vermutet hätte. Ihn mochte ich sehr. Er war ja auch alles, was mir noch geblieben war, nach dem Feuer, was vor einigen Wochen im Haus meiner Eltern gewütet hatte... Seufzend sah ich wieder auf die Notizen, die ich mir gerade machte. Ãber die Vorkommnisse in den Jahren 1999 und 2002. In ihnen versuchte ich, ein en Hinweis darauf zu finden, wieso schon wieder sich Digimon in der realen Welt aufhielten.

„Kommst du vorwärts?", fragte Mo mich und sah von seinem Buch auf.

„Na ja...", meinte ich und lächelte schwach. „Nicht wirklich. Die Informationen sind sehr spärlich gestreut." Ich strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und sah wieder auf den Laptopbildschirm.

„Na ja, in die Digital World können wir ja nicht.", meinte Mo.

„Leider.", seufzte ich wieder. „Die DPC hat ja alle Tore schließen lassen, nach 2002. Nur alle paar Monate werden die Tore geöffnet und das nur, um den verbleibenden Digimon Erholung zu bieten."

Genervt klappte ich das Notebook zu und verstaute es unter das Bett.

„Ich werd mal ein bisschen schlafen.", gähnte ich und winkte meinem Digimon zu. Dieser lächelte.

„Mach das. Schlaf schön.", sagte er und schaute dann wieder auf das Buch.

Ich schloss die Augen und ließ noch einmal den Tag Revue passieren. Hoffentlich ließ es sich bald klären, warum dieses HoneyBeemon aufgetaucht war. Ich wollte Antworten haben, die würde ich auch bekommen, um jeden Preis der Welt! Und wenn ich bis an das Ende der Welt reißen musste...

Am Abend wurde ich vom Mo geweckt, der mich schüttelte.

„Wach auf, Nanako-chan!", rief er leise. „Wach auf!"

„Was... ist denn los?", murmelte ich noch etwas schlaftrunken. Dann schlug ich die Augen ganz auf. Das Gesicht meines Partners trug einen besorgten Ausdruck.

„Das Laptop gibt seltsame Laute von sich!", meinte er.

Mo ging einen Schritt nach hinten, sodass ich die Beine aus dem Bett schwangen konnte und deutete unter es, wo ich das Notebook verstaut hatte. Mir die Augen reibend griff ich danach.

Es war seltsam, ja. Das Laptop gab seltsame Geräusche von sich, andauernd schien es zu... schreien oder so etwas in der Art. Verwundert klappte ich es auf. Der Bildschirm blendete mich im ersten Moment, also musste ich kurz die Hände vor die Augen nehmen. Dann sah ich die Ursache des Tumults. Auf dem Monitor sah man eine Nachricht, welche aber ständig und immer wieder aufgerufen wurde. Da dies einen Warn-Ton verursachte, hatte das Laptop diesen immer und immer wieder abgespielt. Im ersten Moment war ich so sehr überrascht, dass ich die Nachricht gar nicht las.

„Was ist da los?", riss mich Mo aus meinen Gedanken.

Nun las ich den Text vor.

„Möchtest Du dem Spiel beitreten?

Ja Nein"

Misstrauisch sah ich mein V-Mon an, das genauso ratlos mich ansah.

„Was soll das heißen?", fragte ich.

„Woher soll ich das bitteschön wissen, Nanako-chan?"

Nachdenklich ignorierte ich die empörten Rufe des Laptops und dachte nach. Was das wohl hieß, „Möchtest Du dem Spiel beitreten?". Und vor allem, was für ein Spiel? Und woher kannte der, der mir die Nachricht geschickt hatte, meine E-Mail-Adresse? Das war doch mehr als nur sehr komisch...

„Wollen wir es riskieren?", wandte ich mich an Mo.

Mo schaute unglücklich auf den Bildschirm, dann zu mir. „Mir ist das aber nicht ganz geheuer.", meinte er.

Seufzend blickte ich im Zimmer umher. „Ich würde gerne wissen, was mit dem Spiel gemeint ist."

„Ich auch... trotzdem...", gestand Mo.

Kurz entschlossen drückte ich auf den „Ja"-Knopf. Bevor Mo einen Schrei ausstoßen konnte, waren wir auch schon verschwunden...