Schwarz wie die Nacht Teil 04

Story by P999P on SoFurry

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#5 of Praxis van Fur

Der vierte und abschließende Teil


Schwarz wie die Nacht Teil 4

Autor: Gendori Kabashi

12.12.2011 ? 05.11.2012

Vorwort

Hallo Werter Leser,

Eines vorweg gesagt, dieser Teil der Geschichte enthält „naughty stuff" ^^.

Die nachfolgende Geschichte verdankt ihr der Anfrage von jemandem, der lieber im Hintergrund und anonym bleiben möchte. Diese Person hat mich jedenfalls gebeten, doch auch in van Furr's Pra­xis Patientenliste aufgenommen zu wer­den, in DIE ganz spezielle Patientenliste um genau zu sein. Nein, nach einem FA User namens Jorge braucht nicht gesucht werden. Der Name ist mei­nem Hirn entsprungen. ^^

Wasserkatze Art by Gendori Kabashi

Die Geschichte von Jorge geht weiter. Was bisher geschah. Jorge hat die erste Nacht überstanden. Seine Verwandlung war sehr weit fortgeschritten und van Furr hatte es geschafft ein Programm für die Naniten zu entwickeln, die eine weitergehende Transformation von Jorge aufhalten sollten. Nachdem sich die vier von der Nachtschicht erholt hatten gingen Sie das nächste Problem an. Jorge's Existenz. Das Computergenie der Praxis, Karolus, nahm sich die elektronischen Medien vor und die drei anderen statteten den Vermietern von Jorge, den Hansens, einen Besuch ab, der für das alte Ehepaar weitreichende Konsequenzen hatte. Doch wie soll es weitergehen? Van Furr und Jorge beschlossen seinen Vater zu kontaktieren und ihn mit den Tatsachen zu konfrontieren, die mögli­cherweise aus einem Experiment des alten Wissenschaftlers herrührten. Wird es den Vieren gelin­gen Licht in die dunkle Vergangenheit zu bringen.

Zwei Anrufe

„.... mein lieber Junge, du hast Nerven!"

Jorge zuckte vom Telefon zurück, sein Gehör war um einiges empfindlicher und die Stimme seiner Mutter klang verzerrt. Das musste wohl an dem kleinen Lautsprecher liegen.

„Mutter, ich ..... " versuchte er sich zu äußern, doch es gelang ihm nicht.

„Dein Studium sausen lassen! Was denkst Du dir dabei? Dein Vater und ich, wir ...."

„Hartmut ist nicht mein Vater." unterbrach er sie.

„Das ist egal, er liebt dich, wie sein eigen Fleisch und Blut. Er und ich, wir haben uns krumm gebu­ckelt, nur um dir das Studium an einer ordentlichen Uni zu ermöglichen und du ....."

„Ich will es nicht sausen lassen, Mutter, ich mache nur Pause um ...."

„.... um, um deinen Nichtsnutz von biologischen Vater zu finden? Jorge wach auf. Nuno hat sich in 25 Jahren nicht einmal gemeldet!"

„Ist mir egal, ich werde ihn dann schon fragen warum er sich nicht um uns gekümmert hat."

„Jorge ich bitte dich. Mach dein Studium zuerst fertig, danach kannst du Nuno suchen."

„Nein Mutter, ich werde ihn jetzt suchen. Ich habe eine heiße Spur bekommen, der ich nachgehen werde, nachgehen muss!"

Schweigen, er hörte ihren Atem.

„Ich bin bereits bei den Hansens ausgezogen und habe eine neue Bleibe gefunden. Ich kann hier meine Sachen lagern, der Doktor hat es mir gestattet."

„Welcher Doktor? Etwa der, von dem du erzählt hast? Dieser van Farr?"

„Van Furr, Doktor van Furr, genauso heißt er. Ja genau der! Er hat mich endlich von dieser Allergie geheilt!" - Auch wenn ich jetzt wie eine Katze auf zwei Beinen aussehe, aber egal - „Und er hat mir die Spur gegeben. Reiner Zufall alles, aber so ist es."

„Soll ich jetzt glücklich darüber sein, Jorge? .... Moment, er hat was? Deine Allergie, sie ist weg?"

„Jep!" - Vielleicht wird sie das wieder beruhigen -

Wieder nur Schweigen.

„Mutter?"

„Morgen werde ich kommen!" Klick.

Die Verbindung war beendet. Jorge starrte entgeistert das Telefon an, dann rutschte es ihm aus sei­ner Hand und landete klappernd auf den Boden. Keine erleichterten Worte, keine Freude, nur dieses „Morgen werde ich kommen!" Die Worte seiner Mutter hallten in seinem Kopf.

„Shit!" Zischte Jorge.

„Was ist? Nicht so gut gelaufen, oder? Jorge? Erde an Jorge?"

Katti schnippte vor seinen Augen und brachte Jorge so wieder in die Realität zurück!

„M...., me..., meine Mutter kommt. Morgen!" stammelte er.

„Wie meinst du das?"

„Sie ...., sie kommt morgen hierher!"

„Waas?" Katti sprang von ihrem Stuhl auf.

„Genau!" Jorge schluckte.

„Doc," rief sie, „Doc, wir haben ein Problem!" und stürmte aus der Küche. Jorge beugte sich vor und sammelte das Telefon auf. Da schoss ein stechender Schmerz seine Wirbelsäule hinauf.

„Autsch!"

So schnell wie der Schmerz gekommen war, genauso schnell war er wieder fort. Er legte das Tele­fon auf den Tisch und fuhr mit seinen Händen über seine Rücken, konnte aber nichts finden, das den plötzlichen Schmerz erklären konnte.

„Hm," dachte er, „habe mich wohl etwas verhoben."

Jorge stand auf und dann kam ihm ein Gedanke. „Warum nicht?" murmelte er.

Er ging in die Knie, so konnte man es am besten beschreiben. Setzte seine Hände vor sich auf den Boden und stand dann auf allen Vieren. Seinen Schwanz hielt er hoch erhoben. Und dann streckte er sich ganz nach Katzenart durch. Seine Gelenke knackten laut und Jorge fühlte fast augenblicklich wie sich seine Muskeln entspannten und das ein unbestimmter Druck aus seinem Leib verschwand. Als er sich wieder aufrichtete bemerkte er, dass drei Augenpaare ihren Blick auf ihn gerichtet hat­ten.

