Drachenmenschen - 11. in der Fremde

Story by Lord_Eldingar on SoFurry

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#12 of Drachenmenschen

Die ersten Nächte in der Fremde, Begegnungen mit den Menschen dort. Und natürlich bin ich völlig unauffällig ... ^^

Der nächste Teil meiner Erlebnisse beim 'kimblen'. Bis jetzt läuft es gar nicht so schlecht.


Es hat ein wenig gedauert, mich hatte die Schreibunlust befallen. Aber es geht weiter.


Drachenmenschen

  1. in der Fremde

Irgendwann taste ich nach dem Handy... brrr ist das kalt in der Hand... gleich acht - na gut, aufstehen... ich kann ja heute Nachmittag nochmal eine Runde schlafen. Mit dem Wärmestrahler auf ein drittel Leistung ist es doch schon angenehm kuschelig hier auf dem Bett. Aber kaum bin ich aufgestanden spüre ich die Kälte langsam durch meine Schuppen kriechen... Für nachher besser schon mal den Strahler über der Sitzecke einschalten, der deckt einen größeren Bereich ab, ins Bad, den Mund durchgespült und dann schaue ich mir an, was an Kleidung da im Schrank ist.

Alles vorhanden, was ein Wanderer übers Jahr so braucht. Ich wähle eine lange Hose, Hemd und eine leichte Winterjacke - halt, besser ich schau mal nach dem Wetter, nicht dass gerade ein Schneesturm tobt...

Kaum bin ich im Gang, merke ich, dass es hier draußen doch noch kälter ist. Kurz vor dem Ausgang warte ich kurz, horche und schnuppere... keiner in der Nähe. Zwar kann ich hier schon sehen, dass die Sonne scheint, aber kurz umschauen möchte ich mich dann doch noch.

Ja, schönes Wetter, ein paar lockere Wolken, aber noch kalt. Der Eingang zur Höhle liegt ohnehin die meiste Zeit im Schatten. Zum Hauptweg, der zum Hotel führt, kann ich von hier aus nicht sehen, auf dem Nebenweg hier ein wenig tiefer ist niemand unterwegs, auch weiter unten im Tal ist kein Mensch zu sehen. Gut, dann reicht meine Kleidungswahl ja aus. Schnell zurück in die Höhle... unter den Strahler der Sitzecke und zum Menschen transformieren. Oho... doch ganz schön kühl, schnell die Klamotten anziehen - ein wenig groß sind sie, aber es geht, sieht noch nicht danach aus, als hätte ich jemand rausgeprügelt.

Shit, Stiefel vergessen... oohh ist der Boden kalt... - schnell ein Paar der wasserdichten geschnappt - eine Nummer zu groß, aber das andere Paar ist deutlich kleiner. Na klar, die können nicht von 36 bis 46 alles bereithalten, und anscheinend haben die Drrékh alle recht ähnliche Maße, denn es gibt auch bei der Kleidung nur zwei Größen, die kleinere eindeutig weiblich. An den Stiefeln ist auch schon ein Rutschschutz dran, abnehmbare Schneeketten... gut, denn ohne meine Krallen hätte ich gestern wohl auf allen vieren in die Höhle rutschen müssen.

Schnell rein geschlüpft... geht so, zugeschnürt sitzt der Fuß fest genug, dass ich nicht herumrutsche. Für die kurze Strecke wird es auch ohne dicke Socken reichen. Die Jacke... Handy, Rucksack nicht vergessen, sonst sehe ich als Wanderer doch etwas komisch aus... mein Hut, mein Stock, mein EK1 und ich kann los.

Am Eingang nochmal kurz umschauen, dass ich dabei auch schnuppere lässt mich grinsen - zwar rieche ich auch als Mensch jetzt besser, aber bei weitem nicht so gut, wie als Drache. - Alles frei, also los... Vorsicht, auch mit dem Rutschschutz ist es noch glitschig, so leicht wie meine Krallen bohren die sich nicht ins harte Eis. Jetzt noch die zwanzig Meter bis zum Weg durch eine Spalte... hier ist das Eis rauer, ich habe einen besseren Grip und komme gut voran.

Der Pfad ist zwar nicht geräumt, aber deutlich zu erkennen, weil der Schnee hier runtergetreten wurde. Allerdings ist jetzt der Boden vereist, ohne Steigeisen, oder wenigstens solchen leichten Ketten unter den Schuhen kommt man hier jetzt nicht durch. Aber mit den Dingern komme ich überraschend gut den Berg hoch, ich muss halt etwas fester auftreten, dann geht's schon. Die Sonne weicht das Eis schnell auf, bald geht die Saison los.

Es geht recht steil nach oben, nur wenige Kehren... da hat jemand den direkten Weg gespurt... Macht nix - kurze Schritte, ruhig und stetig - und früher als gedacht stehe ich oben. Zwar atme ich deutlich schneller, aber mein Puls ist noch im zulässigen Bereich. Ah, da links ist die Herberge, noch 150 m... erst ein Stück zum See runter, auf dem noch Eis ist, das aber am Rand bereits zu tauen beginnt... Dann am Ufer entlang zum Hotel, das auf einer kleinen 'Warft' steht. Hier sind noch ein paar kleine Hütten, wohl als Unterkünfte zu mieten, hinter dem Hotel noch ein paar größere, vermutlich einfache Gruppenunterkünfte.

Ein paar Stufen zur überdachten Terrasse, der Griff zur Tür... offen. Durch den Windfang mit einem Vorhang und ich stehe in einem warmen Gastraum, in dem ein offenes Feuer in der Mitte des Raumes mich sofort anspricht. Weiter hinten, am Fenster frühstücken gerade zwei Gäste, ansonsten ist keiner zu sehen.

„Moin!" -

Die beiden Frühstücker sehen mich nur kurz an, nicken und mampfen dann schweigend weiter ihr Brot... Morgenmuffel... - bin ich ja eigentlich auch... aber seit ich ein Drache bin...

„Dzien dobry" kommt die Stimme eines Mannes aus der Tür neben dem Tresen links von mir.

„Niemiecki? - Deutsch?" -

„Ja, äh - nie mowie po polsku." -

Mit der Aussage, dass ich kein Polnisch spreche, ist meine Sprachkunst auch schon am Ende.

„Nicht schlimm... ich spreche Deutsch, habe in Deutschland gearbeitet. Viel im Norden. Such Dir einen Platz." -

Ein drahtiger Mann mittleren Alters mit blonden Haaren und grauen Augen erscheint in der Tür. Sein freundliches Lächeln erstarrt, mit zusammengezogenen Brauen betrachtet er mich.

„Tza tzurr rrakk, Trráh..." -

Sein Gruß kommt etwas zweifelnd... Aha, er hat sicher die Kleidung erkannt und will jetzt sichergehen.

„Áah, Trra'áh rrakk." Sein Blick wird fragend... upps - das Gespräch gestern mit T'Álirrah...

„Daánh... Trra'áh tza tzurr rrakk." -

Ich hatte mal wieder die stark verkürzte Sprechweise der Drrá'Kin verwendet. - Die lange Form ist verständlicher für ihn, jedenfalls wirkt er erleichtert, gleichzeitig aber auch irgendwie angespannt jetzt.

„Ich spreche die Sprache nicht gut, entschuldige Herr." -

„Ich heiße Ralf, das reicht." -

Shit... ich hätte ihm einen anderen Namen nennen sollen... zu spät...

„Danke Ralf, ich heiße Jerzy. Du bist wirklich ein... Drrékh?" -

„Ja. Ich bin auf der Durchreise und kann ein Frühstück vertragen - und würde gern noch etwas kaufen..." -

„Natürlich, ganz frisch, ich rufe meinen Schwager an, er hat heute Nacht einen verletzten Hirsch geschossen. Einen Kaffee zuerst? - Die beiden werden gleich aufbrechen, dann ist Ruhe und ich dann für Dich da." -

„Ja, danke... für beides."-

Der kleine Tisch da am Feuer... der ist meiner. Da ich ja nicht in der Jacke hier sitzen kann, kommt mir die Wärme des Feuers ganz recht. Natürlich ist das Feuer nicht wirklich so mitten im Raum... die Feuerstelle ist ordentlich aus Natursteinen gemauert, etwas unter Tischhöhe und gut 1,5 Meter im Durchmesser. Darüber an der Decke ein großer Rauchfang und mitten auf der Feuerstelle brennen leise knacksend ein paar Scheite und verbreiten ihre Wärme - Kurz darauf kommt Jerzy mit einer großen Thermoskanne und was sonst noch so dazu gehört und stellt mir alles hin.

