Drachenmenschen - 04. das Training beginnt

Story by Lord_Eldingar on SoFurry

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#4 of Drachenmenschen

Der Tag danach. Der erste Tag als Drachenmensch. Das Training, ein Drache zu werden, fängt an - und die Probleme.

So einfach ist es nicht, sich als Drache zurecht zu finden, schon das Laufen ist hat so seine Tücken...


Drachenmenschen

  1. das Training beginnt

Oh Mann... was für ein bekloppter Traum...

ich auf einer Wiese... eine Höhle... Drachen... Drachenmenschen... um mich herum... plötzlich bin ich selber einer... oh shit... ich hab da wohl etwas viel getrunken gestern...

Hmm, so richtig hell ist es noch nicht - wo ist mein Radiowecker... wie spät ist es eigentlich. Obwohl... ich hab Urlaub, es ist so schön warm und weich und kuschelig...

Was ist das da vor mir? Ich blinzele... eine Hand... aber was für eine? Schlank, recht lange Finger, lange schwarze Krallen, rotbraune Schuppen... Krallen, Schuppen? Ich zucke zusammen. Die Hand eines Drachen! So wie in meinem Traum! Wieso... Ich rücke zurück, aber die Hand folgt mir... - Scheiße, das ist nicht irgendeine Drachenhand, das ist meine!

Eine strenge Logik sagt mir: Nein! Ich bin kein Drache, es ist falsch, was ich da sehe - ich bin ein Mensch!

„Mensch!"

Ein röhrender Schrei ertönt, dann durchzuckt mich etwas, wie elektrisch. Meine Haut kribbelt schrecklich, ein starker Druck im Gesicht, im ganzen Kopf. Die Sicht verschwimmt, es fühlt sich an, als ob mein ganzer Schädel sich verschiebt. Auf meinem Rücken wird etwas kleiner, meine Brust schlanker, die Flügel... ich spüre deutlich, wie sie kleiner werden, in meinem Rücken verschwinden - ebenso der Schwanz, der sich zurückzieht. Deutlich spüre ich, wie Wirbel schrumpfen, sich auflösen, mein Hals wird kürzer. Schuppen werden kleiner, verschwinden in meiner Haut, die Krallen ziehen sich zurück, die Füße werden kürzer und wieder normal. Das Kribbeln lässt nach, ich fühle wieder etwas auf meiner Haut, taste mein Gesicht ab. Die Sicht klärt sich wieder - und meine Gedanken wirbeln wieder so gewohnt unlogisch durcheinander...

Ja, ich war ein Drache... keine Frage. Er steckt in mir, ich kann ihn rufen, zu einem Drachen werden. - Aber ich will nicht! Ich will nie wieder in diesen schrecklichen Körper zurück...

Ich hocke in dieser Schlafkugel, die die Drachen so lieben, die sie ihr Nest nennen. Hocke hier zusammengekauert, den Rücken gegen die Wand gepresst und zittere.

Ein Klopfen an der Tür. Kyrrah.

„Tan'Náh? Ist etwas passiert?" -

Er hat meinen Schrei gehört und ist offenbar alarmiert. Ich atme tief durch.

„Nein... ja... - komm ruhig rein, die Tür ist offen."

Auch wenn ich hier wie verstört hocke, mein Verstand scheint normal zu arbeiten. Die Tür geht auf und die Schnauze eines Drachen schiebt sich fast vorsichtig durch den Spalt. Dann der ganze Kopf, Kyrrah sieht sich um, schnuppert - und bemerkt mich dann in der Schlafkugel.

„Da bist Du. Was ist passiert? Dein Schrei... hattest Du einen Alptraum?" -

„Komm rein. Ich muss mit jemanden reden... Ja, es war so eine Art Alptraum. Ich habe geträumt, dass ich ein Drache war..." -

Er kommt zur Schlafkugel und hockt sich davor, betrachtet mich und schnuppert aufmerksam.

„Das ist doch kein Traum... Hmm, keine Angst, oder nur wenig - aber eine deutliche Abneigung..."

Kyrrah betrachtet mich plötzlich besorgt.

„... hoffentlich nicht gegen mich?" -

Kopfschüttelnd strecke ich mich ein wenig und krabbele zum Bettrand, setze mich da hin.

„Nein. Nicht gegen Dich. Gegen mich selber - mich als Drachen." -

„Ist die Furcht vor Drachen wieder da? Hast Du Angst vor mir?" -

Ich sehe ihm in die Augen, lege meine Hand an seinen Hals.

„Nein. Nicht vor Dir - auch nicht vor Drachen. Es ist auch keine Angst." -

Kyrrah setzt sich schnell direkt neben mich, legt mir seinen Schwanz um die Hüfte, seine Arme um die Schultern, eine Schwinge auf meinen Rücken. Ich spüre seine Schuppen, die samtledrige Schwingenhaut auf meinem Rücken, seine Hand in meinem Nacken. Es macht mir nichts aus, im Gegenteil, irgendwie tröstet es mich sogar. Zuletzt legt er noch seine Lippen auf meine - kein Kuss, nur eine sanfte Berührung. Er schnuppert wieder, ich rieche die Luft aus seinen Luftsäcken, ein nicht unangenehmer Duft, aber sogar diese sehr intimen Berührungen sind einfach nur angenehm, erregen mich aber nicht. Er ist nun mal ein Mann...

Ich spüre sein Lächeln, dann nimmt er seinen Kopf wieder zurück.

„Gut. Angst hast Du nicht. - Schade nur, dass Du selbst jetzt keine Erregung verspürst - Du oller Hetero."

Er löst seine Umarmung, lässt aber seinen Schwanz und seine Schwinge an ihrem Platz. Mit seiner Hand massiert er mir sanft den Nacken.

„Was hat Dich dann so erschreckt?" -

„Die Erkenntnis, dass ich selber auch ein Drache bin. Als Drache aufgewacht bin. Und dass ich das nicht will." -

„Du willst nicht als Drache aufwachen?" -

„Ich will überhaupt kein Drache sein." -

„Das lässt sich aber nicht ändern. In Dir ist ein Drache." -

„Ja. Das muss ich wohl akzeptieren. Aber ich will nicht wieder in diesen Körper. Ich will ein Mensch bleiben... Äußerlich wenigstens..." -

„Du hast also Angst vor diesem Körper?"

Ich streiche ihm leicht über sein Bein.

„Vor Deinem Drachenkörper..." berichtigt er mit einem leichten Lächeln. -

Ich nicke leicht und sehe ihm in die Augen.

„Mir ist klar, dass der Drache stärker ist, schneller, ich besser sehen, hören und riechen kann. Aber ich kann mich mit dem Körper nicht identifizieren, das bin einfach nicht ich. Dazu fühle ich mich in den Schuppenpanzer eingesperrt. Es ist, als ob ich in einem mehrere Millimeter dicken Latexpanzer stecke. Zwar beweglich, aber meine Bewegungen werden behindert, teilweise fühle ich mich sogar eingeschränkt. Und Deine Berührungen gestern... ich habe fast nichts davon gespürt... Schon das Greifen eines Glases war sehr schwierig, weil ich es nicht spüre, mein Tastsinn war fast vollkommen weg... Beim Gehen musste ich auf meine Füße sehen, weil ich nicht fühlen konnte, wo ich meinen Fuß hinsetze. - Nein. Das ist nicht mein Körper, das wird auch nie mein Körper werden. Ich werde mich nie wieder in einen Drachen wandeln. Egal was dann mit mir passiert..." -

Kyrrah sieht mich nachdenklich an, rubbelt mir anschließend kurz den Nacken und lässt mich dann los um aufzustehen.

„Ruhe Dich noch etwas aus. Ich möchte ein wenig darüber nachdenken. So schnell gebe ich Dich nicht auf, Großer." -

Mit einem flüchtigen Grinsen lässt er mich wieder alleine. Ich gehe schnell aufs Klo und lege mich dann wieder hin. Aber schlafen kann ich nicht mehr, ich wälze mich nur unruhig hin und her. Der gestrige Abend geht mir nochmal durch den Kopf.

Da fühlte ich mich noch wohl in dem Drachenkörper. Eigentlich fühlte es sich gut an, ein Anthro zu sein - abgesehen von den leichten Problemen mit der ungewohnten Fußstellung, war eigentlich alles in Ordnung. Dass mir ein Glas aus der Hand gefallen war und ich mir nur mit Schwierigkeiten einen Cognac einschenken konnte, führte ich einfach auf die ungewohnte Situation zurück. Zudem waren meine Finger ja schlanker und etwas länger mit den langen ungewohnten Krallen.

Kyrrah kam dann etwa eine halbe Stunde später von Josef zurück und weckte mich aus einer Art Meditation, in der ich nur unbewusst die Musik hörte. Er nahm sich auch einen Drink und prostete mir zu, nachsichtig lächelnd, als mir bei meinem ersten Schluck alles wieder aus dem Mund lief. Aber mit seiner Hilfe klappte es dann überraschend schnell.