„Geht es jetzt wieder besser?" fragte ihn van Furr.

„Mhm" Jorge wäre fast vor Scham im Boden versunken. Er fühlte sich ertappt.

„Hey Jorge, keine falsche Scham. Wenn Katti das macht ist das 10 mal so erotisch! Glaub mir." feixte Karolus.

Katti lächelte ihn an. Sanft sagte sie: „Das ist unsere Natur Jorge, daran gewöhnt man sich."

„Also deine Mutter wird kommen?" wechselte van Furr zur Erleichterung von Jorge das Thema.

„Ja, Sie wird morgen hier sein. Daran gibt es nichts zu bezweifeln."

Niedergeschlagen setzte sich Jorge wieder hin. Die drei anderen nahmen auch Platz.

„Jorge da gibt es doch keinen Grund Trübsal zu blasen. Immerhin ist Sie deine Mutter." sagte Katti.

„Aber so...., so kann ich ihr nicht gegenübertreten! Sie, sie wird einen Herzanfall bekommen, oder noch schlimmer."

„Oh doch, das wirst du aber ganz bestimmt!" widersprach ihm van Furr energisch. „Sie ist deine Mutter und so wie du Sie beschrieben hast, wird sie von mir keine Ausflüchte gelten lassen. Außer­dem können wir ihre Erinnerungen immer noch manipulieren. Aber vorher wirst du Ihr gegenüber­treten und es ist ja nicht so, als wenn du allein wärst. Karolus, Katti und ich sind auch noch da."

Jorge wollte eigentlich darauf etwas sagen, aber van Furr erstickte seinen möglichen Protest im Keim, als er noch folgendes hinzufügte.

„Jorge, da steckt mehr dahinter, als diese Geschichte vom One-Night-Stand im Zirkus, die deine Mutter dir erzählt hat. Sie schuldet dir, nein, Sie schuldet uns Antworten. Wenn Sie morgen kommt, werden wir ein aufschlussreiches Gespräch haben."

„Wenn sie das Sagen, Doktor, dann vertrau ich ihnen. Aber nun noch den zweiten Anruf!"

„Einen zweiten Anruf?" fragten Katti und Karolus im Chor.

„Ja genau. Ich wette, wir kriegen ihn an den Apparat."

„Wen?"

„Dr. Nuno Coringa! Jorge's Vater. Karolus, du hast doch seine Telefonnummern besorgt, oder?"

„Klar, habe sogar seine Handynummer. Ähm, einen Moment ich hole sie." Karolus stand auf und ging aus dem Büro heraus. Wenig später war er wieder zurück und reichte an van Furr ein Blatt Pa­pier weiter. Er überflog das Blatt und nahm das Telefon in die Hand, dann wählte er eine lange Nummer. Und wartete.

„Die Nummer ist aktiv!"

Die Augen der drei anderen klebten an seinem Mund als er anfing zu sprechen

„Olá." ..... „Meu nome é Dr. Wolf van Furr, da Alemanha."...."Estou falando com o Sr. Doutor Nuno Coringa?"..... „Isto é muito boa." .... „Por quê?" .... „Dr. Coringa, eu tenho uma mensagem de seu filho. Jorge Meijer!"

(„Hallo." .... „Mein Name ist Doktor Wolf van Furr aus Deutschland." .... „Spreche ich mit Herrn Doktor Nuno Coringa?" .... „Das ist sehr gut." ..... „Wieso?" .... „Herr Dr. Coringa, ich habe eine Nachricht von Ihrem Sohn. Jorge Meijer." **** Da ich kein Portugiesisch kann, habe ich das große G. benutzt. Also, wenn die Grammatik falsch ist, Sorry ^^ ****)

„Wie schön sie sprechen Deutsch!"

Van Furr schaltete den Lautsprecher des Telefons an.

„Ja, das tue ich. Ist zwar schon einige Zeit her, aber das bekomme ich noch hin."

Jorge war aufgeregt. Zum ersten Mal in seinem Leben hörte er die Stimme seines Vaters, wenn auch verzerrt aus einem Lautsprecher.

„Also Doutor van Furr, Sie sagen Sie haben Nachrichten von meinem Sohn? Einem Jorge Meier? Sie müssen mir vergeben, aber solch ein Name ist mir nicht bekannt. Sie, Sie müssen sich irren! Ich,... ich habe keine Kinder!"

„Das glaube ich nicht. Denken Sie mal, na, so etwa 26 Jahre zurück. Anitevka hieß sie. Anitevka Meijer, Meijer mit einem „j" geschrieben. Und an Jaguare, schwarze Jaguare."

„Anitevka Meijer? Anitevka...... Das kann doch nicht, oder doch ....? Anita?" Coringa klang plötz­lich aufgeregt.

„Das kann nicht sein, sie hat mir gesagt, das sie es verloren hätte! Santa Mãe de Deus. Es, desculpe, er lebt?"

„Oh ja er lebt. Quicklebendig und gesund. Allerdings hat Jorge ein haariges Problem."

„Doktor!" entfuhr es Katti entrüstet. Karolus grinste frech, als er diese Anspielung hörte, und auch Jorge konnte sich ein Lächeln, wenn auch nur ein schiefes, nicht verkneifen.

„Wie meinen Sie das? Was für ein Problem? Sie sprechen in, ah, em enigmas! Wie sagt man? Ah, in, äh, Rätseln! Richtig? Sie sprechen in Rätseln!"

„Oh Herr Kollege, das tue ich durchaus nicht, Ihr kleiner Virus hat nur sein Werk fast vollendet!"

„Mein Virus? Wie haben Sie? Merda! Das kann nicht sein. Sie wollen mich wohl auf den Arm neh­men."

„Nein will ich nicht! Sie haben vor langer Zeit mit Viren und der DNA von Jaguaren experimen­tiert. Und das ganz offensichtlich mit Erfolg."

