Unter Drachen 9 - Draccier und Garrakk

Story by Lord_Eldingar on SoFurry

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#9 of Unter Drachen

Heute hole ich Jaya und Shankar ab, meine neuen Bediensteten. Und ich treffe einen Nachbarn, mit dem ich einige Informationen austausche. Insgesamt ein eher ruhiger Tag, muss es ja auch geben. :)

Teil neun der Geschichte um einen Menschen, der als Lord Eldingar mit und bei den Drachen lebt.

Ich versuche in dieser Story die Gedanken und Empfindungen des Menschen, der in ein Leben als Drache gestoßen wurde, in den Vordergrund zu stellen. Daher geht es eher um die Erkenntnisse und weniger um ständige Action. ;)

Ich hoffe, es gefällt trotzdem.


Unter Drachen

9. Draccier und Garrakk

Ein verrückter Traum weckt mich. Zuerst war ich ein Drache, der von einer riesigen Menschenfrau zertreten wird, dann plötzlich ein Mensch, der versucht mit einer Drachin Sex zu haben - mit einer Feral, sie hat dunkle Schuppen, aber ich kenne sie nicht... verzweifelt versuche ich, in sie einzudringen, es will mir aber nicht gelingen, sie ist einfach viel zu groß für mich.

Darüber wache ich auf.

Meine Sinne sagen mir, dass die Sonne gerade aufgeht, ich gähne herzhaft, das sauberlecken der Augen wird zum gewohnten Morgenritual. Ich horche, nur leise Geräusche von der Eingangshöhle her, selbst für mich kaum wahrnehmbar.

Ich kann mich nur selten an meine Träume erinnern, das war schon als Mensch so und jetzt als Drache ist es der erste, an den ich mich erinnere. Wer weiß, was für einen Quatsch ich hier schon geträumt habe. Das erste kann ich ja noch unterbringen, aber mein verzweifelter Versuch mit einer Drachin Sex zu haben? Bin ich so verzweifelt auf Sex aus und habe gleichzeitig Angst zu versagen?

Ach quatsch, nicht zuviel in die Träume hineininterpretieren, ich rappel mich auf und recke mich erstmal richtig. Und dann dem Verlangen nach Kaffee nachkommen. Vor der Küche transformiere ich mich und mache mir meinen Betriebsstoff - Wasser aufsetzen, Kaffee rösten und mörsern und dann den Duft genießen. Mit der Kanne und zwei Bechern gehe ich in den Wohnraum, öffne die Fenster und schlürfe meinen Kaffee beim Blick hinüber nach Bhutan. Heute Morgen ist das Wetter einigermaßen klar hier.

Einige Minuten später höre ich die leisen Tapser von Tascha.

„Mmh, riecht gut. Darf ich?"

„Nur zu, ich habe reichlich gemacht." nicke ich.

„Danke Großer. - Du hast meinen Flugarm besser getroffen, als ich dachte. Deine Pfeile sind gefährlich für uns Drakarin. Beim Fliegen schmerzt es noch so sehr, dass ich nicht so weit kommen werde. Es wird wohl noch zwei Tage dauern, bis ich wieder einigermaßen fliegen kann. Auch meine Schulter ist noch nicht wieder bereit. Dabei wollte ich eigentlich heute Jaya abholen." -

„Die Pfeile hat Valarinn herstellen lassen. Hoffentlich kennen die Menschen nicht die Herstellung von solchen feinen Spitzen in der nötigen Härte." -

Tascha nimmt einen Schluck Kaffee und schüttelt den Kopf.

„So etwas habe ich bei den Menschen noch nicht gesehen. Sie haben zwar etwas, dass sie Drachenpfeile nennen, aber die sind keine Gefahr für uns. - Auch Deine Pfeile müssen auf die richtigen Stellen abgeschossen werden, damit sie durchdringen. Aber Du hast leider sehr gut getroffen. - Bei Dir ist es dagegen fast nicht möglich, durchzudringen, Deine Schuppen sind kräftiger und unregelmäßiger angeordnet, zudem überlappen sie sich, soweit ich weiß - da kommt so ein Pfeil kaum dazwischen. Und als Ferals sind die für uns beide ohnehin nicht gefährlich. So weit sind die Menschen zum Glück noch nicht - nur die Schuppen der Draccier sind schwächer, ihnen können die Menschen gefährlich werden." -

„Gut, dann müssen wir uns da also wohl nicht so schnell drum kümmern. - Aber zu Jaya... das ist doch die Dracci?" -

„Ja, richtig. Sie erwartet mich heute oder morgen, aber das kann ich noch nicht, da in einem Stück hin und wieder zurück zu fliegen. Zumal ich befürchte, dass ich als Feral sogar noch stärker behindert sein werde."

„Wie weit ist es zu dem Ort?" - Tascha sieht mich fragend an.

„Etwa anderthalb Flugstunden - Moment."

Sie zieht eine Karte aus dem Stapel der Unterlagen, auf der recht maßstabsgerecht die Umgebung um meine Wohnstätte hier verzeichnet ist. Sie zeigt auf einen Ort südöstlich den Tista herunter, schon in der Nähe des Brahmaputra. -

„Hmm, etwa eine halbe Stunde." überlege ich. „Ich könnte mich da ja mal blicken lassen." -

„Aber... Herr! Du willst mich tragen? Und dann auch noch Jaya wieder zurück? - Ich meine..." -

Ich grinse breit.

„Wieso - wird euch schlecht beim Fliegen?" Sie schüttelt verwirrt den Kopf.

„Also, was spricht dagegen? Ich habe kein Problem damit, eine Drakari und eine Dracci zu tragen - und ehe ich hier ein paar Stunden vor mich hin sinniere und auf dumme Gedanken komme, da kann ich doch lieber was von meinen Ländereien sehen. Also noch einen Becher Kaffee und dann los!"

Ich setze mich auch an den Tisch und wir trinken in Ruhe, aber schweigend unseren Kaffee. Tascha betrachtet mich dabei und überlegt wohl, warum ich das machen will. Vermutlich passt es überhaupt nicht in das, was sie von den Großen weiß - und wohl auch nicht wirklich in das, was sie von den Menschen bisher erlebt hat. Die verachten und fürchten die Draccier und vor ihr als Drache haben sie soviel Angst, dass sie sofort gebeten wird zu gehen, wenn bekannt wird, dass sie keine Dracci ist. Soviel habe ich schon mitbekommen.

Nach unserem Kaffee wirkt sie so unentschlossen, dass ich sie hochziehe und wortlos aus der Tür schiebe. Tascha trägt die leichte Lederkleidung aus meinem Lager, ich dagegen habe heute nichts angezogen. Im großen Bereich transformiere ich zum Feral und hocke mich hin. Tascha steht vor mir und starrt zu mir hoch.

„So, was nun - aufsteigen, oder nicht?" Tascha hat auf mein Hinhocken nicht reagiert, beeilt sich jetzt aber auf meinen Handrücken zu steigen. Ich hebe sie zu meiner Schulter hoch, damit sie auf meinen Rücken klettern kann. Sie geht vorsichtig einige Schritte zu meiner Rückenfinne, ihre weichen Füße fühlen sich dabei sehr angenehm auf meinen Schuppen an. Dann bleibt sie stehen, ich drehe meinen Kopf und sehe sie an.

„Äh, ich bin noch nie auf dem Rücken mitgeflogen..." -

„Entschuldige Tascha, ich habe da nicht dran gedacht. Lege Dich zwischen meine Schwingen, neben den Schultergelenken kannst Du Dich an meinen Schuppen festkrallen, die Stelle ist dafür vorgesehen, wir männlichen Drachen tragen ja meistens die Nestlinge beim Fliegen. Wenn Du Dich langmachst, liegst Du da günstig im Wind und kannst Dich einfach halten."

Sie legt sich auf meinen Rücken und rückt sich in die richtige Position, es fühlt sich doch ganz anders an, als bei Sálleiðtogi, Tascha ist etwas größer, dann ihre Kleidung, aber auch die Form einer Anthro sind doch anders als bei einem Feral-Nestling.

Ich mache mich auf den Weg nach oben, als Feral habe ich die Stecke schnell zurückgelegt.

Draußen schaue ich Tascha noch einmal kurz an, sie ist bereit und ich breite meine Schwingen aus. -

„Sind die groß..." kommt von ihr.

Grinsend nehme ich den Wind unter meine Schwingen und lasse mich 30 Meter hochtragen, ehe ich Kurs auf unser Ziel nehme. Auf dem Weg dorthin, kann ich die ganze Zeit gleiten, der Ort liegt nur wenige Meter über dem Meeresspiegel. Zwar bin ich so nicht ganz so schnell, aber ich habe heute ja nichts weiter vor. Vielleicht gehe ich gegen Abend ein wenig auf die Jagd, kommt mir gerade so in den Sinn.

„Großer, ich bin gerade echt neidisch..." -

„Warum? So groß zu sein, hat auch nicht nur Vorteile - beim Versteck spielen immer verlieren, weil Du alle Bäume überragst ist auch nicht witzig." - sie kichert.

„Das sehe ich ein... die Größe meine ich auch gar nicht. Aber das sanfte Fliegen, ohne einen einzigen Schwingenschlag - das wäre schon toll. Das war mir bei unserem Zusammentreffen schon aufgefallen, obwohl Du da ja noch ein paar Schläge eingefügt hast. Ich weiß wirklich nicht, warum ich darüber dann nicht weiter nachgedacht habe." -

„Als Anthro ist meine Tragflächenlast etwas weniger günstig und die Ausrüstung hat mich etwas behindert. Dafür war vorgestern dann zuwenig Thermik. Auf dem Rückweg heute werde ich aber auch mehr machen müssen, zwar wäre da unten sicher genug Thermik, aber hier nach oben reicht das jetzt in dieser Jahreszeit sicher nicht. Außerdem fliege ich aktiv auch schneller." -

Sie legt den Kopf auf meinen Nacken.

„Meinst Du, wenn ich weiß was Tragflächenlast und Thermik ist, dass ich das dann auch kann?" -

Lachend antworte ich.

„Schon möglich. Wir sehen uns mal an, wie es mit Deiner Schwingengröße im Verhältnis mit Deiner Größe und Gewicht aussieht. Aber ich glaube schon, dass Du wenigstens zwischendurch immer mal ein gutes Stück gleiten kannst. Versuch doch schon mal zu fühlen, was ich so mache, wie ich auf den Wind reagiere - das Gefühl dafür fehlt anscheinend den meisten Drachen, so gibt es hier wohl nur ein paar Meeresflieger, wie Lord Kyrin, die das können. - Nebenbei, welche Fähigkeiten, außer dem Erkennen meiner Seele, hast Du eigentlich?" -

Tascha lässt ihren Kopf auf meinem Nacken liegen und seufzt.

„Nichts, leider. Ich kann nichts beeinflussen oder nutzen - nicht mal ein bisschen Feueratem kann ich. Nur dieses nutzlose Lesen der Seelen." -

„Wirklich nutzlos, Tascha? Was, außer dem Alter, kannst Du in den Seelen erkennen?" -

Sie seufzt wieder.

„Nicht viel, ich weiß ob Gut oder Böse, mein Freund oder Feind, ob sicher in sich ruhend, oder an sich zweifelnd, Mutig oder Feige, Draufgängerisch oder Vorsichtig - so etwas eben. Dass ich an der Seele erkenne, zu welchem Volk sie gehört und wie alt sie ist, kommt noch dazu. - Was soll ich damit anfangen?" -

„Jeder Krieger, der sich auf seine Kameraden verlassen muss, wäre froh, sie schon vorher so genau einschätzen zu können, wie es Dir möglich ist. Du siehst in einem, der wie ein kleiner verängstigter Krämer aussieht, dass er im Notfall neben Dir seinen Mann steht - oder in dem großspurigen Angeber, dass er schon beim Anblick des Gegners den Schwanz einklemmt und wegläuft - oder eben seine Angst überwindet, doch mitmacht und zu Dir steht.

Du bist Kriegerin, ob freiwillig oder notgedrungen, aber Du bist es. Und nun hast Du in meinem Namen die Leitung über viele Drakarin und sicher auch bald über Draccier und Menschen, die mir dienen um diese Länder in einem friedlichen Zusammenleben zu fördern. Da wird Dir diese Gabe sehr helfen können - wozu es gut ist, dass Du das Alter einer Seele erkennen kannst, weiß ich auch nicht. Vielleicht hat Erce Dir diese Gabe nur wegen mir mitgegeben, oder es gibt noch andere Seelenwanderer, wer weiß schon wirklich, was Erce plant." -

Tascha löst eine Hand und greift mit ihr so weit sie kann um meinen Hals und streichelt mich zärtlich.

„Du meinst, alles ist von Erce so geplant worden und ich gehöre seit meinem Schlüpfen Dir?" - vorsichtig greife ich an meinen Hals und berühre ihre Hand leicht mit einem Finger.

„Mir gehören? Nein. Aber dass sich unsere Wege gekreuzt haben und wir ein Stück gemeinsam gehen - das halte ich mittlerweile für wahrscheinlich, dass es so vorherbestimmt ist. Was wir daraus machen, ist aber uns überlassen. Und ich halte Dein Leben auch nicht für absolut vorbestimmt. Gut möglich, dass ich vorgestern schon in Tyngar, oder seinem Sohn Tillyn einen potentiellen Begleiter auf meinem Weg getroffen hatte - oder morgen jemanden treffe, der Deine Stelle einnehmen würde, wenn wir uns verpasst hätten. Und Du hättest dann Dein Leben so weitergeführt, ohne mich näher kennenzulernen. Auch wenn Erce viel vorherbestimmt hat, ein wenig Einfluss haben wir doch noch auf unser Schicksal." -

„Wenn ich mich jetzt entscheide, Dir nicht zu dienen und fortzugehen?" -

Ich streiche leicht mit dem Finger über ihre Hand.