Mmh, der Kaffee tut gut, vor allem schmeckt der auch. Nach einigen Minuten kommt Jerzy mit einer Tasse in der Hand näher.

„Äh... darf ich mich..." -

„Klar, setz Dich - ist ja Dein Haus." -

„Aber... Du bist Gast... und... ich weiß nicht, wie ich mit Dir..." -

„Alles gut so. Ich bin doch auch nur ein Mensch, nur manchmal mit Schuppen. Na los, setz Dich und frage ruhig." -

Erst nach meiner einladenden Handbewegung setzt er sich mir gegenüber und nimmt auch einen Kaffee. Er sieht mich unsicher an.

„Entschuldige... darf ich überhaupt Du sagen? Das ist sonst hier so üblich wenn Deutsche da sind - wir alle sind Wanderer..." -

„Mich stört es nicht, bleiben wir dabei." -

Das beruhigt ihn sichtlich.

„Bist Du auf Reisen oder bleibst Du?" -

„Ich muss heute Abend weiter." -

Er nickt.

„Ja... dann machen wir morgen alles wieder bereit. - Entschuldige... Du siehst so normal aus... bist Du wirklich ein... Drache?" -

Das kommt so freundlich ungläubig rüber, dass ich grinsen muss.

„Jetzt nicht, aber ein Drache steckt in mir." -

„So richtig...?" -

Auch im polnischen gibt es Geschichten über Drachen - und auch hier eher negativ besetzt...

„Ja, so richtig. Mit Zähnen, Krallen, Schuppen und Flügeln. Aber freundlich und meistens in einer menschenähnlichen Gestalt. Wir sind keine Feinde der Menschen." -

Er wehrt gleich ab.

„Nein... das weiß ich... Aber Du bist dann doch ein Herr, ein ksi???... mmh... lider... - Chef." -

Oha... wenn alle Eingeweihten das so sehen, dass wir die heimlichen Bosse sind...

„Nein. Soweit mir das bekannt ist, beraten wir die Anführer der Menschen nur. Wir herrschen nicht, auch nicht indirekt über die Anführer." -

„Entschuldige, aber viele sagen, ihr seid die Herren..." -

„Äh... wer sagt das? Die Drrékh?" -

„Nein, aber unter uns, also die über die Höhlen wachen, sagen viele das." -

„Aha. Nein, das haben einige falsch verstanden. Wir unterstützen Regierungen und Wissenschaftler, die Interesse daran haben, mit dem Wissen und der Logik der Drachen. Wir beraten und helfen, mehr nicht." -

„Berater..." -

„Richtig. Hast Du schon einen von uns gesehen?" -

„Nur Menschen, keine Drachen. - Entschuldige, die beiden dort wollen gleich gehen, bin gleich wieder da." -

Ah, richtig, die beiden stummen Frühstücker sind fertig und gehen zum Tresen. Kurz unterhalten sie sich leise mit Jerzy, dann verschwinden sie durch die Tür, die wohl auch zu den Gästezimmern führt.

Jerzy rechnet anscheinend ab, jedenfalls macht er einige Papiere fertig. Und anschließend kloppt er bestimmt 5 verschiedene Stempel auf alle möglichen Zettel und in zwei Hefte... - Kaum fertig, stehen die beiden schon wieder am Tresen, bezahlen ihre Rechnung, nehmen die Papiere in Empfang und, mit einem freundlichen Winken in meine Richtung, machen sich auf ihren Weg.

Jerzy verschwindet kurz und kommt dann wieder zu mir.

„Einen Moment noch, Ralf. Die Brötchen sind gerade im Ofen, möchtest Du Fleisch oder reichen Wurst und Schinken?" -

„Wurst und Schinken reicht. Als Mensch ist mein Fleischhunger nicht so groß." -

Noch bevor er sich setzen kann, klappt irgendwo drüben eine Tür, dann kommt eine Frau in Wanderkleidung durch die Tür neben dem Tresen. Recht gutaussehend, offenbar auch drahtig gebaut, etwas dunkler blond als Jerzy mit fast gleich grauen Augen und etwa gleichaltrig. Ich vermute, seine Frau. -

Sie kommt sofort zu ihm und redet aufgeregt auf polnisch auf Jerzy ein. Der macht ein besorgtes Gesicht, fragt etwas, ist dann etwas beruhigt, aber immer noch ernst.

„Entschuldige, Krystyna, meine Frau. Sie hat den Bär hinter den Gruppenherbergen gesehen..." -

Aha, ein Bär... ist wohl noch sehr ruhig, dass er sich so dicht ran traut... - Jerzy stellt mich anscheinend vor, denn ich höre meinen Namen - dann so etwas wie Smog, worauf sie mich freudig erstaunt und gleichzeitig bestürzt ansieht.

„On jest smok...?" -

Sie redet wieder auf ihn ein, er versucht sie zu beruhigen, bis er schließlich doch recht scharf die Diskussion beendet.

„Entschuldige, Ralf. Sie zweifelt, dass Du ein Drache bist. Die anderen haben sich bisher nie hier aufgehalten. Du scheinst ihr zu normal, um ein Drache zu sein." -

„Du glaubst mir?" -

„Ich habe Dich sprechen gehört - so kann kein Mensch die Sprache der Drachen sprechen - und ich habe viele bei Treffen kennen gelernt. Und ich weiß jetzt, warum ich nicht gleich verstanden habe... Du hast auf Art der Großen gesprochen." -

„Richtig, ich hatte gestern mit einer Drrá'Kina gesprochen bevor ich hierher gekommen bin, deswegen war ich noch da drin. - Warum eigentlich die Aufregung? Wegen dem Bär?" -

„Ja. Der Bär wurde wohl vor einiger Zeit von Wanderern gefüttert, hat dann angefangen Vorräte zu plündern und fängt seit letzten Herbst an, die Wanderer direkt auszurauben. Stellt sich in den Weg, droht - und macht sich dann über die Rucksäcke her, die die Flüchtenden oft wegwerfen um schneller zu sein. Bisher 3 mal im Abstand von zwei oder drei Wochen, aber da er Erfolg hatte... Noch hat er niemand direkt angegriffen, aber wenn mal einer so verrückt ist und nicht wegläuft..." -

„Oh, verstehe... Und wenn er jetzt schon hier um die Häuser schleicht..." -

„Ja. Ich werde wohl der Verwaltung melden müssen, dass es nicht mehr geht und meinen Bruder als Jäger holen." -

Tja, ein Problembär, wie es bei uns heißen würde. Nur dass der bei uns schon lange abgeschossen worden wäre. Hier hat er über den Winter nochmal eine letzte Chance bekommen - bemerkenswert. Mir kommt da eine Idee.

„Was würde ein Bär wohl machen, wenn er einen Drachen trifft...?" -

„Wenn der Drache ihm zeigt, dass er stärker ist... vermutlich ein anderes Revier suchen." -

„Erwartet ihr jetzt Wanderer?" -

Jerzy schüttelt den Kopf.

„Nein, frühestens in zwei Stunden. Die sind jetzt noch nicht so früh unterwegs. Und unsere beiden Versorger mit unseren Lebensmitteln kommen erst morgen wieder." -

„Gut, dann los."

Beide sehen mich etwas verständnislos an, als ich die Schuhe ausziehe, aufstehe und dann Hemd und Hose ausziehe und schnell zusammengelegt auf den Stuhl lege. Die Unterhose ziehe ich mir während der Transformation über dem Hintern ein wenig herunter, damit der Schwanz Platz hat und nachdem die fast abgeschlossen ist, dann ganz aus. Mit deutlichem Ticken treffen meine Zehenkrallen auf den Steinboden, ich richte mich auf und blicke in zwei erstaunt - erschreckt - ehrfürchtige Augenpaare.

„Tja, so sieht ein Drachenanthro aus..." -

„Ja... natürlich... nur haben wir noch nie einen so nahe gesehen..." -

„Noch keinen gesehen? - Oh..." -

„Doch gesehen schon. Wir Höhlenwarte treffen uns einmal im Jahr und manchmal ist dort auch ein Drrékh, aber dem waren wir da nicht so nahe." -

„Na los, mich darf man auch anfassen und meistens beiße ich nicht." -

Jerzy hält sich höflich zurück, aber Krystyna nimmt die Gelegenheit wahr und tastet und streicht über meine Schuppen. Fasziniert betrachtet sie die Reaktionen meiner Flughaut auf ihre Berührungen - und kommt schließlich vor mir stehend zur Sache.