Keine Antwort. Anscheinend überlegte Coringa, was zu tun sei. Schließlich brach der Brasilianer sein Schweigen.

„Ich will meinen Sohn sprechen!"

Jorge wollte schon das Wort ergreifen, aber van Furr schüttelte bestimmt mit dem Kopf. Jorge hielt seinen Mund und seufzte leise.

„Nicht jetzt. Nicht am Telefon! Wir wollen Sie hier treffen! Wir erwarten Sie morgen!"

„Nach Deutschland? Aber wie?"

„Sie haben genügend Verbindungen in Kreise, die das mit Leichtigkeit erfüllen können. Stimmt doch, oder?"

Van Furr lächelte verschmitzt. „Mal sehen ob ich recht habe mit meiner Vermutung." dachte er.

„Das wissen Sie auch!" - „Voll ins Schwarze." dachte van Furr. „Er hat wirklich für eine Organisati­on gearbeitet." - „Woher ..."

„Das ist nun ganz und gar unerheblich. Also Herr Doktor Coringa wir erwarten Sie morgen. Wenn Sie angelangt sind rufen Sie einfach diese an, wir schicken jemanden zum Flughafen, der Sie abho­len wird."

„Wohin nach Deutschland muss ich denn überhaupt?"

„Ich schicke ihnen eine E-Mail! In der Nachricht steht dann alles weitere." Van Furr blickte zu Ka­rolus, der nickte und in Richtung Labor verschwand.

„Gut. Einverstanden. Ich werde da sein Herr Doktor van Furr. Bis morgen."

Es knackte im Lautsprecher und die Verbindung war beendet. Zufrieden lehnte sich van Furr zu­rück.

„Katti, ich glaube du solltest morgen früh als erstes zwei Zimmer bezugsfertig machen."

„Das glaube ich auch." schnurrte sie.

Jorge kratzte sich am Kopf.

„Doktor, haben sie nicht gerade eben viel zu viel preisgegeben. Ich wette sein Telefon und seine Mails werden überwacht."

„Die Wette hättest du sicher gewonnen. Aber Karolus für solche Fälle hat vorgesorgt. Sollte jemand die Mail abgrei­fen, dann wird der eine hübsche Überraschung erleben." van Furr grinste.

In einer nicht näher zu nennenden portugiesischen Behörde versuchte der Systemanalytiker Diego Monterey eine verdächtige E-Mail zu öffnen, die an Nuno Coringa gesendet worden war. Ein Tele­fongespräch, das er abgehört hatte, hatte ihn hellhörig werden lassen.

„Dieser komische Deutsche, die Mail ist ja noch nicht einmal verschlüsselt, so ein Noob!" dachte der Spezialist.

Als er die Mail auf seinem Rechner öffnete, erschien zuerst die Frage, ob eine Bestätigung ver­schickt werden sollte. „Nicht von mir!" summte Diego und klickte auf „Nein". Der Bildschirm vor ihm wurde augenblicklich schwarz. Diego zuckte zurück.

„Was verdammt?" fluchte er.

Er tippte ein paar mal auf die Tastatur, dann blickte er wieder auf den Bildschirm, der zu flackern begann. Der Mann konnte seine Augen nicht mehr von dem Monitor abwenden und starrte ohne zu blinzeln auf die flackernden Bilder und Worte, die in schneller Abfolge erschienen und wieder ver­schwanden. Nach wenigen Minuten endete diese Sequenz. Der junge Mann starrte weiterhin auf seinen Desktop und mit leerem Blick fing er an einen Befehl nach dem anderen einzutippen. Er löschte Daten, das Telefongespräch, die abgefangene E-Mail und auch wichtige Log-Dateien, weni­ge Minuten später gab es keinerlei Hinweise mehr auf die Daten. Dann schrieb Diego seine fristlose Kündigung, setzte sich selber auf die schwarze Liste für Ex-Mitarbeiter und löschte seine Zugangs­daten. Anschließend erhob er sich und verließ sein Büro. Grußlos passierte er einige Kollegen, die auf dem Flur miteinander sprachen. Beim Portier gab er seinen Sicherheitsausweis ab und verließ wortlos das Gebäude. Er bewegte sich wie in Trance. Auf dem Heimweg sprach er mit sich selber.

„Hm, Scheiß Computer, ich gehe zurück nach Hause. Großvater braucht einen Nachfolger. Schaf­hirte, ja, das ist es!"

Diego pfiff ein altes Volkslied und machte sich auf sein neues Leben zu starten.

Dr. Nuno Coringa starrte auf das Telefon. Er war fassungslos. „Einen Sohn, ich habe einen Sohn!" dachte er und kramte aus seiner Brieftasche ein altes, fast schon vergilbtes Foto hervor.

„Warum, Anita, warum hast du gesagt, dass du das Kind, Jorge," der Name gefiel ihm, „verloren hast? Ob sie befürchtet hatte, dass ich es nur als Versuchsobjekt sehen würde?" murmelte er.

Sanft strich er mit seinen Fingerspitzen über das Foto, das eine junge, lachende Frau zeigte, die of­fensichtlich schwanger war. Er war sich selbst nicht sicher, ob er damals nicht genau das getan hät­te. Er hatte Anita nie wieder getroffen, geschweige mit ihr irgendwann danach jemals wieder Kon­takt gehabt.

„Wie es Ihr wohl heute geht?" fragte er sich.

Nach der schockierenden Nachricht von ihr hatte er die Arbeiten an diesem eher „Privaten" Vi­ren-Projekt eingestellt. Und später nie wieder angerührt. Er selber verschwand aus Deutschland und tauchte tiefer in die Wissenschaft ein, als er selber für möglich gehalten hätte.