„Du musst den Kiefer geschlossen halten, am besten durch die Zähne trinken. Und dann darauf konzentrieren nur die Spitzen der Lippen etwas zu öffnen, wie bei einem Kuss. Hat lange gedauert, bis ich das mit dem geschlossenen Mund raus hatte. Als Mensch klappt man ja meistens den Kiefer auf beim Trinken..." -

Der Trick funktionierte dann tatsächlich. Und Kyrrah hatte Recht, die Geschmacksfülle des Cognac war einfach unglaublich...

Danach blickte er mich fast verlegen an.

„Würdest Du es mir erlauben, Dich mal richtig zu fühlen? Außer meinen eigenen Schuppen konnte ich noch nie einen Drrékh anfassen..."

Ich war grinsend aufgestanden und nickte.

„Klar, nur zu." -

Seine Inspektion meines Körpers war deutlich intensiver und ausführlicher als meine vorher bei ihm. Und er nahm auch deutlich weniger Rücksicht auf irgendwelche erogene Zonen - ja, er war sogar sichtlich bemüht, mich in „Stimmung" zu versetzen, was für ihn selber nicht besonders schwierig war... - aber ich spürte nichts, insbesondere keine sexuelle Erregung. Mich hat noch nie ein Mann wirklich in dieser Hinsicht interessiert, mir war seine offensichtliche Erregung eher etwas unangenehm, ich fühlte mich, als ob ich seine Intimsphäre verletzen würde. Schon da nannte er mich „Oller Hetero", nahm das aber locker.

Er verschwand kurz, kam vielleicht 20 Minuten später entspannt wieder zurück und schenkte mir das Glas nach. Dann legte er sich mir gegenüber in die Polster des Lagers, in dem ich schon lag. Er erzählte mir von den letzten zwei Tagen, wie sie mich verfolgt hatten. Dabei hielt er immer einen leichten Schuppenkontakt, wie mir auffiel. Nicht offensichtlich, aber sein Schwanz lag auf meinem Bein, er hatte einen Fuß an meinem Schwanz... so etwas.

Zuletzt sprachen wir noch über ein paar Vorlieben von uns. Musikgeschmack, welche Filme, Computerspiele - bei denen ich eher uninteressiert bin. Aber sonst fanden wir doch ein paar Gemeinsamkeiten - außer unserer Vorliebe für Drachen.

Dazwischen servierte er noch einen kleinen Snack und ich probierte das rohe, blutige Fleisch zum ersten Mal mit dem Geschmacks- und Geruchssinn eines Drrékh - fantastisch. Es schmeckte so gut, dass ich mir kleine Stücke abgebissen habe, um mehr von dem Geschmack zu bekommen.

Ungewohnt blieb nur, dass mein Mund jetzt andere Ausmaße hatte. Ich musste immer darauf achten, richtig zu treffen, damit ich mir nicht in die Finger biss... Aber Kyrrah lächelte nur.

„Etwas Geduld, das wird bald. So, wie man sich daran gewöhnt, mit einem Gipsarm zu essen." -

Sicher hat er Recht damit, so schnell wird es nicht gehen.

Aber gestern abend bin ich nicht darüber gefallen, dass ich das Fleisch zwischen meinen Fingern praktisch nicht gespürt habe... irgendwann merkte ich, dass ich etwas angefasst habe, aber wirklich gefühlt hatte ich es nicht.

Und jetzt wird mir erst klar, dass ich auch seine intensiven Berührungen kaum gespürt hatte. Alles wie durch einen dicken, wenn auch etwas elastischen Panzer. Wie ich schon sagte, so muss es sich in einem sehr dicken Latexanzug anfühlen. Man spürt den Anzug, aber Berührungen von außen müssen schon recht kräftig sein, damit sie durchdringen.

Das, die fast schon erschreckende Stille in meinem Bewusstsein, in dem nicht, wie gewohnt, hunderte von Gedankenfetzen umherschwirrten und das unbestimmte Unbehagen, dass sich meine Persönlichkeit verändert, je länger ich ein Drache bin - das hat sich über Nacht zu dieser extremen Abneigung ausgewachsen. Ich will nicht wieder zu einem Drachen werden, in meine Schuppen eingesperrt und von ihnen eingeschränkt werden - und dabei zudem noch zu einem Logikzombie werden.

Etwas später klopft es wieder an der Tür. Das muss man Kyrrah lassen, obwohl er kaum eine Gelegenheit auslässt, zu versuchen mich zu verführen, wartet er andererseits aber auch auf meine Zustimmung, dass er hereinkommen darf. Ein wenig bedauere ich, dass ich mich ihm nicht so öffnen kann, denn ich rieche deutlich, dass er mir sympathisch ist und wir zusammenpassen würden...

Er trägt einen Stapel, offensichtlich Kleidungsstücke in Schwarz, Dunkelblau und Olivgrün, von denen mir nicht nur die glänzende Oberfläche sagt, dass sie aus Latex sind - auch der Geruch ist sehr deutlich.

Kyrrah sieht meinen Blick und grinst.

„Als Du von dem Latexanzug gesprochen hattest, in den Du Dich eingesperrt gefühlt hast, habe ich mich daran erinnert. - Als Mensch habe ich einen Latexfetisch, den ich derzeit aber nicht mehr auslebe. Damals, als ich noch mit meinen Partnern zusammen war, hatte ich die Idee zu solchen Klamotten, die einen Wandel überstehen, also nicht ausgezogen werden müssen. Ist vielleicht was für Dich - wenn Dich Latex nicht stört..." -

Grinsend schüttele ich den Kopf.

„Nee, passt schon. Trage ich zwar nur selten, bin aber nicht abgeneigt. - Und ein Frauchen in knallengem, glänzenden Latex im strammen Frogtie... - lassen wir das." -

Er wirft mir einen Slip zu. Ich sehe ihn mir an, ein String, nur dass der Streifen sich am Rücken V-förmig aufteilt und der Bund dazwischen mit Druckknöpfen verschlossen ist. Sieht irgendwie wie eine milde Mischung mit einem Jockstrap aus.

Kyrrah nickt auf meinen Blick.

„Die habe ich mir machen lassen um mal einen Slip oder eine Badehose tragen zu können. Hinten ist der Ausschnitt weit genug, dass Dein Schwanz durchpasst, wenn Du Dich wandelst. Du kannst die also anbehalten, ist Dir vielleicht lieber." -

Ich warte nicht ab, schnell ziehe ich den String an, liegt schön satt und eng an, ohne überdehnt zu werden, wie für mich gemacht.

„Super. Fühlt sich gut an. Danke - Äh, das ist jetzt aber nicht wegen Dir..." -

„Mach Dir keine Gedanken, so siehst Du eher noch schärfer aus für mich... - Ich habe diese Sachen übrigens nie getragen, sind also praktisch nagelneu, nur Silikonbehandelt. - Weiter hatte ich mir überlegt, mir Klamotten machen zu lassen, die ich sowohl als Mensch, wie als Drrékh tragen kann. Mit passenden Ausschnitten, die man öffnen kann, damit dann Schwanz und Schwingen durchpassen. Als erstes habe ich das in Latex ausprobiert - war trotz Perversenaufschlag, der auf Latexkleidung ja leider immer drauf kommt, noch günstiger, als ein Textil-Trainingsanzug mit den Änderungen. - Müsste Dir auch passen, ich war damals auch nicht der schlankeste..." -

„Und warum sollte ich das tragen? Ich will mich doch gar nicht wandeln..." -

Ich sitze wieder auf der Bettkante, Kyrrah kommt zu mir, hockt sich vor mir hin und legt mir seine Hände auf die Knie.

„Pass auf. Du hast mit mir einen Deal laufen, den gebe ich nicht so schnell auf. Und ich habe heute morgen die Information erhalten, dass die Weisen Dich erwarten, sie wollen so schnell wie möglich mit Dir sprechen, vielleicht wollen Sie Dir sagen, warum Du doch noch erweckt wurdest." er grinst.