„Du bist Mann... wie geht Kindermachen?" -

Jerzy sieht sie fast entsetzt an, während ich grinsen muss. Ist ja eine berechtigte Frage. Allerdings erschreckt sie mein Grinsen doch etwas.

„Keine Angst, das ist nur ein Grinsen - tja, Kindermachen ist ganz einfach: siehst Du den Spalt in den Schuppen da? Dahinter ist mein Penis. Der sieht zwar etwas anders aus, als bei Menschen, funktioniert aber genau so. Genauso die Vagina bei unseren Frauen. - Und ich sehe Dir die Frage an... Ja, wir können auch gemischt verkehren, ob es Kinder geben würde, weiß ich aber nicht." -

Jetzt wird Jerzy munter. Grinsend warnt er mich.

„Lass meine Frau in Ruhe. Bitte... - Äh, müsst ihr ihn zum Pinkeln immer erst da raus holen?" -

Da hatte ich noch nie drüber nachgedacht, dass ich anatomisch da auch etwas anders bin...

„Nein. Der Harnleiter endet am After, wir pinkeln und kacken sozusagen aus dem selben Loch. Nicht ganz, aber beides endet in einem Schuppenspalt weiter hinten am Schwanzansatz." -

„Also müsst ihr euch auch hinhocken, damit es nicht die Beine runterläuft?" -

Der hat Sorgen... grinsend schüttel ich den Kopf.

„Nein, Füße nur etwa Schulterbreit auseinander, Schwanz anheben und dann landet alles weit genug hinter mir." -

Er nickt verstehend, dann legt er seine Hand vors Gesicht.

„Entschuldige... wir fragen Dich hier Dinge..." -

„Macht nichts. Wenn Deine Frau allerdings weiter da an meinen Schuppen reibt, kann ich nicht garantieren, sie in Ruhe zu lassen..." -

Krystyna nimmt erschreckt ihre Hand von meinem Slit, tritt einen Schritt zurück - und riecht an ihren Fingern...

„Riecht fremd... aber gut." -

„Kryska!" - kommt entgeistert von Jerzy.

Ich hebe beruhigend die Hände.

„Ich werde Dein Weibchen nicht anfassen, ich habe eine ... Freundin, eine richtige Drachin." -

Die Amethyst-Augen von T'Álirrah stehen vor meinem inneren Auge, als würde sie hier vor mir stehen. Scheiße... sag nicht, dass ich mich verliebt hab...

„So, los - der Bär." -

Jerzy sagt etwas zu seiner Frau, die ihn daraufhin lächelnd küsst.

„Neugierig... Drache ist warm und glatt, aber Drache hat zuviel Schuppen... zu hart, Jurek ist weicher." -

Gut, das wäre damit auch geklärt - aber wenn ich länger hierbleiben würde, bekäme ich sicher mal Besuch in der Höhle - denn neugierig ist sie ja schon...

Krystyna winkt mir und geht dann voraus, durch die Tür neben dem Tresen in einen kurzen Gang, links eine offene Tür in einen weiteren Flur, offensichtlich Gästezimmer, rechts geht es in eine kleine Küche, in die Jerzy kurz verschwindet.

„Deine Brötchen sind fertig." -

Ich folge Krystyna weiter entlang einer Treppe, die vermutlich zu weiteren Zimmern unterm Dach führt, zu einer Hintertür nach draußen. Krystyna bleibt draußen kurz stehen und zeigt zu einem schlichten Holzgebäude ein Stück weiter unten, anscheinend eine der Gruppenherbergen für den Sommer.

„Da hinter Haus ist Bär." -

Ihr Deutsch ist deutlich schlichter, als Jerzys, aber gut verständlich. Und sie versteht mich anscheinend auch gut. - Ich horche... ja, die Geräusche lassen darauf schließen, das dort ein Bär das Gelände erforscht. - Jerzy ist inzwischen auch draußen, also dann los. Mir kann der Bär am wenigsten gefährlich werden und ich höre ihn deutlich, also übernehme ich die Führung,

Das Gebäude ist schnell erreicht, an der Ecke orientiere ich mich... sehen kann ich ihn nicht, aber Ohren und Nüstern sagen mir genau, wo er steckt. Etwa 100 m etwas hangab ganz in der Nähe des Bergpfades... - nee, mein Lieber - da hast Du nix zu suchen...

Also los, auf ihn zumarschiert - aha, da ist er. Und er wird fast gleichzeitig auf mich aufmerksam, offensichtlich kann er mit mir nicht recht was anfangen, aber er interpretiert mich wohl als Mensch - und will mich vertreiben. Drohend brüllt er mich an, nee mein Lieber, das wirkt nicht, ich gehe weiter. Dann, ich bin noch etwa 30 m weit weg, richtet er sich auf und brüllt weiter drohend - auf Bärenart immer so halb abgewandt um notfalls auch schnell flüchten zu können...

Aber nicht mit mir... ich nehme meine Wut zusammen, reiße meine Schwingen hoch - vorher waren wir etwa gleich groß, aber er wuchtiger - jetzt bin ich 3 Meter größer und auch deutlich breiter... - sauge beide Luftsäcke voll und brülle fauchend zurück. -

Holla, das hat gesessen... erschreckt geht er auf alle viere und trabt ein paar Schritte zurück, bleibt aber schon bald wieder stehen und sieht sich um. Verdammt ist der stur... Na gut, wenn Du es so willst...

Ich schaue kurz, ob die beiden sicher sind und keine Fremden zusehen und starte die Transformation, lasse mich auf auf die Arme sinken und ertrage das Ziehen und das eigenartige Gefühl beim wachsen... Sooo... was jetzt, Du Bär... och ist der niedlich da unten... zwei Schritte vor und Kopf runter... puh, wie so ein Bär muffelt... - Hmm, jetzt ein kleines Feuerchen, aber wie... die Röhre da unter meiner Zunge, wie bekomme ich die in Aktion? Zunge zurückrollen? Ahja, Mund leicht auf, schon spüre ich die Röhre zwischen meinen Lippen. Und jetzt? Instinktiv bewege ich meinen Kehlkopf etwas, eine Flüssigkeit sprüht aus der Röhre und hat kaum Kontakt mit dem Sauerstoff in der Luft... Wuuusch! Flammt ein Feuerball vielleicht einen Meter über dem Fell des Bären auf. Hübsch, gefällt mir, muss ich öfter mal machen, so ein kleines Feuerchen...

Dem Bären gefällt das aber gar nicht.. erst dieses riesige Monster, dass dieses Tal als Revier beansprucht - und jetzt auch noch Feuer... so schnell war wohl noch kein Bär auf den eigenen Tatzen unterwegs.

„Was meint ihr, hat der seine Lektion gelernt?" -

Ich drehe den Kopf und sehe zu den beiden zurück, die mich nur anstarren. Vorsicht, die beiden stehen dicht neben meinem linken Bein - und Menschen, die mir nur bis zum Bauch reichen, sind schnell verletzt. Langsam ein paar Schritte vor und dann wenden, Schwanz möglichst wenig bewegen dabei... erst jetzt merke ich, wie ich den normalerweise beim Gehen im Rhythmus mitschlängeln lasse. Wieder zurück auf die beiden zu... langsam... keine hektische Bewegung - die beiden sind schon auf die Knie gesunken und starren mich an. Ganz offensichtlich fasziniert von dem Anblick, aber auch zu Tode erschreckt.

Nun ja, ich habe ja seit gestern Abend, als ich drüben war, diese extremere Form mit den kantigen, zerfurchten Schuppen, diese Ecken und Kanten, Spitzen und Dornen überall. Und ich habe das eindeutige Gefühl, dass ich auch sehr grimmig blicke. Tja, ich sehe jetzt nun mal aus, wie das Monster, dass sich viele unter einem Drachen vorstellen... brutal, gefährlich, tödlich...

Ich sehe die beiden aus ein paar Metern Abstand an, den Kopf fast auf dem Boden.

„Bitte, habt keine Angst. Ich weiß, dass ich aussehe, als ob ich euch am liebsten in meinem Feuer grillen und dann verspeisen würde, aber ich bin immer noch der friedliche Drache von nebenan, der nicht isst, was ihm eine intelligente Antwort gibt. - Entschuldigt, der Scherz ist wohl daneben gegangen..."

