Wolf's Journey - Kapitel 19: Verändertes Spiegelbild

Story by silverstripe on SoFurry

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#19 of Wolf's Journey


Verändertes Spiegelbild

„Wohin gehen wir?", fragte Ryo, der von seiner Neugier geplagt hinter dem Schäferhund herlief. Er musste an die vergangene Nacht mit ihm denken. So aufgeregt wie an diesem Abend war er lange nicht gewesen und noch immer saß ihm der Schock in den Knochen. Dieser Junge schien so viel für ihn zu empfinden, obwohl sich Ryo sonst immer sicher war, dass so etwas niemals passieren konnte.

Ryo lief schneller, um mit dem Schäferhund Schritt zu halten. Nach ihrer langen Aussprache am Abend hatten sie sich schlafen gelegt. Sie hatten kein Wort mehr gesagt. Hatten lediglich die Nähe des anderen gespürt. Sie lagen nebeneinander im Bett, die Hände aufeinander und lauschten dem Atem des anderen. Ryo hätte sich nie vorstellen können, dass ihn so etwas aus der Bahn werfen konnte, doch noch immer bebten seine Gedanken. Alles schoss ihm durch den Kopf. Fantasien, Träume, Wünsche.

„Ich dachte wir sollten hier mal vorbei schauen, bevor wir ins Schwimmbad gehen."

Revans Stimme holte Ryo in die Gegenwart zurück. Der Panther blinzelte kurz und sah sich um. Sie waren in der Innenstadt angekommen, in der sich viele Leute tummelten. Es war natürlich die perfekte Zeit, um in der Stadt ein paar Einkäufe zu erledigen und sich ein Eis zu gönnen, doch Ryo ging davon aus, dass Revan etwas anderes im Sinn hatte.

„Natürlich nur, wenn du einverstanden bist. Ich biete es dir nur an, weil ich dachte, dass du... naja..."

Ryo folgte Revans Blick und erkannte einen kleinen Laden über dessen Tür eine übergroße geöffnete Schere hing, die von einem Schriftzug überlagert wurde.

„Ein Friseur? Du willst, dass ich mir die Haare schneiden lasse?"

Revan wusste seine Tonlage nicht zu deuten. War er schockiert? Er biss sich auf die Lippe. Vielleicht hatte er einen Fehler begangen und den Panther gekränkt.

„Von mir aus gern. Die sind sowieso viel zu lang. Aber ich habe nicht genug Geld bei mir. Das war für's Schwimmbad gedacht."

„Keine Sorge, das übernehme ich schon. Komm mit", sagte der Schäferhund mit einem Lächeln auf den Lefzen und führte den Panther zu dem Laden. „Die Mutter eines Freundes von mir arbeitet hier, daher kriege ich etwas Rabatt."

„Wie hätten Sie es denn gern?", fragte die Leopardin und legte sich Kamm und Schere bereit.

Ryo zog sich die Mütze vom Kopf, sodass die knielangen Haare vom Kopf fielen.

Offensichtlich verblüfft starrte die Friseurin die Haare an.

„Ich weiß nicht, was würden Sie mir denn raten?", fragte Ryo unsicher. Er warf einen Blick zu Revan, der neben ihm Platz genommen hatte.

„Machen Sie einfach, wie Sie denken. Auf jeden Fall können die langen Haare ab", sagte Revan augenzwinkernd.

„Na gut."

Ryo schluckte. Es hatte sehr viel Zeit gekostet, die Haare auf diese Länge zu züchten und nun sollte er sich von ihnen trennen? Andererseits war der Gedanke, nicht mehr ständig die Haare unter der Mütze zu verstecken, etwas, womit er sich anfreunden konnte. Eine coole Frisur, bei der er nicht mehr Stunden mit Kämmen verbringen musste, wäre praktisch, also nickte er der Leopardin zu, die noch etwas unsicher zu dem Panther blickte.

Sie steckte die Haare am Oberkopf zusammen und begann die Haare am Nacken zu schneiden. Ein Schnitt folgte dem anderen und durch den Spiegel beobachtete Ryo das Geschehen. Es tat weh, die Haare fallen zu sehen, doch es hatte auch etwas befreiendes. Als würde er sein altes Leben hinter sich lassen und in ein neues eintauchen. Eine neue Frisur, einen guten Freund und vielleicht auch bald einen gesunden Körper. Würde er in den Spiegel schauen können und sich endlich wieder ansehnlich finden? Würde er sich vielleicht sogar attraktiv finden?

Nachdem der Schnitt fertig war, griff die Leopardin zu Gel und Haarspray, um der Frisur Halt zu geben. Schließlich war sie fertig und ließ dem Panther Zeit, die neue Frisur auf sich wirken zu lassen.