„Sie waren eigentlich ganz glücklich darüber, dass Du so schnell so viel wie möglich lernen wolltest. Ach so - soweit ich das raushören konnte, ist der Grund für das Treffen auch nichts schlimmes, sie wollen anscheinend eine Position unter uns neu besetzen. Und Du warst wohl die beste Person, die zudem schnell erreichbar war." -

„Und...? Lass sie weitersuchen..." -

„Ich möchte noch einen Deal mit Dir machen. Ich bitte Dich, die Ausbildung durchzuhalten. Diese 14 Tage voll durchzuziehen. Nur musst Du dazu auch ein Drrékh werden, sicher auch mal ein Feral." -

„Dass ich zur Ausbildung ein Drache sein sollte, verstehe ich ja, aber..." -

„Darum diese Latexkleidung. Sie liegt relativ eng an, wird als Drache aber nicht alles zeigen, Du bist dann ja deutlich schlanker. Bis auf Hände und Füße wirst Du also nicht viel von Deinen Schuppen sehen - und Du kannst das dumme Gefühl, nichts zu spüren, auf das Latex schieben. Ich bin mir auch sicher, dass Du bald den Zugang zu Deinen Schuppen finden wirst, denn mein Tastsinn ist kaum anders, als mit meiner Haut. - Ich gehe davon aus, dass es bei Dir nicht anders sein wird. Irgendwann wird das dicke, steife Latex zu einem feinen, flexiblen Latexhandschuh, denn Du kaum noch bemerkst." -

Ich forsche in seinen Augen, da ist kein Zweifel, kein Hoffentlich - da ist sichere Zuversicht.

„Ich verstehe. Es wird mir nur sehr schwer fallen - aber, was ist, wenn ich nicht durchhalte?" -

Er grinst diabolisch.

„Dann mein Lieber... dann musst Du Dich mir hingeben. Meine Zärtlichkeiten annehmen und erwidern, mit mir umgehen, wie mit einem Geliebten - und mich mindestens zweimal kommen lassen, einmal davon Oral." -

Ich kann nicht anders, ich muss grinsen.

„Du versuchst es mit allen Mitteln... wünscht Du Dir, dass ich scheitere?" -

Er atmet auf, er begreift, dass er praktisch schon gewonnen hat.

„Nein. Im Gegenteil. Lieber warte ich noch 100 Jahre auf einen Partner, wenn ich Dich erfolgreich zu einem Drachen machen kann. Aber ich möchte Dir schon eine kleine Herausforderung stellen. Außerdem musst Du ja auch nicht die ganze Zeit ein Drache bleiben, nur während der Ausbildung. Dazwischen darfst Du gerne ein Mensch sein, ganz wie Du möchtest." -

Seufzend gebe ich meinen letzten Widerstand auf. Denn trotz allem... da liegt dann doch ein Reiz darin, ein Drache zu sein... fliegen zu können... irgendwann mal... - Und das ist eigentlich das einzige, was mich jetzt einknicken lässt - aber dieser Wunsch zu fliegen ist so stark, dass ich nicht anders kann.

„Gut, dann her mit den Klamotten. Hab lange kein Latex mehr getragen... - Nebenbei, ich kann mir schlimmeres vorstellen, als mich von Dir Ficken zu lassen." -

Er wartet keine Sekunde, schnell ist er aufgestanden und reicht mir die Hose - eine engsitzende Leggins mit Fußsteg. Für den Schwanz ist ein ähnlicher Ausschnitt wie beim String und auch hier ist der Bund mit Druckknöpfen versehen, damit ich die Hose auch mit meinem Schwanz an- und ausziehen kann. Es dauert trotz reichlich Silikonöl einen Moment, bis die Hose glatt sitzt - da habe ich meinen Stolz, wie Kyrrah grinsend feststellt.

Dann das Oberteil, eine Art Hoodie mit Reißverschluss an beiden Seiten, wo dann die Schwingen und die Schwingenhaut als Drache durchpassen werden. Dann sitzt das Teil, dass jetzt eher knapp anliegt, ohnehin lockerer. Die Reißverschlüsse lassen sich unten ganz öffnen, aber mit einem Riegel sichern - auch den Hoodie kann ich also als Drache an- und ausziehen. Nicht unpraktisch das ganze - und fühlt sich saugeil auf der Haut an - was auch sichtbar wird...

„Na, da rührt er sich ja doch..." grinst Kyrrah breit.

„Dann komm, Kaffee und einen kleinen Happen, dann fangen wir an - Bewegungstraining im Wald." -

Ich trotte still hinter ihm her. Noch mag ich nicht daran denken, wieder in die Schuppen zu schlüpfen. Im Moment fühle ich mich zwar sehr wohl in dem Latex, aber wenn ich wieder Drache werden soll...

Kyrrah wehrt ab, als ich ihm helfen will. Ohnehin steht schon das meiste bereit. Er hat auch einen Vollautomaten hier im Esszimmer stehen und lässt schnell zwei große Kaffee zubereiten. Mmmh, Kaffee... der Duft lenkt mich ab und ich genieße die ersten kleinen Schlucke.

„Was hast Du heute mit mir vor?" -

„Erstmal musst Du Deinen Körper richtig beherrschen lernen. Damit Du nicht mehr stolperst und Dich sicher bewegen kannst. - Nebenbei ist das gleichzeitig ein wenig Training - auch wenn ich Dich gerade füttere, ein Drache hat einen recht hohen Umsatz in Bewegung, Du wirst es bald auch an Deinem menschlichen Körper spüren. Und wir üben nebenbei noch Deine Sinne, die musst Du ja auch erst richtig kennenlernen. Das wird heute viel laufen, klettern und springen sein. Vielleicht auch schon mal ein Stück gleiten, damit Du warm wirst mit Deinen Schwingen." -

„Klingt anstrengend..." -

„Sicher, das ist es auch. Aber vertraue Deinem Drachenkörper, der ist ja noch jung und höchst sportlich - aber Training muss auch dann sein, auch ein Drache kann fett werden..." -

„Verstehe. Brauche ich ein besonderes Training für die Flugmuskeln?" -

„Ein wenig Krafttraining vielleicht, damit sie nicht abbauen, am besten geeignet ist fliegen. Bis das klappt, machen wir Trockenübungen mit leichter Belastung, auch für die Bewegungsabläufe, damit Dir die Schwingen richtig anwachsen." -

„Anwachsen?" -

„Naja, in Deinem Bewusstsein richtig ankommen. Du musst sie benutzen, wie Arme und Beine, automatisch ohne nachzudenken. Nur dann kannst Du sicher fliegen. Ich habe sogar jetzt manchmal leichte Aussetzer - das kann dicht über dem Boden zur Bruchlandung führen - und sich die Finger brechen ist wohl nicht so angenehm, habe ich mir sagen lassen. - Immerhin haben wir ein informiertes Krankenhaus relativ nahe, wo Drrékh mit speziellen Nöten behandelt werden, ohne dass anschließend der Kammerjäger vor der Tür steht." -

„Ein informiertes Krankenhaus..." -

„Ja, ein Arzt dort ist einer von uns, zwei weitere und ein paar vom Pflegepersonal wurden eingeweiht und arbeiten für uns. Ein guter Verdienst unterstützt ihre Verschwiegenheit." -

„Und die Angst vor unseren Krallen und Zähnen..." -

„Vielleicht auch das. Aber die Eingeweihten sind gut ausgesucht, meistens Furries, die ohnehin Drachen sehr positiv gegenüberstehen und es als Ehre ansehen, mit uns arbeiten zu dürfen. Das ist mittlerweile auch eine wichtige Aufgabe für uns Mentoren: Menschen zu finden und vorsichtig einzuweihen, damit sie mit uns zusammenarbeiten." -

„Dann solltest Du aber auch einen Partner finden können..." -

„Bisher war ich ja noch nicht soweit, als Mentor arbeiten zu dürfen. Aber stimmt schon, jetzt so langsam erkenne ich schon bei einer Begegnung, ob ein Mensch Drachen gegenüber offen eingestellt und abenteuerlustig ist. Da sollte ich sicher einen passenden Partner finden können. - Aber Du wirst mich so schnell nicht los..." -

„Ich weiß..." -

„Du spürst auch, dass wir gut zusammenpassen würden?" -

„Ja. Tja, wenn ich gay oder Du eine Frau wärst..." -

„Shit happens. Obwohl ein wenig Bi ja schon reichen würde. - Los jetzt. Ich hab jetzt Bock drauf, Dich zu quälen, Großer."

Ich kippe den letzten Kaffee runter und sehe ihn zweifelnd an. Aber er grinst nur.

„Wenn Du magst, ich habe auch eine starke sadistische Ader. Bondage und Breathplay kannst Du jederzeit gerne haben. Aber wenn es Dich umstimmen würde, kannst Du mich auch gerne fesseln... Rrrrrh"

Er schlägt spielerisch mit seinen Krallen nach mir.

Dann sieht er mich ernst an und legt mir eine Hand auf die Schulter.

„Du weißt hoffentlich, dass ich Dich nie zwingen würde - selbst wenn ich unseren Deal einfordern müsste. So Schluss mit den Spielchen. Das mit dem Quälen habe ich durchaus ernst gemeint, aber nur im Training. Fertig? Dann komm." -

Wir räumen nur kurz zusammen, dann winkt er schon und ich folge ihm mit gemischten Gefühlen. Seine sexuellen Anspielungen sind harmlos, da bin ich mir sicher - denn ich glaube ihm, dass er mich nicht gegen meinen Willen zu irgendeiner sexuellen Handlung zwingen oder überrumpeln wird. So oft er auch spielerisch damit kokettiert. Ich gönne ihm dieses Ventil und spiele einfach ein wenig mit.