Sein E-Mail-Programm meldete sich und riss ihn aus den Gedanken. Es war tatsächlich die verspro­chene E-Mail von diesem van Furr. Nuno öffnete die Mail und bestätigte den Empfang ohne weiter darüber nachzudenken. Nachdem er die Anweisungen gelesen hatte löschte er die Mail und tätigte ein paar Anrufe. Anschließend lief er in den Keller des Institutes, das er leitete und begann die Su­che nach den alten Unterlagen. Und tatsächlich fand er diese nach einiger Zeit. Er hatte es damals nicht übers Herz gebracht alles zu vernichten. Und nun schleppte er sein stetig wachsendes Privatar­chiv zu jedem neuen Arbeitsplatz mit. Die Unterlagen selber füllten nur einen dünnen Ordner, aber vielleicht konnte der Inhalt hilfreich sein. Er kehrte in sein Büro zurück und blätterte die alten Un­terlagen durch. Einige Berichte überflog er fix. Die Mikrofilme konnten warten.

„Verrückte Zeiten waren das gewesen. Wie konnte ich nur darauf versessen gewesen sein, so etwas zu entwickeln? Jorge muss es erklärt werden. Wenn er mich nicht umbringen will, dann wird er si­cher wissen wollen, was damals geschehen ist, was mich dazu getrieben hat diesen Virus zu entwi­ckeln. Was bin ich froh, dass ich die Prototypen vernichtet habe!"

Coringa bemerkte erst jetzt, dass er diese Gedanken laut ausgesprochen hatte und lachte nervös auf. Er hinterließ seiner Sekretärin eine Nachricht, dass er wegen einer Familiensache ein paar Tage nicht anwesend sein konnte. Sie konnte alles Regeln und würde zwar einige Telefongespräche füh­ren müssen, aber das war sie von ihm gewohnt. Dann schaltete er seinen Computer aus, löschte das Licht und verließ sein Büro. Nicht ohne vorher die Akten noch in seinen Aktenkoffer verstaut zu ha­ben. Er fuhr zu seiner Wohnung, packte dort schnell einen kleinen Koffer mit dem nötigsten und rief sich ein Taxi, das ihn zum nächsten Flughafen brachte. Es war überraschend einfach für jemanden wie ihn gewesen einen Flug zu bekommen. Man musste nur an den richtigen Stellen seine Verbin­dungen haben. Verbindungen, die keine lästigen Fragen stellten oder auf andere Weise einem Steine in den Weg legen wollten. Das er einen Portugiesischen Diplomatenausweis hatte war natürlich auch sehr hilfreich. Fünf Stunden nach dem Anruf aus Deutschland saß Coringa in der Busi­ness-Class eines startenden Airbus A320 und blickte erwartungsvoll aus dem kleinen Fenster in die Dun­kelheit.

„Ich habe einen Sohn!"

„Morgen werde ich kommen!" sagte Anitevka, dann beendete sie das Gespräch, ohne auf eventuelle Gegenargumente Ihres Sohnes zu warten.

„Liebling? Was regst du dich denn so auf? So habe ich dich ja noch nie erlebt." sagte Hartmut, der das Gespräch mit angehört hatte. „Ist doch eine großartige Nachricht, dass diese Allergie weg ist. Ich freue mich jedenfalls für Jorge!"

„Du weißt bei weitem nicht genug, um die Tragweite dieser Nachricht zu begreifen!" antwortete Anita. Ihre Stimme klang besorgt.

„Wie meinst du das?" Fragte Hartmut und setzte sich neben ihr hin.

„Das hängt mit seinem Vater zusammen. Ich habe vielleicht in der Beschreibung meiner Beziehung zu ihm, sagen wir mal, etwas Phantasie spielen lassen."

„Du hast uns beide angelogen, wolltest du sagen."

„Nein, ... Ich. Ach Mist, ich war damals ein junges dummes Ding und Nuno. Er, ... er, war ...."

„Hübsch!" Nick, „Exotisch!" Nick, „Student!" Schüttel. „Aber du sagtest,...!"

„Ich weiß und ich sagte eben gerade, dass ich phantasierte, nun ja gelogen hatte. Er war kein Stu­dent. Er war bereits mit seinem Studium fertig und damals waren wir ein Paar. Und, ...., und ich ließ mich auf etwas ein, dass ich nicht hätte tun dürfen. Ich, ich..." Anita rang um Worte.

„Nun beruhige dich doch erst. Ist wohl eine längere Geschichte?" fragte er sanft und umarmte sie fest. Hielt sie so eng an sich gedrückt wie nur möglich. Er fühlte ihr Nicken an seiner Schulter.

„Weißt du, morgen früh fahren wir gemeinsam zu Jorge und du erzählst uns dann die ganze Wahr­heit."

„Aber du hast doch morgen ....."

„Ich habe morgen Familienangelegenheiten zu klären, das ist wichtiger. Bei dem Meeting muss ich nicht dabei sein. Das bekommen Müller und Klessman auch ohne mich hin. Also, Liebling, einver­standen?"

„Ja, morgen erfahrt ihr alles!"

Dreisamkeit

Jorge befand sich später in einem der Kellerräume, die unterhalb der Praxis lagen. Katti hatte ihn hinunter geführt und ihm mehrere freie Zimmer gezeigt. Obwohl die Zimmer im Keller lagen, hatte fast jedes ein normales Fenster. Er hatte sich dann für einen der kleineren Räume entschieden. Der Raum war in einem sanften Erdton gehalten und Jorge mochte diese Farbe auf Anhieb. Die Ausstat­tung war spartanisch. Ein Schrank, ein Schreibtisch mit Stuhl, ein Bett, und sogar ein großer Hun­dekorb waren aufgestellt, doch damit war alles, was Jorge erstmal benötigen würde, vorhanden. Er sprach Katti noch auf den Korb an, und sie meinte nur, der sei halt für Patienten und Haustiere ge­dacht. Gemeinsam trugen Sie dann noch sein Hab und Gut herunter. Die Kartons und Koffer stapel­ten sie vorerst an einer der freien Wände auf, auspacken war nicht so dringlich. Katti verließ ihn dann, zum Abschied gab Sie ihm noch einen Gute-Nacht-Kuss auf seine Nase.

„Wenn etwas sein sollte, komm einfach hoch. Mein Zimmer ist im Dachgeschoss. Gute Nacht." sagte Sie und ging mit einem sexy Hüftschwung die Treppe hoch.

„Gute Nacht!" rief er ihr noch nach.