„Dann entlasse ich Dich aus deinem Treueschwur, Du kannst Deine Ausrüstung vervollständigen und Deiner Wege gehen sobald Dein Flugarm ausgeheilt ist.

Und vielleicht - wenn Du magst - paaren wir uns vorher noch einmal, ohne dass Du Dir Sorgen darum machen musst. Das ist aber nur etwas, was ich mir dann noch wünschen würde, das Du aber nicht erfüllen musst" -

„Ihr Männer denkt aber auch immer nur an das Eine..."

Es klingt aber irgendwie liebevoll, so wie sie es sagt.

„Nein, Eldingar - ob Vorherbestimmt oder Zufall, ich bleibe in Deinem Dienst. Einen besseren Herrn werde ich nicht finden können und ich bin neugierig, was hinter dem Plan steckt." -

Ich drehe den Kopf soweit, dass ich sie mit einem Auge ansehen kann.

„Weibliche Neugier siegt über den Wunsch nach gutem Sold." scherze ich. -

„Sold war nie wirklich wichtig für mich, sonst hätte ich mehr als die paar Münzen in meiner Tasche, das meiste habe ich denen gegeben, die es nötiger brauchten. Und als Drachin kann ich mich auch so versorgen, ich brauchte höchstens mal eine neue Waffe oder Kleidung. Das einzige Problem ist eine Unterkunft.

Bei Dir habe ich aber das erste Mal das Gefühl, wirklich anerkannt zu werden. Nicht als Drache gefürchtet, oder als Dracci verachtet, sondern als Kamerad anerkannt - auch wenn ich Deinen Befehlen gehorche. - Und dazu noch als Drachin begehrt zu werden..." sie seufzt. -

„Ich hoffe, dass ich dem gerecht werde und Dich nie enttäusche - auch wenn es nicht absichtlich ist."

Ich sehe wieder nach vorne.

„Wir müssten gleich am Ziel sein, wenn ich mich nicht irre." -

Tascha hebt ihren Kopf und hält sich wieder mit beiden Händen fest.

„Ja, richtig, das dort ist die Stadt. Leider ist in der Stadt nicht viel Platz, das wäre sonst eine Schau, wenn Du da auf dem Marktplatz landen würdest." Sie kichert leise.

Gut, etwas Show kann ich auch vor dem Stadttor machen, wenn sie es möchte. Mit einem steilen Sinkflug nehme ich Fahrt auf, jage relativ knapp über den Köpfen der Menschen die Straße entlang und stelle kurz vor dem Stadttor etwas an um erst 90° rechts, dann 180° links zu drehen, so die Geschwindigkeit abbaue und am Ende knapp neben der Straße kurz vor dem Tor mit einem Schlag meiner Schwingen sanft aufzusetzen.

Der Jauchzer und der Trommelwirbel auf meine Schultern von Tascha sagt mir, dass sie begeistert ist. Dann stutzt sie.

„Siehst Du da drüben die Gruppe Draccier, die gerade in die Stadt wollen Großer?..."

Ich nicke leicht.

„...Das sind die Banditen, die ich gejagt habe, als wir uns getroffen haben."

Es sind 8 Draccier von unterschiedlichem Aussehen und tatsächlich ist einer darunter, der eine ähnliche Kleidung trägt und den man auf einiger Entfernung mit mir durchaus verwechseln könnte. Wie alle anderen auf der Straße starren sie mich unentschlossen und ängstlich an. Ich stehe ohnehin schon in angemessen stolzer Haltung da, nun drehe ich meinen Kopf leicht in die Richtung der Bande und lege die volle Arroganz eines Elementals in meine Stimme.

„Ihr acht Mischlinge da. Bewegt euch nicht, dann werdet ihr unverdient weiterleben."

Natürlich erwarte ich nicht, dass sie gehorchen und bereite mich vor. Nur anders als erwartet, rotten sie sich zu einer Kampfgruppe zusammen und bereiten sich auf einen Angriff vor. Sie haben Schilde, die sie als geschlossene Reihe vor sich halten, ihre Schwerter liegen stoßbereit auf den Schilden. Ohne sie aus den Augen zu lassen, frage ich Tascha leise.

„Wie dumm sind die denn?" -

„Keine Ahnung - ich hätte meine Gruppe sofort auseinanderlaufen lassen in der Hoffnung zu denen zu gehören, die entkommen können, wenn mich ein Großer so bedroht." antwortet sie ebenso leise.

Mittlerweile haben sich die ursprünglich in der Nähe der Bande stehenden Passanten in Sicherheit gebracht. Die Bande beginnt sich langsam rückwärts zu bewegen, immer noch geschlossen auf einen Angriff wartend - haben die irgendeinen Trick gegen den Feueratem eines Drachen? Oder vertrauen sie auf ihre Schilde?

Tja, Pech gehabt, ich habe kein Feuer. Ich richte meine rechte Hand auf sie und filmreif mit einem kurzen Wabern der Blitze um die Hand jage ich die Entladungen in die Gruppe, ohne die in der Nähe stehenden zu gefährden - noch ein Vorteil eines Blitzdrachen, dass ich meine Entladungen sehr genau steuern kann. In einer elektrischen Gloriole sacken die acht Banditen zusammen, trotz leicht rauchender Kleidung leben alle noch, sind aber Bewusstlos.

„Ich sagte doch: nicht Bewegen..." kommentiere ich trocken - mehr für die Zuschauer, die Banditen hören momentan ja nichts mehr.

Rundherum ist es sehr still, keiner wagt es sich zu rühren - nur eine Gruppe der Stadtwache kommt näher. Ich hebe meine Rechte zu meinem Nacken und lasse Tascha aufsteigen, sie steht auf dem Zeigefinger und hält sich an meinem abgespreizten Daumen fest. Mit einer fließenden Bewegung, der sie gut folgen kann, setze ich sie auf dem Boden direkt vor mir ab, wo sie stehen bleibt.

Inzwischen steht auch die Stadtwache auf der Straße vor mir, 10 Mann, auch alles Draccier - wohl die einzigen hier, die jetzt genug Mut haben, einem großen Drachen entgegenzutreten. Der Anführer, ein großer, graugrüner Anthro ohne Schwingen, wirft einen kurzen Blick auf die bewusstlosen Banditen, wendet sich dann mir zu, senkt sein linkes Knie auf den Boden und neigt leicht seinen Kopf.

„Mein Lord, darf ich Euch fragen, ob Ihr der Lordpaladin Eldingar seid?" -

„Der bin ich." antworte ich, jetzt wieder ohne Arroganz in der Stimme. -

„Ich danke Euch, Lord Eldingar. Ich heiße Tarun und bin zweiter Hauptmann der Stadtwache. Womit haben diese acht Euren Zorn erregt, mein Lord?" -

„Meine Majordomus wird das erklären." - genaues weiß ich ja auch nicht.

Tascha tritt vor.

„Hallo Tarun." -

Er sieht sie erstaunt an.

„Tascha! Du bist jetzt im Dienst des Lordpaladin?" -

„Ja, Seine Lordschaft war so freundlich, mich in seinen Dienst zu nehmen." antwortet Sie mit einer leichten Verneigung in meine Richtung. -

„Meinen Glückwunsch, Tascha. - Lord Eldingar, ich freue mich, diese sehr fähige, junge Kriegerin in Euren Diensten zu sehen. - Aber dann weiß ich auch, was es mit den acht auf sich hat."

Er dreht sich zu seinen Leuten um.

„Werft diese acht Banditen, die den Namen der Draccier in den Schmutz ziehen, in den Kerker. Der Richter wartet bereits auf sie."

Er wendet sich wieder mir zu und kniet jetzt ganz. Mit einer tiefen Verneigung sagt er.

„Mein Lordpaladin, ich bin Euch im Namen der Draccier sehr dankbar, dass Ihr diese Verbrecher für uns dingfest gemacht habt." -

„Warum sollte ich nicht helfen - vor allem wenn Tascha mich darum bittet."

Bei der Nennung ihres Namens sieht er sie überrascht an. Es verwirrt ihn wohl etwas, wie ich mit ihr umgehe.

„Doch genug der Förmlichkeiten. Tascha hat Geschäfte zu erledigen und die Wache hat die Banditen verladen." -

Er steht auf.

„Ihr habt Recht mein Lord. Ihr gestattet, dass wir uns zurückziehen."

Ich nicke. Seine Leute haben inzwischen einen leeren Wagen in Beschlag genommen und die Bande darauf verladen - besonders sanft sind sie dabei nicht vorgegangen. Die gesamte Wache verneigt sich vor mir und bis auf zwei, die anfangen den Verkehr wieder zum Laufen zu bringen, marschieren sie mit dem Karren zurück in die Stadt.

Tascha verneigt sich auch leicht.

„Ich bin so schnell wie möglich wieder zurück, Herr."

Sie macht sich auch auf den Weg in die Stadt. Tarun wartet ein Stück weiter auf sie und geht mit ihr gemeinsam, vermutlich hofft er auf weitere Informationen.

Eine leichte, grasbewachsene Bodenerhebung neben mir nutze ich, um mich in Position zu setzen. Die mir ohnehin schon eigene stolze Haltung verstärke ich durch entsprechendes Positionieren meiner gefalteten Schwingen noch ein wenig, den Schwanz lege ich um meine Beine. Interessiert schaue mir den ganzen Trubel hier am Tor und ein Stück in die Stadt an. Die Menschen sind sich nicht so sicher, wie sie mit mir umgehen sollen - immerhin habe ich sie sicher ziemlich erschreckt, als ich vorhin so dicht über ihre Köpfe entlang geflogen bin. Und dann natürlich die Aktion mit den Banditen, so ein Gewitter von mir muss für die Leute hier doch recht unheimlich sein.

Die beiden Wachen bemühen sich redlich, unbeeindruckt zu wirken und den Verkehr wieder in Gang zu bringen, es scheint mir unüblich viel los zu sein, die Straße ist doch sehr belebt für die Breite.

„Wache, eine Frage." spreche ich die beiden an.

Sie wirbeln herum, der jüngere der beiden, ein eher menschlich aussehender Dracca, der nur teilweise grünliche Schuppenplatten an den Schultern, der Brust und entlang der Arme zeigt, kommt einige Schritte auf mich zu gelaufen und sinkt auf sein rechtes Knie.

„Eure Lordschaft?" -

„Verzeih, dass ich euch störe. Ich sehe, dass viel Verkehr herrscht, ist dies immer so?" -

„Nein Eure Lordschaft, nicht so viel wie heute. Heute ist ein großer Markt in unserer Stadt, daher kommen viele Händler und Besucher." -

Also habe ich mich nicht getäuscht.

„Ich verstehe. Danke für Deine Auskunft." -

„Eure Lordschaft."

Er verneigt sich kurz und militärisch, und kehrt auf seinen Platz zurück. Der Blick, den die beiden wechseln, zeugt ein wenig von seinem Stolz, mit mir zu sprechen.

So langsam kommt der Verkehr wieder ins Rollen. Das Verhalten der Menschen reicht von bemühtem Ignorieren meiner Anwesenheit bis zum Anstarren. Die meisten betrachten mich aber interessiert und viele grüßen mich mit einer Verneigung, die ich mit leichtem Kopfnicken erwidere - was viele stolz macht, dass ich sie beachtet habe. - Das kenne ich dann doch etwas anders, Eldflóð verbreitet zwar etwas mehr Furcht durch sein Aussehen, aber insgesamt gehen die Menschen dort doch vertrauter mit seiner Anwesenheit um. Valarinn hat hier wohl ganz anders agiert in der Vergangenheit. Nun, sie werden sich sicher bald an mich gewöhnen.

Zu den Besuchern kommen jetzt noch Einwohner der Stadt, die sich am Tor versammeln um mich zu betrachten. Vermutlich bin ich in vielen Bereichen der Stadt zu sehen, immerhin überrage ich die Stadtmauer um mehr als das doppelte. - Langsam wird mir die Aufmerksamkeit, die ich errege etwas peinlich. So etwas bin ich nicht gewohnt und ich denke nicht, dass ich in den letzten paar tausend Jahren als Mensch ähnliches erlebt habe.

Nach etwa einer halben Stunde entsteht zusätzliche Bewegung am Stadttor. Eine Gruppe gutgekleideter Menschen in Begleitung von Tarun und einiger Wachen kommen auf mich zu. Die 50 m vom Tor zu mir sind schnell zurückgelegt und die sieben, sowie die Wachen, bleiben vor mir stehen. Ein gutgenährter Mensch in guter Kleidung tritt in Begleitung von Tarun zwei Schritte vor und beide sinken auf ihr Knie. Tarun ein wenig hinter dem offensichtlichen Anführer.

„Isha Rajesh Sunil - ich bin Rahul, Verwalter der Stadt Lalmonir. Ich grüße Euch im Namen aller Bewohner der Stadt und des Landes."

Hmm, diese Anrede ist ungewohnt. Tief in mir weiß ich aber was es heißen soll. - Lord, Beherrscher der Könige und 'sehr dunkelblau', das lässt mich doch leicht schmunzeln.