Die Treppe hinunter, geht es direkt nach draußen, nach links und entlang einiger weiterer Gebäude sind wir schnell am Waldrand angekommen. Er sieht mich auffordernd an. - Seufzend akzeptiere ich meinen Teil der Abmachung - ich muss zum Anthro werden...

Ein paar Sekunden nehme ich mir, Kyrrah ist so verständnisvoll, das abzuwarten. Dann öffne ich die Reißverschlüsse am Hoodie, zupfe die ffnung für den Schwanz zurecht, hocke mich schnell hin und konzentriere mich darauf ein Anthro werden zu wollen. Wieder durchzuckt mich so ein Energiestoß, meine Haut beginnt wieder so gnadenlos zu kribbeln, ich kann nur mit Mühe widerstehen, mir die Haut vom Körper zu kratzen. In meinen Schultern, am Steiß und in meinem Kopf wächst wieder dieser eigenartige Druck, eine Sekunde lang kaum zu ertragen, danach aber auch irgendwie angenehm. Ich spüre meine Schnauze wachsen, meine Hörner, wie mein Schwanz wächst und meine Schwingen sich aus meinen Schultern schieben, während gleichzeitig die Flugmuskeln in meiner Brust anschwellen. Die Sicht ist, wie bisher immer, verschwommen, einen kurzen Moment kann ich sogar gar nichts sehen - dabei verändern sich sicher meine Augen, aber die verschwommene Sicht führe ich auf die Veränderungen im Gehirn zurück. Das ist aber auch alles , was ich dabei spüre, sogar denken kann ich während der ganzen Zeit der Wandlung. Nur das irgendwann dabei die Gedanken immer einsamer in meinem Bewusstsein werden. Erst als Drache wird mir bewusst, wie sehr das menschliche Bewusstsein ständig von Gedanken angefüllt ist.

Meine Hände überziehen sich mit den rotbraunen Schuppen, die Krallen schieben sich aus den Fingern, gleichzeitig werden meine Füße länger, Zehen und Zehenballen verschieben ihre Stellung, werden zum eigentlichen Fuß, der Mittelfuß und das Fußgelenk scheinbar zum Bein. Und auch hier wachsen die Schuppen aus der Haut, die Zehen werden schlanker, länger und bekommen ihre kräftigen Krallen - erst jetzt fällt mir auf, dass ich auf allen fünf Zehen stehe, Kyrrah ja nur auf vier.

Meine Sicht wird wieder klar. Die Schuppen haben ihren Glanz bekommen, das Rotbraun schimmert wie Kupfer. Ich sehe noch auf meine Füße, die Zehen sind deutlich weiter gespreizt als bei meinen menschlichen Füßen, geben mir damit auch bei der kleineren Auflagefläche einen sicheren Stand - wenn ich mich erst einmal daran gewöhnt habe.

Ein kurzer Rundumblick, meine Flügel... Schwingen... liegen zusammengelegt an meinem Rücken, der Schwanz ausgestreckt hinter mir auf dem Boden. Tja... wenn ich klar sehen kann und die Schuppen glänzen... dann bin ich fertig. Ein Drache. Drachenmensch genauer gesagt. Und sofort überfällt mich wieder dieses schreckliche Gefühl, nichts zu fühlen... Ich fühle nur einen Panzer, in dem ich eingesperrt bin, der fast nichts von außen durchdringen lässt.

Die Füße Kyrrahs stehen jetzt neben meinen Händen, ich habe mein erweitertes Blickfeld bewusst ausgeblendet. Eine Fähigkeit, die ich gestern abend zufällig entdeckt hatte und die mir die Konzentration auf einen bestimmten Punkt vereinfacht.

„Na Großer, wie ist es?"

Ich schüttele kurz den Kopf, setze ein Knie auf den Boden und richte meinen Körper auf. Tief durchatmend - die Atmung funktioniert mit den Luftsäcken erstaunlich viel leichter und besser - hebe ich den Kopf und sehe ihn an.

Sein optimistischer Ausdruck wird sofort ernst.

„So schlimm ist es? - Du siehst aus, als ob Du Qualen erleiden müsstest." -

„Chrch... - Hrrrm... - Nicht wirklich körperlich. Nur seelisch. Keine Schmerzen, aber ein scheiß Gefühl..." -

Das Sprechen wollte nicht auf Anhieb klappen...

Naja, noch ist mir dieser Körper ja neu und in diesem Drachenhirn muss meine menschliche Seele erst die richtigen Ansatzpunkte finden, damit ich sie auch auslösen und nutzen kann. Wenigstens funktioniert das mit dem normalen Bewegungsablauf und den instinktiven Aktionen schon ganz ordentlich.

Er entspannt sich wieder etwas.

„Immerhin hast Du jetzt sofort zum Anthro gefunden. Ein weiterer, wichtiger Schritt." -

Stimmt, das ist mir gar nicht aufgefallen, ich wollte zum Anthro werden und ich bin es. Ich habe auch nicht dieses brennende Gefühl gehabt - also hat es sofort funktioniert.

„Ja, sicher ein wichtiger Schritt, aber ich hasse diesen Körper..." -

Kyrrah kniet sich vor mich, legt mir die Hände auf die Schultern - was ich nur als leichten Druck spüre - und blickt mir in die Augen. Ich spüre seinen Atem über meine Nüstern streichen.

„Du darfst Deinen Körper nicht hassen, er gehört zu Dir. Lerne ihn kennen, lerne ihn nutzen - dann wirst Du auch lernen, ihn richtig zu fühlen, mit ihm zu fühlen." -

Er hat leicht reden, anscheinend hatte er diese Probleme nie. Wieder spüre ich seinen Atem an meinen Nüstern... - Moment... ich spüre seinen Atem? Auf meinen Nüstern? Außen, nicht im Atemkanal... außen - aber da sind doch auch Schuppen! Sehr feine, aber da sind Schuppen - die habe ich gestern deutlich im Spiegel gesehen, bevor ich in die Schlafkugel gekrochen bin...

Ich greife den Arm Kyrrahs.

„Nochmal... blase mir nochmal über die Nüstern..." -

Sein Blick ist Gold wert...

„Waaas soll ich? Willst Du jetzt flirten?" -

„Neee. Mach schon." -

Er pustet auf meine Schnauzenspitze... Ja, wirklich, ich spüre das - sogar auf der ganzen Spitze auch auf den Lippen!

„Ich... ich spüre das..." -

Er drückt meine Schultern.

„Und das?" -

„Nein, doch schon, aber nur einen dumpfen Druck, wie durch Plastik - oder eben sehr dickes Latex. - Aber meine Schnauzenspitze, meine Nüstern, die Lippen, da spüre ich richtig Deinen Atem drüberstreichen..."

Ehe ich reagieren kann, züngelt er sanft über meine Lippen, dann auch über die Nüstern.

„Hör auf, bitte - das kitzelt an den Nüstern..." -

„Und wie fühlt sich das sonst noch an?" -

„Angenehm, sehr angenehm. Fast wie ein sanfter Kuss..." -

Kyrrah grinst mich schelmisch an.

„Hat ja unter uns auch diese Bedeutung." -

„Na klasse. Nun lasse ich mich von einem Mann küssen - und freue mich noch darüber..."

Auf seinen Stupser auf meine Brust fange ich auch an zu grinsen.

„Aber bevor ich Dir einen blasen muss, lass uns jetzt weiter machen. Ich habe mich nicht in diesen Körper gequält, um jetzt schon aufzugeben..." -

„Diese Einstellung will ich hören. Wir laufen jetzt erstmal eine zeitlang, zuerst ein Stück auf den Wegen, damit Du Dich eingewöhnst, dann kreuz und quer durch die Wälder. Vertraue auf Deinen Körper, er kann mehr, als Du glaubst. Ich habe auch am Anfang nach einer halben Stunde aufgehört, weil ich dachte, ich bin platt - bis mich am zweiten Tag Josef erwartet hatte und mich einfach weiterscheuchte - nach fünf Stunden bin ich erst wieder zurückgekommen, weil es so faszinierend war, einfach immer weiter zu laufen. - Dir wird es vielleicht etwas einfacher fallen, weil Du jetzt schon die konstante Atmung mit beiden Luftsäcken beherrscht." -

Wir stehen auf - an die Zehenspitzen denken... Was meint er mit der konstanten Atmung...? Mache ich irgendwas anders? Er atmet normal ein und aus - ich doch auch? Oder? Moment... ich atme ein, dann atme ich ... ein? Und wieder einatmen?... Das muss doch irgendwo hin? - Nochmal darauf konzentrieren... - Kyrrah wartet lächelnd ab und lässt mir die Zeit, die ich brauche um mich kennen zu lernen. -

Langsam spüre ich es, natürlich pumpt jeder Luftsack die Luft ein und aus, aber im perfekten Wechsel. Atme ich mit einem ein, atme ich gleichzeitig mit dem anderen aus. Aber wie ist der Weg, ich atme ja durch meine Nüstern ein, aber nicht, wie Kyrrah auch wieder aus - ginge ja auch nicht, oder nur mit halber Kraft auf einer Seite ein, auf der anderen aus... nein, über meine Nüstern atme ich immer nur ein, habe so immer alle Gerüche in der Umgebung 'in der Nase'. Aber wo geht die Luft wieder raus? Nicht über den Mund, den habe ich geschlossen - aber es müsste schon über den Weg gehen, da ich ja spreche...