Ihr Schwanz zwirbelte sich, wie zu einem zweiten Abschiedsgruß, dann war sie aus seinem Blick­feld verschwunden. Jorge seufzte leicht. Er ergriff seinen Schwanz und streichelte die Spitze. Dann betrat er sein neues Reich und machte sich das Bett zurecht. Er entledigte sich seiner Kleidung und wollte schon nach einem seiner Pyjamas greifen, als er es sich doch anders überlegte und so, wie er geschaffen war, ins Bett stieg. Müde gähnte er, löschte das Licht und zog sich die leichte Bettdecke über den Kopf. Doch Jorge fiel es schwer zur Ruhe zu kommen. Zum einen war er gespannt darauf seinen Vater kennenzulernen, zum anderen besorgt darüber wie seine Mutter reagieren würde, aber das dritte, das waren wieder diese Rückenschmerzen, die ihn hauptsächlich am einschlafen hinder­ten. Er warf sich unruhig in seinem Bett hin und her. Gelegentlich zischte er auf, wenn wieder ein kleiner Stich durch seinen Rücken zuckte. Schließlich hatte er genug davon, schaltete das Licht an und stand auf. Ohne viel nachzudenken ging er auf alle Viere, streckte er sich wieder nach Katzen­art und fühlte sofort, wie dieses gemeine Stechen verschwand. Befriedigt, zumindest das unter Kon­trolle zu haben setzte er sich auf den Drehstuhl. Er konnte einfach nicht sich dazu überwinden wie­der ins Bett zu steigen. Die innere Unruhe blieb. Jorge sah zum Bett und schüttelte den Kopf. Schlaf würde ihm nicht helfen. Da war er sich sicher. Er brauchte etwas anderes und das konnte ihm wohl nur Katti geben. Er erhob sich vom Stuhl, löschte das Licht und verließ den Raum. Er hatte keinen Bademantel übergeworfen, unbekleidet schlich er auf seinen Samtpfoten durch das stille Gebäude. Wegen seiner Nacktheit machte er sich keine Gedanken mehr. Er hatte ein dichtes Fell, dass ihn warm hielt und auch seine ursprüngliche Scheu eventuell so gesehen zu werden war verschwunden. Er hatte sich innerhalb der letzten 24 Stunden oder so, so sehr verändert, dass ihm seine Prüderie jetzt furchtbar lächerlich vorkam. Die Dunkelheit machte ihm nichts aus. Seine Katzenaugen waren bestens dafür geeignet und im Gebäude glommen immerhin einige Lämpchen, die ihm mehr als ge­nug Licht spendeten, um seinen Weg sicher zu finden. Er gelangte schließlich in das Dachgeschoss und lauschte an den Türen. Aus Dr. van Furr's Raum drang ein leichtes Schnarchen, als er an Karo­lus's Tür lauschte, vernahm er nichts, doch aus Katti's Zimmer drangen eindeutige Geräusche.

„Wer wohl bei ihr ist?" Fragte er sich und grinste, es konnte nur Karolus sein, der bei ihr war. Jorge nahm seinen Mut zusammen und klopfte an die Tür. Das Stöhnen und Jauchzen verstummte. Dann erklang wirklich die Stimme von Karolus.

„Jorge, bist du das? Komm rein!"

Jorge zögerte nur kurz, dann betrat er den Raum. Das Licht war ganz herunter gedimmt. Katti und Karolus lagen eng aneinandergekuschelt auf dem Bett und sahen ihn unverwandt an. Im Raum roch es bereits nach Sex, altem und ganz frischen und Jorges Nase bebte. Es machte ihn heiß.

„B ... b ... bitte entschuldigt." stotterte er. Nun war er doch etwas verlegen. Seine Nase sog die Luft begierig ein und die Pheromone, die von den beiden liebenden ausgingen, fingen an ihren Einfluss auf ihn auszuüben. Die Vorstellung eines flotten Dreiers, vor kurzem noch vollständig unvorstellbar für Jorge, erregte ihn und sein Glied zuckte in seiner Hülle. Seine Hoden schienen bersten zu wol­len.

„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen." schnurrte Katti, die sich die Lippen leckte und ihn an­blinzelte. „Fühlst du dich einsam?" fragte sie. Ihre Augen waren auf sein Gemächt gerichtet, das sich für eine weitere Liebesnacht bereit machte.

Jorge nickte. „Das wohl auch." fügte er hinzu. Er versuchte die beiden nicht anzustarren. Katti klopfte vor sich auf die Matratze.

„Wo Platz für zwei ist, ist auch Platz für drei!" schnurrte sie.

„Nun zier dich nicht! Katti bedarf heute auch besonders viel Aufmerksamkeit. Mehr, als ich ihr al­lein geben könnte!" sagte Karolus einladend und küsste dann eines von Kattis Ohren. Sie kicherte leise auf.

Karolus Linke hatte eine ihrer kleineren Brüste sanft umfasst und massierte mit sanften Bewegun­gen den festen Hügel. Jorge schluckte und bevor er es sich versah, lag er gemeinsam mit den beiden im Bett. Er übersäte Katti mit Küssen, nuckelte an Ihren Brüsten und spürte wie Karolus es ihm gleichtat. Katti schnurrte laut, sie genoss offensichtlich die Aufmerksamkeiten, die ihr die beiden Männer zuteilwerden ließen, und auch aus Jorge's Kehle erklang dieser sanfte Ton, als mehr als zwei Hände begannen ihn zu streicheln. Was folgte, verschwamm in Jorges Erinnerungen zu einer Nacht voller Wonnen. Wonnen und Befriedigung, die er sich, selbst nach der vorhergehenden Lie­besnacht mit Katti, nicht ausschweifender und orgiastischer hätte vorstellen können. Er und Katti, Katti und Karolus, Karolus, Katti und Jorge gemeinsam und auch, und davon war Jorge am meisten überrascht, er und Karolus. Jorge hatte bislang sich selber als überzeugt hetero bezeichnet, doch an­scheinend schwang er nun zu beiden Seiten.

„Bisexuell," dachte er, als er Karolus in sich spürte und zugleich Katti mit seiner Zungenfertigkeit befriedigte, „was soll's!" Der Rest war Geschichte.

