Die Sakura Chroniken Teil 4

Story by P999P on SoFurry

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#4 of Die Sakura Chroniken

Das nächste Stück der Sakura Chroniken liegt vor.

Die Wissenschaftler haben einen Durchbruch geschafft. Doch einer von ihnen muss das Versuchskaninchen spielen.


Versuchskaninchen

Am nächsten Morgen nach Stephanies Gespräch mit Heino Schmidt, war die Sitzung schnell anberaumt gewesen und verlief fast genau so, wie Stephanie es sich gedacht hatte. Kaum das ihr Vorschlag vorgebracht worden war, entbrannte eine hitzig geführte Diskussion. Ihre Kollegen waren anfangs natürlich schockiert und weigerten sich den Ernst ihrer Situation anzuerkennen. Erst als Stephanie nochmals haarklein ihre Ergebnisse, sprich Fehlschläge, auflistete, gaben einer nach dem anderen klein bei. Keiner mochte die Lösung, doch die verzweifelte Lage erforderte ebensolche Lösungen. Am Mittag desselben Tages waren die Daten der klassischen Verfahren und deren Ergebnisse über eine gesicherte Verbindung an Laila übermittelt worden, um in dem schier endlos großen Speicherkern des Schiffcomputers Archiviert zu werden.

Jeder der Forscher begann sich dann intensiv mit den Datenpaketen aus dem Labor vertraut zu machen um diese viele Jahrhunderte alte Technik wieder ins Leben zu rufen. Bereits nach einem Monat hatten sie die erfolgreichen Ergebnisse mit den tierischen Proben auch mit den Naniten nachvollziehen können und es sah aus, als ob mit den Naniten die Ergebnisse noch besser werden würden, als mit der eigentlich moderneren Biotechnologie.

Drei sakuranische Monate später, mehr als eineinhalb Standardjahre waren inzwischen seit der Landung vergangen, und endlich, endlich hatten die Forscher brauchbare Erfolge vorzuweisen. Die Naniten funktionierten. Die Experimente waren schnell auf einige ausgewählte Tiere ausgeweitet worden und mittlerweile konnten die Forscher die Versuchstiere in umzäunten Gehegen halten und sogar mit den heimischen Pflanzen füttern. Das war bereits ein riesiger Erfolg. Doch nun musste das Verfahren auch am Menschen getestet werden. Erst wenn dieses letzte Experiment gelang, wenn gesichert war, dass die eingesetzten Naniten auch bei Menschen zum Erfolg führten und man einen Ausbruch von Harpers Seuche befürchten musste, dann und wirklich erst dann würden Sie Balutin und Ordin darüber informieren können. Dann konnte endlich diese Welt erobert werden. Die Siedler könnten sich dann endlich eine neue Heimat schaffen, einen neuen Außenposten der Menschheit. Und wenn auch erst in hundert Jahren oder so ein Schiff von der Erde diesen Planten finden würde, dann würden hier Menschen immer noch leben und die Brüder und Schwestern von der Erde willkommen heißen. Heino fand das dieses Ziel das Risiko, das er dafür eingehen musste, wert war. Es musste klappen! Die Zeit wurde knapp. Heino Schmidt hatte sich zu diesem Experiment entschlossen, doch seine Frau war ganz und gar nicht damit einverstanden. Die beiden befanden sich in ihrem Quartier und stritten miteinander.

„Svetlana, irgendwann müssen wir anfangen."

„Aber doch nicht du als erster!"

„Die Naniten funktionieren wunderbar. Biggles hat es geschafft! Wir haben in den letzten vier Monaten wahnsinnige Fortschritte gemacht. Die Zellproben sind endlich stabil geblieben. Und die behandelten Tiere zeigen kein Zeichen von H-S. Ihr Immunsystem hat die Naniten nicht abgestoßen und hat mit deren Unterstützung kurzen Prozess mit den von uns identifizierten Erregern gemacht."

„Heino, ich bitte dich. Denk an unser Kind!"

Svetlana rieb sich über eine kleine Wölbung ihres Bauches, die sich in den letzten Tagen gezeigt hatte. Sie war schwanger und Ihr Kind würde auf dieser neuen Welt beide Eltern benötigen.

„Gerade weil ich an unser Kind denke ist es unumgänglich."

„Warum dann nicht Biggles selber oder Lombardi, Jonas wäre sicher auch dazu bereit." Die so unnahbar wirkende Frau war zusehend den Tränen nahe. Sie hatte Angst.

„Nein, meine Entscheidung steht fest. Ich werde mir die Naniten injizieren und dann sehen wir weiter."

Sie fiel um seinen Hals und schluchzte in seinen Kittel. Sie wollte nicht, dass ihr Mann das Versuchskaninchen spielte.

„Ich hasse dich!" schluchzte sie in seinen Kittel

Heino strich seiner Frau tröstend übers Haar.

„Ich liebe dich auch!"

Er gab Svetlana einen Kuss auf ihr Haar und drückte sie an sich.

„Kommst du mit?" fragte er seine Frau.

Sie blickte zu ihm auf, ihre Augen waren feucht und glitzerten im Licht der noch so fremden Sonne, die gerade über den fernen Bergen aufging.