Grinsend zeigt Kyrrah mir eine kleine ffnung in seinem Kieferbogen unter den Ohrfinnen. Die lassen sich ebenso verschließen wie die Nüstern, wie er mir zeigt. - Er hat gleich begriffen, was ich mich gerade gefragt hatte. Dass ich über diese ffnungen ausatme beweist er mir, indem er einen Finger auf eine meiner Atemöffnungen legt und mir sofort das Ausatmen schwerer fällt.

„Ich verstehe... auch den Sinn - so können wir sehr viel mehr Sauerstoff durch unsere Lungen pumpen, was für das Fliegen sicher notwendig sein dürfte. Aber wie funktioniert das?" -

„Mache Dir darüber jetzt keine Gedanken, das geschieht instinktiv. Normalerweise atmen wir auch ähnlich wie die Menschen durch die Nüstern ein und aus und nutzen dabei nur einen Luftsack. Erst bei steigender Anstrengung kommt der zweite dazu und zuletzt wird der alternative Luftweg aktiviert. Wir haben zwei Luftröhren, eine ist direkt mit den Nüstern verbunden, die andere endet im Rachen - in der sind auch die Stimmbänder. Die Nebenöffnungen zum Ausatmen da im Kieferbogen, die auch im Rachen enden, haben nicht alle von uns, aber ich habe die bei Dir eben gleich gesehen." -

„Welchen Vorteil haben wir durch diese zusätzlichen ffnungen? Wir könnten doch auch einfach durch den Mund ausatmen?" -

„Ich werde unseren Arzt bitten, Dir einiges über unsere Anatomie zu erläutern, oder dass er etwas schriftliches mitbringt. Ich kann das nicht so gut. Diese Nebenöffnungen haben wohl den Sinn, dass wir beim Schlucken von großen Fleischstücken einfach weiteratmen können - sowas ähnliches wie die verlängerten Atemröhren bei einigen Schlangen." -

„Alles klar. Danke für Deine Erläuterungen, Du hilfst mir damit schon sehr." -

Kyrrah winkt nur ab und fordert mich dann mit einer Kopfbewegung auf, ihm zu folgen. Er geht los, noch langsam und ich folge ihm. Langsam beschleunigt er seine Schritte, solange er noch geht, passt alles, aber dann beginnt er mit einem leichten Trab... Und das fühlt sich so auf den Zehenspitzen schon sehr eigenartig an. Vielleicht sollte ich mich einfach daran gewöhnen, dass ich nicht als Mensch auf den Zehen gehe - ich gehe zwar auf den Zehen, aber das ist mein Fuß, ich gehe also nicht auf den Zehenspitzen...

Schon liege ich auf dem Pinsel... Verstolpert. Zum Glück hat Kyrrah einen Waldweg genommen, der Boden ist nicht so hart. - Ich rappele mich wieder auf und komme tatsächlich ohne mich irgendwo abzustützen wieder auf meine Füße. Kyrrah wartet ein Stück weiter, schaut mir mit neutralem Ausdruck zu.

„Du darfst ruhig lachen, wie ich hier so herumstolpere. Ich weiß ja selber, dass es merkwürdig aussehen muss, wenn ein ausgewachsener Anthro sich so dusselig anstellt." -

Aber er schüttelt den Kopf.

„Ich habe keinen Grund über Dich zu lachen. Du musst schließlich erst üben, neu lernen zu gehen - und da ist Laufen schon eine Herausforderung. Zudem weiß ich selber noch viel zu gut, wie oft ich mich hingelegt habe in den ersten paar Tagen. - Lass Dir Zeit, setze Dich nicht selber unter Druck - dass kannst Du mir überlassen. Aber erst später." -

Seufzend setze ich mich wieder in Bewegung, wieder in den leichten Trab, und prompt komme ich neben Kyrrah wieder ins Stolpern, kann mich aber gerade noch abfangen und weiter laufen. Schnell ist er neben mir.

„Du läufst gut, eigentlich sollte ich das aufnehmen und Dir zeigen. Der Bewegungsablauf ist perfekt. Du hältst Deine Zehen schön geschlossen und spreizt sie erst direkt vor dem Aufsetzen. Da ist nichts zu verbessern. Das Stolpern ist im Kopf..." -

Laufe ich wirklich so perfekt? Ja, gut, ich habe mir einfach vorgestellt, wie ein Strauß läuft und versuche das umzusetzen - nur kann ich blöderweise dieses 'auf Zehenspitzen' nicht aus meinem Schädel kriegen. Und jedesmal, wenn ich nicht mehr daran denke, komme ich ins Stolpern. Warum nur... ich denke ja auch nicht mehr ständig daran, wie ein Strauß zu laufen, die richtige Bewegung meiner Zehen ist mir schon selbstverständlich. Irgendwie hat mir die Betrachtung meiner Füße vorhin auch dabei geholfen...

Zack... liege ich auf der Nase... Scheiße, nicht mal Ablenkung hilft...

„Ein wenig auf den Weg achten musst Du aber auch..." - höre ich Kyrrah.

„Was...?" -

„Na, wenn Du nicht darauf achtest und in ein Loch trittst, legst Du Dich eben hin. - Ging doch schon ganz gut jetzt. Lass uns etwas schneller laufen." -

Wieder rappele ich mich auf und folge ihm seufzend. Jetzt im normalen Dauerlauftempo - interessant, als Mensch wäre ich schon lange schwer atmend an einem Baumstamm zusammen gebrochen - ich konnte nie besonders gut laufen. Aber jetzt fühle ich mich immer noch, wie nach 5 Minuten Spaziergang... - Vorsicht... fast wieder gestolpert... - Ich konzentriere mich einfach mal darauf, wie ich meine Füße bewege... Den Fuß heben, Zehen zusammenlegen, Bein vorschwingen, kurz vor dem erwarteten Bodenkontakt schnell die Zehen spreizen, mit dem ganzen Fuß voll aufsetzen, den Stoß in Fuß- und Kniegelenk ausfedern. Ich spüre wie sich unter der Belastung meines Körpers die Zehen noch ein wenig mehr spreizen und sich dem Boden anpassen, dann nach hinten durchschwingen, beschleunigen... die Ballen heben sich vom Boden, nur noch die Zehen haben Kontakt... die Krallen graben sich in die Erde, geben mir Halt beim Abstoß, die Zehen heben ab... wieder zusammenlegen...

„Langsam, Großer. So schnell wollte ich eigentlich noch nicht..." -

Ich sehe mich um und bemerke, dass ich deutlich beschleunigt habe. Die Konzentration vor allem auf das Abstoßen, die ganze Bewegung, die ich fast bildlich vor mir sehe, hat mich unbewusst schneller werden lassen. - Wenn ich nur nicht soviel verschiedenes riechen würde... das kommt jetzt auch noch hoch... Ich weiß gar nicht, was woher kommt, worauf muss ich mich konzentrieren... Und dazu beginnt jetzt auch noch das Gehör mir den gleichen Streich zu spielen. Bisher war das immer weit weg im Hintergrund, aber jetzt drängt sich das immer mehr in den Vordergrund. Warum muss ich so viel gleichzeitig hören... Gut, das Gehörte zu verdrängen, das gelingt mir noch ganz gut, aber der Geruchssinn... Mist, die Ablenkung... ich lande wieder auf dem Boden... Und ich rieche auch gleich die Laufspur der verdammten Schnecke da... Oh Mann... Jetzt muss ich auch noch meine Schwingen wieder sortieren. - Aber wenigstens war der Sturz weicher diesmal.

„Großer... - Du verarscht mich doch nicht?" -

„Verarschen? Was meinst Du?" -

„Du hast hier gerade eine fast perfekte Gleitlandung hingelegt..." -

„Ja Danke, ich weiß selber, dass ich wieder mal auf die Schnauze gefallen bin..." -

„Es war eine Bauchlandung, aber es war eine Landung..." -

„Sag mir bitte, was Du meinst, ich verstehe Dich nicht." -

Kyrrah hilft mir beim Aufstehen.