Ich neige zur Antwort den Kopf, sage aber nichts.

„Isha Rajesh, wir danken Euch für die Ergreifung der Räuberbande, die bereits seit langer Zeit unsere Länder heimgesucht hat - und die heute sicher den großen Markt für weitere Verbrechen nutzen wollte." -

Ich bemerke, dass jetzt auch Tascha wieder zurückkommt in Begleitung zweier Draccier.

„Stadtverwalter Rahul, der Dank dafür gebührt meiner Verwalterin, der Drakari Natascha, die dort soeben kommt. Sie hat die Bande seit langem verfolgt. Ich war nur zufällig am rechten Ort und konnte ihr ein wenig helfen." - Er sieht unsicher zu Tascha und wieder zu mir hoch.

„Aber, Isha Rajesh - ihr..." -

„Sie hatte es sich zum Ziel gesetzt, die Bande zu bekämpfen und hat diese schon seit längerem verfolgt. Mir waren diese noch nicht bekannt - ich bin erst vor vier Tagen in meinem Reich eingetroffen. Also steht ihr der Dank zu."

Tarun verneigt sich mit einem verstehenden und dankbaren Lächeln vor mir - er weiß offenbar von Taschas Suche und freut sich darüber, dass ich mir den Erfolg nicht aneignen möchte. Leise redet er mit dem Stadtverwalter, der anschließend - immer noch unsicher - sich Tascha zuwendet.

„Drakari Natascha, wie Isha Rajesh Sunil sagte, hast Du die Bande der acht Banditen bereits seit längerem verfolgt und nun ihre Festsetzung veranlasst. Wir, die Verantwortlichen der Stadt und des Landes Lalmonir sind für die Ergreifung der Bande, die sehr brutale Überfälle verübt hatte, sehr dankbar. Dir steht daher die Belohnung für die Ergreifung der Bande zu."

Bei den letzten Worten sieht er sich wieder unsicher zu mir um, da ich aber nur leicht nicke, bedeutet er einem seiner Begleiter, einen Geldbeutel mit einigen - dem Klang nach - Goldmünzen an Tascha zu übergeben.

Sie sieht mich an.

„Aber Herr, Ihr..." -

Mein kurzes Schnauben lässt sie verstummen. Sie verneigt sich leicht vor mir und murmelt

„Ja, Herr."

Dann nimmt sie den Beutel entgegen.

„Mein Herr, Lord Eldingar, ist so freundlich, meinen Anteil an der Ergreifung der Banditen als höher zu erachten, daher nehme ich den Dank und die Belohnung auch in seinem Namen an."

Mein kurzes Kopfschütteln und das verdrehen der Augen bekommt nur Tarun mit. Anscheinend begreift er, was ich damit meine. Während der Stadtverwalter als typischer Politiker noch redet und Tascha verlegen daneben steht, sagt er leise zu mir.

„Eure Lordschaft, verzeiht Tascha bitte. Ihr scheint weniger Wert auf die sonst üblichen Etikette gegenüber einem Großen Drachen zu legen und ich freue mich für Tascha, dass sie in Euch offenbar einen Herrn gefunden hat, der ihre Leistung auch öffentlich anzuerkennen bereit ist. Weiter möchte ich Euch danken, dass Ihr bereit seid, eine Dracci in Euren Dienst zu nehmen. Jaya hatte hier leider keinen guten Herrn gefunden - was für diese Stadt nicht typisch ist, da wir Draccier insgesamt hier recht gut behandelt werden. Und Shankar, ihr Partner - leider kann ich ihn nicht in die Wache aufnehmen, was ich gerne machen würde, er ist ein guter, ehrlicher Krieger, aber wir sind bereits überbesetzt." -

Ich deute eine Verneigung an.

„Ich freue mich, dass es Orte gibt, in denen auch Draccier nicht nur verachtet werden. Ich überlege da insgesamt etwas zu tun, aber das braucht noch ein wenig Überlegung - vielleicht können wir darüber irgendwann später einmal reden, Tarun. Aber noch eine Frage, was geschieht mit der Bande?" -

Die Frage, was ich wohl meine mit dem was ich tun möchte, schluckt er runter.

„Die Banditen werden vor einen Richter gestellt. Da sie hauptsächlich Menschen überfallen und teilweise sogar getötet haben, sind die Beisitzer je zur Hälfte Menschen und Draccier. Aber auch von uns haben sie keine Gnade zu erwarten, wenn ihre Schuld erwiesen ist. Wir Draccier sind Krieger - auch Handwerker, wie Schmiede - aber keine Räuber und Mörder."

Hier gibt es also ein vergleichbares Recht für alle, das ist schon mal ein guter Anfang - weiter im Süden werden die Draccier stärker diskriminiert, das habe ich aus den Informationen schon herausgelesen - und vermutlich würden die Menschen da in einigen Gegenden auch uns Große Drachen am liebsten vertreiben. Da werde ich wohl noch ein wenig zu tun haben - aber übertreiben sollten die es da besser nicht. Meine Bereitschaft, den Menschen notfalls gehörig auf die Finger zu klopfen ist in den letzten Tagen deutlich angestiegen - obwohl ich keinen konkreten Grund dazu habe. Verliere ich etwa schon meine lange angelernte menschliche Seite? - Den Menschen hier gegenüber habe ich keine Abneigung, vielleicht ist meine Stimmung momentan nur etwas mehr dracoid.

Gerade sind die Stadtvertreter fertig geworden und verabschieden sich von mir. Gefolgt von Tarun und vielen Zuschauern gehen sie wieder in die Stadt, nachdem ich ihnen mitgeteilt habe, dass ich in Kürze wieder abfliegen werde.

„Tascha, entschuldige - ich habe nicht damit gerechnet, dass er daraus eine Wahlveranstaltung für sich macht." - Sie grinst.

„Schon gut, Herr. Trotzdem muss ich Dir danken, es hat meiner Seele gut getan. - Aber ich darf Dir Jaya und ihren Partner Shankar vorstellen."

Die beiden werfen sich vor mir auf den Boden. Jaya ist eine schwingenlose Anthro mit offenbar komplettem Schuppenkleid und sehr menschlichen Körperproportionen, allerdings hat sie auch den Zehengang der Drachen. Sie ist grünlich braun in der Farbe und hat eine fast so prächtige Löwenmähne wie Tascha, nur sind ihre Haare braun, auch mit einem leichten Grünstich. Shankar ist ein Vollanthro mit Schwingen, seine Haare sind kurz geschnitten und dunkelbraun, seine Schuppen haben einen Blauschimmer über dem Braun mit einer etwas dunkleren tigerung am Körper, Armen und Beinen. Beide haben einen kurzen Schwanz, der knapp bis zum Boden reicht. Ich hatte kurz gesehen, dass ihre Bauchschuppen nur etwas heller als der Rest ihres Körpers sind. Bei Beiden sind die Gesichter aber sehr viel flacher, als Taschas oder auch das von Tarun. Bei Jaya ist die Schnauze nur leicht angedeutet, bei Shankar ist sie etwas stärker ausgeprägt, aber verglichen mit uns Drachen bei beiden fast nicht vorhanden. Auch haben sie ein eher menschliches Gebiss in dem aber die ausgeprägten Fangzähne auffallen.

„Erhebt Euch. - Nun Shankar, ich vermute, Du würdest Deine Partnerin nur ungerne so weit weg gehen lassen." spreche ich das offensichtliche Problem an. -

„Verzeiht Isha Rajesh Sunil. Ja, das ist der Grund, warum Jaya es sehr bedauert Euren Dienst nicht annehmen zu können. Wir sind Euch sehr dankbar, aber uns beiden würde die Trennung sehr schwer fallen. Wir sind auch nur gekommen, weil Eure Verwalterin uns dazu überredet hat." antwortet er. -

„Tascha - was hast Du im Sinn?" - Sie grinst noch breiter.

„Ich habe mir überlegt, wenn Ranjid uns verlässt - und ich mit der Verwaltung der Organisationen befasst bin - könnten wir doch noch jemanden brauchen, der rundherum ein wenig aufpasst und jagt und so... - Shankar ist noch nicht lange in der Stadt und hat hier noch keine feste Stellung gefunden."

Der Dackelblick funktioniert auch mit bernsteinfarbenen Augen sehr gut, wie ich feststelle. Jaya und Shankar sehen sie überrascht an, offenbar hat sie ihnen nichts von ihrem Plan erzählt. -

„Ich sehe, Du hast Schwingen, Shankar." -

„Ja Isha Rajesh, ich fliege nicht so gut und schnell, wie ein Drache, aber ich kann einiges tragen und könnte die Strecke zu Eurer Wohnstätte auch ohne Pause zurücklegen." -

„Bist Du bereit, in meinen Dienst zu treten, meine Wohnstätte bewachen, jagen und weitere Besorgungen zu erledigen? Und Jaya, trittst Du dann ebenfalls in meinen Dienst um den Haushalt zu führen?" -

Die beiden sehen sich nur kurz an und antworten zusammen.

„Ja Isha Rajesh." - Ich sehe Tascha an.

„Tarun hat bereits für Jaya und Shankar gesprochen, dann ist es jetzt Deine Entscheidung und Deine Verantwortung, Tascha, die ich akzeptieren werde."

Die beiden sehen Tascha erstaunt an, dass sie die Entscheidung treffen soll. Tascha hat mein leichtes Nicken bemerkt und weiß, dass ich einverstanden bin.

„Jaya, Shankar - ich freue mich, Euch im Dienst von Lord Eldingar, dem Paladin Erces, begrüßen zu dürfen." sagt sie zu den beiden, die einen richtig glücklichen Eindruck machen, als sie sich wieder vor mir hinwerfen.

„Wir danken Euch Isha Rajesh Sunil, Lord Eldingar." -

„Tascha, Du gewöhnst den beiden das bitte noch ab." Sie nickt grinsend und lässt die beiden aufstehen.

„Holt eure Sachen, aber schnell bitte, lasst unseren Herrn nicht warten." scheucht Tascha die beiden weg.

„Das geht schnell, sie wohnen gleich um die Ecke und viel zu packen haben sie auch nicht. Kannst Du uns alle drei tragen?" Ich nicke.

„Kein Problem. Die beiden wissen, dass sie im Dienst eines Drachen keine Reichtümer erwerben?" -

„Ja. Wobei wir ja jetzt für einige Zeit gut bezahlen können, die Belohnung ist sehr ordentlich ausgefallen." Tascha schüttelt den Geldbeutel. -

„Valarinn hat mir auch noch etwas Silber und Gold hinterlassen. Ein wenig können wir uns also leisten." untertreibe ich schamlos.

Aber selbst Tascha muss nicht unbedingt wissen, was für Werte in der Schatzkammer liegen.

„Du brauchst also Deine Belohnung nicht für mich verbrauchen." -

„Das ist schon in Ordnung, Großer. Ich nehme einen Anteil, der Rest reicht für die beiden leicht für 3 Jahre als Barsold. Für Wohnung, Kleidung und Nahrung brauchen sie ja nicht zu zahlen, wenn ich Dich richtig verstehe." - Ich nicke. -

„Und ich habe schon ein paar Ideen, wie etwas Geld hereinkommt, damit wir die angenehmen Dinge des Lebens von den Menschen erwerben können. Oder die Wohnung und Möbel instandhalten - also das, was über das reine Leben als Drachen hinausgeht." ergänzt sie.

Sie hat schon recht. Bei Fjörgyn, die ja die meiste Zeit im Jahr sehr einfach lebt, habe ich das Dasein als Drachen praktisch pur erlebt. Eine einfache, trockene Höhle, die Nahrung in der Umgebung jagen und ansonsten das Leben in Ruhe genießen. Aber auch sie hat eine Wohnstätte für den Winter, die bequemer ausgestattet ist, wie ich inzwischen weiß. Dann die Wohnstätte von Eldflóð, die für mich fast schon ein Kulturschock war - und hier dann die perfekten Wohnungen von Valarinn, die jetzt mir gehören. Wohnungen, die auch dem Menschen, als der ich lange gelebt habe, allen Komfort bieten - bezogen auf die Entwicklungsstufe dieser Welt. Eigentlich fehlt mir nur das Internet ein wenig.

Aber warum eigentlich nicht? Durch meine Wohnstätte fließt eine Menge Wasser, da müsste man doch irgendwo eine Wasserturbine einbauen können und schon haben wir Strom. Windmühlen wären sicher einfacher, fallen aber zu sehr auf, es soll ja nicht jeder gleich sehen, wo ich wohne. Viel Strom muss es nicht mal sein, ein wenig zusätzliche Beleuchtung mit LEDs, einen Laptop oder so und vielleicht noch etwas Strom, um die Kameraakkus laden zu können. Mehr fällt mir gar nicht ein.

Klar gibt es dann immer noch kein Internet, aber auf dem Computer können ja Offline-Versionen von Wikipedia und ähnlichen Informationssammlungen, Sach- und Fachbücher und so etwas gespeichert sein. Denn auch wenn ich überraschend viel Wissen aus meinem Gedächtnis abrufen kann, werde ich Fachwissen sicher noch gut brauchen können. Und dann noch ein Stapel DVD oder Blueray mit Filmen und Musik und schon ist auch für ablenkende Unterhaltung gesorgt. -

Tut mir leid Eldflóð, Du musst da wohl ein wenig für mich organisieren drüben, solange ich nicht selber in meine alte Welt kann. - Oder die Welt, in der ich so lange gelebt hatte. Aber das muss ja auch nicht sofort passieren.