Die beiden starren mich nämlich nur stumm an.

„Hey, ihr beiden seid vermutlich die einzigen lebenden Menschen, die einen großen Drachen gesehen haben. - Viele werden es jedenfalls nicht sein... - Oh... nein... nicht erschrecken... ich meine damit nicht, dass ich euch jetzt töten werde... - nur dass wohl die letzten Sichtungen vor ein paar hundert Jahren waren..." -

Oh shit... das hab ich wohl verbockt... Naja, hätte ich mich bei meinem ersten Erwachen selber gesehen, hätte ich wohl auch eine Scheißangst gehabt.

Jerzy atmet tief durch und steht auf. Er kommt die paar Schritte auf mich zu, betrachtet mich und legt dann schulterzuckend seine Hand auf meine Nüstern.

„Es ist nur... einen großen Drachen zu sehen ist... ungewöhnlich... und auch erschreckend. Und Du musst zugeben, dass Du schon wie ein Wesen der Hölle aussiehst... - obwohl, nicht schwarz und keine rotglühenden Augen..." -

Ich verziehe in einem vorsichtigen Grinsen die Lippen ein wenig - nur jetzt nicht die Fangzähne zeigen... ich könnte ihn ja problemlos im Ganzen in den Mund nehmen und verschlucken. - Moment, ich höre etwas... ich richte mich auf, versuche die Geräusche zu orten...

Da ist der Bär... er rennt nicht mehr, ist aber mit schnellen Schritten entlang des Berghanges auf dem Weg zum Talausgang, aber da sind noch andere Schritte... Menschen... unten im Tal...

„Wanderer sind unterwegs, wenn ihr noch ein wenig mit einem Drachen zusammen sein wollt, haben wir noch eine Stunde, dann sind sie hier unten im Tal und können mich sehen. Sonst transformiere ich mich wieder zurück und frühstücke in Ruhe." -

Krystyna ist inzwischen auch aufgestanden und zu Jerzy gegangen. Sie flüstert ihm etwas zu, er grinst und sieht zu mir hoch.

„Wenn Du vielleicht Deinen Hunger noch ein wenig im Zaum halten kannst. Kryska findet es spannend, wie ein so großes Lebewesen wie Du sich so elegant bewegen kann. Sie möchte Dich gerne noch ein wenig so sehen. - Ja, gut... ich auch." -

Hab ich mir doch gedacht... naja, hätte ich die Gelegenheit, würde ich es wohl auch wollen. Wer kann schon einem echten Drachen so nahe sein. - Oh shit... jetzt denke ich auch schon, ein echter Drache zu sein... Aber... wenn man praktisch dafür bewundert wird, das zu sein, was man ist... Fühlt sich irgendwie nicht schlecht an.

So spiele ich dann für die beiden das Model, lasse mich anfassen und gehe die paar Schritte auf dem Weg zum See hin und her. Und muss vorsichtig sein, bei den Kehrtwendungen nichts wegzuräumen... hier eine Hütte, da ein paar Picknickbänke... Unten am See habe ich aber genug Platz, auch meine Schwingen voll auszubreiten. Ein paar leichte Schwingenschläge verursachen fast einen Schneesturm, eigentlich eher angetauter Harschschnee, also mehr Eisstücke - aber die beiden finden das alles toll. Nach einer halben Stunde beginne ich damit, meine Spuren zu verwischen. Auf der Wiese, wo ich den Bären verjagt habe, reichen ein paar Wischer mit dem Schwanz, aber auf dem Weg habe ich in dem festgetretenen aber schon leicht angetauten Schnee deutliche Fußabdrücke hinterlassen. Die bekomme ich nicht so einfach verwischt... und um die alle mit Schnee aufzufüllen, reicht die Zeit nicht mehr.

Ich hatte das vorhin schon bemerkt und mir eine Lösung überlegt. Will doch mal sehen, ob Drachenfeuer wirklich so heiß ist, wie immer gesagt wird... Ich schätze mal so 20 Meter werden reichen, entsprechend stelle ich mich auf den Weg. So, Mund auf, Zunge zurück... ich spüre, wie die Röhre sich aufrichtet und etwas nach vorne gleitet. Und ich spüre jetzt auch deutlich, wie rechts und links in meiner Brust etwas anschwillt. Einatmen, Druck auf die Feuersäcke geben und dann durch den Mund ausatmen. Die Flüssigkeiten zischen in einem kräftigen Strahl aus der Röhre, vermischen sich, nehmen Luftsauerstoff auf - und eine gewaltige Flamme jagt bestimmt 30 Meter weit über den Boden... schnell den Kopf senken, dann Druck wegnehmen. Die Flamme aus meinem Mund erlischt... aber auf dem Boden brennt es noch eine Weile kräftig vor sich hin. Die Flüssigkeit, die meine Drüsen produzieren wirkt ölig, scheint stark zu haften, verdampft aber schnell und das Gas brennt extrem heiß. Es riecht - ja wonach... aromatisch ölig und nach Ozon... Also kein Luftsauerstoff, das Drachenfeuer bringt seinen eigenen Sauerstoff mit. Dann noch etwas, das ein Katalysator sein muss und irgendwie das Feuer zünden lässt.

Vor mir ist mindestens 25 Meter lang der festgetretene Schnee verschwunden und auf dem jetzt freiliegenden groben Pflaster verkochen zischend letzte Wasserreste. Jerzy will loslaufen, bleibt aber vor meiner hochgehobenen Hand stehen.

„Vorsicht! Die Steine sind noch über 100° heiß." -

„Wow... können wir Dich überreden jedes Frühjahr mal vorbei zu schauen und die Wege zu räumen?" -

„Ich fürchte, das wird nicht gehen... - aber sollte ich mal in der Nähe sein, gerne." -

Weiter im Text. Ich gehe auf den geräumten Weg und drehe mich um - die Wendigkeit und Biegsamkeit eines Drachen machen es mir möglich, praktisch an mir selber vorbei zu gehen.

„Sind die Steine schon abgekühlt?" -

Ich schüttele grinsend den Kopf, die beiden zeigen selbst angesichts meiner Zähne keine Furcht mehr.

„Nein noch nicht. Aber ich bin ein Drache..." -

Jerzy wirft ein Stückchen Eis auf die Steine, das zischend zwischen meinen Händen schmilzt und verdampft.

„Oh... und das hältst Du aus?" -

„Ja. Ich spüre die Wärme, aber ich kann noch höhere Temperaturen vertragen. Macht ihr bitte Platz?" -

Sie gehen beiseite und ich nehme das nächste Stück mit meinen Spuren unter Feuer. Jetzt kontrolliere ich das schon besser und vier Feuerstöße weiter ist der Weg bis zum See schneefrei. Noch ein kurzer Hauch für den Zugang zur Herberge und die Touristen können kommen.

Auf dem höchsten Punkt des Weges neben der Herberge horche ich nochmal... ja, noch ein paar Minuten, dann kommen die ersten in Sicht - und der Bär ist immer noch unterwegs. Ich konzentriere mich kurz und transformiere wieder zum Anthro.

Krystyna sieht ihren Mann kurz an, kommt dann zu mir, legt mir ihre Rechte an die Schnauze und drückt mir einen Kuss auf die Lippen. Sie blickt mich etwas verlegen an und geht dann in Richtung der Herberge davon.

Ich sehe Jerzy entschuldigend an, aber der grinst nur.

„Sie wollte sich bei Dir bedanken, dass wir einen Drachen sehen und anfassen durften. Ich würde es ja auch machen, aber ich glaube, das würdest Du nicht so gut finden. - Komm, wir machen jetzt ein Drachenfrühstück - oder Brunch - für Dich. Ich hoffe, das Fleisch ist Dir noch frisch genug, ich habe es gestern von meinem Bruder bekommen. Heute wird es wohl noch ein wenig dauern, aber mein Bruder ist schnell unterwegs, er wird mit den ersten hier sein. - Aber eine Stunde haben wir noch, früher wird keiner hier oben sein, der Weg hier hoch ist anspruchsvoll." -

Na dann... Ja ich hätte jetzt wirklich Lust auf ein gutes frisches Stück Fleisch...

Ich folge ihm in die Herberge und nehme wieder an dem kleinen Tisch am Feuer Platz. Ein wenig dauert das Einfädeln von meinem Schwanz, aber insgesamt sitze ich bequem. Jerzy legt etwas Holz nach und Krystyna bringt eine neue Kanne mit Kaffee.