Die Haare am Hinterkopf wurden bis auf wenige Zentimeter gekürzt und wild nach oben gestylt. Der Pony blieb länger und fiel ihm locker über die Seite.

„Was sagst du?", fragte er Revan unsicher. Er hoffte, dass es das war, was dem Schäferhund gefiel.

„Ich find's klasse. Aber was meinst du? Gefällt es dir auch oder bereust du es schon?"

Ryo warf einen knappen Blick auf die langen Haare, die am Boden lagen. Sie hatten zu ihm gehört, waren sein Markenzeichen, doch er fand auch, dass es Zeit für Veränderung war und sagte: „Mir gefällt es. Vielen Dank."

Er ließ sich den Pferdeschwanz als Erinnerung zusammenbinden während Revan seine Münzen aus dem Geldbeutel kratzte.

„Das kriegst du aber alles wieder", versprach Ryo, doch der Schäferhund winkte ab.

„Mach dir um das Geld mal keine Sorgen."

Als Revan die Tür der Umkleidekabine verschloss, spielte Ryo nervös mit dem Reißverschluss seines Rucksacks. Sein Schweif pendelte hin und her und er sah sich um. Die Kabine war klein und es konnte sie niemand sehen, doch fühlte er sich beobachtet. Selbst die Anwesenheit des Schäferhundes beruhigte ihn nur mäßig.

Revan bemerkte davon nichts. Gedankenlos streifte er sich die Kleidung an und schlüpfte in eine kurze Badeshorts.

„Glaubst du, sie werden mich mit dieser Narbe überhaupt ins Wasser lassen?", fragte Ryo unsicher.

Revan blickte auf und bemerkte, dass der Panther noch kein Kleidungsstück ausgezogen hatte. Ob es ihm wohl unangenehm war, sich vor ihm auszuziehen?

„Zeig mal her."

Da Ryo keine Anstalten machte, sich seines Pullovers zu entledigen, entschied Revan, das für ihn zu übernehmen. Er legte die Hände auf die Seiten des Panthers und zog den Stoff nach oben.

Ryo zuckte bei der Berührung zusammen. Ihm war unwohl bei dem Gedanken, wieder halbnackt vor dem Schäferhund zu sein. Er wollte nicht gesehen werden. Nicht von ihm! Doch was sollte er tun? Er hatte sich darauf eingelassen und konnte nun nicht mehr den Schwanz einziehen. Er hob die Arme und ließ sich ausziehen.

Zum Vorschein kam die blanke Brust des Panthers, der dem Augenkontakt zum Schäferhund auswich.

„Du hast ja keine offene Wunde. Es ist schon fast wieder eben mit deiner Haut."

Ryo blinzelte und spürte plötzlich, wie Revans Fingerspitzen auf seiner Brust ruhten. Ein Gefühl durchströmte seinen Körper, das er nicht einzuordnen wusste. Seine Knie wurden weich und er pendelte mit dem Schweif hin und her.

„Warum so unruhig? Es ist alles in Ordnung. Schau selbst." Revan war froh, dass der Angesprochene nun doch Augenkontakt zu ihm suchte.

Ryo sah in das Violett. Nur für wenige Augenblicke, dann blickte er an sich hinab. Das rosige Fleisch stach noch deutlich aus der Brust heraus, doch es war bereits nicht mehr verkrustet und die Haut hatte sich fast komplett regeneriert. Es zeigten sich sogar schon erste Härchen auf der Haut, die bald die ehemalige Wunde komplett verdecken würden.

Ryo runzelte die Stirn. Noch vor wenigen Tagen war die Narbe tief und verkrustet, wie konnten seine Wunden wie über Nacht verheilen? Er hatte erst gestern seine Brust vor Revan entblößt und da sah die Narbe noch anders aus. Oder sah es nur für ihn so aus und nun begriff er, dass die Realität gar nicht so schlimm war, wie sie ihm immer erschien?

Ryo hob die Hand. Sie zitterte leicht als sie sich auf die Pfote von Revan legte, die noch auf seiner Brust ruhte. Seine Fingerspitzen berührten den Handrücken des Schäferhundes und Ryo sah ihm in die Augen.

„Ich habe doch gesagt, dass es in Ordnung ist. Bald wird davon nichts mehr zu sehen sein. Du musst nur noch etwas Geduld haben."

Die Worte lösten etwas beruhigendes aus. Obwohl Ryo schon nicht mehr glauben konnte, dass er je wieder einen heilen Körper haben würde, vertraute er Revan und gab dem letzten Fünkchen Hoffnung in ihm noch eine Chance.

Revans Pfote rutschte tiefer und strich über die Rippen des Panthers bis sie am Nabel ankame. „Zieh dich um, dann können wir endlich ins Wasser. Etwas Spaß wird dir gut tun und du brauchst dir keine Gedanken um deinen Körper zu machen. Du siehst schön aus. Schöner als jeder Junge, der mir bisher begegnet ist."