Tascha hat bemerkt, dass ich in Gedanken war und hat sich ruhig neben mich gestellt. Aber sie beobachtet mich aufmerksam.

„Ich habe nur überlegt, was ich aus der anderen Welt vielleicht gebrauchen könnte. Keine trüben Gedanken." erkläre ich lächelnd -

„Achso. Entschuldige, ich wollte Dich nicht kontrollieren, Herr. - Ah, da kommen die beiden ja schon wieder." -

„Ich bin deswegen nicht böse, im Gegenteil. - Hmm, das Gepäck ist wirklich sehr übersichtlich."

Die beiden kommen auf uns zu gelaufen. Beide haben so etwas wie einen Rucksack, der kaum größer und voller ist, als meiner für die Tagestour war. Sie bleiben in der Nähe stehen, immer noch Unsicher, wie sie sich verhalten sollen.

„Ihr habt alle eure Sachen zusammen und alles erledigt hier?" frage ich sie. -

„Ja, wir haben alles, Isha Rajesh." antwortet Shankar, Tascha ergänzt:

„Jaya hat nur sehr wenig Lohn erhalten, praktisch nur für Essen und einen Schlafplatz gearbeitet und Shankar ist erst seit einigen Tagen hier und hatte noch keine feste Anstellung. So haben sie nur wenig mehr, als die Kleidung, die sie tragen." -

„Sollten wir dann nicht gleich ein wenig Ausstattung für die beiden mitnehmen? Wir sind ja doch ein wenig abgelegen." frage ich sie. Tascha schüttelt den Kopf.

„Nicht notwendig Herr, vielen Dank. In Deinen anderen Vorratslagern ist alles vorhanden, wir können die beiden gut ausstatten, auch mit Kleidung. Und notfalls kann ich, wenn die Verletzung geheilt ist, noch etwas besorgen." -

„Gut, dann können wir ja starten. - Shankar, ich denke, ich fliege ein wenig schneller, daher schlage ich vor, dass ich Dich gemeinsam mit Jaya trage."

Er nickt. Ich hebe Tascha wieder auf meine Schulter und verschränke dann meine Hände, damit sich Jaya und Shankar nebeneinander legen können, mit den Daumen halte ich sie vorsichtig und halte sie zusätzlich gegen meine Brust.

„Gut festhalten, ich springe."

warne ich vor allem Tascha, breite meine Schwingen aus und schnelle mich aus dem Sitzen hoch. Meine kräftigen Schwingenschläge wirbeln den Menschen auf der Straße den Staub entgegen und lässt Planen und Tücher flattern. Schnell habe ich genug Höhe um voll durchziehen zu können, die Schwingenspitzen berühren sich an den Endpunkten dabei fast. Auch wenn ich sonst versuche, kraftsparend zu fliegen, macht es doch richtig Spaß wirklich mit voller Kraft durchzuziehen.

Das Wechselspiel vom schnellen Hochziehen der gefalteten Schwingen und dem Druck der Luft unter den voll aufgespannten Schwingen beim kraftvollen Schlag ist etwas einmaliges und wird nur von dem unendlichen Gefühlt der Freiheit beim Segeln in der Thermik getoppt.

Das 'elektrische' Fliegen mit Hilfe meiner Kraft hat zwar das besondere Gefühl das durch die Spannung entsteht und vermittelt mir einen besonderen Eindruck der Magnetfelder die uns umgeben, ist aber gegen das Fliegen mit den eigenen Schwingen irgendwie technisch. Ich spüre dann zwar auch die Luft über meine Schuppen strömen, brauche aber nicht darauf reagieren. Auf den eigenen Schwingen, besonders beim Segelflug ist das Gefühl für die Luft und ihre Bewegungen wichtig für den sicheren stabilen Flug und gleichzeitig ein wesentlicher Bestandteil des gesamten Eindrucks.

Nicht lange und ich habe etwa 2.000 m Höhe erreicht und gehe in den Marschflug über - jedenfalls nenne ich das für mich so. Bekam ich eben nur beim Abschlag Auftrieb, wodurch die Flugbahn etwas zackig ausfällt, ich langsamer bin aber auch sehr schnell Höhe gewinne, steigere ich jetzt die Geschwindigkeit und habe dadurch auch beim Aufschlag noch Auftrieb. Die Schwingen sind ständig voll ausgestreckt und geben mir Auftrieb, die gleichmäßigen Schläge, die nur noch wenig durchgezogen werden, dienen nur dem Vortrieb, den ich durch entsprechendes Anstellen erreiche. Ein kraftsparendes Mittelding zwischen aktivem Schlagflug und reinem Segelflug, bei dem ich die bei guter Thermik erreichbaren ca. 200 km/h mit jetzt um die 300 km/h deutlich übertreffe.

Schneller geht nur mit wesentlich mehr Kraftaufwand - da bin ich halt 5 Minuten länger unterwegs und spare mir die Kraft. Genauso, wie ich die restlichen 600 Höhenmeter nur langsam steige. Da jetzt der Flug ruhiger ist, spüre ich, wie Tascha sich wieder entspannt - insbesondere mit ihren Füßen hat sie sich fest in meinen Rücken gekrallt, an der Stelle spüre ich das schon sehr deutlich, aber verletzt hat sie mich nicht. Durch ihre Schulterverletzungen konnte sie sich eben nicht anders halten. Ich schaue kurz nach Jaya und Shankar.

„Alles in Ordnung bei Euch?"

Beide nicken, da sie akustisch sprechen und bei ihnen das Organ, mit dem wir Drachen uns verständigen nicht genügend entwickelt ist, oder ganz fehlt, können sie sich bei der Geschwindigkeit nicht anders verständigen. - Tascha hat die Krallen ihrer Füße jetzt wieder gelöst.

„Entschuldige Großer, ich hoffe, ich habe Dir nicht weh getan. Aber Du gehst ganz schön ab, anders konnte ich mich nicht halten." -

„Nein, alles in Ordnung, aber Jaya hätte ich da auch nicht hingesetzt. Die beiden sind auch wohlauf."

Tascha merkt, dass ich gerade meinen Gedanken nachhänge und macht es sich auf meinem Rücken so bequem wie möglich. Sie legt wieder den Kopf auf meinen Nacken und wird wohl auch ihren Gedanken nachgehen.

Ich genieße einfach den Flug und lasse meine Gedanken dabei einfach frei laufen, ganz entspannt - aber immer bewusst, dass ich ja noch zwei Passagiere in meinen Händen halte. Die kräftige Thermik, die ich erwische, kann ich einfach nicht ignorieren, dazu macht das Kurbeln einfach zu viel Spaß. Die noch fehlende Höhe zu meinem Ziel auf 2.600 m habe ich in weniger als fünf Minuten ohne jede Anstrengung gewonnen, das war es mir wert. Anschließend gehe ich wieder auf Kurs, immer entlang des Flusses Tista der erst 20 km vor meiner Wohnstätte die Richtung ändert.

Der Wind, der über meine Schuppen und die Flughaut streicht - na gut, bei 300 Sachen streicht er nicht mehr wirklich, aber doch das Gefühl des Windes, die Sonne, die heute zwischen den Wolken immer wieder durchsticht und die freie Sicht entspannt mich, lässt mich alle Zweifel vergessen.

Das ist so ein Moment, wo ich es einfach nur genieße jetzt ein Drache zu sein. Egal was ich vorher oder früher mal war.

Unter mir steigt das Gelände jetzt an, wir haben die Vorberge erreicht. Die letzte größere Siedlung hier am Fluss passiere ich, dann gibt es nur noch ein paar kleine Ansiedlungen und viel unberührten Bergwald. Mein Ziel schon in Sicht, erkenne ich in der Ferne eine dunkle Gestalt in der Luft, die aus Richtung Westen kommend unseren Kurs kreuzen wird. Eindeutig ein Drache, ist das schon Lady Tyria? Sie wollte doch erst morgen eintreffen.

„Ich denke, wir bekommen Besuch." sage ich zu Tascha. -

„Besuch?" Sie war wohl tief in Gedanken versunken. -

„Ja, ein Drache nähert sich dort nordwestlich mit Kurs auf den Energieknoten - ob das schon Lady Tyria ist?" Tascha hebt den Kopf. -

„Ich glaube nicht, sie müsste von Norden kommen. Es ist aber ein Großer. Du kannst uns hier absetzen, den Rest schaffen wir auch leicht alleine." - ich schüttele den Kopf.

„Nein, ich bringe euch zur Höhle. Der überraschende Besuch wird die Minute warten können." -

„Du lässt einen Großen warten?" -

„Bin ich der Paladin oder nicht?" frage ich zurück. Tascha kichert leise.

Der Rest der Strecke ist schnell zurückgelegt und ich nehme Kurs auf die Höhle. Der Fremde ist noch ein Stück entfernt, will aber offensichtlich zum Energieknoten. Mit einer Runde um den Gipfel baue ich Höhe ab um sanft vor dem Höhleneingang aufzusetzen. Da ich ja die Hände voll habe, muss ich auf den Hinterbeinen landen und mit Unterstützung der Schwingen das Gleichgewicht halten. Aber ich setze Jaya und Shankar sanft auf den Boden. Tascha lässt sich währenddessen auf eigenen Schwingen zu Boden gleiten, ihr Gesichtsausdruck sagt mir aber, dass es noch nicht ganz schmerzfrei ist.

„Ich zeige den beiden alles, bist Du damit einverstanden, dass sie gemeinsam das zweite Apartment bekommen? Das ist ja noch frei, Ranjid hat ein Einzelzimmer genommen."

Ich nicke.

„Du verwaltest alles. Ich bin damit aber einverstanden. Sage Ranjid bitte noch einmal, dass er so lange bleiben kann, wie er mag. Ich möchte nicht, dass er sich rausgeworfen fühlt, auch wenn ich nur seinem Wunsch nachkomme." -

„Ja, natürlich. Und nun schau nach Deinem Besuch, Großer. - Ich kenne ihn nicht."

Mir ist auch schon aufgefallen, dass es ein männlicher Drache ist, der da zu Besuch kommt. Seine Art zu fliegen ist eindeutig, aber ohne Provokation. Zum Glück ist mir das Spektrum der bewussten und insbesondere der instinktiven Verhaltensweisen der Drachen bei Begegnungen bekannt. Denn gerade bei solchen Begegnungen zeigen die uralten Verhaltensrituale die Absichten der Beteiligten schon auf größerem Abstand. Und kein Drache kann eine aggressive Absicht wirklich verbergen.

Es ist immer noch guter Aufwind hier, ich brauche nur die Schwingen ausbreiten und hebe schon ab. Als Revierinhaber darf ich ein wenig Dominanz zeigen und meine Flugkünste unterstützen das - für die Drachen ist meine Fähigkeit, ohne einen Schwingenschlag aufzusteigen oder zu landen immer sehr imponierend.

Der Hangaufwind trägt mich problemlos in die Höhe und hinüber zum Energieknoten, über den ich einige Runden drehe und so meine Herrschaftsansprüche hier zeige. Der Besucher, der mit seinen kantigen, mit Dornen versehenen Schuppen und einem sehr grimmigen Ausdruck trotz der graubraunen Färbung recht bedrohlich auf die Menschen wirken dürfte, zeigt mir mit gesenktem Kopf und den hängenden, nur halb gefalteten Schwingen seine Friedfertigkeit und dass er mich als Revierinhaber anerkennt.

Er steht günstig, ich kann gegen den Wind anfliegen und so auch ohne einen Schwingenschlag vor ihm landen. Er tritt dabei drei Schritte zurück, senkt seinen Kopf noch weiter und dreht ihn leicht nach rechts, zusammen mit den hängenden Schwingen fast schon ein Zeichen der Unterwerfung. Ich verzichte auf die mir zustehende dominante Haltung mit entsprechend erhobenen Schwingen und stelle mich in normaler Haltung mit gefalteten Schwingen vor ihn, was ihm gegenüber in diesem Fall bedeutet, dass ich seine friedliche Haltung erkenne und ihn als gleichgestellt ansehe. Trotzdem behält er seine demütige Haltung überraschend noch bei.

„Garrakk, Euer Nachbar im Nordosten mein Lordpaladin. Verzeiht mein unangekündigtes Eindringen in Euer Heimrevier. Ich bin auf der Durchreise zurück in mein Revier und nutze die Gelegenheit, mich euch vorzustellen." stellt er sich und sein Anliegen knapp vor. -

„Eldingar, Herr dieses Reviers. Ihr seid mir willkommen hier, Lord Garrakk. Ich freue mich, Euch kennenzulernen und danke Euch für die Unterstützung beim Erhalten der Ordnung nach dem Verschwinden von Valarinn." -

Erst jetzt hebt er seinen Kopf und legt seine Schwingen normal an. Trotzdem wirkt er immer noch in seiner Körperhaltung recht vorsichtig und ehrerbietig.

„Ihr seid sehr freundlich in Eurer Haltung mir gegenüber, mein Lordpaladin." -

Ich lege meinen Kopf auf die linke Seite.

„Ich verstehe nicht, Lord Garrakk. Sollte ich nicht?"

Er senkt wieder den Kopf.

„Verzeiht, edler Lord Eldingar, Ihr seid der Lordpaladin Erces, Ihr hättet die Position vom Hohen Lord Eldflóð beanspruchen können und Ihr seid ein Blitz-Elemental - was bin ich unbedeutender Walddrache gegen Euch." -

Energisch schüttele ich den Kopf.