„Du hast eben beim Fallen Deine Schwingen ausgebreitet und bist geflogen. - Natürlich nur ein kleines Stück und es war so was wie eine weiche Bruchlandung - aber es war eindeutig ein Gleitflug... War das Absicht?" -

Geflogen? Wirklich? Naja, es würde erklären, warum ich meine Schwingen ausgebreitet habe.

„Du glaubst doch nicht, dass ich hier laufen würde, wenn ich fliegen könnte... - Nein, nicht absichtlich. Das muss eine instinktive Reaktion gewesen sein." -

„Aber das bedeutet, dass Du Deine Schwingen hast. - Wie soll ich das sagen... Du weißt, wo Du sie findest... - Und Du legst sie jetzt ja auch wieder ordentlich zurecht... Spürst Du Deine Schwingen wirklich?" -

„Ja. Ebenso wie den Schwanz. Das bewusste Bewegen ist schwierig, ich brauche alle Konzentration um die Schwingen wieder zurecht zu legen, aber ich spüre sie. Ein eigenartiges Gefühl, so ein zweites Paar Arme..." -

„Scheiße... Ich habe fast einen Monat gebraucht, um die überhaupt sinnvoll bewegen zu können - und Du fängst schon am ersten Tag gleich einen Sturz mit Deinen Schwingen ab. - Entschuldige, ich bin gerade ein bisschen neidisch, aber Du kannst ja nichts dafür." -

„Entschuldige, ich wollte nicht..." -

„Stop! Entschuldige Dich nicht dafür, dass Du etwas besser kannst, als ich - oder schneller. Ich bin nicht das Maß, nach dem andere gemessen werden. Ich helfe Dir nur dabei, Deine Fähigkeiten zu entdecken und zu entwickeln. Und wenn Du dabei schneller und besser bist als ich, bin ich schneller mit Dir fertig. - Entschuldige, das klingt irgendwie scheiße... Ich meine, dass ich Dich dann einfach nur schneller auf die Menschheit loslassen kann." -

Ich muss grinsen.

„Einen Drachen auf die Menschheit los zu lassen... klingt nach Spaß..." -

„So nun bitte auch nicht..." bringt er kichernd hervor.

Dann schüttelt er den Kopf.

„Wie ist es jetzt mit dem Laufen?"

„Etwas besser, scheint mir. Aber noch fehlt die Sicherheit, ich stolpere immer noch, weil ich den Fuß falsch aufsetze." -

„Aber Du weißt immerhin, was dann falsch läuft. Wie ist es sonst?" -

„Ich spüre ein wenig vom Boden an den Füßen, was mir hilft zu laufen. Aber sonst bin ich immer noch eingesperrt. Wäre das jetzt eine Bondage-Session, wäre so eine Sensory-Deprevation ja geil - aber im realen Leben wird das zur Qual." -

Kyrrah wird schlagartig ernst.

„Oh... jetzt glaube ich, ich weiß was Du meinst. Mich hat mein Partner mal in einen kräftigen, engen Latexschlafsack gesteckt, mit einer dicken Maske, nur mit einem dünnen Luftschlauch... mehr als 24 Stunden am Stück... zuletzt hätte ich alles getan - und wenn ich nackt auf allen vieren durch die Fußgängerzone hätte krabbeln müssen - nur um da endlich wieder raus zu kommen, mich wieder bewegen zu können, was zu hören und Licht zu sehen... - als Sub kannst Du gerne so was von mir bekommen, aber selber möchte ich das nicht mehr erleben..." -

„Gut, ich sehe und höre was, sogar mehr als sonst, wobei mich das gerade auch fast verrückt macht. Aber dieses Eingesperrtsein ist wohl Deinem Erlebnis ähnlich. Nur mit dem Unterschied, dass ich es als Drache erleiden muss und nur als Mensch davon befreit werde... - Und eigentlich will ich doch ein Drache sein..." -

Er winkt mir und wir laufen nebeneinander weiter. Und wir sprechen auch weiter.

„Du hast heute morgen noch gesagt, dass Du es hasst, einer zu sein..." -

„Nein, dass ich diesen Körper hasse. Weil ich mich darin eingesperrt fühle, obwohl ich eigentlich ja diesen Körper gerne haben müsste, weil er mir so viel mehr Möglichkeiten gibt." -

„Ich kann Dir nicht direkt helfen, ich kann nur hoffen, dass die Zeit dieses Problem löst. Immerhin hast Du ja erste positive Erlebnisse heute. Deine Nüstern, die Füße..." -

Stimmt, daran hatte ich gar nicht mehr gedacht, ich kann jetzt ja auch den Boden unter meinen Füßen fühlen, spüre, dass ich gerade über Kiefernadeln laufe. Hoffentlich hat er Recht und das ganze ändert sich mit der Zeit ... Hupps, Mist, die Wurzel habe ich übersehen... aber ein schnelles Ausbalancieren mit den Armen bewahrt mich vor einem Sturz.

„Hohoho..." ertönt es neben mir.

„Ich habe Dir doch gar nichts getan - Du musst mir nicht Deine Schwingen um die Hörner schlagen." -

„Schwingen? Ich habe mich mit den Armen..." -

Kyrrah schüttelt den Kopf.

„Nein, Schwingen. Du hast Dich mit einem Schlag Deiner Schwingen aufrecht gehalten. Ich konnte gerade noch ausweichen." -

„Nee, nä..." -

„Doch. Deine Instinkte sind wach - wenn Du es jetzt noch schaffst, sie bewusst für Dich zu nutzen..." -

Ich knurre unwillig, aber leise vor mich hin.

„Ich schaffe es ja noch nicht mal, das Latex auf meinen Schuppen zu spüren..." -

„Auch das wirst Du schaffen. - Vergiss nicht, dass ich ebenso gut höre, wie Du." -

„Schon klar. Und jetzt? -

„Querfeldein. Über Stock und Stein." -

„Jetzt fängt er auch noch an zu reim..." -

Mit einem kehligen Lachen sprintet er los.

Oha, jetzt geht es rund. Er biegt gleich ab und jetzt geht es wirklich ohne Weg über unebenes Gelände, dazu erhöht er nochmal die Geschwindigkeit. Mehr als einmal strauchele ich bei seiner Verfolgung. Und selbst meine Schwingen schützen mich nicht vor diversen Stürzen. Alleine in der ersten Viertelstunde liege ich 10 Mal der Länge nach im Dreck. Und muss zusehen, schnell wieder hoch zu kommen und Kyrrah hinterher hetzen, denn er wartet jetzt nicht mehr auf mich.

Scheiße, dieser kleine Arsch will mich wohl fertigmachen... Ich lande zum elften Mal im Dreck, muss das eklige Gefühl von Schlamm in meinen Nüstern ertragen und sie erst freiblasen. Nicht mit mir, Du kleiner Hurensohn, Du wirst mir keinen Nasenring einsetzen und mich vorführen... Ich lasse mich doch von Dir Pimpf nicht verarschen. Da muss ein anderer Drache kommen...

Der Zorn lässt mich durchstarten, ich stehe gar nicht erst auf - ich drücke mich nur hoch, breite meine Schwingen aus und sprinte los. Hier ist etwas Platz, so habe ich schnell genug Auftrieb und das Gleichgewicht gefunden und lege die Schwingen wieder an. - Muss ich erst in Zorn geraten um mit meinem Körper was anfangen zu können?

Jetzt nutze ich beim Laufen auch meine Schwingen voll mit. Sobald genug Platz ist, breite ich sie bei Sprüngen und zum Gleichgewicht halten schnell aus - und wenn es eng wird, lege ich sie ebenso schnell wieder an. So bin ich bald wieder an Kyrrah dran.

„Nee, Großer. So nicht..."

Er bemerkt schnell, dass ich meine Schwingen zur Hilfe nehme und biegt in ein Unterholz ab, in dem die Stämme zu dicht stehen, um meine Schwingen ausbreiten zu können.

Nee... wir haben zwar den Deal, dass ich durchhalten muss. Aber nicht, dass ich ihm überall hin am Schwanz klebe.

Also konzentriere ich mich auf mein Gehör... scheiße... müssen die Mistvögel so laut kreischen... und das Eichhörnchen da hinten schnauft wie ein infarktgefährdeter Hundertjähriger... Aber es gelingt mir - wenn auch mit einiger Mühe - die Schritte von Kyrrah aufzunehmen. Dann wollen wir doch mal sehen, ob ich einen Weg um dieses Hindernis herum finde. Rechts geht eine - länger nicht genutzte - Fahrspur in die richtige Richtung, da kann ich meine Schwingen mit einsetzen - was ich auch zwei, drei Mal machen muss.