„Natürlich! Du dummer Lümmel!"

Sie wischte sich mit dem Ärmel ihres Kittels über ihr Gesicht und schniefte.

„Das ist mein Mädchen. Komm lassen wir Steph nicht länger warten."

Die beiden verließen ihr Quartier und gingen durch die Flure des kleinen Forschungskomplexes, der aus einzelnen Containermodulen zusammengebaut worden war. Ihr Weg führte sie zu einem etwas abseits gelegenen Behandlungsraum im Erdgeschoss. Dieser Raum war der einzige, der über eine Außentür verfügte und vom inneren des Komplexes gänzlich abgeriegelt werden konnte. Er verfügte über eine eigene Klimakontrolle und Versorgungseinheit. Dort warteten bereits Stephanie Biggles und ihr Assistent. Beide waren nervös und zitterten vor Aufregung, Ahmed schwitzte zudem. Als die Schmidts eintraten, sprang Stephanie von ihrem Stuhl auf.

„Endlich seid ihr da! Was hat so lange gedauert?"

„Der Esel von einem Mann hat es mir gerade eben erst gebeichtet, was ihr vorhabt!"

„Svetlana!"

„Ruhig du! Wir sind noch lange nicht fertig!"

„Svetlana irgendwer muss der erste sein und Heino hat sich als freiwillig zur Verfügung gestellt!"

„Und warum nicht er?"

Vorwurfsvoll deutete Svetlana auf Ahmed, Stephanies Assistent erbleichte und schluckte.

„Er kennt sich mit den Maschinen am besten von uns allen aus, wir können nicht riskieren, das ihm etwas zustößt!"

„Aber dein Chef, mein Mann und Vater unseres Kindes, der ist ersetzbar?"

„Svetlana! Sei endlich ruhig!"

Und Svetlana verstummte. Ihre Tränen ließen sich nicht so einfach abstellen. Und ihr Zorn auch nicht. Sie stellte sich an die Tür und verschränkte ihre Arme. Heino zog seinen Kittel und sein Hemd aus und legte sich auf das schmale Bett.

„Bringen wir es hinter uns!"

Er streckte seinen Arm aus. Ahmed schob schweigend ein Gestell an das Bett und hängte eine Infusionsflasche daran, in der eine silbrig schimmernde Flüssigkeit schwappte. Stephanie nahm sich ein Tablett auf dem einige Infusionsnadeln und ein feuchtes Stück Stoff, das nach einem Desinfektionsmittel roch, lagen. Svetlana stand noch Abseits an der Tür, doch dann trat auch sie ans Bett und nahm Stephanie das Tablett aus der Hand.

„Wenn schon jemand Heino umbringt, dann ich!"

„Nun übertreib nicht!"

„Du bist bereit?

„Nun mach schon!"

„Dein Arm!"

Svetlana bereitete die Infusion vor, dann schob sie ihm die Nadel in eine Ader und öffnete das Ventil des Beutels.

„Jetzt sollte ich wohl noch ein paar geschichtsträchtige letzte Worte sagen, oder?" witzelte Heino.

„Unterstehe dich!" knurrte sie.

Heino zischte und verzog sein Gesicht wegen der plötzlichen Schmerzen, die durch seinen Arm jagten, Svetlana hatte die Infusion gestartet.

Stephanie hatte sich wieder auf den Stuhl gesetzt. Ihr wurde heiß und kalt bei dem Gedanken, was die kleinen Maschinen mit ihrem Chef anstellen würden und später auch mit ihr selbst und all den anderen. Ihr Führungsoffizier vom Orden hatte sich in der Beziehung ihr gegenüber nur sehr Vage ausgedrückt. Sie hatte aber auch nicht nachgebohrt und nun war es dafür zu spät. Sie würde niemals die genauen Hintergründe erfahren. Sie würde nur das Ergebnis sehen. Das Bett auf dem Heino lag war mit Sensoren gepflastert, die so gut wie jeden Aspekt von seinem Zustand erfassen konnten und an ihren Sichtschirm übertrugen. Dennoch waren auch seine Eindrücke sehr wichtig.

„Heino, wie geht es dir?"

„Autsch! Es brennt!" Heino keuchte, „Daran ... daran mm ... musst du noch arbeiten!"

„Die Naniten verteilen sich in deinem Körper und eine Menge dringen gerade jetzt in deine Nerven ein, daher das brennende Gefühl. Dieser Effekt war zu erwarten und zeigte sich schon bei den Tierversuchen."

„I... ich weiß, aber, umph ..., gib mir ... ein ... Schmerzmittel!"

Svetlana trat an den Tisch, dort war ein Kasten mit Standardmedikamenten, sie wollte ihrem Mann den gefallen machen. Sie konnte es nicht ertragen ihn so leiden zu sehen, doch Ahmed hielt sie zurück.

„Nicht Svetlana! Es hört sich grausam an, doch es wird nicht lange dauern! Heino wird es ertragen müssen!"

„Du bist grausam, ihr alle seid grausam!"

„Wir sind Wissenschaftler und du bist auch Wissenschaftler!"