„Lord Garrakk. Ihr seid ein Großer Drache, wie ich auch - nur dass ich erst seit wenigen Tagen zu Eurem Volk gehöre und zuvor ein schwacher, unlogischer Mensch war. Was also stellt mich über Euch? Zudem seid Ihr als Walddrache einer der Erddrachen, Euch ist die Macht gegeben Leben zu erhalten und zu schaffen - wäre ich nicht in der Lage, einem schweren Gewitter die Energie zu nehmen und damit Stürme zu vernichten, wäre meine Kraft nur die der Zerstörung und des Krieges. Welche Kraft ist wohl die edlere, die der Vernichtung oder die der Erhaltung des Lebens? - Nein Lord Garrakk, ich sehe mich nicht als Euch überlegen. Wir gehören einem Volk an und jeder erfüllt seine Aufgabe. Meine Aufgabe ist sicherlich der Kampf, aber nicht die Herrschaft über die Völker der Drachen. Das überlasse ich älteren, erfahreneren Drachen."

Ein leichtes Lächeln spielt um seine Lippen.

„Ich sehe, was man über Euch sagt ist wahr. Ihr denkt tatsächlich mehr wie ein Mensch. Und ihr habt eine höfliche, sympathische Art. - Lord Kyrin habt ihr ja bereits zum Freund gewonnen. Neben Lady Fjörgyn und Lord Eldflóð natürlich." -

„Ich freue mich, neben Fjörgyn, die ich als meine Drachenmutter ansehe und meinem Paten Eldflóð, auch Lord Kyrin als meinen Freund ansehen zu dürfen."

Er legt den Kopf zur Seite.

„Lady Fjörgyn als Eure Mutter? Ihr wart doch ein Mensch und Erce gab Euch den Körper eines Drachen." -

„Richtig, aber Fjörgyn gab mir ihr Blut, ein wichtiger Bestandteil bei der Transformation zum Drachen. Dieses Blut fließt noch immer in meinen Adern. - Genau genommen habe ich zur Hälfte ihr Erbgut, die andere Hälfte ist mein menschliches Erbgut, das von Erce zu dem eines Drachen umgewandelt wurde. - Für mich ist also Fjörgyn, als Drachin, meine Mutter." -

Die Miene von Garrakk hellt sich auf.

„Ich verstehe. Natürlich ist Fjörgyn dann Eure Mutter, auch wenn Ihr nicht aus ihrem Ei geschlüpft seid. Auf welchem Weg Ihr das Erbgut von ihr erhalten habt, ist ja nebensächlich. Hätte Lord Eldflóð Euch sein Blut gegeben, würdet Ihr ihn dann sicher als Euren Vater ansehen." -

„Ja, dennoch ist er auch ohne sein Blut, durch den wichtigen Einfluss seiner Kraft, mehr für mich als nur mein Erweckungspate. Dafür kenne ich aber kein verwandtschaftliches Verhältnis als Bezeichnung.

Doch verzeiht, ich lasse es an elementarster Höflichkeit fehlen und Euch hier stehen. Ich bitte Euch, lasst uns in meiner Wohnstätte weitersprechen, Ihr habt sicher noch einige Fragen an mich, deren Beantwortung ein wenig Zeit in Anspruch nehmen wird." -

„Ihr habt schon Recht, dass mich noch einiges an Euch interessiert, doch muss ich heute noch weiter und ich möchte Euch nicht zur Last fallen, mein Lordpaladin. Ich bin zufrieden, wenn ich hier noch ein paar Worte mit Euch wechseln darf."

Obwohl er über die übliche Höflichkeit hinaus bemüht ist, abzulehnen, spüre ich seine Neugierde.

„Ich bitte Euch Lord Garrakk, leistet mir heute ein wenig Gesellschaft. Auch ich bin daran interessiert andere Große Drachen kennenzulernen. Denn bisher bin ich praktisch nicht mit anderen zusammengetroffen."

Er betrachtet mich nachdenklich, ich erkenne seine Unsicherheit und sein deutlicher Blick zu meiner Schwanzspitze, die wie üblich praktisch starr am Boden liegt, sagt mir auch warum er sich über mich nicht im klaren ist. Er weiß einfach nicht, wie er meine Gemütslage einschätzen soll, ob ich aus reiner Höflichkeit oder aus echtem Interesse meine Einladung ausgesprochen habe.

„Verzeiht Lord Garrakk, ich habe Euren Blick bemerkt. Leider fehlt mir noch die Fähigkeit meine Stimmung mittels der Schwanzspitze zu zeigen. Zwar sind mir die Bewegungen geläufig, aber wenn ich versuche, sie bewusst zu erzeugen wirkt es, als ob ich meine wahren Gefühle verberge und Euch andere vortäusche. Also lasse ich es lieber und verlasse mich auf meine Mimik - auch wenn ich weiß, dass diese sehr schwer zu lesen ist. - Bitte glaubt mir, ich meine es, wie ich es sage."

„Ihr habt Recht, das hat mich sehr verwirrt. Danke für Eure Information, mein Lord, verzeiht, dass ich dachte Ihr würdet Eure Stimmung absichtlich verbergen - ich habe mich schon über Eure Selbstbeherrschung gewundert. Nun, irgendwann werdet Ihr auch Eure Schwanzspitze beherrschen, wie Ihr Eure Schwingen beherrscht. Und nebenbei gibt es wichtigeres." Ein kurzes Lächeln huscht über sein Gesicht. Große Drachen, besonders wir Männchen, zeigen nur wenig Gefühle. Er ist schon recht offen mir gegenüber.

„Nun, Lord Garrakk, wie ist Eure Entscheidung?" -

„Ich muss gestehen, dass meine Neugierde gewinnt. Ich habe keine dringenden Verpflichtungen, es scheint alles ruhig in meinem Revier zu sein - also kann ich Euch ein wenig ausfragen. Verzeiht, mein Lord, solche Neugier ist eigentlich eines Großen Drachen unwürdig - aber einmal von einem Drachen, der die Menschen wirklich kennt, etwas über diese merkwürdigen Wesen erfahren zu können, ist zu verlockend. -

„Ich verstehe Euch, selbst mir scheint manches immer wieder eigenartig an ihnen. - Aber lasst uns drinnen weitersprechen, ich spüre ein Gewitter aufziehen, das schon bald hier sein wird." -

„Gerne, ein Gewitter möchte ich hier nicht unbedingt im Freien erleben."

Lächelnd nicke ich, mir macht das ja nichts aus.

Ich breite meine Schwingen aus, auch hier ist der Aufwind stark genug um direkt abheben zu können. Der Blick von Garrakk ist für mich undefinierbar - ob nur ein neutrales Betrachten, ein wenig Neid oder sogar Bewunderung kann ich nicht feststellen. Aber als Drache unterdrückt er sicher jede Gefühlsregung dazu und beobachtet nur, was ich hier fabriziere. Während ich eine schnelle Schleife drehe und etwas Höhe gewinne, steigt auch Garrakk auf und folgt mir etwas tiefer zur Wohnstätte. Dort landet er, der Höflichkeit entsprechend erst, als ich mit gefalteten Schwingen etwas zur Seite gegangen bin und auf ihn warte. Ich wiederum warte darauf, dass er seine Schwingen zusammengelegt und bequem zurechtgerückt hat, ehe wir beide uns mit angedeuteten Verneigungen gegenseitigen Respekt zeigen, bei ihm mit etwas tieferer Kopfhaltung und einer leichten Drehung des Kopfes zur Seite nochmals mit dem Zeichen, keine aggressiven Absichten zu haben. Diese uralten instinktiven Rituale haben immer noch ihre Bedeutung im Umgang zwischen uns, auch wenn sie durch die verbale Kommunikation meist nur noch bei der Begegnung Verwendung finden.

Garrakk folgt mir in die Höhle, hier oben kann ich zwar Hof halten, aber es gibt keine Möglichkeit, dass wir uns hier bequem unterhalten können. Also führe ich ihn direkt in die große Halle, aber schon oben bemerke ich seine Verwunderung über die Gestaltung der Apsis. Schweigend folgt er mir den Gang hinunter, beim Betreten des Saales bleibt er kurz stehen und sieht sich verwundert um. Vor dem 'Thron'-Podest bleibe ich stehen und warte bis er mich erreicht hat. Er schaut sich die, diese Plattform flankierenden, Drachenstatuen an, die spiegelbildlich einen Drachen zeigen, der in stolzer Haltung eine Felsspitze erklimmt.

„Mir ist klar, dass dieses alles von Valarinn stammt, aber wie seht Ihr diese Gestaltung, Lord Eldingar?" Er wirkt etwas verwirrt.

„Als Mensch gewaltig, erschreckend, zwar beeindruckend aber gleichzeitig auch eine eindeutige Drohung. Die Betonung der Macht der Drachen. - Als Drache weiß ich nicht, was das alles soll. Was soll ich damit anfangen? Wozu diese gewaltige Halle und dieser überflüssige Prunk? So etwas machen Menschen, aber als Drache brauche ich das nicht. Die Ecke oben hätte mehr als ausgereicht um Menschen zu beeindrucken. Dieses hier verängstigt sie nur." -

„Da sind wir einer Meinung, mein Lordpaladin. Das oben ist schon merkwürdig, aber hier... einfach unverständlich. Was hat Valarinn damit gewollt? Hatte er viel Kontakt mit Menschen?" -

„Ich weiß nicht, zuletzt jedenfalls nicht so, dass er eine solche Halle benötigt hätte. - Aber für uns hat diese Halle den Vorteil, dass hier hinten ein Bereich ist, in dem wir uns bequem unterhalten können. Das fehlt oben leider."

Ich führe ihn links am Podest vorbei in den Besprechungsbereich, wo wir es uns auf den Polstern bequem machen. Durch die Gestaltung sind wir hier ein wenig von dem Saal abgeschirmt, der Blick führt direkt hinüber zum Bereich für Anthros. Dadurch wirkt es hier deutlich angenehmer, als wenn man ständig den Saal vor sich hätte. Garrakk schaut sich die Reliefs an und rückt sich dann zurecht.

„Ich muss zugeben, das ist wirklich angenehm, ich verstehe warum Ihr es nutzt, Lord Eldingar." -

„Zum ersten Mal, ich bin ja erst seit wenigen Tagen hier. Doch um Eure, wie Ihr sagtet, Neugierde zu stillen, fragt mich bitte, ich werde antworten so weit ich kann. Das ist zielführender und ich halte Euch nicht mit uninteressanten Dingen auf, Lord Garrakk." -

Er nickt.

„Ja, das ist logisch. Sollte ich Euch etwas fragen, das Euch zu persönlich ist, sagt es bitte - ich wünsche nicht, Euch zu nahe zu treten."

Ich deute eine Verneigung an.

„Nur zu, fragt." -

„Mir ist aufgefallen, dass die äh Menschen immer in Gruppen leben, über die Familie hinaus. Habt Ihr eine Erklärung dafür?" -

„Ursprünglich, als sie noch nicht die heutige Intelligenz erreicht hatten, lebten sie im Sippenverband, waren also mehr oder weniger miteinander verwandt. Das diente dem besseren Schutz und der gegenseitigen Hilfe. Ihre Nestlinge brauchen ja sehr lange um selbständig zu werden. Die Kinder wanderten dann in benachbarte Sippen ab und von denen kamen geschlechtsreife Jünglinge nach. Jetzt bilden die Nackthäuter auch mit Sippenfremden eine Gruppe, da so leichter genetisch Fremde zur Paarung gefunden werden und das Wissen breiter gestreut ist. Trotzdem wechseln geschlechtsreife Jünglinge immer noch die Gruppen." -

„Ihr sprecht von Nackthäutern?" Er sieht mich wirklich erstaunt an.

„Ich bin jetzt auch ein Drache. Manchmal so sehr, dass ich selber die Nackthäuter nur noch schwer verstehe. Heute aber kann ich Euch Eure Fragen beantworten. Und sprecht frei, ich verachte sie nicht, aber meine Sympathien halten sich doch in Grenzen. Meine Loyalität gilt Erce und meinem Volk, den Drachen."

„Ich verstehe. Obwohl, eigentlich verstehe ich es nicht. Ihr kehrt Eurem früheren Volk einfach so den Rücken?" -

„Ich weiß. Ein Drache könnte das nicht so schnell, er denkt einfach anders und ist sich und dem was er ist, sehr verbunden. Es gibt auch solche Menschen, aber viele sind in der Lage sich schnell auf eine neue Situation einzustellen. Nennt es opportunistisch, aber so sind die Nackthäuter eben, immer auf ihren Vorteil bedacht."

In diesem Moment werden wir von Tascha unterbrochen, die Jaya und Shankar die ganze Anlage zeigt und gerade auf dem Weg in meine Wohnung ist. Da ein Großer zu Besuch ist, verhalten sie sich entsprechend vorsichtig. Jaya und Shankar sinken auf ihr Knie und verneigen sich vor uns, Tascha verneigt sich nur, aber ihre Position und da sie ja auch ein Drache ist, erlaubt ihr das.

„Isha Rajesh, ich zeige den beiden Deinen Wohnsitz, damit sie morgen ihren Dienst aufnehmen können. Solltest Du Wünsche haben, stehen wir bereit, Du brauchst nur akustisch zu rufen."