„Sag bitte, wenn Du anderes möchtest." -

„Kaffee ist gut, etwas Wasser dazu, das reicht mir, danke." -

Dafür sorgt Jerzy, während Krystyna wieder nach nebenan verschwindet und nach einigen Minuten mit einer großen Platte mit verschiedenen, teilweise schon aufgeschnittenen Würsten und einer Menge gewürfeltes frisches Fleisch. Dazu die frisch gebackenen Brötchen und Brot, über die sich allerdings hauptsächlich die beiden hermachen - als Anthro ist vegetarisches nicht gerade meine bevorzugte Nahrung. Aber da die beiden beschlossen haben, mit mir gemeinsam etwas zu essen bevor die Wanderer kommen, gehört das natürlich mit dazu.

Endlich sitzen auch die beiden mit am Tisch, trinken Kaffee, belegen ihre Brötchen und schauen mir zu, wie ich - höflicherweise, denn bei den kleinen Stücken ist das eigentlich nicht notwendig - die Fleischwürfel noch einmal durchbeiße und dann verschlinge. Mir ist klar, dass das immer etwas gierig wirkt, aber ein Drache kann aufgrund seines Gebisses nicht kauen - und das kurze Zerreiben mit der Zunge am hinteren Gaumendach - wo wir so etwas wie eine Reibfläche haben - beim Verschlucken fällt nicht auf.

Die beiden sehen sich an und mir fällt auf, dass Krystyna ihrem Mann auffordernd zunickt.

„Entschuldige, sicher eine dumme Frage... Wie ist es, ein Drache zu sein? Wie fühlt sich das an?" -

Die beiden müssen nicht alles wissen, ich habe ohnehin schon zuviel von mir verraten...

„Anders... es braucht eine Zeit, bis man sich an alles gewöhnt. Angefangen mit dem Gehen auf Zehenspitzen bis zu den wesentlich empfindlicheren Sinnen. Besonders ungewohnt ist es zuerst, noch zwei Arme mehr zu haben - aber auch daran gewöhnt man sich irgendwann..."

Das führe ich vor, indem ich mit Links mir ein Stück Wurst nehme, mit Rechts den Kaffeebecher zum Mund führe und mit der rechten Flughand gleichzeitig das Wasserglas greife und dann auch daraus einen Schluck trinke. Mit der linken Flughand reiche ich dann Jerzy noch den Brotkorb...

Die beiden sehen mich erstaunt an.

„... braucht viel Übung und Konzentration. Aber mir ist es wichtig, mit den Flugarmen nicht nur fliegen zu können - es sind ja schließlich auch Arme und Hände, wenn auch für das Fliegen optimiert und nicht um damit zu schreiben oder zu nähen..." -

„Ich hätte nicht gedacht, dass ihr die auch wie zusätzliche Arme nutzen könnt - das stelle ich mir kompliziert vor." - überlegt Jerzy.

„Aber praktisch." ergänzt Krystyna.

„Nur Finger zu lang..." -

Ich nicke.

„Es ist am Anfang wirklich schwierig, die Arme getrennt zu benutzen - und das kann beim Fliegen stören. Und die Finger schränken die Nutzung auch ein, sind zum Fliegen so aber notwendig. Dafür ist der Daumen sehr beweglich und kräftig, damit kann man schon einiges anfangen, wenn man etwas umdenkt und nur Daumen und Handkante nutzt. - Das Fleisch würde ich allerdings einfach mit der Kralle aufspießen..." -

Wir grinsen alle bei der Vorstellung.

„Aber Du bist mächtig..." -

„Ich bin nur ein einfacher Drache, ich habe kein Interesse daran, Macht über andere zu haben." -

Jerzy schüttelt den Kopf.

„Ah, nein... wie heißt das... Kraft." -

„Ach so. Ja ein Drache ist kräftiger als ein Mensch. Schneller, stärker, hält höhere und tiefere Temperaturen besser aus, sieht, hört und riecht mehr und besser, ist viel schwerer zu verletzen und hat sehr gefährliche natürliche Waffen mit den Zähnen, Krallen und dem Feuer. Aber ich werde das nur im Notfall zur Verteidigung nutzen, außerdem kann ich mit modernen Waffen auch verletzt werden." -

„Du hast das nie gebraucht?" -

„Nur ein wenig - und nicht gegen Menschen. - Es war ein Streit mit einem anderen Drachen und ich habe verloren." -

„Ihr kämpft gegeneinander?" -

„Nein. Das war nur ein privater Streit. Die Drachen sind sich insgesamt einig darüber, was sie tun und wie sie es tun. Sie führen keine Kriege." -

Krystyna hat wohl genug von dem Thema.

„Deine Hörner... sehr groß - schwer?" -

„Die haben einiges Gewicht, aber ich spüre es nicht direkt. Nur bei schnellen Bewegungswechseln merke ich die Masse neben meinem Kopf etwas. So wie ein Helm." -

Sie überlegt kurz.

„Ah, ich weiß. - Und äh... Mund?" -

„Sag ruhig Schnauze. Ist schon eigenartig, seine eigenen Nüstern sehen zu können und das Trinken aus einem Glas oder Becher braucht zuerst etwas Übung. Aber zum Jagen ist es notwendig, das geht mit dem kurzen Kiefer eines Menschen nicht so gut." -

„Du hast schon wie ein Raubtier gejagt?" schaltet sich Jerzy ein. -

„Drachen sind nun mal von ihrer Herkunft Raubtiere, ja. Aber ich habe bisher nur ein verletztes Tier von seinen Schmerzen erlöst. Doch würde ich auch jagen um Fleisch zu bekommen und dabei dem Tier die Kehle durchbeißen." -

„Auch Menschen?" -

„Würdest Du Drachen jagen und ihr Fleisch essen? - Menschen sind intelligente Lebewesen und gelten somit nicht als Nahrung für einen Drachen." -

„Es gibt Geschichten von früher..." -

„Es gab auch Kannibalen... und die behaupten heute, keine Menschen mehr zu essen... - ich weiß nicht, ob es vor langer Zeit Drachen gab, die Menschen als Beute angesehen haben, oder ob es drachenähnliche Tiere waren. Aber heute würde ein Drache einen Menschen nur im äußersten Notfall als Nahrung nutzen - viele würden vermutlich lieber verhungern, als ein anderes intelligentes Wesen zu essen. Und denk dran - die meisten hier wurden als Menschen geboren." -

„Du vermeidest eine direkte Antwort..." -

„Ja, denn seit kurzem ändert sich mein Denken... - Keine Sorge, ich habe nicht vor, Menschen als Nahrung zu jagen, so wie ich als Mensch keinen anderen Menschen töten wollte. Aber so, wie ich als Mensch im Notfall vermutlich doch anders reagiert hätte, reagiere ich als Drache vielleicht auch anders - und die Denkweise eines Drachen unterstützt das noch..." -

Er überlegt kurz und grinst dann.

„Dann müssen wir Dich gut füttern..." -

Ich grinse auch.

„Klingt gut. - Aber so schnell wird so ein Notfall auch nicht kommen. Hier läuft viel in der Umgebung herum, dass ich lieber essen würde, als Menschen - sogar Insekten und Würmer kommen noch vorher." -

„Ob ich mich darüber wirklich freuen soll, dass Würmer noch vor Menschen kommen..." - Jerzy zwinkert mir zu.

„Doch schon, mit denen rede ich ja nicht." -

Ich merke den beiden schon an, dass sie mich noch weiter ausfragen möchten, sich aber zurückhalten, um mich nicht zu nerven. So mampfen wir vor uns hin und trinken unseren Kaffee. Mir schmeckt sogar die Wurst, was wohl daran liegt, dass geräucherte Wurst praktisch ja noch roh ist. Schließlich sind wir satt, ich habe das Fleisch nach Aufforderung von Krystyna komplett vertilgt und wir trinken noch in Ruhe unseren Kaffee.

„Wo geht es heute noch hin?" Jerzy kann seine Neugierde doch nicht ganz unterdrücken. -

„Nach Hause, wird Zeit... darum bin ich auch auf eigenen Flügeln unterwegs, hätte sonst noch warten müssen." -

Das gehört zu den Dingen, die sie nicht wissen müssen.