Stephanie war mit dem bisherigen Verlauf der Behandlung zufrieden. Die Flasche leerte sich zusehends und die Naniten verteilten sich in Heinos Körper. Nicht mehr lange, bald.

„Verdammt!" fluchte Heino.

„Tut mir leid Schatz."

Svetlana setzte sich neben Ihren Mann aufs Bett und hielt seine Hand, und immer wenn wieder ein Schmerzanfall kam, drückte er ihre Hand fest an seine Brust. Svetlana litt mit ihrem geliebten und sie stand ihm bei und sie strich über sein Haar und spendete ihm Trost.

Zwei Stunden später war die Tortur beendet. Heino hatte letztlich das Bewusstsein verloren und lag nun regungslos auf dem Bett. Sein Kreislauf war stabil, sein Herz schlug kräftig und gleichmäßig, er schlief. Die Naniten verteilten sich weiter und drangen in immer mehr seiner Körperzellen ein, ohne jedoch mit ihrem Hauptwerk zu beginnen. Svetlana saß noch immer neben ihm und hielt seine Hand, doch nun war sie kraftlos und fühlte sich weich an.

„Bei den nächsten Behandlungen betäuben wir die Patienten oder wir impfen sie, wenn sie noch in Stase liegen." schlug Ahmed vor.

Stephanie und Svetlana nickten zustimmend. Eine leichte Stase, kurz vor dem endgültigen Erwachen, das sollte dieses Leiden vermeiden. Svetlana zog die Infusionsnadel aus Heinos Arm und verschloss die Einstichstelle mit einem Spray. Ahmed schob das Gestell aus dem Raum und brachte es zum Labor. Stephanie und Svetlana blieben zurück.

„Svetlana, es wird Zeit! Wecke ihn auf und dann verabschiede dich von ihm. Zwei Wochen, ich gebe ihm zwei Wochen und wenn er dann kein Zeichen von H-S aufweist, wenn er putzmunter bleibt, Svetlana, dann geht's ab nach Balutin."

„Das hoffe ich!"

„Ich lasse euch jetzt allein. Wenn er wach ist, verabschiedest du dich und versiegelst dann die Tür! Es sind nur zwei Wochen. Es ist unsere einzige Chance!"

Svetlana nickte, zwei Wochen, zwei Wochen gehen schnell vorbei und danach hätten sie beide noch ein ganzes Leben vor sich. Stephanie verließ die beiden und machte sich auf Ahmed bei seiner Arbeit zu helfen. Svetlana beugte sich über das Bett und gab Heino einen Kuss auf die Stirn. Dann schnappte sie sich eine kleine Ampulle, brach den Hals ab und hielt die ffnung unter seiner Nase. Zwei Atemzüge später hustete Heino und erwachte.

„Wie fühlst du dich?"

„Wie durchgekaut und ausgespuckt!" grummelte ihr Mann.

„Das war zu erwarten oder?"

„Wieso bist du überhaupt noch hier drinnen? Ist es nicht gefährlich für dich und für ..."

„Für unser Kind? Natürlich, aber das Risiko nehme ich auf meine Kappe. Solange wir keine Körperflüssigkeiten austauschen dürfte es kein Problem geben. Außerdem wird Stephanie die Naniten erst aktivieren, wenn ich die Tür versiegelt habe. Dann bist du auf dich alleine gestellt."

„Immer noch sauer?"

„Klar! Lump! Wenn das hier vorbei ist, und wir alle uns auf die Kolonisten stürzen können, dann bin ich es vielleicht nicht mehr."

„Svetlana ..."

„Sei ruhig! Ich habe an dem Projekt genauso hart gearbeitet wie du. Ich weiß also genau worum es geht und was die Stunde geschlagen hat. Ich sehe dich morgen!"

Bevor Heino noch einen Ton sagen konnte hatte Svetlana den Raum verlassen und verschloss die Tür. Durch ein Fenster sah sie noch einmal zu ihrem Mann hinein, dann wandte sie sich von ihm ab und eilte zu ihrem Quartier. Dort warf sie sich auf ihr Bett und schluchzte in die Kissen.

Heino setzte sich auf das Bett und wartete. Stephanie Stimme erklang aus einem Lautsprecher.

„Heino? Ist Svetlana fort?"

„Ja, das ist sie. An deiner Stelle würde ich sie in den nächsten Tagen nicht mehr ansprechen. Sie ist auf uns beide stinksauer."

„Das wird sich wieder einrenken!"

„Wenn das Experiment gelingt wird es das." seufzte er.

„Heino in dem Medizinschrank ist ein leichtes Sedativum. Die blaue Ampulle. Ich will, dass du dir das Zeug injizierst und dich dann hinlegst. Sag mir dann Bescheid und ich aktiviere die Naniten."

„Dieses mal darf ich also auf Wolke Sieben?"

„Es ist nur ganz leichtes Zeug, die Schmerzen werden damit erträglicher sein und du bleibst im Kopf klar genug, um uns deine Eindrücke mitzuteilen."

„Na dann wollen wir mal."