An einem Wirtschaftsweg, der nach links führt, stoppe ich kurz und öffne mich wieder meinem Gehör... Die Vogelpest über die Viecher, die gröhlen immer noch so rum... Aber Kyrrah ist auch nicht gerade leise, er bricht offensichtlich durch ein recht dichtes Unterholz. Also links diesen Pfad entlang. Hier kann ich die Schwingen nicht voll ausbreiten, dazu ist der Abstand der Parzellen nicht breit genug, aber langsam gewinne ich Sicherheit und stolpere kaum noch, weil ich einen Fuß falsch aufsetze. Bald bin ich Stelle, wo Kyrrah sicher gleich aus dem Wald kommen muss.

Richtig, ich stehe kaum, da bricht er ein paar Meter weiter auch schon aus dem Dickicht. Er sieht mich etwas angesäuert an.

„Großer... ich mach das hier nicht zum Spaß..." -

„So hat das auch nicht ausgesehen. Allerdings hat sich mir auch nicht die Logik erschlossen, auf allen vieren durch das Dickicht zu brechen. Sind wir Drachen oder Wildschweine...?" -

„Aber Dir erschließt sich hoffentlich die Logik, dass der Einsatz Deiner Schwingen beim Laufen nicht unbedingt Deine Trittsicherheit erhöht..." -

Das muss ich allerdings zugeben.

„Ja. Das verstehe ich." -

„Also ab sofort ohne Schwingeneinsatz?" -

„Ja." -

„Gut, dann weiter." -

Wir rennen noch zwei Stunden so weiter durch die Wälder, kreuz und quer, teils auf mehr oder weniger offenen Wegen, teils quer durch die Waldstücke. Ich habe schon bald ein totales Tief, das Gefühl, keinen Meter mehr weiter laufen zu können, aber Kyrrah sieht mich nur kurz an und entscheidet, dass es nur Einbildung ist, da meine Atmung kaum schneller geht... - Seufzend quäle ich mich weiter - und bemerke nach einer Viertelstunde tatsächlich, dass ich immer noch die Kraft habe, einfach weiter zu laufen - und vor allem keine Probleme mit dem Atmen... Ich begreife, dass es tatsächlich nur eine psychische Sache ist - als Drachenanthro steht mir wesentlich mehr Kraft und Ausdauer zur Verfügung, als ich als Mensch je hatte. - Also renne ich einfach weiter. Wie sagte Gimli noch? 'Atmen, einfach Weiteratmen - das ist der Trick...'

Irgendwann zwischendurch kommen wir wieder in die Nähe der Häuser und Kyrrah bleibt bei einer Metallbox stehen.

„So. Kleine Pause." -

„Was jetzt?" -

„Einen Happen essen, was trinken, dann geht es weiter." -

„Immer noch laufen?" -

„Ja. Du sollst lernen, dass Du in der Lage bist, stundenlang zu laufen - oder zu fliegen. Und nebenbei wird es immer besser mit Deiner Körperbeherrschung. Du stolperst kaum noch - fast nur noch über Wurzeln oder Steine. Das ist Übung, irgendwann reagierst Du unbewusst. Wir Drachen sind sehr trittsicher." -

„Aha..." -

„Warte es ab, das wird schon."

Er öffnet die Box, die gut isoliert den Inhalt kühl hält, holt ein ordentlich großes Stück rohes Fleisch heraus und reicht es mir. Überrascht nehme ich es - eigentlich wollte ich die Gelegenheit nutzen und schnell zum Menschen wandeln - aber reichlich 2 Kilo rohes Fleisch am Stück bewältige ich dann nicht. Kyrrah grinst auf meinen wohl etwas genervten Blick.

„Entschuldige, aber ein Drache sollte auch wie ein Drache essen. - Du wirst es schon durchhalten, ein Anthro zu bleiben." -

Knurrend akzeptiere ich mein Schicksal, denn ich habe wirklich Hunger. So in ein Stück rohes Fleisch zu beißen macht mir nichts aus, also schlage ich meine Fangzähne in das Fleisch, meine Zähne durchtrennen es, als wäre es ein weiches Brötchen. Mmmh, lecker - vor allem jetzt mit Hunger im Leib... Nur kurz versuche ich zu kauen - was mit den spitzen, scharfen Zähnen in meinem Mund natürlich nicht funktionert - und schlucke das Stück zuletzt einfach so runter. Zum Glück habe ich keinen zu großen Brocken abgebissen... Schnell den nächsten Happen abgebissen. - Grinsend vertilgt auch Kyrrah sein Stück Fleisch, das nicht kleiner ist.

„Gut. Das ist also kein Problem. Josef hatte mit einigen Erweckten damit so seine Sorgen, bis die akzeptiert hatten, dass sie Fleischfresser sind und so herzhaft zugelangt hatten." -

Ich zucke mit den Schultern.

„Ist für mich einfach eine andere Art von Carpaccio." ich seufze.

„Wenn ich nur mehr spüren würde... es ist, als ob ich Lederhandschuhe trage. Ich spüre, dass ich etwas in der Hand habe, aber keine Feinheiten, keine Struktur, nicht mal richtig, ob es kalt oder warm ist." -

„Aber Du schmeckst doch was?" -

„Doch, das schon. Und ich schmecke auch mehr und besser, wie als Mensch." -

„Und? Schmeckts?" -

„Ja, danke. Es schmeckt gut, wirklich gut."

Er reicht mir eine Wasserflasche. Kurz überlege ich, ob ich den Verschluss der Plastikflasche einfach abbeißen soll, aber ich entscheide mich dagegen - auch wenn ich mich etwas umständlich anstelle, beim öffnen der Flasche. Endlich offen, setze ich die Flasche an und nutze meine besonderen Atemwege, mir das Wasser in einem Zug hinunterlaufen zu lassen. Kyrrah verstaut die leeren Flaschen und winkt.

„Dann weiter. Und bitte ohne Schwingen..." -

„Ich nutze sie nicht absichtlich, das sind Reflexe, wenn ich stolpere. Und eigentlich bin ich froh darüber, sie wenigstens zu spüren und einigermaßen eigenständig bewegen zu können." -

„Aber es hilft Dir nicht dabei, wirklich trittsicher zu werden." -

„Ach komm - warst Du in einem Tag trittsicher? In jeder Situation?" -

„Natürlich nicht - aber ich wollte ja auch nicht in 14 Tagen perfekt werden." -

Ich verdrehe nur die Augen. Aber ich habe jetzt auch keine Lust, einen anderen Ausbildungsweg mit ihm auszudiskutieren. Also konzentriere ich mich darauf, alle möglichen Stolperfallen rechtzeitig zu erkennen. Mal abgesehen davon, das ich nicht glaube, dass ein Drachenmensch nie stolpert - das ist schließlich einer der Preise, den ein Zweibeiner für den aufrechten Gang zahlen muss.

Jedenfalls geht es weiter querfeldein - und die Strecken, die er wählt werden immer holperiger. Dennoch schaffe ich es, fast ohne Stolperer, ihm zu folgen. - Was er bei einer kurzen Pause nach über drei Stunden mehr oder weniger schnellen Geländelaufes lobend anerkennt.

Danach wollen wir langsam 'auslaufen'... oder was er so nennt. Immerhin bleibt er jetzt auf den Wegen, was es einfacher macht - nur dass ich jetzt psychisch ermüde. Damit ich mich überhaupt auf das sichere Laufen konzentrieren kann, muss ich ständig meine Sinneseindrücke ausblenden oder aktiv unterdrücken. Denn was ich an Tastsinn viel zu wenig habe, das wird mit Hören, Riechen und Sehen wohl hundertmal ausgeglichen...

Wobei ich beim Hören noch den Vorteil habe, dass ich schon als Mensch lernen musste, einfach wegzuhören. Es ist mir möglich, dabei so abzuschalten, dass man mich manchmal anstoßen muss, damit ich mitbekomme, dass jemand mit mir gesprochen hat. Das war manchmal die einzige Rettung für mich, um konzentriert Arbeiten zu können - wenn man Quasselstrippen als Kolleginnen hatte... - Das hilft mir schon wesentlich, aber der Geruchssinn kann einen auch zur Verzweifelung bringen.

Himmel - was es da an Gerüchen überall gibt... vom Schneckenfurz bis zum Blattgrün - irgendwie hat alles einen Geruch... Und wenn einem beim Laufen irgendwas sehr seltsames oder aus irgendeinem Grund leckeres in die Nüstern sticht... Ich begreife langsam, warum es ein Hund im Wald so schwer hat, zu gehorchen - wo es doch da gerade so spannend riecht...