„Hast Du Interesse an einer Liste der Wohnstätten? Wir hatten letztes Jahr ein Treffen der Eingeweihten von Europa und Asien und über den Winter ein Heft mit den Informationen erstellt. Die wollen wir an die Firma geben weil sehr viele Höhlen nur wenig genutzt werden, vielleicht haben einige von euch ja Lust, mal als Drache Urlaub machen zu wollen. Die meisten liegen ja deutlich einsamer, als unsere hier. Wir könnten Dir einen Ausdruck mitgeben, wenn Du möchtest." -

Klingt nicht uninteressant, vor allem für Asien sind die Informationen von Ti ein wenig sparsam gehalten, viel mehr als die Standorte habe ich bisher nicht.

„Ja gerne. Das ist durchaus interessant für mich." -

„Du bekommst nachher eines mit - hmm, ich denke Du solltest jetzt wieder die menschliche Form annehmen, lange wird es nicht mehr dauern, bis die ersten hier sind. Deine Kleidung ist nebenan im ersten Zimmer und wenn Du möchtest, kannst Du dort auch duschen." -

Er hat Recht, bald müssten die ersten hier eintreffen, also stehe ich auf und gehe zur Tür neben dem Tresen. Aber...

„Da kommt schon einer. Sicherer Tritt, und auf dem Weg zur Hintertür." -

„Einer alleine? Das wird mein Bruder sein." Jerzy grinst.

„Touristen sollen im Frühjahr nicht alleine gehen - wir Einheimischen kennen die Wege - aber er muss mit dem Quad ins Tal gekommen sein, wenn er so schnell hier ist." -

„Dann beeile ich mich lieber, bevor er vor einem Drachen steht." -

Wieder grinst Jerzy.

„Würdest Du noch etwas warten? Genau das würde ich gerne erleben." -

„Ist er ein Eingeweihter?" -

„Nicht wirklich. Er weiß ein wenig, hält Drachen aber für Märchen und sagt immer, wir sollen ihm endlich die Wahrheit sagen." -

Das reicht mir nicht, eigentlich sind die beiden schon zu viele, die von mir hier wissen.

„Nein, tut mir leid Jerzy. Keiner, der nicht von uns weiß, darf mich sehen, auch Dein Bruder nicht. Es ist besser so." -

Er nickt.

„Ja, ich weiß. Willst Du ihn sprechen?" -

„Nicht unbedingt, aber wenn er möchte, gerne. Ich muss rüber, bis nachher." -

Ich beeile mich, in das Gästezimmer zu kommen. Gerade rechtzeitig, denn kaum bin ich drin, geht schon die Hintertür auf. Der Unterhaltung auf polnisch kann ich ohnehin nicht folgen, also mache ich die Tür hinter mir zu, transformiere ich mich zum Menschen und gehe erstmal unter die Dusche.

Aaah, ist das warme Wasser angenehm, da dehne ich das Duschen gerne ein wenig aus. Schließlich ziehe ich mir die Klamotten an, aber noch bevor ich die Stiefel zugeschnürt habe, höre ich an den Schritten, dass der Besucher schon wieder geht. Das ging ja schnell... naja, ich bin fertig und gehe wieder in den Gastraum. Die beiden sitzen an dem Tisch, auf dem jetzt ein eingewickeltes Bündel auf der Fleischplatte liegt und sehen mich irgendwie erwartungsvoll an.

„Noch einen Kaffee? -

Ich nicke.

„Ja, gerne." -

Ich setze mich zu ihnen und nehme vorsichtig einen Schluck.

„Dein Bruder ist schon wieder weg?" -

Jerzy nickt.

„Er wollte vor allem nach dem Bären sehen. Nachdem er gehört hat, dass Du ihn vertrieben hast, wollte er sichergehen, dass der wirklich verschwunden ist. Aber er dankt Dir, weil er den Bären jetzt wohl nicht mehr töten muss, denn so viele gibt es hier auch nicht mehr." -

„Schon in Ordnung." -

„Doch. Du hast uns sehr damit geholfen. Er hätte Dich gerne kennen gelernt, aber er hat Deinen Wunsch verstanden und darauf verzichtet." -

Ganz so hatte ich das auch wieder nicht gemeint...

„Naja, so jetzt, als Mensch... - aber richte ihm bitte meinen Dank aus. - Ich glaube, ich sollte jetzt auch gehen, es ist zwar unterhaltsam bei euch, aber ich will euch nicht weiter stören - und ich möchte noch ein wenig ruhen, ehe ich heute Abend weiterreise. Macht ihr mir bitte die Rechnung fertig?" -

Beide schütteln fast entrüstet den Kopf.

„Du musst nicht bezahlen." reagiert Krystyna als erste, Jerzy erklärt es mir.

„Nein. Du hast einiges für uns getan, eigentlich müssten wir Dich bezahlen. Wir brauchen dieses Jahr kein Eis von den Wegen hacken, aber besonders, dass Du uns den Bären verjagt hast. Unsere Wanderer können jetzt wieder sicher hier hoch kommen, ohne dass der Bär erschossen werden musste."

Er zeigt auf das Paket auf dem Tisch.

„Das ist das frische Fleisch, dass mein Bruder mitgebracht hat, gestern Abend erlegt, ein verletzter Bock. Sein Geschenk an Dich. Und was Du hier verzehrt hast, ist ja wohl das wenigste, was wir Dir geben können." -

Na, wenn das so ist... auf diese Art ist das Leben billig.

„Wenn ihr meint. Danke dafür, auch an Deinen Bruder." -

„Ach was. Wir müssen Dir danken. Und wer kann schon von sich behaupten, dass ein Drache ihm geholfen hat." -

„Ja, viele werden das nicht sein." -

Er grinst.

„Und keiner sonst wird davon berichten können, einen richtigen, großen, feuerspeienden Drachen angefasst zu haben..." -

Ich grinse mit.

„Nein, vermutlich nicht. - Dann möchte ich mich jetzt verabschieden. Sobald es dunkel ist, breche ich wieder auf." -

„Verstehe. Wir werden Dich in Ruhe lassen und erst morgen nach dem Rechten sehen. Nimm Dir, was Du brauchst und wenn wir sonst noch was für Dich tun können...?" -

„Nein, danke. Ein wenig von dem Saft unten sicher noch, aber sonst habe ich alles. Ich bin satt, habe noch Vorrat - nein ich brauche nichts weiter." -

Wir verabschieden uns, Krystyna umarmt mich dabei mit einem Blick in dem deutlich das Bedauern steht, dass sie jetzt nicht den Drachen umarmen kann.

Mitten in unsere Verabschiedung wird es laut, mehrere Wanderer sind angekommen und sechs von ihnen betreten jetzt die Gaststube. Noch ein kurzer Händedruck, dann kümmern sich die beiden um ihre neuen Gäste und ich kann die Gelegenheit nutzen, schnell meinen Rucksack zu packen und ohne weiteren Aufwand zu verschwinden. Einige der Wanderer sitzen auf freigeräumten Bänken vor der Herberge und genießen die Sonne und die Sicht auf die noch tief verschneiten Berge rundherum.

Mein Abstieg ein Stück weiter ist zum Glück nicht von der Herberge aus zu sehen, so kann ich unbemerkt zur Höhle gehen. - Oh Shit... durch die warme Luft hat das Eis begonnen zu tauen, die Oberfläche ist nass und daher extrem rutschig. Selbst die Steighilfe reicht nicht aus, da die dünnen Ketten nicht in das noch harte Eis eindringen. Wie soll ich da nur runter kommen... Neben dem Weg ist es schwierig, da der teilweise direkt von Felsen begrenzt ist - und dann beim Aufstieg zur Höhle... da würde man meine Spuren sehen, auch nicht ideal, wenn dann plötzlich irgendwelche Wanderer in der Höhle stehen, die meinen Spuren gefolgt sind. - Menschen sind nun mal neugierig.

Hilft alles nichts... ich brauche meine Krallen. Keiner sieht mich, also Schuhe aus. Kalt, aber auf Eis geht es, nasser Schnee ist unangenehmer. Nach kurzer Gewöhnung bin ich schließlich schon einige Kilometer auf Eis barfuß gelaufen - man darf nur nicht stehenbleiben...

Jetzt noch die Hose ein Stück runterziehen... - kurz noch mal umgesehen, alles klar. Und schon bin ich zum schwingenlosen Anthro transformiert. Hose hochziehen soweit es geht und dann den Gürtel über den Schwanz legen und wieder durch die Schlaufen ziehen. Sitzt nicht optimal, aber für das Stück geht es. Alles klar, von weitem gesehen wirke ich wie ein normaler Wanderer, meine Schuppen und den Schwanz wird keiner bemerken, selbst die Hörner werden dann wie eine Mütze oder ein Helm wirken.