Er stand auf und fand in dem Medizinschrank einen Injektor und die erwähnte Ampulle. Er lud den Injektor, presste die Mündung auf seinen linken Oberarm und drückte den Auslöser. Mit einem leisen Zischen presste das handliche Gerät das Sedativum in seinen Arm. Heino legte das Gerät beiseite und begab sich wieder auf sein Bett.

„Ich bin bereit!" sagte er.

„Dann aktiviere ich jetzt den Sender."

Nun gab es wirklich kein zurück. Stephanie startete an ihrem Arbeitsplatz die Aktivierungssequenz, und die Naniten in ihm erwachten zum Leben und würden aktiv bleiben, bis sein Leben beendet war. Sie integrierten sich in seinen Zellen und begannen sich zu vermehren. Das gestartete Programm war unaufhaltsam und es aktivierte nicht nur die neuen Naniten. Unbemerkt von Stephanie wurden auch die schlafenden Naniten, die ein Überbleibsel eines lang vergessenen Einsatzes in einem der grausamsten Kriege der Menschheit waren, von ihrem Signal in Heinos Leib aktiviert.

Heino wurde schwindelig und das eigentlich schwache Licht, das im Raum herrschte, stach in seine Augen. Von wegen leichtes Sedativum. Er bedeckte sie mit seinem Arm.

„Hartes Zeug! Es beeinflusst meine Augen, kann kaum noch was erkennen, alles ist so hell, es blendet!"

„Eigentlich nicht! Moment! ... Ich dimme das Licht weiter herunter."

Ihre Stimme wurde leiser, sie sprach anscheinend nicht ins Mikrophon.

„Ahmed notiere mal bitte. Erhöhte Lichtempfindlichkeit. Hast du? Danke. Hör lieber mit!"

Ihre Stimme wurde wieder deutlicher.

„Heino?"

„Jaaa!"

„Ahmed hört jetzt mit und macht Notizen, ich lasse das Gespräch auch aufzeichnen. Nur zur Sicherheit."

Heino nahm sachte den Arm von seinen Augen und blinzelte, sein Zimmer war nun wirklich dunkler und das Licht war erträglicher. Er fühlte wieder ein leichtes Brennen in seinen Händen und Füßen. Stephanie stellte ihm nun eine Frage nach der anderen und er antwortete und teilte ihr seine Eindrücke mit. Das würde ein langer Nachmittag werden. Zumindest das Sedativum hielt was es versprach, die Schmerzen waren weitaus erträglicher. Drei Stunden später machte Stephanie eine Pause und auch Heino verzehrte einen Energieriegel nach dem anderen und spülte die Riegel mit einfachem Wasser herunter. Dabei machte er sich seine Gedanken darüber, was in seinem Körper gerade geschah, was er sich selber antat. Er ließ sich gerade unwiderruflich umwandeln. Sein Immunsystem würde in wenigen Tagen nicht mehr den medizinischen Daten für Menschen entsprechen. Er wurde zu einer Chimäre, einem Mischwesen. Teile seines menschlichen Erbgutes wurden überschrieben mit den von ihnen ausgewählten Sequenzen der Fauna von Sakura. Sie hatten eine moralische Barriere durchbrochen. Auf der Erde wären er und seine Kollegen wegen der Nutzung der verbotenen Technologie vor Gericht gestellt und exekutiert worden. Doch sie waren nicht auf der Erde, sie waren auf einer neuen Welt und mussten jede Chance nutzen die sich ihnen bot. Die Ausrüstung des militärischen Labors hatte wahre Wunderdinge vollbracht. Er konnte sich durchaus vorstellen warum das Militär diese verbotene Technologie nutzen wollte. Das alte Ziel Supersoldaten zu schaffen, was denn sonst. Und jetzt nutzten ein paar zweitrangige Nerds diese Technologie um ein paar tausend Menschen in Aliens zu verwandeln. Aliens! Außerirdische, Sakuraner.

„Heino?" drang die Stimme von Dr. Biggles aus dem Lautsprecher.

„Was ist?"

„Trink nun bitte den Inhalt der Wasserflasche. Phase 1 ist abgeschlossen und wir sollten umgehend mit Phase 2 fortfahren."

„Muss das sein? Ich habe mich gerade erst halbwegs erholt."

Heino linste zu der versiegelten Flasche auf dem Tisch. Es stammte aus einer Quelle in der Nähe des Lagers und in ihm befand sich ungefiltertes Wasser und weiß Gott was für Mikroben, die Steph mit hinein gemixt hatte.

„Je eher du die Anpassung hinter dir hast um so besser!"

„Steph!" protestierte Heino.

„Ich weiß, dass es nicht angenehm sein wird. Aber die Darmflora muss auch angepasst werden. Du trinkst jetzt schön brav dein Wasser, legst dich wieder hin und benutzt die Toilette. Gegen das Bauchgrimmen kannst du Kohletabletten und leichte Medikamente nehmen."

„Ist ja schon gut." knurrte Heino und begab sich zum Tisch.

Es hatte keinen Sinn das unvermeidliche weiter hinauszuschieben. Und Stephanie hatte ihre Methoden um sich durchzusetzen. Er nahm die Flasche und brach das Siegel. Er schnupperte an der offenen Flasche. EEEWWWW. Der Inhalt roch alles andere als gesund. Gab es denn keine andere Lösung?