Als Ryo spürte, wie die Pfote an seinen Hosenbund griff, wurde ihm heiß. Das Blut schoss ihm ins Gesicht und seine Schnurrhaare zuckten nervös. Bevor Revan noch irgendetwas tun konnte, griff Ryo noch dessen Pfote und hielt sie fest. Er erwiderte den Blick seines Freundes und flüsterte: „Dreh dich um."

„Was?"

Ryo wusste, dass Revan ihn verstanden hatte und er erkannte die Enttäuschung, die in seiner Stimme mitschwang.

„Na gut, aber beeil dich", bat Revan, drehte sich um und hielt sich die Augen zu, damit der Panther sich ungesehen umziehen konnte.

„Siehst du, gar kein Problem", sagte Revan lächelnd als sie sich ein schattiges Plätzchen gesucht hatten und dort ihre Taschen ablegten.

Ryo blickte sich um. Die Sonne auf seinem nackten Fell zu spüren war ein seltsames Gefühl. Es gefiel ihm und ihm fiel auf, dass die Leute ihm kaum Beachtung schenkten. Er erregte keine Aufmerksamkeit.

„Und nun lass uns los ins Wasser. Hörst du es schon nach uns rufen?", lachte Revan und zog Ryo am Arm.

Ryo nickte lächelnd und folgte Revan. In der Sonne glänzte das Fell von Revan silbern und es lag dicht um den Körper des Jungen. Ein Anblick, bei dem Ryo seinen Herzschlag zu spüren schien. Er konnte die Augen kaum von dem Rücken des Rüden abwenden. Die Muskeln spielten unter dem weichen Silber.

Schließlich waren sie am Wasser angekommen, in dem sich bereits einige Jugendliche austobten, sich gegenseitig vollspritzten, Wettschwimmen veranstalteten und sich gegenseitig ins Wasser warfen.

Revan setzte sich auf den Beckenrand und ließ sich geschmeidig ins Wasser gleiten. Er warf dem Panther einen Blick zu, der noch am Rand kauerte und nicht sicher war, ob er ihm folgen sollte.

„Na komm schon", lachte Revan und schwamm zurück.

Ryo kniff die Zähne zusammen und ging zu der Leiter, die ins Wasser führte. Er setzte den Fuß auf das kalte Metall und griff nach den Haltestangen. Zwar konnte er sein Zittern verbergen, doch wie würde es sein, wenn er erst einmal im Wasser war? Er konnte schwimmen. Sogar recht gut, doch es war das erste Mal, dass er in einem Schwimmbad war und ins Wasser ging.

Er stieg tiefer und tauchte mit dem Fuß ins Wasser. Es war kühl. Bei der Wärme war es angenehm und schließlich fasste sich Ryo ein Herz und stieg ganz ins Wasser.

Augenblicklich sog sich sein Fell voll und zog ihn tiefer, doch mit kräftigen Zügen hielt er sich über der Oberfläche. Er hatte es geschafft und es war ein tolles Gefühl.

Was für andere lächerlich wirkte, war für ihn ein Schritt in die richtige Richtung. Es stärkte sein Selbstbewusstsein und seinen Mut.

Revan schwamm von hinten an den Panther und lächelte ihn an. „Und? Hat dich ein Hai gefressen?"

Ryo lachte und schwamm ein Stück zurück.

„Hey Revan! Ryo!", hörten sie eine Stimme. Die beiden drehte sich um und entdeckten einen Hasen und einen Leoparden, die auf sie zugeschwommen kamen.

Ryo erkannte die beiden wieder. Es waren zwei Klassenkameraden von ihnen und Freunde von Revan.

„Marius. Lloyd. Was für eine Überraschung", freute sich Revan.

Ryo war etwas unsicher, doch auch er grüßte die beiden. Plötzlich bemerkte er, dass Revan tauchte und unter ihn schwamm. Ryo verstand nicht, was sein Freund vor hatte, doch dann tauchte er auf, hielt Ryos Beine fest und hielt den Panther auf seinen Schultern.

Ryo wurde aus dem Wasser gehoben und er hielt sich an den Ohren des Schäferhundes fest. Verwundert darüber, dass Revan ihn auf den Schultern trug, blickte Ryo hinab, doch Revan lachte: „Na komm, die beiden erledigen wir."

Die Klassenkameraden taten es ihnen gleich, indem Marius den Hasen auf seine Schultern nahm. Sie näherten sich Ryo und Revan.

Der Panther, wusste, was zu tun war. Er versuchte Llyod von den Schultern des Leoparden zu schubsen, der dasselbe versuchte.

Nachdem sie sich ausgetobt hatten und genug Wasser geschluckt hatten um damit ein weiteres Schwimmbad füllen zu können, zogen sich Ryo und Revan auf ihren Platz zurück, während die anderen beiden zum Kiosk verschwanden.