Aber am schlimmsten ist das Sehen... - Als Mensch habe ich ein Sehfeld von irgendwas um 180 Grad seitlich und etwas weniger nach oben und unten. Aber wirklich etwas sehen - also dauerhaft bewusst wahrnehmen kann ich auf - keine Ahnung, vielleicht 70 Grad um den Punkt, auf den ich schaue. Und wirklich Scharf und auch in Feinheiten erkennbar ist davon höchstens ein Fliegenschiss - also nur das, was ich gerade fixiere. Beim Lesen beispielsweise kann ich kaum ein Wort zusammenhängend scharf sehen, wenn ich meine Augen nicht bewege.

Als Drache habe ich dagegen ein gefühltes Sehfeld von über 400 Grad... - geht natürlich nicht, aber 300 sind es sicher, nur was mein Kopf und die Hörner verdecken, kann ich nicht sehen - und meine Augen liegen weiter seitlich, wie bei einem Menschen. - Auch hier ist der Randbereich unscharf und ich reagiere dort vorrangig auf Bewegungen - wie ein Mensch auch. Aber das ist eben gefühlt schon das vierfache - weil auch noch oben und unten mein Sehfeld wesentlich weiter reicht - ich kann einen Vogel senkrecht über mir erkennen, wenn ich gerade nach vorne sehe - sogar noch ein Stück hinter mir... Natürlich nicht scharf, aber eindeutig erkennbar und von einem Drachen oder einem Abfangjäger deutlich zu unterscheiden. Aber besonders verwirrend ist der Bereich, in dem ich scharf sehen kann... Beim Menschen ist es ein Fleck, beim Drachen eine Ebene... am ehesten mit einem Fotoobjektiv vergleichbar. Durch unsere sehr schmalen Schlitzpupillen dazu eine höhere Schärfentiefe, über einen Winkel von annähernd 180 Grad... alles scharf, alles gleichzeitig zu sehen, zu erkennen... alles muss wahrgenommen werden... - Wie eine Kinoleinwand, auf der man aus der vordersten Sitzreihe alles gleichzeitig scharf sehen und erkennen kann - und muss...

Nur mit sehr hoher Konzentration ist es mir möglich, mich auf den Bereich zu beschränken, auf den ich blicke. - Habe ich Zeit, kann ich durch mein Sehfeld 'zappen', mich auf verschiedene Objekte oder Personen konzentrieren ohne die Augen oder den Kopf zu bewegen - aber beim Laufen darf ich nur einen kleinen Bereich vor mir wirklich sehen, den riesigen Rest, den ich genauso scharf und deutlich erkenne muss ich quasi 'vergessen'. - Und das braucht sehr viel psychische Kraft...

Und die ist jetzt verbraucht. Nach 8 Stunden Dauerlauf im Wald ist einfach nichts mehr übrig. Ich habe mittlerweile tierische Kopfschmerzen, sehe nicht mehr das, worauf ich schaue, sondern irgendetwas anderes, seitlich, oben, unten... Ich laufe teilweise sekundenlang praktisch blind - nicht wirklich, aber ich sehe nicht mehr den Weg vor mir, sondern die Bäume rechts und links neben mir... Dazu die Sinneseindrücke meiner Nüstern, die mich mit Gerüchen von links verwirren - und höre irgendetwas von rechts hinter mir... - nur der Luftwirbel von Kyrrah vor mir, den ich an meinen Nüstern spüre, lässt mich noch einigermaßen die Richtung finden.

Kein Wunder, dass ich mehr als einmal der Länge nach auf dem Boden lande - und mich noch öfter mit den Schwingen nur mit Mühe aufrecht halten kann.

Nach jedem Sturz wird das Aufstehen schwieriger, anstrengender. Nicht körperlich, da habe ich immer noch erstaunlich viel Kraft, aber seelisch bin ich am Ende meiner Kräfte. Ich kann mich kaum noch auf etwas konzentrieren - und das macht alles nur noch schlimmer, weil immer mehr Sinneseindrücke mich überfluten, die ich nicht mehr filtern kann.

Irgendwann bemerke ich gerade so, dass Kyrrah stehen bleibt. Wie durch Watte höre ich seine Stimme.

„So, Schluss für heute. - Schade, Du warst schon so sicher - aber zuletzt..." -

Ohne zu überlegen, aus dem Unterbewusstsein heraus, wandele ich mich sofort zum Menschen. Offensichtlich greift jetzt so eine Art Schutzfunktion in meiner Seele.

Selbst jetzt, mit den beschränkten Sinnen eines Menschen, habe ich noch Schwierigkeiten mich zu orientieren. Ich brauche einige Minuten, bis ich begreife, dass ich vor dem dritten Haus stehe, das, was mir Kyrrah als mögliche Wohnung für mich angeboten hatte. Und dass Josef mit ihm spricht. Ich verstehe nichts, mir fehlt noch die Kraft mich darauf zu konzentrieren...

Nach einiger Zeit geht Kyrrah, Josef bleibt bei mir. Wie durch einen Schleier sehe ich ihn, wie er mich besorgt anblickt.

„Komm Ralf. Ich habe das Gebäude für Dich vorbereitet. Oben ist noch nichts eingerichtet, das bleibt Dir überlassen, wenn Du hier wohnen möchtest, aber der menschliche Bereich unten ist komplett eingerichtet. Du kannst auch so eine Schlafkugel bekommen, wie Michael sie hat, die kann morgen reingestellt werden." -

Ich kann ihm nur mit Mühe folgen - geistig. Aber so langsam wird es wieder, ich sehe wieder normal.

„Ja... Danke..." -

„Ach Du Schreck... hat er Dich so durch die Gegend gejagt...? - Ich habe schon mit ihm geschimpft, was ihm nicht recht gefallen hat." -

„Nein... nein, das ist es nicht mal. Das Laufen war anstrengend, aber auszuhalten. Nur gleichzeitig mit den wahnsinnigen Sinneseindrücken zurechtkommen - das hat mich zuletzt völlig platt gemacht." -

„Komm erst mal rein, ich habe Dir eine Kleinigkeit zu essen gemacht."

Er führt mich in das Esszimmer, wo eine Riesenschüssel Salat bereit steht. Ein Cesars Salad mit lecker gewürzten Hühnerbruststreifen. Genau das Richtige jetzt, schön leicht und doch zum Sattwerden.

Mittlerweile habe ich meine - menschlichen - Sinne wieder beieinander. Müde fühle ich mich aber trotzdem. Aber ich spreche gerne noch ein wenig mit Josef, der auch etwas mit mir isst.

„Sind die Sinneseindrücke wirklich so anders?" will er wissen.

„Entschuldige, aber Du bist der erste, der so darunter leidet..." -

„Das liegt aber daran, dass ich mich sehr konzentrieren musste, um damit zurecht zu kommen - es ist ja praktisch mein erster Tag. Und am Ende war es alles zusammen so anstrengend, dass ich erhebliche Probleme bekam."

Ich erläutere ihm kurz die Unterschiede der Sinne eines Drachen zum Menschen.

Er schüttelt leicht den Kopf.

„Das klingt enorm... Ist es nicht eigentlich positiv, so viel mehr wahrzunehmen?" -

„Oh, sicher, Ja. Wenn man erst mal gelernt hat, damit zurecht zu kommen. Ich bin ja schon glücklich, dass es mir meistens gelingt, das für mich wichtige heraus zu filtern. Vermutlich auch etwas, dass mein Unterbewusstsein für mich macht. Nur bei der ständigen Konzentration ermüdet man irgendwann. Und die Reizüberflutung dann ist nur noch schwer zu ertragen." -

„Schwer zu verstehen, wenn man es nicht selber erlebt. - Ich habe Dir einiges an Kleidung hier bereit gelegt. Zieh jetzt erstmal das Gummi aus, geh unter die Dusche, entspanne noch etwas - und dann ab ins Bett. Michael will morgen wieder mit Dir los, ihm hat Deine Stolperei zuletzt nicht gefallen. Ich werde ihm nachher noch erklären, warum Du am Ende wieder mehr Probleme hattest, das ist ihm anscheinend nicht klar geworden." -

„Ja, danke. Ich danke Dir für die Mühe, die Du Dir wegen mir machst." -

„Gerne. - Ach ja, die Bar ist auch ausreichend gefüllt... Gute Nacht dann." -

„Gute Nacht, Josef." -

Ich bin alleine. Und ich mache das, was mir Josef geraten hat. Normalerweise würde mich das Latex ja reizen, mir darin noch einen runterzuholen, aber ich bin so fertig, dass ich mich einfach unter der Dusche aus der Gummipelle schäle.

Josef hat mir eine reichliche Auswahl an Kleidung bereitgestellt, ich ziehe mir etwas bequemes an und schaue mich kurz um. Schlafraum mit einem großen Bett, Küche mit allem nötigen, das Esszimmer und der Wohnraum mit einigen bequemen Möbeln.

Ich mache mir den Fernseher an, eine Flasche Wein auf... und bin keine halbe Stunde später schon eingeschlafen.