„Fein Heino und nun trink!"

Er schüttelte sich, und nur mit größtem Widerwillen setzte er die Flasche an. Die Flüssigkeit ergoss sich in seinen Mund und er schluckte einen Mundvoll. Dann den nächsten und den nächsten. Es war ein übles Gesöff.

„So ist es gut, weiter, ... die Hälfte hat du hinter dir. Komm noch ein paar Schlucke!" ermunterte Steph ihr Versuchskaninchen.

Heino setzte die Flasche ab. Nur mühsam konnte er den Brechreiz unterdrücken.

„Das Zeug ist absolut widerlich!"

Er musste aufstoßen und da war dieser widerliche Geschmack wieder in seinem Mund. Wo ist die andere Wasserflasche, Kaffee, Tee, irgendetwas um diesen Geschmack wegzuspülen?

„Hast du alles getrunken?"

„Habe ich! Ich kann mich nicht erinnern je etwas Schlimmeres getrunken zu haben."

Sein Blick fiel auf den Wasserhahn. Ein Glas? Sein Zahnputzbecher, der würde reichen.

„Wie ist es mit dem Kaffee der Mensa der kolonialen Universität auf dem Mars?"

Heino lachte.

„Du hast recht, der war schlimmer!"

Er warf die leere Flasche in den Recycler. Das Gerät erwachte umgehend zum Leben, es zermahlte die Flasche, erhitzte das Material auf über 800 °C und sterilisierte so die Überreste. Die Asche wurde automatisch entsorgt. Er griff sich den Becher und befüllte ihn mit dem aufbereiteten Wasser. Mit dem ersten Schluck spülte er seinen Mund aus und spie das Wasser in das Becken, den restlichen Inhalt des Bechers trank er.

„Leg dich wieder hin! Oder geh auf die Toilette, aber entscheide dich schnell!"

Heino ließ sich das nicht zweimal sagen. In seinem Gedärm grummelte es bereits. Phase 2 war der unangenehmste Teil des gesamten Anpassungsvorganges, den das Team entwickelt hatte. Diese Prozedur selber war auch schon ohne Naniten unangenehm genug, aber zwingend notwendig. Die nächsten Stunden würden kein Zuckerschlecken werden. Montezumas Rache ließ grüßen.

Am nächste Morgen.

„SIE HABEN WAS!"

Major von Trunk schlug auf den Schreibtisch und stützte sich darauf ab. Ihre Augen blitzten wütend. Stephanie Biggles war nur leicht zusammengezuckt. Die Wissenschaftlerin hatte mit genau dieser Reaktion der Sicherheitschefin gerechnet.

„Was regen Sie sich so auf? Genau deswegen waren wir doch hier unten."

„Aber Sie hätten mich vorher informieren müssen! Besonders da es sich um Dr. Schmidt handelt. Wie konnten sie es nur zulassen?"

„Zulassen? Hein ..., Dr. Schmidt hat sich freiwillig gemeldet. Und ich habe mich gehütet ihn umzustimmen, denn es ist richtig so."

„Und Sie haben dann ganz zufällig vergessen mich zumindest darüber zu informieren?"

„Nein, das war volle Absicht!"

Von Trunks Gesichtsausdruck entglitt für einen kurzen Augenblick ihrer Kontrolle.

„Wie bitte?"

„Sie hätten zu viele Fragen gestellt und dann das Experiment verboten."

„Natürlich hätte ich das getan. Ihr Wissenschaftler müsst unter Kontrolle bleiben!"

„Ohne dieses Experiment werden wir aber untergehen!"

„Ich werde Gouverneur Balutin über Ihre Eigenmächtigkeit informieren."

„Bitte Major, überlassen Sie das uns, wenn das Experiment abgeschlossen ist. Zwei Wochen! Wir brauchen nur zwei Wochen!"

„Und warum sollte ich das Zulassen?"

„Sie können zur Zeit eh nicht mehr daran ändern. Dr. Schmidt wurde ja bereits behandelt."

„Sie verschlagenes Aas!" fluchte die Soldatin.

Von Trunk wandte sich vom Schreibtisch ab und trat an das Fenster des Büros. Biggles sollte nicht sehen, wie sie sich bemühte ihre Fassung wieder zu gewinnen. Diese verfluchten Wissenschaftler. Hielt man ihnen den kleinen Finger hin, dann griffen sie sich gleich die ganze Hand. Sie sah auf die Landschaft vor sich. Die fernen wolkenverhangenen Berge, die von dichten Regenwäldern umgeben waren. Die weite mit hohem Gras bewachsene Ebene, in der sich bewaldete Hügelketten befanden. Es war diese unglaubliche Weite, die von Trunk so beeindruckte. Auf der Erde gab es so etwas nicht mehr, seit hunderten von Jahren schon nicht mehr. Die Landschaft, die sich vor ihr ausbreitete, war fremdartig, die Pflanzen, die Tiere, all das was sie umgab, war ihnen noch so fremd und doch musste dieser Ort ihre Heimat werden. Irgendwie! Verfluchte Wissenschaftler. Endlich hatte sich von Trunk wieder beruhigt.