Tascha deutet mit ihrem Blick auf eine Oeffnung in der Wand neben mir, offenbar wird meine Stimme damit innerhalb des Wohnsitzes übertragen. Wohl eine der Informationen von Ranjid.

„Gut. Haben Jaya und Shankar alles, was sie brauchen?" -

„Nein. Ich wollte das erst mit Dir absprechen, Isha Rajesh." -

„Da braucht nichts abgesprochen zu werden. Du sagtest, es ist alles vorhanden, also gib ihnen, was sie brauchen um ihre Räume einzurichten und morgen ihren Dienst meinem Stand gemäß anzutreten. Ich vermute, ihr beiden bevorzugt Kleidung."

Tascha verneigt sich - Jaya nickt auf meine Frage leicht.

„Wie Ihr befehlt, Isha Rajesh. Wir haben einen vollständigen Schuppenpanzer, werden Euer Auge also nicht beleidigen. Dennoch ist Kleidung in unserem Volk üblich." -

„Es steht euch frei, Euren Dienst bei mir wie ein Drache ohne Kleidung oder, wenn es euch lieber ist, mit Kleidung zu leisten. So, wie ihr euch besser fühlt. Es sollte ausreichend Kleidung da sein, wie Tascha mir versicherte. - Und nun los Tascha, sonst steht ihr morgen noch hier."

Die drei verneigen sich, die beiden Draccier stehen auf und folgen Tascha in den Gang zu meiner Wohnung.

„Ihr habt Mischlinge in Eurem Dienst? Vertraut Ihr ihnen? Die Schwarze ist zudem recht dreist." Garrakk ist wieder mal verwundert.

„Natascha, die Schwarze, ist eine Kleine, keine Mischling. Ihre etwas freche Art hinzunehmen hat sie mir abgerungen, als ich sie in den Dienst genommen habe. Aber sie ist eine erfahrene Kriegerin, die mir noch nützlich werden wird, da lasse ich ihr diese kleinen Nebensächlichkeiten. Was die anderen beiden angeht - ja das sind Mischlinge. Aber diese sind sehr stolz auf ihren guten Ruf als verlässliche Söldner, warum also sollte ich mich nicht auf sie verlassen können. Sicher mehr, als auf die Nackthäuter - obwohl ich die auch nicht pauschal verurteilen möchte."

„Ich verstehe. Eine Kleine also - gefällt sie Euch?" So intim das für einen Menschen klingt, für einen Drachen ist das ein normales Thema.

„Ja. Sogar sehr. Jedoch hat eine schwache Sekunde bei mir erwischt und mir das Versprechen abgenommen, sie nicht zu nehmen." -

„Ah, eine Kleine mit Prinzipien. Die meisten sehen nur den Vorteil, mit einem Großen zusammen zu sein. Sie aber denkt an ihren Ruf, wenn sie Euch wieder verlässt kann sie so einen festen Partner finden. - Seht mich nicht so erstaunt an, Lordpaladin. Auch ich bin ein Männchen und nehme mir Kleine. Unsere Weibchen sind ja leider sehr zurückhaltend, da bleiben nicht viele Alternativen. Ihr werdet verstehen was ich meine, wenn Euch der Zwang befällt." -

„Verzeiht - der Zwang?" -

„Das könnt Ihr natürlich nicht wissen, mein Lordpaladin. Aber wir Großen Drachenmännchen geraten in einen zwanghaften Rausch, wenn wir zulange keinen Paarungsakt durchgeführt haben. Es sollen sogar einige in einen Zerstörungsrausch geraten sein, das habe ich aber noch nicht erlebt. Wie es mit unseren Weibchen ist, weiß ich nicht, sie sprechen nicht darüber. Aber macht Euch nicht zu viele Gedanken, es sind schon zwei- oder dreihundert Sommer ehe es kritisch wird. Bei mir setzt es nach etwa einhundertfünfzig Sommern ein, dass ich jeder weiblichen Schuppe nachschaue und dann könnt Ihr noch darauf warten, dass die Tochter einer gerade geschlüpften Kleinen geschlechtsreif wird." -

„Ich werde es ja sehen. Auch ob es genauso für einen der Ersten gilt." -

„Nun muss ich nachfragen, Lord Eldingar. Was meint ihr mit 'einer der Ersten'?" -

„Erce erschuf meinen Körper nach ihrem ursprünglichen Plan. Wie die ersten Drachen dieser Welt."

„Ich verstehe. Ein Ältester ist uns von Erce gesandt worden. Die Alten sprachen immer davon, wenn ein Ältester erscheint, stehen Zeiten des Kampfes bevor. Ob es stimmt, weiß aber keiner, auch sie nicht. - Ihr müsst wissen mein Lordpaladin, ich sammele die Geschichte unseres Volkes und schreibe sie nieder. Daneben bemühe ich mich, die Vorfahren der heute lebenden Drachen zu erfassen und ihre Stammbäume zu erstellen. Bei so wenigen lebenden Angehörigen unseres Volkes erscheint es mir sinnvoll, die Verwandtschaftsverhältnisse zu kennen um unser Volk so gesund wie möglich zu erhalten. - Mein Lordpaladin, darf ich Euch in den Stammbaum von Lady Fjörgyn einfügen? Ihr seid ein Glücksfall für unser Volk auf diesem Kontinent, Lady Fjörgyn hat ein sehr reines Blut mit nur sehr wenigen Verknüpfungen zu heute lebenden Großen Drachen und von der Seite Eures Vaters seid Ihr mit keinem der heute lebenden verwandt. Verzeiht, wenn ich es so direkt sage, aber Ihr seid der ideale Partner für alle Großen Drachenweibchen dieser Welt um unser Blut aufzufrischen. Wegen meiner Aufzeichnungen erhalte ich oft Anfragen nach geeigneten Partnern. Euch werde ich also jeder Drachin an erster Stelle nennen." -

„Ihr wollt mich also zum Zuchtdrachenbullen kören?" frage ich ihn grinsend.

Er hat aus meiner Stimme erkannt, dass mich die Sache eher belustigt.

„Vielleicht erklärt Ihr mir bei Gelegenheit, was dieser Begriff bedeutet, aber es wird nicht täglich eine Drachin vor Eurer Tür stehen, falls Ihr das damit meint. Oft bedeutet vielleicht einmal in ein- oder zweihundert Jahren. Unser Volk ist leider nicht sehr produktiv. Euer Reich war vor langer Zeit einmal vier große Reviere, von je einem Paar bewohnt, diese wurden dann wegen fehlendem Nachwuchs nach und nach zusammengelegt und heute seid Ihr alleine der Herr. Anderswo stehen heute auch wieder Reviere leer. Ich fürchte um unser Volk, mein Lordpaladin." -

„Ihr klingt ernsthaft besorgt Lord Garrakk. Steht es so schlimm?" -

„Nun, mein Vater berichtete mir, dass zu seiner Jugend noch vierhundert Große Drachen auf Eurasien lebten, dazu etwa eintausend Kleine. Heute sind wir mit allen Nestlingen und Jungdrachen noch knapp fünfzig hier, und etwa zweitausendfünfhundert Kleine. In Afrika kommen noch einmal etwas über fünfzig von uns dazu. In den Amerikas, Antarktika und Australia sind es zusammen etwas über zweihundert, vielleicht zweihundertfünfzig. Sagt, kann ein Volk - so langlebig es auch sein mag - auf Dauer mit etwa dreihundertfünfzig Individuen überleben und gesund bleiben?" -

„Ich verstehe Eure Gedanken Lord Garrakk. So lang, wie wir leben mag es gehen, wenn wir sehr genau planen. Aber wir stehen sicher an der Grenze für gesunden Nachwuchs. Vermischen sich die Drachen der vier A-Kontinente mit uns hier?" -

„Ich weiß, dass die Drachen Afrikas begonnen haben, sich Partner hier zu suchen, aber die drei anderen nur sehr gering." -

„Ich verstehe. Aber das können wir heute nicht mehr regeln, lasst uns das zu anderen Zeiten besprechen. Ich werde aber sehen, ob wir etwas Hilfe von unserer Herrin dazu erhalten können. Vielleicht etwas Unterstützung wenn wir mit den Drachen der anderen Kontinente über das Thema sprechen. Immerhin sollte sich dort das Problem auch am Horizont abzeichnen. Nordamerika ist ja auch vom Süden getrennt. - Wie gesagt, lasst uns das ein anderes Mal besprechen, es wird nicht auf fünfzig Jahre ankommen. Lord Eldflóð hat mir seinen Besuch für die nahe Zukunft angekündigt, dann können wir es sicher schon einmal ansprechen."

„Ihr habt Recht Lordpaladin. Wir wollten ja auch über andere Dinge sprechen. - Obwohl mir da auch eine passende Frage einfällt. Woran liegt es, dass die Nackthäuter so viele Nestlinge bekommen? Sie vermehren sich ja ohne jede Kontrolle." -

„Leider stimmt das. Da die Nackthäuter nach ihrer Geschlechtsreife nur etwa zwanzig Jahre Nachwuchs bekommen können und danach auch bald ihre Körper schwächer werden, beeilen sie sich, möglichst viele Nestlinge zu bekommen. Denn diese sollen ihnen dann beim Nahrungserwerb helfen und sie dann die letzten Jahre ganz versorgen. Das ist für viele Nachkommen natürlich einfacher, als für wenige. Zudem haben ihre Nestlinge besonders in den ersten Jahren eine sehr hohe Sterberate. Wir würden warten, bis zwei oder drei Nestlinge, was vermutlich reichen würde, so alt werden, dass ihr Überleben sehr wahrscheinlich ist - selbst wenn dazwischen immer einige nach jeweils vier oder fünf Jahren sterben. Bei den Nackthäutern kann es dann aber sein, dass sie am Ende nur einen überlebenden Nachkommen haben, aber keinen Nestling mehr bekommen können, weil sie inzwischen selber zu alt sind. Daher sorgen sie sicherheitshalber für soviele Nestlinge, wie möglich, so schnell wie möglich. Trotzdem haben sie ein sehr starkes emotionales Verhältnis zu allen ihren Nestlingen, auch wenn sie nach unseren Maßstäben nur auf Vorrat produziert werden - da dürfen wir uns nicht täuschen. - Verzeiht Lord Garrakk. Ich erkläre umständlich wie ein Nackthäuter." -

„Nein, genau das wünsche ich ja. Die Informationen wie von einem Menschen, aber ohne Furcht vor mir - genau genommen muss ich ja Euch gegenüber vorsichtig sein - und mit dem Wissen der Denkweise eines Drachen. Ich mag Eure Art der Erklärungen mein Lordpaladin." -

„Dann lasst uns weiter machen, ich denke, die eine oder andere Frage habt Ihr sicher noch."

Richtig hat er, mehr als nur die eine oder andere sogar. Das geht von Verhaltensweisen über die Beobachtungen ihrer Felder und Tierhaltung bis zur Nutzung der Technik. Er stellt mir praktisch die selbe Frage, die ich mir von den Menschen hier beantworten ließ, als ich nach meiner Ankunft ein wenig zu viel Drache war und mein menschliches Wissen vorübergehend nicht greifbar war. Auch er ging davon aus, dass die Menschen eigentlich reine Fleischesser sein müssten und ist überrascht, dass sie teilweise sogar mehr pflanzliche Nahrung zu sich nehmen. Ich erkläre ihm auch den Sinn des Kochens und Bratens in der menschlichen Ernährung. Eine Verhaltensweise, die ich zwar noch kenne, inzwischen aber für mich auch ausschließe, was Garrakk irgendwie beruhigend findet, nachdem er immerhin akzeptiert hat, dass ich gelegentlich neben Früchten ein wenig Brot oder Kuchen esse.

Irgendwann zwischenzeitlich kommen Tascha und die beiden Draccier wieder auf dem Weg nach oben vorbei.

Mir fällt aber bei unseren Gesprächen auf, dass er Fragen zu mir und meiner Vergangenheit als Mensch komplett vermeidet. Nachdem er irgendwann am Nachmittag mit seinen Fragen stockt, spreche ich ihn darauf an.

„Lord Garrakk. Ihr vermeidet jede Frage zu mir und meiner Vergangenheit. Ich kann nicht glauben, dass Euch das nicht interessiert." -

„Verzeiht mein Lordpaladin. Ich will nicht in Eure privaten Belange eindringen. - Zwar würde es mich tatsächlich interessieren, aber mir fehlt jetzt auch die Zeit. Es ist bereits spät, ich habe noch einige Zeit zu fliegen, bis ich meinen Wohnsitz erreiche - und etwas jagen muss ich ebenfalls noch. Nein, ich muss jetzt wirklich aufbrechen." -

„Wenn ich kurz nachrechne, werdet Ihr sicher nicht vor Einbruch der Nacht an Eurem Wohnsitz eintreffen, wenn Ihr dann noch jagen wollt... - Ich habe hier neben meiner Verwalterin - der Schwarzen Kleinen, noch einen Kleinen und den männlichen Mischling, die können uns ohne besondere Probleme zwei Hirsche erbeuten. Esst bei mir, Lord Garrakk, dann seit Ihr diese Sorge bereits los. Und ich kann Euch auch ein bequemes Schlaflager bieten, übernachtet hier und brecht morgen nach Sonnenaufgang auf, dann erreicht Ihr Eure Wohnstätte zur Zeit der höchsten Sonne. - Es wäre mir eine Freude, wenn ihr mein Gast wärt und wir können noch weitere Gespräche führen. - Es macht mir wirklich nichts aus, ein wenig über mich und meine Erlebnisse zu berichten."