Als van Furr am nächsten Morgen seine beiden Assistenten wecken wollte, fand er Karolus Raum verwaist vor, das Bett unbenutzt. Er lächelte wissend und ging dann zu Kattis Raum und öffnete vorsichtig die Tür. Ihm schlug der eindeutige Duft einer heißen Liebesnacht entgegen, das war nicht unüblich. Katti und Karolus hatten ihre Bedürfnisse, doch er war ehrlich überrascht, als er in dem Bett drei Schläfer vorfand. Katti schlief in der Mitte, Jorge links und Karolus rechts von ihr. Und beide hielten die Katzendame eng umschlungen, die Ihrerseits die Arme um ihre beiden Lover ge­schlungen hatte. Sie bildeten ein Knäuel von Gliedmaßen, schwarzes und kupferfarbenes Fell, durchmischt mit der rosigen Haut des Menschen.

„Diese jungen Leute." feixte van Furr.

Van Furr war ehrlich genug um sich einzugestehen, dass er einen gewissen Neid empfand. Leise schloss er die Tür, ließ aber doch einen schmalen Spalt offen.

„Wenn ich mit den Frühstücksvorbereitungen fertig bin, wird der Kaffeeduft die drei schon wecken. Und junge Leute brauchen auch ihren Schlaf!"

Bestens gelaunt stieg van Furr die Treppe herab. Der Tag würde noch lang genug werden. Sie er­warteten mindestens zwei Gäste, da musste noch einiges vorbereitet werden. Kurz darauf erfüllte wirklich frischer Kaffeeduft die Räume und Jorges Nase zuckte, seine Schnurrhaare zitterten. Seine Nase wurde von einer wilden Mischung der verschiedensten Düfte geflutet. Er schlug seine goldgel­ben Augen auf und stellte fest, das die vergangene Nacht kein Traum gewesen war. Katti und Karo­lus teilten sich mit ihm das Bett. Er versuchte sich zu erinnern, was er mit wem getan hatte, doch al­les war verschwommen, überdeckt von der Ekstase, die er gefühlt hatte. Katti wälzte sich auf die Seite und ihr Leib begrub seinen rechten Arm unter sich. Jorge blickte in ihr hübsches schlafendes Gesicht und ohne zu überlegen leckte er Ihre rosa Nase. Ein Schauer ging durch ihren Leib und sie öffnete ihre Augen, die grün aufflammten.

„Guten Morgen." schnurrte sie. „Wie geht es dir?" Sie leckte seine Nase, es kitzelte.

„Ausgezeichnet, wenn, ja, wenn man von meinem Arm einmal absieht." flüsterte er leise.

„Dein Arm?" fragte sie.

„Du liegst darauf, er ist eingeschlafen und es kribbelt!"

„Hu, hu,hu!" lachte sie sanft, „Das tut mir leid!"

Es gelang ihr irgendwie sich aus dem Wirrwarr der Gliedmaße etwas zu lösen und Jorge war es end­lich möglich seinen tauben Arm zu befreien. Karolus grummelte etwas im Schlaf und rollte sich dann etwas zur Seite, schlief aber weiter.

„Letzte Nacht,..."

„Ja?"

„Es war unglaublich!"

„Hat es dir so gefallen?"

„Das beste was mir je geschehen ist!"

„Ach wirklich? Auch mit meinem lieben Karolus?" Sie lächelte verschmitzt.

„Auch das. Er, ... er ..." Jorge suchte nach passenden Worten.

„Er weiß wie man Frauen und auch Männer glücklich macht!" vervollständigte sie sein Gestammel.

„Allerdings. Ich werde die nächsten Tage nicht vernünftig sitzen können." sagte Jorge todernst.

Katti prustete los und auch Jorge fiel in das Lachen ein.

„Was, was ist den so lustig?" fragte verschlafen Karolus.

Er war von dem Lachen seiner beiden Bettgenossen geweckt worden. Die sahen ihn erstaunt an und wechselten dann ein paar Blicke, um dann noch lauter zu Lachen.

„Habe ich was verpasst?"

Er blickte, etwas ratlos wirkend, abwechselnd die beiden, aus vollem Halse lachenden, Katzen­menschen an.

„Ihr wollt mich wohl ..." Der Rest des Satzes wurde von dem Kuss abgeschnitten, den ihm Katti gab.

Es hätte wohl in eine Fortsetzung der vergangenen Nacht geführt, wenn nicht Jorges Magen so laut geknurrt hätte. Karolus und Katti sahen ihn erstaunt an und wieder brachen sie in lautes Lachen aus. Als sie sich endlich wieder beruhigt hatten standen die drei auf. Und gingen gemeinsam ins Bad, um sich wieder vorzeigbar zu machen. Bei Karolus ging das recht fix vonstatten und er war ein zwei drei aus dem Bad verschwunden. Doch Katti und Jorge benötigten eine gute halbe Stunde mehr, um wieder proper auszusehen. Waschen, trocknen, bürsten, kämmen und Flohpulver.

„Muss dass sein?" maulte Jorge, der Geruch des Mittels stach in seiner Nase.

„Oh ja! Bei so viel Fell ist das ein notwendiges Übel! Glaub mir, diese kleinen Biester piesacken dich sonst wie verrückt. Übrigens darfst du mich dann gleich auch einpudern!"

Jorge ließ es also die Prozedur geduldig über sich ergehen und revanchierte sich anschließend aus­giebig. Zu guter Letzt waren auch sie wieder hübsch und Jorge verließ Katti, um sich etwas anzu­ziehen. Er stieg also wieder hinab in seinen Kellerraum und öffnete dort einen der Koffer, der Som­merkleidung enthalten sollte

„Hauptsache etwas Dünnes und möglichst weit geschnitten, sonst komme ich um vor Wärme." mur­melte er, als er in den Koffer griff. Und tatsächlich, bald hatte er etwas halbwegs passendes gefun­den. Jorge wollte sich gerade wieder auf den Weg machen, als ihn ein stechender Schmerz durch­fuhr. Wie vom Blitz getroffen stürzte er zu Boden. Krämpfe schüttelten ihn durch. Seine Stimme versagte, als er versuchte um Hilfe zu rufen. Er brachte nur ein schwaches Winseln über seine Lip­pen.