„Wie geht es Dr. Schmidt?" fragte sie mit leiser Stimme.

Dr. Biggles hatte während dieser Pause kein Wort gesagt, sie saß an ihrem Schreibtisch und sah zu der Soldatin hin. Sie blickte ernst und machte keine unnötige Bemerkung. Die Genetikerin wusste wohl wann man zu schweigen hatte, doch nun musste sie antworten.

„Den Umständen entsprechend gut. Er hatte eine üble Nacht, doch seine Werte stabilisieren sich."

„Wo ist er untergebracht worden?"

„Er ist in der Quarantäne-Zelle 2."

„Gut. Ich werde dort eine Wache aufstellen lassen. Die Tür zu seinem Quartier darf vorerst nicht geöffnet werden, von niemanden!"

„Selbstverständlich. ... Werden Sie uns also gewähren lassen?"

„Das Gespräch mit Balutin und der Ordin? Lieber Sie als ich!"

„Mehr wollte ich von Ihnen nicht hören."

Biggles lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und lächelte gewinnend. Sie war nun viel entspannter. Sie hatte gewonnen.

„Lassen Sie mich bloß in Ruhe!" zischte von Trunk.

Sie verließ das Büro von Biggles ohne auch nur ein weiteres Wort zu verlieren. Ihr stand nicht der Sinn nach weiterer Konversation mit der Genetikerin. Seit fast einem Jahr spielte von Trunk den Wachhund für die Wissenschaftler und die Anlage auf dem Planeten. Ihre Leute hatten sich mittlerweile an die Umgebung gewöhnt und auch an die Gefahren, die es auf dieser Welt gab. Der Verlust von Müller war eine deutliche Warnung für ihre Leute gewesen, die lokale Natur nicht zu unterschätzen. Zumindest die beiden Jungtiere dieser Viecher waren zutraulich geworden. Sie erwiesen sich sogar als sehr nützlich, denn sie hielten das Lager frei von kleineren Tieren, die wohl das Äquivalent von Ratten auf dieser Welt darstellten. Die Majorin stapfte zu ihrem Büro. Auf dem Weg begegnete ihr einer ihrer Männer.

„Kilkenny! Schnappen Sie sich einen Hazardsuit und gehen zur Quarantäne-Zelle 2. Niemand außer Dr. Biggles, ihrem Assistenten und Frau Dr. Schmidt dürfen sich der Zelle nähern. Die Tür bleibt zu! Haben Sie das verstanden!"

Jakob Kilkenny stand stramm und salutierte.

„Zu Befehl Major!"

Dann zog er schleunigst ab, um dem Befehl nachzukommen. Wenn der Major schlechte Laune hatte, dann befolgte man ihre Befehle besser schneller als üblich.

„Versauen Sie es nicht!" rief von Trunk dem Mann hinterher.

Sie kam zu ihrem Büro und setzte sich an den Schreibtisch. Sie nahm ein Bild vom Tisch. Ihr Mann und ihre beiden Kinder lachten ihr entgegen. Sie berührte das Bild und es setzte sich in Bewegung, zugleich erklang ein leises „Happy Birthday to you." Ihre kleine Tochter Sabrina, sie war damals drei Jahre alt gewesen, krähte den Text aus vollem Hals und Daniel, der drei Jahre älter war, sang mit seiner schönen Stimme. Hans, ihr Mann, gab ihr einen Luftkuss und formte mit seinen Lippen ein lautloses „Ich liebe dich!". Die drei lagen noch in Stase und warteten darauf ihr unverhofftes neues Heim zu sehen. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Hoffentlich verläuft das Experiment erfolgreich. Diese verfluchten Wissenschaftler. Sie aktivierte ihre Konsole und änderte den Dienstplan von Kilkenny und den Mitgliedern seiner Gruppe.

Heino wachte auf und fühlte sich immer noch so scheußlich wie am Abend zuvor. Nachdem er den undefinierbaren Inhalt der Flasche getrunken hatte, hatte er die Toilette für zwei Stunden nicht verlassen können. Er war danach ausgelaugt und schwach gewesen. Der Durchfall und das Erbrechen hatten ihren Tribut gefordert. Die Tabletten die er genommen hatte linderten die Symptome wenigstens und er überwand sich dazu viel Wasser zu trinken, um nicht auszutrocknen und Mineraltabletten zu schlucken. Dann fiel er ins Bett und schlief aus Erschöpfung fast augenblicklich ein. Während seines Schlafes träumte er und die Träume waren alles andere als gut gewesen. Er wachte immer wieder auf, schweißgebadet und von Krämpfen durchschüttelt und desorientiert.

Doch nun war er wach. Sein Zimmer war dunkel und er tastete nach einem Schalter. Anders als auf dem Raumschiff hatten sie hier keine Ki, die jeden Aspekt der Umgebung auf Zuruf kontrollierte. Es war die Ansicht der kolonialen Behörde die Kolonisten mit einfacher Technologie auszustatten und so war die installierte Technik weitestgehend auf Robustheit und Wartungsfreundlichkeit getrimmt. Einzig die Computer im Labor und den Büros und die Kommunikationssysteme waren das modernste vom modernen. Schließlich fand er den Dimmschalter und die Dunkelheit schwand.