Garrakk kämpft mit sich. Sieht mich an, wieder weg, bewegt sich unruhig, sieht mich wieder an, setzt zum Sprechen an, bricht aber ab und sieht wieder weg.

Seine Natur als Drache zwingt ihn eigentlich abzulehnen. Er hat mich überraschend besucht, praktisch in meinem Wohnsitz überfallen - auch wenn es ein Höflichkeitsbesuch ist. Korrekterweise hätte er sich zumindest kurz vorher ankündigen müssen, aber er hatte nicht einmal daran gedacht, mich mit einem Ruf auf sich aufmerksam zu machen - da gibt es auch einen, der besagt 'ich komme in friedlicher Absicht'. Und das ist besonders gegenüber einem der eher solitär lebenden Männchen der Großen eigentlich ein NoGo. Daher hätte er schon die Annahme meiner Einladung zum Gespräch in meiner Wohnstätte eigentlich ablehnen müssen - nur hatte seine Neugierde da schon gewonnen und er wohl erkannt, dass ich ihn nicht nur aus der geschuldeten Höflichkeit eingeladen hatte.

Aber jetzt schlägt seine Natur als Drache zurück und zwingt ihn eigentlich, mich praktisch fluchtartig zu verlassen. Aber seine Neugierde ist ebenso stark und eine etwas untypische Freude, einmal nicht alleine zu sein, kann ich auch in ihm spüren. Er ist noch relativ jung, ich schätze ihn auf ca. vier-, fünfhundert Jahre, soweit ich es aus seinen Bemerkungen herausgehört habe. Ebenso zeigen seine Schuppen - trotz aller Spitzen, Dornen und Stacheln, die ihn durchaus bedrohlich wirken lassen - noch lange nicht die knorrige, zunehmend massiver und irgendwie gefährlich abgenutzt erscheinende Form, die Eldflóð beispielsweise so tödlich furchterregend wirken lässt. - Auf einen Menschen natürlich, als ich Eldflóð zum ersten Mal gesehen habe, war ich die riesigen, furchteinflößenden Gestalten von Fjörgyn und Græðarinn ja schon ein wenig gewohnt - trotzdem stieg eine tiefsitzende Urangst in mir auf, als ich Eldflóð näher kommen sah. - Die kleine Prinzessin hatte sehr viel Mut gezeigt, als sie sich von ihm hochheben ließ, um mir den Ohrring anzustecken.

Seine Jugend - gut gesagt, ich bin ja ein Knirps gegen ihn, selbst wenn ich meine Menschenjahre mitrechne - seine Jugend trägt wohl auch dazu bei, dass er seine Neugier auslebt. Die Niederschrift der Geschichte der Großen Drachen und die Aufzeichnung der Erblinien, die er sich zur Aufgabe gemacht hat, zeugen von Neugierde, vielleicht sogar mehr als bei Græðarinn und Sálleiðtogi. Nunja, Drachen sind Individuen, jeder hat seinen eigenen Charakter. Eldflóð scheint ein recht typischer Großer zu sein, kann sich den Menschen aber überraschend gut anpassen und ist neuem Wissen nicht abgeneigt. Fjörgyn stand mir anfangs recht reserviert gegenüber, wie allen Menschen, aber nach meiner Transformation hatte ich kaum mehr das Gefühl, eine Drachin vor mir zu haben. Wobei sie andere Menschen weiterhin sehr zurückhaltend, fast ein wenig herablassend behandelt.

Und Garrakk hier ist ein Drache, der sich ein großes Maß an Neugier bewahrt hat und offenbar gerne mit anderen zusammen ist.

Ich erkenne seinen inneren Konflikt. Er möchte schon gerne noch bleiben, den Kontakt mit einem anderen genießen und seiner Neugier freien Lauf lassen. Aber er weiß, dass er die sozialen Grenzen der Großen Drachen bereits jetzt weit überschritten hat. Schon jetzt dürfte ich ihn als unerwünschten Gast hinauswerfen, ja sogar als Herausforderer behandeln und ihn mit tiefen Wunden und zerfetzten Schwingen den Berg hinabwerfen. - Das würde zwar keiner so machen, da er ja eine Einladung angenommen hat, aber es würde mir auch niemand vorwerfen.

Aber ich habe heute Lust, mich ein wenig zu unterhalten - und wenn ich dabei Tascha ein wenig aus den Nüstern bekomme, um so besser.

„Lord Garrakk, ich kenne die Regeln der Höflichkeit unter uns Großen. Ich weiß, dass Ihr befürchtet, diese bereits über Gebühr in Anspruch genommen zu haben. Das mag sogar so sein, aber es stört mich heute nicht und ich habe gelegentlich auch gerne Besuch. Bitte betrachtet meine Einladung an Euch als ernstgemeinte Alternative zu Eurer sofortigen Weiterreise. Ihr seid mir als Gast heute Abend willkommen - und es stört mich nicht, Euch noch weitere Fragen zu beantworten, auch wenn diese etwas privaterer Natur sind. Wenn es mir zu privat wird, werde ich Euch einfach die Antwort verweigern." -

Er blickt verlegen zu Boden.

„Ich habt mich offensichtlich durchschaut, Lordpaladin. Ich weiß, ich bin gemessen an unserem Volk, ein wenig zu wissbegierig und das für uns übliche einzelgängerische Leben will mir auch noch nicht recht gefallen."

„Da wohl einige von mir bereits auch vermuteten, dass ich die sehr solitäre Lebensweise eines Männchens nicht so angenehm finden würde - als Mensch ein Einzelgänger zu sein bedeutet eben schon noch häufigen Kontakt zu anderen - wurde mir von verschiedener Seite geraten, mir so bald als möglich eine Partnerin zu suchen." antworte ich grinsend.

„Da ich inzwischen ja eine Kleine habe, die mich mit ihrem Duft ungewollt auf Trab hält - die aber auch als Gesprächspartnerin sehr angenehm ist - ist die Partnerfrage nicht ganz so dringend für mich. Zudem jetzt die beiden Draccier, an denen ich ja auch nicht vorbei leben werde.

Aber wie sieht es bei Euch aus? Da wäre eine Partnerin doch sicher eine Möglichkeit."

Sein Seufzen klingt sehr niedergeschlagen.

„Wäre das nur so einfach. Mit den meisten bin ich zu eng verwandt und die wenigen, die in Frage kommen... Da war ich erfolglos - oder ich wage nicht um sie zu werben." -

Ich unterlasse die Frage, warum er sich nicht traut - das wäre dann doch zu persönlich.

„Wie habt Ihr Euch entschieden? Bleibt Ihr und seid mein Gast?"

Er atmet tief durch.

„Ich bin Euch zu großem Dank verpflichtet, mein Lordpaladin, dass Ihr einem so unbedeutenden und überraschenden Besucher die Ehre erweist. Ja, ich nehme Euer Angebot an."

Dabei senkt er seinen Kopf bis auf den Boden.

Ich wehre seufzend ab.

„Gut. Ich vermeide im privaten Bereich die offiziellen Förmlichkeiten gerne. Es ist ja auch so möglich, einen höflichen Umgang zu pflegen. Ihr braucht Euch also nicht ständig verneigen und auch den Paladin muss ich nicht ständig hören. Wenn ich ehrlich bin, reicht mir der Name so im privaten Bereich völlig aus - der Lord ist für das offizielle." -

„Ihr wollt wirklich, dass ich Euch nur mit Eldingar anspreche, Lordpaladin?" -

„Ja, wenn Ihr dann noch den Lordpaladin weglasst." -

„Oh, verzeiht - natürlich. Es ist mir eine Ehre, L... Eldingar." -

„Gut, einen Moment, ich rufe schnell meine Verwalterin." antworte ich lächelnd und stoße in Richtung der von Tascha gezeigten Oeffnung einen kurzen bellenden Ton aus.

„Aber ich muss mich noch bei Euch entschuldigen, Garrakk. Ich habe vergessen, mich für Eure Hilfe bei der Verwaltung meines Reiches zu bedanken." -

Er winkt ab.

„Mein Anteil daran war denkbar gering - ich habe nur den Bereich östlich von hier und fast zur Küste hinunter beobachtet. Die Küste hat Lady Alissia mit im Blick gehabt. Ihr müsst Euren Dank an Lady Alissia, Lady Tyria und besonders Lord Kyrin richten, deren Anteile größer waren." -

„Nun, ich hörte, Ihr habt mehrfach auch in den anderen Bereichen mit Euren Kräften geholfen, also gebührt auch Euch Dank."

Ehe er antworten kann, kommt Tascha geflogen und landet vor uns.

„Du hast gerufen, Herr?"

„Zumindest habe ich das damit gemeint." antworte ich grinsend, was sie erwidert.

„Unser Nachbar, Lord Garrakk, wird heute hier übernachten, wir sollten vielleicht für etwas Nahrung sorgen."

„Wir sind bereits versorgt, Herr. Ranjid war mit Shankar in der Umgebung unterwegs und sie sind gerade mit zwei großen Hirschen zurückgekehrt. Wenn Du wünscht, werde ich sie aber noch einmal losschicken." -

„Für mich reicht einer, Garrakk?"

Er nickt eifrig.

„Oh ja - ein Hirsch reicht mir völlig." -

Ich sehe Tascha wieder an.

„Dann nur, was ihr für euch benötigt." -

„Wir haben noch einen, der gestern erbeutet wurde, das reicht für uns. Dann brauchen wir morgen erst wieder etwas frisches. - Hier?" -

„Nein, wir gehen nach drüben. Danke Tascha. - Garrakk, lasst uns in meine Privaträume gehen. Dort lässt es sich angenehmer essen und reden - und später ohnehin übernachten."

Tascha startet wieder um nach oben zu fliegen. Nur kurz wundere ich mich, ob sie jetzt keine Schmerzen mehr hat. Ich stehe auf und auf mein aufforderndes Kopfnicken folgt Garrakk mir nach drüben in den Privatbereich.

Wieder sieht er sich staunend um, im Bad kann er dem Becken mit dem heißen Wasser nicht widerstehen - auf seinen Blick biete ich ihm an, sich ein wenig im Wasser zu entspannen, was er auch ohne großes Hin und Her dankend annimmt.

In der Zeit bringen Ranjid und Shankar die frische Beute und nehmen die gestrige mit nach oben. Tascha bereitet für uns das Essen vor, wir müssen nur die Beute aus dem Kühlraum nehmen, danach gebe ich ihr für heute Abend frei, sie möchte sich ohnehin noch mit Jaya und Shankar unterhalten - steht aber grundsätzlich bereit für mich.

„Auf dieser kurzen Strecke ist es nicht so schlimm und es ist einfach schneller." beantwortet sie mir noch meine Frage nach dem Fliegen, ehe sie wieder geht.

Im großen Wohnraum nehme ich aus dem Quellbecken ein paar Schluck Wasser und mache es mir auf den Polstern bequem. Garrakk kommt etwas später herein.

„Ich danke Euch, Eldingar. So ein heißes Bad ist wirklich sehr angenehm, die Idee muss ich bei mir auch umsetzen, eine heiße Quelle habe ich dort auch in der Nähe." Er sieht sich im Raum um.

„Hier ist es tatsächlich sehr angenehm. Im Saal ist es gut für ein offizielles Gespräch, aber hier ist es trotz einiger Gestaltung, die ich den Nackthäutern zuordnen würde, doch sehr angenehm. Ich denke, die Art der Ausstattung kommt Euch sicher entgegen, Eldingar. - Verzeiht, dass ich so direkt spreche."

„Kein Problem, ich habe es Euch ja angeboten. Ja ich finde es deutlich wohnlicher hier. Eine Drachenhöhle ist dann doch recht kahl in meinen Augen, zumindest jetzt noch."

Auf mein einladendes Winken lässt er sich neben mir nieder.

„Glaubt Ihr, dass sich Eure Ansichten ändern werden?" -

„Es ist möglich. Ich habe diese Wohnstätte bereits aus der Sicht und Denkweise des Drachen gesehen und diesen Bereich als zwar etwas überflüssig ausgestattet, aber doch angenehme Wohnstatt angenommen. Aber ich weiß auch, dass ich mich an vieles gewöhnen und anpassen werde - eine Eigenschaft der Nackthäuter." -

Garrakk schüttelt leicht den Kopf.

„Es erschreckt mich fast, wenn Ihr über Euch selber so verächtlich als Nackthäuter sprecht. Immerhin ist es ein wesentlicher Bestandteil von Euch." -

„Aber Vergangenheit. - Keine Sorge, ich verachte meine menschliche Vergangenheit nicht, auch nicht die Menschen dieser Welt. Aber ich bin inzwischen doch genug Drache um sie manchmal mit Unverständnis zu betrachten." -

„Dieser Welt? Wollt Ihr sagen..." er legt seinen Kopf nach links. -

„Richtig. Ich bin nicht von hier, ich komme aus einer Welt der Technik, weit entfernt von der Lebenskraft. Eine Welt, die Drachen nur als Mythos kennt." -

„Oh..."

Er sieht mich an und ich erkenne, wie seine Gedanken beginnen zu kreisen. Ich rücke mich noch etwas zurecht und warte ab. Nach mehreren Minuten senkt er seinen Blick.