„Was ... geschieht ... mir?" dachte er.

Er japste und sein Atem ging ruckartig. Panik keimte in ihn auf. Die Schmerzen breiteten sich im­mer weiter aus. Sie strahlten von seinem Rücken nach und in jede Richtung seines Körpers aus, er­fassten seinen Magen, seinen Brustkorb, seine Gliedmaße und schienen mit jeder Sekunde immer intensiver zu werden. Jorge rollte sich zusammen und lag in fetaler Position auf dem Fußboden des Raumes. Er zuckte und zitterte wie Espenlaub, seine Gelenke knackten und in seinem Kopf summte es wie in einem aufgescheuchten Bienenstock. Nach einiger Zeit, Jorge konnte nicht sagen ob es Minuten oder gar Stunden waren, flauten die Krämpfe endlich ab. Sein Körper fühlte sich steif und taub an. Mühsam versuchte er sich wieder unter Kontrolle zu bringen, und nach einiger Zeit schien es so, als ob es ihm gelang. Seine Hände fühlten sich seltsam an. Irgendwie steif und tapsig und nicht nur ungeschickt, wie am Tag zuvor. Jorge wälzte sich auf den Rücken und er hob eine seiner Hände vor sein Gesicht um sie zu betrachten. Was er erblickte versetzte ihm einen Schock. Seine Hände, sie waren fort, nein nicht weg, sie hatten ihre Form drastisch geändert.

„Pfoten!" wollte schreien, aber es kam nur ein fauchendes Geräusch aus seiner Kehle.

„Meine Stimme. Oh mein Gott! Oh mein Gott! Oh Gott! Was ist mit meiner Stimme?" dachte er.

Bevor er einen weiteren Gedanken schöpfen konnte, erfasste ihn erneut eine Welle der Schmerzen und er schlug mit seinem Kopf so heftig gegen den mit Laminat bedeckten Fußboden, das ihm bei­nahe die Sinne schwanden. Jorge wünschte sich fast schon, dass er das Bewusstsein verloren hätte. Der Krampfanfall war noch schlimmer als zuvor und er konnte deutlich das widerliche Knacken hö­ren, das von seinen Knochen und Gelenken ausging. Sein gesamte Statur konfigurierte sich um. Jor­ge wusste nicht, wie es ihm möglich war, überhaupt seinen Kopf zu bewegen, doch er tat es und konnte so sehen, wie sein Brustkorb schmaler wurde und gleichzeitig vorschob. Geschockt von sei­ner Transformation überhörte er wie es plötzlich an seiner Tür laut klopfte.

„Jorge? Wo bleibst du denn?" Es war Kattis Stimme. Das Licht in seinem Raum wurde plötzlich heller, als sie die Tür öffnete. „Wir war... ..... OH SCHEISSE!" rief sie erschrocken aus, als sie Jor­ge sah, der sich auf dem Boden, wie bei einem epileptischen Anfall, hin und her wand „Doc, Karo­lus. Ich brauche eure Hilfe! SOFORT! Und bringt einen Notfallkoffer mit!" brüllte sie so laut sie konnte. Vom Erdgeschoss erklang heftiges gepolter und kurz darauf erschien van Furr, dicht gefolgt von Karolus, der einen altmodischen Arztkoffer mit sich führte.

„Katti was ist?" rief van Furr, „oh verdammt." van Furr und Karolus standen mit offenen Mündern in der Tür und sahen die Misere.

„Karolus, sofort das Sedativ!"

Karolus glotzte ungläubig auf den am Boden liegenden Freund.

„Karolus!"

„Wie, ja, Sedativ, sofort." stammelte er.

Karolus riss den Koffer auf, kramte kurz darin herum und reichte dann van Furr eine Spritze, die bereits mit einer bläulichen Flüssigkeit gefüllt war.

Ein Knacken von der linken Seite ertönte und aus dem Augenwinkel sah Jorge, wie sein Schulter­blatt umklappte. Er jaulte vor Schmerz auf. Er brauchte nicht nach rechts zu sehen, um zu begreifen, was das nächste knackende Geräusch bedeutete. Inmitten des Chaos, das in ihm herrschte, spürte er eine sanfte Berührung. Wer war hier? Seine Nase fing einen bekannten Duft auf. Katti! Er drehte seinen Kopf und sah das Katti sich neben ihn gehockt hatte. Sie sah sehr besorgt aus und er konnte Tränen erkennen, die das Fell unter ihren Augen befeuchteten.

„Hilfe!" versuchte er zu japsen.

Doch es kam wieder nur ein tierisches Winseln hervor. Und dann spürte er einen Stich in seinem Arm, die Welt verschwamm vor seinen Augen und tiefe Bewusstlosigkeit erlöste ihn aus der fürch­terlichen Agonie, in der er sich befand.

Doktor van Furr zog die Spritze aus Jorges Arm, jetzt wohl eher Vorderlauf und betrachtete bestürzt den rasenden Verlauf der Transformation.

„Das sollte ihn erstmal ruhigstellen!" sagte er und reichte die Spritze zurück an Karolus, der diese in einer Dose verstaute.

„Wie konnte das Passieren?" fragte Katti besorgt.

Sie hielt Jorges Kopf und streichelte ihn sanft, auch wenn sie wusste, dass er es nicht spüren konnte. Sie selber beruhigte es auf jeden Fall. Sie konnte fühlen, wie sich Jorges Kopf in ihrem Griff verän­derte. Seine Kiefer wuchsen ein gutes Stück, die Zähne wurden noch größer und die Muskula­tur kräftiger. Sein Halsansatz wanderte weiter nach hinten. Er verlor ganz offensichtlich seine Anthro­pomorphe Gestalt, wurde äußerlich zu einem echten Jaguar. Sie hoffte, dass sein Geist nicht da­von betroffen war. Auch wenn sie schon einige Verwandlungen miterlebt hatte, so zuckte sie doch zu­sammen, als Jorges Hüfte brach und sich neu anordnete. Er würde in Zukunft sich nur noch auf al­len Vieren fortbewegen können. Wenn auch sicher schnell und elegant, aber eben nur noch ein Vier­beiner sein. Er verlor vor Ihren Augen so vieles und sie fragte sich wie Jorge das Verkraften konnte.