Ja, so geht's, meine Krallen bohren sich tief ins Eis und ich kann hier absteigen, als wäre es eine trockene Treppe. Nichts vergessen? Nein. Also los. Scheiße ist das geil... ich genieße geradezu, wie meine Krallen sich in die feinsten Risse im Eis bohren und mir absolut sicheren Halt geben. Keine fünf Minuten später stehe ich schon im Höhleneingang - niemand hat mich gesehen, jedenfalls habe ich niemanden bemerkt und ich bin schließlich ein Drache, so schnell entgeht mir nichts.

Drinnen hinter der Tür empfängt mich eine angenehme Wärme. Zwar hat die Luft immer noch nur etwas über 10° aber ich hatte die Strahler angelassen, so lange wollte ich eigentlich ja gar nicht oben sein. So strahlen Bett und Sitzecke eine angenehme Wärme aus.

Schnell raus aus den Klamotten - gar nicht so einfach mit Schuppen und Krallen, aber ich schaffe es, ohne alles zu zerfetzen. Alles wieder in den Schrank hängen, das Fleischpaket in eine kalte Ecke legen und dann in die Sitzecke lümmeln.

Halt, vorher noch einen Saft aus dem Vorrat und das Handbuch, wollen doch mal sehen, was für Informationen da drin stehen.

Ja, wirklich interessant. Wesentlich mehr Information, als ich von Ti habe. Vor allem über die Ausstattung und das Umfeld. Für mein nächstes Ziel beispielsweise wird empfohlen, nicht in die Höhle zu gehen, sondern das Gästeblockhaus des Verwalters zu nutzen. Dort in Rumänien fehlt es noch an Mitteln, die Höhle wirklich wohnlich zu gestalten, sie ist klein und wenig ausgebaut. Das Blockhaus dagegen ist geräumig, warm und gemütlich und speziell für die Drrékh errichtet worden. Menschen kommen selten in diese einsame bergige Waldgegend auf halben Weg zwischen Kronstadt und Rümnik, in die sich Marius, der eingeweihte Verwalter, freiwillig zurückgezogen hat. Er lebt in einem Blockhaus direkt nebenan.

Auf der Krim ist es ähnlich. Dort ist die Höhle auch sehr einfach ausgestattet und es wird empfohlen sich an Anastasia zu wenden, die direkt unter der Höhle ihr Haus hat. Auch sie lebt mit ihrer Familie da etwas abseits, so dass ein Drache unbemerkt an- und abreisen kann. - Gemeint ist wohl ein Anthro, wie ich annehme.

Dann weiter im westlichen Kaukasus, in Abchasien, ist es eine Höhle, aber unten im Tal lebt Giorgi, der sich gerne um einen Besucher kümmert. Und dann am östlichen Ende wird sogar dringend empfohlen, nicht die Höhle in den Bergen im Süden von Altiaghach zu besuchen. Der Verwalter Tschingiz lebt nördlich in einem grüneren und angenehmeren Umfeld und bietet in seinem Haus einem Drrékh sichere und ruhige Unterkunft.

Mir fallen die Augen zu... die Dunkelheit hier in der Höhle, die Wärme der Strahler... ich stelle mir den Wecker im Handy auf 19 Uhr und rolle mich auf dem Bett zusammen.

Das Piepen vom Handy weckt mich... was...? Achso, der Wecker, es ist sieben. Oh Mann... nützt nix, ich muss weiter sonst kann ich auch wieder zurück fliegen...

Also hoch mit dem Schwanz. Ich durchforste den Vorratsschrank und entscheide mich für Apfelschorle und eine kleine Packung Trockenfleisch von Impalas. Was es nicht alles gibt, ist ja nicht speziell für uns produziert. Anschließend kurz ins Bad, dann packe ich meinen Rucksack wieder zusammen, aufgefüllt mit dem frischen Fleisch und noch ein paar Packungen Trockenfleisch der verschiedensten Tierarten. Handy und Ladegerät nicht vergessen, die Heizstrahler ausschalten, Licht aus und dann geht es wieder in die Kälte.

Es ist noch nicht Nacht, aber schon recht dunkel. Ein klarer Himmel verspricht Frost hier oben, aber der Fallwind von der südlichen Bergkette ist noch relativ warm. Der Wind wird mir beim Start helfen, also los... Schwingen ausbreiten... - was ist das? Ich greife irgendwie ins Leere... - Ach Scheiße... wenn ich keine Schwingen habe, kann ich sie auch nicht ausbreiten... - Schöner Drache bin ich, wenn ich vergesse, dass ich mich heute Mittag ja ohne Schwingen transformiert habe und immer noch so rumlaufe.

Schnell die Transformation zu Ende gebracht... ja, oh shit, fühlt sich das gut an. Jetzt erst merke ich, wie sehr die Schwingen zu mir gehören, ein wichtiges Teil von mir sind. Sie jetzt auszubreiten, die Spannung der Flughaut an meinen Flanken zu spüren... ein geiles Gefühl - ich will jetzt fliegen, jetzt sofort. Zwei Schwünge zur Probe... sofort spüre ich den Druck, der mich anheben will. Los jetzt, ich springe und bin mit ein paar kräftigen Schwüngen sicher in der Luft hoch über dem Talboden.

Zuerst wende ich mich talwärts und steige in einem weiten Bogen langsam in die Höhe. Bald liegt wieder die Herberge vor mir, die ich recht knapp überfliege. Und davor stehen zwei Menschen, die aufmerksam den Himmel beobachten und aufgeregt zu winken beginnen, als sie mich gegen den noch relativ hellen Himmel bemerken. Krystyna und Jerzy haben auf mich gewartet um mich zu verabschieden. Spontan lege ich eine enge Kurve ein, bei der ich gleichzeitig mit kräftigen Schwüngen Höhe gewinne. So können sie mich noch einen Moment länger beobachten, schließlich verabschiede ich mich mit einem mir plötzlich in den Sinn kommenden Ruf, der irgendwie gewaltig und urtümlich klingt. Der Ruf eines Drachen, wenn auch nur aus der Kehle eines Anthros.

Für mich wird es jetzt anstrengend, denn ich muss mindestens noch 250 Meter steigen um über den Hauptkamm der Tatra zu kommen. Danach dem Tal etwa 6 km südwestlich folgen und dann auf Südost schwenken. So komme ich in die Nähe meines nächsten Zieles am südöstlichen Karpatenbogen.

Aber zuerst mal mit kräftigen Schwüngen Höhe gewinnen. Und das geht so flott, dass ich nur eine Runde einlegen muss ehe ich über den Kamm komme, vor mir liegt das dunkle Tal auf der slowakischen Seite der Tatra, hinter mir sehe ich noch die beleuchtete Herberge. Ich stoße nochmal meinen Ruf aus, husche über den Kamm und gleite dann über das Tal langsam wieder nach unten.

Bald sehe ich rechts die Lichter einer Siedlung, jetzt kann ich auf Kurs gehen und schwenke um etwa 90° nach links. Ab jetzt geht es immer geradeaus, etwa 100 km eine dreiviertel stunde bis Ungarn, dann 130 km bis ich Rumänien erreiche. Insgesamt bin ich jetzt anderthalb Stunden unterwegs, unter mir ist es jetzt deutlich dünner besiedelt. Siebenbürgen... Transsylvanien, das Land Draculas liegt vor mir.

Etwa zwei Stunden später wird die Besiedelung wieder dichter, Kronstadt - Zeit den Kurs auf Ost zu ändern, ein paar Grad mehr, so auf 95° - jetzt eine halbe Stunde noch... Hier mitten in den Karpaten ist es dunkel unter mir. Sehr sporadisch sind kleine Siedlungen zu erkennen, aber obwohl ich ein überraschend umfangreiches Wegenetz erkennen kann, ist es wirklich sehr leer hier. Hmm, wo ist jetzt diese Unterkunft... mal sehen... ich bin mir sicher, in der richtigen Gegend zu sein, aber hier ist es so menschenleer... hier könnte ich mich vielleicht sogar als Drache wohlfühlen.