„Verzeiht Eldingar. Es ist bekannt, dass Ihr ein Mensch wart und unsere Herrin Erce Euch die Gnade erwies, Euch zum Drachen zu machen. Aber alle gehen davon aus, dass Ihr ein Mensch unserer Welt wart. Darauf habe ich mir auch meine Vorstellung zu Euch gemacht. Doch wenn Ihr ein Fremder seid, aus einer völlig fremden Welt stammt... - ich weiß nicht, was ich Euch fragen soll, oder fragen darf. Ich wage nicht, Euch mit den vielen Fragen zu überfallen, die ich an Euch hätte..." -

„Es wird Euch doch sicher interessieren, wie ich hierhergekommen bin - warum fangen wir nicht damit an?"

Er nickt nur und ich erzähle die wesentlichen Teile meiner Geschichte vom Treffen mit Manvinkona/Sálleiðtogi bis zu meinem Erwachen als Drache. Den Kontakt mit Erce verschweige ich ihm aber, das muss er nicht unbedingt wissen.

Er sieht mich anschließend ernst an.

„Ich mag mir nicht vorstellen, wie es sein muss, sich plötzlich als Drache zu sehen, nachdem Ihr von einer getötet wurdet. - Und Ihr betrachtet sie sogar wie Eure Mutter. Warum? Würde mir das passieren, ich würde die Drachen verachten und den, der dafür verantwortlich war, sogar hassen."

Das scheint bisher für jeden Drachen der bestimmende Gedanke zu sein. Sie scheinen nicht zu verstehen, warum ich sie nicht hasse oder zumindest eine starke Abneigung empfinde. Mir dagegen kommt dieser Gedanke selbst aus meiner Sicht als Drache nicht, da bin ich nur überzeugt davon, jetzt zu meinem wahren Leben gefunden zu haben.

„Das mag für einen Drachen so gelten." antworte ich.

„Aber als Mensch fühle ich nicht so. - Natürlich können auch Menschen genauso hassen, durch ihre mehr Gefühlsbetonte Art ist das dann vielleicht sogar schlimmer, als bei den mehr rationalen Drachen. Und ich war anfangs auch wütend auf Fjörgyn, weil sie mich so angegriffen hat, aber auch, weil sie es nicht richtig zu Ende gebracht hatte, weil sie mich nur tödlich verletzt hatte und ich daher noch leiden musste. Aber ihre Erklärungen waren für mich nachvollziehbar, ich erkannte, dass ich wohl ähnlich gehandelt hätte - und dass es ein Versehen war, als sie mich verletzt hatte. Und das machte es mir möglich, ihr das zu verzeihen. Danach, als ihr Blut durch meinen Körper - meinem neuen Körper - floss, wuchs schnell das Gefühl der Zugehörigkeit zu ihr, ihr Geruch sagte mir, dass ich ein Teil von ihr bin und die Logik sagte mir, dass sie praktisch meine Mutter als Drache ist." -

„Ihr seid doch auch ein Drache..." -

„Richtig, aber auch dann fühle ich nicht so viel anders. Ich habe hier meinen Platz gefunden, das Leben, das mir zusteht, das Leben als Drache. Die Drachen haben mir dabei doch geholfen. Also warum soll ich sie verachten oder gar hassen?" -

Er schüttelt den Kopf.

„Es ist mir unverständlich. Insbesondere wie Ihr Lady Fjörgyn so einfach verzeihen konntet. Wir bitten zwar oft um Verzeihung, doch über solche unbedeutenden Dinge hinaus, fällt es uns sehr schwer, schwerwiegendes zu verzeihen. Doch freue ich mich, dass Ihr so denkt. Es muss doch auch schwer gewesen sein, als Drache zu erwachen." -

„Och, das erwachen war ganz einfach, ich habe die Augen aufgemacht und war wach..." antworte ich grinsend.

Auch über das Gesicht von Garrakk huscht ein Grinsen.

„Bitte macht Euch nicht lustig, Eldingar. - Obwohl es auch erfrischend ist, dass Ihr manches mit weniger Ernsthaftigkeit seht." -

„Ich konnte nicht widerstehen. Aber ich weiß, was ihr meint. Nun, es war genaugenommen nicht vollkommen überraschend, auch wenn niemand vermutet hatte, dass ich ein richtiger Drache werden würde. Mir wurde gesagt, dass ich Zeichen eines Drachen tragen würde, doch alle gingen davon aus, dass es nur ein paar Schuppen sein würden, die ich vielleicht sogar hätte verstecken können und so normal unter den Menschen leben. Ich wusste also, dass ich ein Dracca, ein Mischling werden würde und habe zugestimmt. Aber als ich die verwunderten, fast besorgten Blicke der anderen sah, wusste ich, dass etwas nicht so gelaufen war, wie erwartet. Nunja, als ich dann statt einiger weniger Schuppen einen komplett geschlossenen Schuppenpanzer auf seinem Körper sah, statt Füßen die Tatzen eines Drachen und statt Fingernägel Krallen hatte - ich war da noch im Körper eines Anthros - da habe ich mich schon erschreckt. Dazu einen Schwanz und zuletzt die sich plötzlich entfaltenden Schwingen zu spüren und sehen - da habe ich auch einen Moment des Schocks durchlebt und Panik bekommen. Das aktivierte dann die Transformation zum Feral, was allen zeigte, dass ich ein vollwertiger Drache war. Merkwürdig ist nur, dass mich eben diese Erkenntnis beruhigte. In dem Moment habe ich mich als Drache akzeptiert. - Natürlich gab es später noch Probleme und Zweifel, selbst jetzt noch - aber ich möchte nicht wieder zurück." -

„Ihr habt es so schnell akzeptiert? Nicht, dass es mich als Drache wirklich erstaunt, es muss für einen Nackthäuter doch ein erhebendes Erlebnis sein, ein Drache zu werden." -

„Aus der Sicht eines Drachen scheint es natürlich und selbstverständlich zu sein, die Existenz als Drache als die erstrebenswerteste Form anzusehen. Für einen Menschen kann das allerdings auch ganz anders aussehen. In meiner alten Welt gelten die Drachen für sehr viele als schreckliche Monster, die nur darauf aus sind alles Leben zu vernichten und die Welt zu verbrennen. Früher glaubte man, dass auch dort Drachen in Höhlen leben und die Felder der Menschen verwüsten und ihre Tiere fressen - einige Menschen nebenbei auch noch. Und dass sie die Menschen weniger angreifen und quälen würden, wenn man ihnen ein- oder zweimal im Jahr eine Jungfrau zum Fraß vorwirft. Diese Dörfer würden sie dann eine Zeitlang verschonen. Daraus entstanden dann auch Geschichten über Ritter, Krieger, die diese Drachen bekämpften und wenn es ihnen gelang auch töteten. Auch wenn es einem Krieger, der nur über Lanze, Schwert und Schild als Waffen verfügt, sehr schwer fallen sollte einen gesunden Drachen zu töten.

Aber dort galten lange die Drachen als Wesen der Hölle, deren Ziel es ist, die Menschen zu vernichten. Damals allerdings schrieb man den Drachen auch Intelligenz zu. Heute weiß man, dass es nie Drachen in der Welt dort gegeben hat. Das Wissen über Drachen kommt wohl von Besuchern aus dieser Welt, von denen sich einige vielleicht nicht gerade freundlich verhalten haben. - Ich muss aber dazu sagen, dass die Menschen die Neigung haben, alles was in ihren Augen gefährlich aussieht, sofort als gefährlich zu erklären und es zu bekämpfen. - Sie waren, bevor sie ihre Waffen erfanden, eine von allen Seiten als Beute angesehene Art, daher stammt diese Neigung wohl noch. Und da die Drachen sich sehr effektiv verteidigen und angreifen können - zudem mit dem Feuer, das sonst eine Waffe der Menschen ist und nun gegen sie eingesetzt wird..."

Seine Pupillen sind weit geworden vor Schreck.

„Große Erce... Aus so einer Welt kommt Ihr? Aber dann müsste es für Euch doch schrecklich sein, jetzt als Drache... Und hättet Ihr beim Zusammentreffen mit Sálleiðtogi nicht weglaufen sollen?" -

„Richtig, die Welt drüben dachte lange so und denkt auch heute oft noch so. Drachen sind feuerspeiende Ungeheuer, die vernichtet werden müssen, weil sie sonst die Menschen vernichten. Auch wenn sie nur einige Tiere von der Weide erbeuten und sich sonst nicht um die Menschen kümmern. - Aber heute gibt es auch viele Menschen, die anders über die Drachen denken. Ich war mir immer sicher, dass Drachen hochintelligente Wesen sind, die Menschen nur in Notwehr töten und lieber in Frieden mit Ihnen zusammenleben. Ich habe immer bedauert, dass es keine Drachen gibt und ich nie mit einem zusammenkommen werde." -

„Und nun sitzt Ihr einem gegenüber, der Euch die Schuppen vom Körper fragen möchte. Aber hattet ihr vielleicht den Wunsch, lieber ein Drache zu sein?" -

„Wer weiß, vielleicht... aber Drachen waren ja nur ein Produkt der Fantasie..." antworte ich schulterzuckend. -

„Wie ist es eigentlich, wenn man nicht aus einem Ei schlüpft, sondern so aus dem Körper eines Weibchens, nackt, ohne Schutz... äh..." -

„Die Menschen nennen es Geburt. Leider kann ich Euch nicht sagen, wie es ist. Zum einen fehlt mir der Vergleich, da ich nicht weiß, wie es ist, in einem Ei zu reifen und dann zu schlüpfen. Zum anderen fehlt mir da jegliche Erinnerung daran." -

„Daran könnt Ihr Euch nicht erinnern? - Oh, verzeiht. Nein, bitte sagt mir, wenn ich eine zu persönliche Frage stelle." -

„Nein, das ist es nicht. Die Menschen können sich tatsächlich nicht daran erinnern, denn ihr Gehirn ist noch nicht ausreichend entwickelt, das geschieht erst in den nächsten Monaten und Jahren. Meine ersten schwachen Erinnerungen habe ich aus einem Alter so um vielleicht drei oder vier Jahren. Und auch danach ist es sehr lückenhaft, erst so mit sechs oder sieben wird es mehr und konkreter."

„Mögt Ihr mir etwas vom Leben drüben erzählen?" er wechselt leicht das Thema.

„Ich meine so als Nackthäuter unter... äh..." -

Ich grinse

„Kein Problem."

und erzähle über das Leben der Menschen dort und auch ein wenig, was ich erlebt habe. Ihn interessiert da besonders meine Zeit als Soldat, da ich so ja über die militärischen Dinge mehr weiß, wie er meint. Dass Menschen Wissen auch auf anderem Wege erlangen, scheint er nicht recht begreifen zu können. Obwohl er doch auch Geschichte schriftlich niederlegt.

Zwischendurch hole ich die Beute und wir essen, bevor er wieder beginnt mir 'die Schuppen vom Körper' zu fragen. Zwischendurch werfe ich bei einem passenden Thema auch die eine oder andere Frage ein, wie es damit hier für einen Drachen aussieht, aber hauptsächlich erzähle doch ich. Schon weil Drachen gewöhnlich doch wortkarger sind, wenn es nicht um Höflichkeitsfloskeln geht, aber das stört mich nicht und er ist ein dankbarer Zuhörer. Es wird doch recht spät, ehe er sichtlich müde aufgibt.

„Ich bewundere Eure Ausdauer, mit der Ihr meine schreckliche Neugier ertragen habt, Eldingar. Wäre ich an Eurer Stelle, ich hätte mich wohl längst vor die Höhle gejagt...

Gerne würde ich noch mehr hören, aber ich beginne die Informationen zu vermischen. Erlaubt Ihr, dass ich Eure Geschichte und Euer Leben in der anderen Welt und hier niederschreibe?"

„Ihr wollt mein Historiker sein, Garrakk? Ich habe nichts dagegen einzuwenden, vielleicht brauche ich dann nicht jedem Drachen einzeln diese Dinge erzählen. So gerne ich es jetzt auch mache, ich fürchte, beim einhundertzweiunddreißigsten oder -vierunddreißigsten Mal wird es mir auch langweilig werden. - Wir können ein anderes Mal gerne noch weiter sprechen, ein paar Dinge kann ich über die Welt drüben schon noch sagen - und auch mein Leben ist noch lange nicht vollständig erzählt, auch wenn es nur vierzig Jahre dauert bisher. Menschen erleben drüben wohl doch ein wenig mehr in kürzerer Zeit, als Drachen.

Leider habe ich nun weniger über Euch und das Leben als Drache hier erfahren, als ich erhofft hatte, aber das ist akzeptabel. Lasst uns schlafen, wollt ihr vorher noch einmal ins Wasserbecken tauchen?"

„Ich danke für das Angebot Eldingar, aber ich werde mich sofort zur Ruhe begeben." -

„Gut. Wenn Ihr mir folgen wollt, Garrakk, ich zeige Euch das Nachtlager. Ich selber werde mich noch kurz ins Wasser begeben, bevor ich zur Ruhe gehe."

Ich stehe schon, er rappelt sich mit verwunderten Blick auf, vermutlich hatte er gedacht, er würde hier schlafen. Ich zeige ihm eine der kleineren Schlafkammern, in die er sich mit einem dankbaren Nicken zurückzieht und auch gleich zusammenrollt.

Nach ein paar Minuten im heißen Wasser bemerke ich, dass ich auch fast einschlafe und gehe doch lieber in meine Kammer. Heute liege ich eher ausgestreckt auf den Polstern, höre die ruhigen Atemzüge von Garrakk und ohne viele Gedanken zu verlieren, schlafe auch ich ein.