Ryo warf einen Blick zu dem Schäferhund, der in der Sonne döste. Seine Augenlider zuckten gelegentlich und er atmete leise. Der Panther beobachtete ihn aufmerksam. Es wäre ein guter Moment gewesen, das Bild auf Papier einzufangen, doch Ryo hatte seine Zeichensachen vergessen.

Plötzlich öffnete Revan die Augen und er erwiderte Ryos Blick. Der Panther sah weg, in der Hoffnung, dass der Junge nicht bemerkt hatte, wie er angestarrt wurde.

„Du sag mal", begann Revan.

Ryo sah wieder zu ihm und setzte sich auf. Er wischte sich die in seinem Gesicht klebenden Haare fort.

„Wie findest du mich eigentlich? Ich meine... bin ich anziehend für dich?"

Ryo fiel auf, dass er den Schäferhund nie so unsicher erlebt hatte. Warum fragte er ihn das, wenn ihm die Frage offensichtlich peinlich war? Und was sollte er Revan sagen? Er fragte sich, ob Revan darauf anspielte, dass sie beide männlich waren. „Ich weiß nicht. Wieso fragst du mich so etwas?", stellte er eine Gegenfrage.

Einen Moment herrschte Stille.

Ryo wurde bewusst, dass er nicht das gesagt hatte, was Revan hören wollte, doch was hätte er sonst sagen sollen?

„Kannst du mir nicht einfach eine klare Antwort geben?"

Zwar klang seine Stimme ein wenig sauer, doch Ryo erkannte den depressiven Unterton und er fühlte einen Stich in der Brust. Nichts hatte ihn berührt, doch irgendwie tat es ihm weh, diesen Blick des Jungen auf sich zu spüren. Er versuchte dem Blick auszuweichen und riss ein paar Grashalme aus der Wiese. Er hatte seinen Freund verärgert und er konnte nachvollziehen, weshalb Revan enttäuscht war. Nie hatte der Schäferhund etwas von ihm verlangt, es war ein ständiges Nehmen von Ryos Seite aus. Er bekam die Bestätigung, den Schutz und Liebe, alles was er sich gewünscht hatte, doch was hatte Revan als Gegenleistung bekommen? Eine mehr als schwache Erwiderung der Gefühle, das war alles. Wie sollte Ryo Revan zeigen, was er empfand?

Ryo wagte einen Blick zu dem Jungen. Er lag nun auf dem Rücken und hielt den Blick starr gen Himmel gerichtet. Seine Haltung verriet nichts über seinen Gemütszustand, doch Ryo konnte sich denken, dass er sich nicht gut fühlte. War er traurig oder wütend? Oder war er beides?

Der Panther versuchte nicht zu denken, sondern sich von seinem Gefühl leiten zu lassen. Vielleicht würde es das richtige sein.

Er kniete sich über den Schäferhund und sah ihn mit tiefem Blick an. Ryo wusste nicht, woher er diesen Mut nahm, doch er flammte in ihm auf und brachte ihn dazu das zu tun, wonach er sich sehnte. Ohne Revan reagieren zu lassen, senkte der Panther seinen Vorderkörper, bis sich ihre Nasenspitzen berührten. Er schloss die Augen und spürte den Widerstand auf seinen Lefzen. Sein Herz schlug so heftig, als würde es aus seiner Brust springen wollen.

Revan war perplex, doch er erwiderte den Kuss und legte seine Arme um den Brustkorb seines Freundes. Nie hätte er erwartet, dass Ryo sich trauen würde, ihn zu küssen, doch es erfüllte ihn mit Freude, dass er es doch tat.

„Oh nein...!"

Revan riss die Augen auf und stieß Ryo ein Stück nach hinten. Er folgte der Stimme und sah Marius, der still vor ihnen stand.

Marius starrte die beiden mit großen Augen an.

„Es ist nicht so, wie du denkst, wir waren nur..." Weiter kam Revan nicht, da der Leopard bereits weg rannte. Der Schäferhund konnte nicht erkennen, ob Marius nur peinlich berührt oder schockiert war.

Ryo stieg von Revan und schnappte sich sein Shirt. Er schwieg und ließ die Ohren hängen. Durch das Wasser, welches noch in seinem Fell sickerte und über sein Gesicht lief, sah es so aus, als würde er weinen.

„Ryo... Es tut mir leid", versuchte sich Revan für den Stoß zu entschuldigen.

„Schon okay. Niemand darf es wissen."

Er stopfte hastig seine Sachen in die Tasche und sah den Schäferhund mit keinem Blick mehr an. „Wir sehen uns morgen", warf er ihm hinterher, während er sich davonmachte.

Revan sah ihm hinterher, unfähig, etwas zu sagen oder zu tun.