Er blickte auf die Uhr an der Wand, es war kurz vor Sonnenaufgang. Die Tage auf Sakura waren deutlich länger als auf der guten alten Erde und die nördliche Hemisphäre von Sakura lag im sommerlichen Quadranten der Umlaufbahn. Es hatte Wochen gedauert, sich an den neuen Biorhythmus anzupassen.

Heino rief die Konsole auf und versuchte Svetlana zu kontaktieren, doch sie reagierte nicht. Entweder war sie noch am Schlafen, oder sie war noch immer sauer auf ihn und seine eigenmächtige Entscheidung und ignorierte seine Anrufe. Frustriert schloss Heino die Verbindung und stand auf. Er verrichtete sein Geschäft und nahm einen Nahrungsriegel aus dem Schrank, den er lustlos trotz des Bauchgrimmens verzehrte. Die Bissen spülte er mit kaltem mineralisiertem Wasser herunter. Beim Essen trat er an die Tür und blickte durch das Fenster auf den Gang. Eine Gestalt in einem Hazardsuit kam schnellen Schrittes auf die Tür zu. Er erkannte einen der Männer von Trunks Truppe.

„Guten Morgen Herr Doktor!" erklang Kilkennys Stimme aus dem Lautsprecher neben der Tür.

„Guten Morgen Herr ..?"

„Kilkenny! Ich soll den Zutritt zu ihrem Quartier überwachen. Befehl vom Major. Niemand darf herein oder heraus."

„Dann hat sie es wohl erfahren."

„Was immer Sie meinen, Herr Doktor. Sie muss jedenfalls alles andere als erfreut gewesen sein."

„Dann hat sie es Ihnen nicht gesagt warum Sie Wache stehen sollen?"

„Hat der Major nicht gesagt und ich habe nicht gefragt. Man stellt einen Befehl vom Boss nicht in Frage oder fragt sie nach einem Grund. Jedenfalls nicht, wenn sie schlecht gelaunt ist." Kilkenny grinste.

„Oh ja." stimmte Heino zu und grinste. Major von Trunk hatte ihre Launen, war ansonsten aber eine tadellose Anführerin, die sich den Respekt ihrer Leute verdient hatte.

„Nun ich glaube ich werde mir hier einen Tisch und einen Stuhl bringen lassen."

„Das macht Sinn, Herr Kilkenny. Mein Aufenthalt hier drin wird wohl etwas dauern. Spielen Sie Schach?"

„Hab's gelernt, bin aber außer Übung."

„Vielleicht später?"

„Warum nicht, wenn Sie mich auch mal gewinnen lassen."

„Mal sehen. Jetzt werde ich mich besser bei Biggles melden."

„Tun Sie das, Doktor Schmidt."

Schmidt ging wieder zu seiner Konsole, und rief Stephanie an. Die Genetikerin antwortete sofort.

„Guten Morgen Heino."

„Morgen Steph"

„Wie geht es dir?"

„Das weist du ganz genau! Du hast die Sensorwerte!"

„Natürlich habe ich die, aber ich will es von dir hören."

„Die Nacht war übel und ich könnte Kotzen!"

„Hast du?"

„Was? Gekotzt? Nein, jedenfalls nicht heute Morgen. Habe sogar etwas gegessen."

„Das ist gut. Sonst irgendwelche Beschwerden?"

„Du hast es von Trunk gesagt!"

„Natürlich, hat sie dich besucht?"

„Nein, Sie hat eine Wache postiert, den Rest konnte ich mir dann schon denken."

„Sie war ziemlich aufgeregt gewesen, als sie es erfuhr."

„Du untertreibst sicherlich." Heino lachte leise. „Wird sie es melden?"

„Nein! Das überlässt sie uns. Man kann von ihr denken was man will, aber schlau ist sie."

„Wenn es klappt, dann sind wir die Helden!"

„Svetlana wird es dir danken!"

„Ich hoffe es renkt sich wieder ein.Wenn, wenn ich es nicht schaffe, werdet ihr euch um sie kümmern?"

„Davon will ich nichts hören! Heino, es wird funktionieren. Die Naniten haben sich mittlerweile verteilt und werden dich Immunisieren, so wie es bei den Tieren geschehen ist."

„Wie steht es ansonsten um mich?"

„Nun so wie es ausschaut, scheint alles nach Plan zu laufen. Die Übelkeit war zu erwarten gewesen und sollte bald abklingen. Dann können wir die nächste Phase einleiten und du kannst nach draußen!"

„Nach draußen?"

Heino grinste. Bislang mussten er und die anderen spezielle Schutzanzüge tragen, um sich vor Sakuras Umwelt abzuschotten. Mit der erfolgten Behandlung sollte das der Vergangenheit angehören.

„Die Luft wird bereits unaufbereitet in deine Kammer geleitet. Riechst du nicht den Unterschied?"

Jetzt wo es Steph erwähnte, bemerkte Heino wirklich einen Unterschied. Die Luft in seinem Zimmer roch wirklich anders. Es fehlte der künstliche Geruch aufbereiteter Luft der durch Ozon verursacht wurde. Sie war irgendwie frischer.