Ah - da ist Licht im Wald... ja, das muss es sein, ein paar Häuser, getrennt von einem Bach, etwas oberhalb einer Biegung von einem Fluss, der hier in südlicher Grundrichtung fließt. Dann müsste nördlich, etwa 500 Meter Luftlinie halb den Berg hoch, eine größere Lichtung sein an deren oberen Rand Marius zwei Blockhäuser gebaut hat. In dem einen wohnt er, im anderen beherbergt er Gäste, vorrangig Drrékh. Die eigentliche Höhle liegt etwa zwei Kilometer entfernt höher am Berg.

Richtig, da ist sie, ich bin immer noch 1,5 km hoch, die Lichtung orte ich auf ein paar Meter mehr als 1000 - also muss ich 500 m runter. Ich kreise ein wenig und beobachte dabei die Siedlung und natürlich versuche ich die Blockhäuser auf der Lichtung zu finden.

Die Siedlung besteht aus mehreren Häusern, eine Gruppe von drei Häusern südlich des Baches, eine zweite Gruppe von zwei Häusern und einer Scheune oder so etwas nördlich. In zwei Häusern südlich und einem Haus nördlich ist Licht zu sehen, es ist ja erst gegen Mitternacht.

Auf der Lichtung dagegen ist nichts zu sehen. Doch... da am oberen Ende, schon im Wald erkenne ich einen leichten Lichtschimmer... Eindeutig keine Reflexion von Mond oder Sternenlicht, das ist abgedunkeltes Kunstlicht. Mein Ziel.

Ein paar Kreise später setze ich zur Landung an. Vor mir steht ein unter den Bäumen gebautes, noch recht neu aussehendes Blockhaus. Nach oben durch die Bäume gut getarnt, das durch die Läden dringende Licht ist so schwach, dass nur ein Drache es erkennen kann. - Aber wo ist das zweite... Ah, da... weiter im Wald und schon teilweise von Büschen und niedrigen Bäumen verdeckt. Ich will mir erst mal das andere Haus ansehen, bevor ich den Burschen störe.

Aber noch bevor ich die Tür der hinteren Hütte erreiche, höre ich Schritte hinter mir. Und werde auf rumänisch angesprochen, irgendwas mit 'displazut visitator'... was ich als 'Besucher am falschen Ort' interpretiere... Damit muss ich gemeint sein. Dann macht er eine Taschenlampe an und tritt schnell zwei Schritte zurück.

„Un Dragon... Trrãh daánh!" -

Er lässt das Gewehr fallen, das er ohnehin nur locker getragen hatte und senkt seinen Kopf. Die Taschenlampe beleuchtet den Boden vor ihm.

„Ein Drache, ja." ach shit, hier in Rumänien wird wohl keiner Deutsch können. -

„Deutsch?" er hebt den Kopf und sieht mich neugierig an. -

Na gut, jetzt kann er es ruhig wissen.

„Ja, Deutscher Drache. Du bist Siebenbürger?" -

„Nur halb. Aber habe viel gelernt von Mutter und Großeltern. - Willkommen, Herr. Möchtet ihr über Nacht bleiben?" -

Sein Deutsch ist recht altertümlich aber gut verständlich.

„Ja und auch noch den Tag morgen und bei Einbruch der Dunkelheit weiterreisen." -

„Natürlich Herr. Wählt Euer Quartier und ruht Euch aus. Ich muss morgen früh kurz nach unten, bin aber gegen 10 wieder hier und stehe Euch zur Verfügung. - Oder mögt Ihr vielleicht gleich noch ein Glas Wein?" -

Ja warum eigentlich nicht. Es ist kaum Mitternacht.

„Gerne - aber ich will nicht stören. Sag bitte ehrlich, wenn Du schlafen gehen möchtest." -

Er winkt ab.

„Nein. Ich bin eine Eule. Und der Weg runter ist schnell gegangen, eine Stunde und ich bin wieder hier und alles ist erledigt. Wenn Ihr Euer Gepäck ablegen möchtet? Ich warte solange."

Er öffnet die Tür und schaltet das Licht an. - Elektrisches Licht hier oben? LED... vermutlich über Solarzellen oder so. Ich schaue mich schnell um. Ein kurzer Gang hinter der Eingangstür, rechts und links eine Tür. Ich schaue erst schnell links - ein Raum, Bett, Schrank, Tisch, Stuhl - rechts das gleiche, nur etwas anders verteilt. Ich bleibe rechts und lege meinen Rucksack aufs Bett. Eine Nebentür führt anscheinend in ein Bad, alles ist schlicht, aber funktionell und wegen dem Blockhaus-Flair sogar recht gemütlich. Na dann... Marius möchte mich offensichtlich als Drache zu Gast haben, also bleibe ich ein Anthro, schließe die Tür hinter mir und gehe nach draußen.

Er führt mich zu seiner Hütte, die sehr gemütlich ausgestattet ist. Tisch und Stühle, eine recht modern wirkende Kochnische und eine Sofalandschaft, von der ich lieber nicht wissen will, wie die hier hoch gekommen ist. Aber Marius hat meinen Blick gesehen.

„Mein Bruder ist Möbeltischler. Alles in Einzelteilen hochgebracht und hier zusammen gebaut. Viele Gänge, aber die einzelnen nicht so schwer. Ich habe da unten zwei Häuser und die Scheune. In einem wohnen wir, das andere und die ausgebaute Scheune sind für Gäste, die hier wandern wollen. Ich biete hier Urlaub in den Wäldern mit der Möglichkeit, Bären, Wölfe und Luchse zu beobachten. Läuft ganz gut inzwischen. Aber ich bin zwischendurch lieber hier oben und habe meine Ruhe." -

Wir lümmeln uns auf die Sitzlandschaft, auf der sogar ich eine bequeme Position finde und nippen einen schmackhaften rumänischen Wein - deutlich besser als das, was in Deutschland in den Supermärkten steht.

„Ruhig, aber doch modern ausgestattet. Strom, die Küche..." -

„Ihr findet in Rumänien immer noch rückständige Gebiete. Aber wir sind in der EU, es geht vorwärts. Ich habe hier alles mit Solarstrom ausgerüstet. Unten haben wir gemeinsam ein kleines Wasserkraftwerk gebaut, das alle versorgt. Die anderen sind in der Forstwirtschaft und wohnen auch lieber hier in den Wäldern. Aber ein wenig moderne Technik darf trotzdem sein. Ich habe in der Scheune nicht nur einen alten Lada Geländewagen fürs Grobe, auch ein Dacia Duster gehört mir. Platz für Einkäufe oder Gepäck. Für Gäste, die nicht mit eigenem Auto anreisen - und das sind die meisten."

Wir sitzen noch über eine Stunde zusammen und leeren die Flasche Wein. Dabei erzählt Marius mir sehr viel von sich und dem Leben hier. Ob er sich nur nicht wagt, mich nach Dingen zu fragen, die ihn interessieren, oder er einfach nur froh ist, mir von sich erzählen zu können, habe ich noch nicht herausgefunden. Immerhin ist er gerne bereit, von dem altertümlichen 'Ihr' auf 'Du' umzuschwenken, wenn er mich anredet. Auch wenn das 'Ihr' in seinem Fall wohl mehr der Sprache der Siebenbürger Sachsen zuzurechnen ist, als der besonderen Ehrerbietung uns Drachen gegenüber. Denn er hat deutlich mehr Besucher hier, als Jerzy und ist daher mir gegenüber von vornherein auch deutlich gelassener, wenn auch irgendwie vorsichtig.

Ich verabschiede mich schließlich und gehe in mein Zimmer. Zum Umsehen reicht mir das Licht, dass durch die Fenster fällt, daher lasse ich die LED aus - Das Licht ist für meine Drachenaugen ein wenig unangenehm, denn er hat weiße Dioden gewählt, nicht die orange-farbenen. Auch hier gibt es Steckdosen, ich kann also mein Handy wieder nachladen. Der Schrank ist leer, aber hier muss ich mich auch nicht unbedingt als Mensch draußen zeigen. Noch einen ordentlichen Schluck Wasser hinterher und dann lege ich mich auf das recht angenehm weiche Bett. Wir Drachen bevorzugen ja deutlich weichere Lager, als Menschen, weil das mit unseren Schwingen und dem Schwanz einfach angenehmer ist. Und jetzt, wo ich liege, spüre ich auch die Müdigkeit. Eigenartig wie viel ich schlafen kann, denn ich empfinde die bisherigen Flugstrecken nicht mal als besonders anstrengend.

...