„Wann entsiegelst du das Schott? Ich will heraus!"

„Noch ein paar Untersuchungen, dann wird das Schott aufgemacht und du kannst heraus. Leg dich nun wieder hin."

„Hab ich eine Wahl?"

„Die hast du natürlich nicht."

Stephanies Lachen drang aus dem Lautsprecher über der Tür. Heino legte sich grummelnd auf das Bett, Stephs Sinn für Humor erschloss sich ihm nicht immer. Sie war in der Regel forsch, überschwänglich und selbstbewusst und dann wieder so in sich gekehrt, scheu und sensibel, als ob sie etwas belasten würde. Heino ließ das Sensorbett seine Arbeit tun und lag still auf der Matratze. Nach wenigen Minuten unterbrach Stephanie die Stille.

„So Heino, das wäre es fürs Erste."

„Wie ist mein Zustand?"

„Den Umständen entsprechend Gut. Sogar sehr Gut! Die Naniten machen ihren Job. Der kleine Herzfehler, den du selber diagnostiziert hast, ist jedenfalls fort und du hast 3 kg abgenommen."

„Kein Wunder, nach dem Einlauf!"

„Nö, nö, mein Herr die Masse habe ich schon herausgerechnet! Außerdem ist der Lungenschaden endgültig geheilt, den du dir bei diesem kleinen Laborunfall damals auf dem Mars zugezogen hattest."

„Das sind doch schon mal gute Nachrichten. Die Naniten funktionieren also bestens."

„Das tun sie wirklich und das ist auch gut so. Allein in den letzten 10 Minuten haben die Systeme in der Kammer 25 Mikroben-Stämme und 18 verschiedene Viren registriert. Dein erweitertes Immunsystem arbeitet jedenfalls auf vollen Touren. Du hast dadurch ein leichtes Fieber bekommen, das war aber abzusehen, die Naniten werden sich darum kümmern. Nichts spricht dagegen, dass du gleich heraus darfst."

Heino ging es bei diesen Worten schon bedeutend besser.

Eine dreiviertel Stunde später war es endlich soweit. Die Verriegelung der Außentür surrte und Heino fasste sich ein Herz und stieß die Tür zur Außenwelt auf. Ein Schwall ungefilterter Luft stürzte ihm entgegen.

Im Labor zeigte der Bildschirm vor Steph, wie noch mehr Mikroben in Heinos Raum eindrangen, aber nicht nur das. Die Filter, die Stephanie eigentlich auf die niedrigste Stufe eingestellt hatte, hatten anscheinend doch besser gearbeitet als gedacht. Die Sensoren in Heinos Zimmer fingen unzählige flüchtige Verbindungen auf, die nun mit der Außenluft eindrangen.

„Ughh!"

Heinos Nase zuckte und er taumelte in den Raum zurück. Er war überwältigt von den Düften und Gerüchen, die ihm unvorbereitet entgegenschlugen. Instinktiv hielt er sich die Nase zu und atmete durch den Mund. Hatte Stephanie nicht gesagt, dass die Filter abgestellt worden seien? Und nun diese überraschende Duftinvasion!

„Heino? Alles in Ordnung!"

„Mir geht es gut!" Er hustete, „Himmel, das hatte ich nicht erwartet. Ich dachte du hättest die Filter ganz abgeschaltet."

„Ich kann es mir nicht erklären. Möglicherweise ein Fehler im System. Das werde ich prüfen lassen. Ahmed wird sich zudem die Filterrückstände vornehmen und Analysieren. Aber das hat dich jetzt nicht zu interessieren. Heino raus mit dir! Von Hauser hat übrigens einen weiteren Aufpasser für dich abgestellt. Er müsste eigentlich gleich da sein."

Also dann.

Heino trat wieder an die Tür, er hatte sich in den letzten Minuten an die Luft gewöhnt und atmete wieder durch die Nase. Natürlich hatten sie gewusst, dass die Luft erfüllt war mit Gerüchen, aber sie hatten es vollkommen vergessen, dass sie es wussten, bis eben.

„Dr. Schmidt?" eine gedämpfte Frauenstimme drang von außen zu ihm. „Hallo! Kommen Sie! Ich bin Janice Egland."

Eine Gestalt, in einem dunkelblauen Hazardsuit für Außeneinsätze, erschien vor der Tür und winkte. Ein hübsches Gesicht, vom durchsichtigen Visier Helm des Anzuges bedeckt lächelte ihm strahlend entgegen.

„Ich kommen ja schon."

Heino trat endlich ins Freie. Er kniff die Augen zusammen, Sakuras Sonne ging im Osten auf und blendete ihn. Er wusste nicht ob dieser Augenblick für die Kolonisten wichtig oder gar historisch werden würde, für Heino war es jedenfalls das erste Mal, das er ungeschützt, ohne seinen eigenen Hazardsuit, einen Fuß auf den Boden dieser Welt setzte. Es wurde als wichtig angesehen und in den sakuranischen Geschichtsbüchern wurde Dr. Heino Schmidt später als erster Sakuraner erwähnt und in Ehren gehalten.