„Ich habe versagt! Die Naniten haben wohl die Transformation nur kurz aufhalten können." stellte van Furr mit scheinbar fester Stimme fest, doch dann drehte er sich um und schlug mit seiner Faust gegen eine der Wände.

„Mist, Dreck. Gottverfluchterscheissdreckverdammter!" fluchte er.

„Doc was sollen wir machen?" fragte Karolus.

„Bringt ihn schnellstmöglich hoch in den Raum Nummer 6, schließt ihn an die Überwachungsmoni­tore an und gebt ihm 3 Infusionen mit Glukose, sonst zehrt die Transformation ihn aus. Wir halten ihn leicht sediert, bis die Transformation abgeschlossen ist. Dann sehen wir weiter."

„Was ist mit seinem Geist, seiner Persönlichkeit, Doc?" fragte Katti.

„Das liegt nicht mehr in unseren Händen. Katti, ich wünschte das ich darauf eine Antwort kennen würde, aber die habe ich nicht. Das ist ein Kampf, den Jorge selber führen muss, und vielleicht jetzt gerade führt. Ich werde versuchen, ob mir was einfällt, um ihm zu helfen. Lasst mich eine Stunde in Ruhe, ja!"

Katti und Karolus nickten. Niedergeschlagen verließ van Furr den Raum und überließ seinen beiden Assistenten die Aufgabe sich um Jorge zu kümmern.

Jorge träumte. Wieder sein Traum vom Dschungel, die erfolgreiche Jagd, seine Partnerin, ihr Bauch dick und rund mit einem Wurf Welpen gefüllt. Sie ruhten in ihrem gemeinsamen Versteck. Jorge hielt Wache. Aufmerksam lauschte er, ob sich eine Gefahr ihrem Lager näherte. Gelegentlich schnupperte er im Wind nach fremden Gerüchen. Doch niemand wagte es dem Lager zu Nahe zu kommen. Die anderen Tiere schienen zu wissen, das mit dem Pärchen nicht gut Kirschen essen sein würde, sollte es jemand wagen seine Pfoten oder Krallen in diesen Intimen Bereich zu setzen. Ein Grollen lenkte seine Aufmerksamkeit auf seine Partnerin. Stolz betrachtete er ihren Bauch und er konnte hin und wieder sehen, wie kleine Beulen hervortraten und wieder verschwanden. Die Wel­pen in Ihr waren sehr aktiv. Die Zeit der Niederkunft musste kurz bevor stehen. Sie lag auf der Seite und atmete Ruckweise. Plötzlich schoss aus Ihrem Geburtskanal ein Schwall Fruchtwasser hervor und sie presste. Es war soweit. Er war kurz davor Papa werden. Aufgeregt sprang er auf und trottete zu seiner Gefährtin. Sie knurrte leise, als er sich Ihr näherte. Die Schmerzen, das Leid, dass sie jetzt empfand, projizierte sie auf ihn. Eine Wehe kam und wieder presste sie und ein Köpfchen wurde sichtbar. Die nächste Wehe beförderte sein Erstgeborenes vollständig an das Tageslicht. Ein kleines schwarzes etwas. Es war reglos. Jorge sorgte sich und wollte helfen, doch ein böse klingendes Knurren hielt ihn davon ab sich zu nähern. Er zog sich zurück und legte sich in respektvollem Ab­stand nieder. Die frischgebackene Mutter folgte ihren angeborenen Instinkten und begann das kleine Bündel abzulecken, um dessen Kreislauf anzuregen, es abzutrocknen und von der Nabelschnur zu befreien. Und wirklich erklang ein leises Wimmern von dem Welpen. Blind und Nass kroch es in­stinktiv in Richtung seiner Mutter und fand sein Ziel. Gierig sog es an einer der prallen Zitzen und nahm seine erste Mahlzeit ein. Nach und nach folgte ein Welpe dem anderen und schließ­lich saug­ten vier Kätzchen an den Zitzen ihrer Mutter. Das älteste war tiefschwarz, seine jün­geren Ge­schwister hatten die normale Fellzeichnung von Jaguaren. Jorge war furchtbar stolz auf sich und seine Partnerin, die einen schönen Wurf zu versorgen hatte. Er wollte gerade seine Augen etwas schließen, als er plötzlich eine Stimme, nein, es waren mehrere Stimmen, die er hörte. Sie rie­fen ihn zu sich. Sie klangen fremdartig und doch auch wieder bekannt und vertraut. Er erhob sich und schaute zu seiner Partnerin, die ihn verständnisvoll anblickte und zustimmend grollte. Schwe­ren Herzens wandte er sich von seiner jungen Familie ab. Im Dickicht konnte er 6 Schatten sehen, die gestikulierten, ihn riefen und er trat einen Schritt vor.

„Er kommt zu sich!" hörte er eine weibliche Stimme.

„Wer ist das?" fragte er sich zuerst, doch dann erinnerte er sich, „Katti!

„Ist er gesichert? Ich will kein Risiko eingehen. Sollte er feral geworden sein..."

„Das ist K ... Karolus? Was meint er mit feral?"

„Ich habe es dreimal geprüft! Alles in bester Ordnung."

Jorge spürte, wie jemand ihn hinter seinen Ohren kraulte. Ein wohliger Schauer durchfuhr ihn und er begann zu Schnurren.

„Siehst du Karolus, er fühlt sich wohl!"

„Ja schon, aber ist es Jorge oder ein Tier?"

„Ich bin ich, Jorge! Was quatschen die beiden bloß für einen Unsinn. Wieso ist es überhaupt so Dunkel? Ich habe doch die Augen offen!"

Da bemerkte er, das eine Maske seine Augen verdeckte. Er wollte sie abnehmen und stellte fest, das er seine Arme nicht bewegen konnte.

„Ruhig Jorge, alles ist in bester Ordnung."

„Nichts ist in Ordnung, bindet mich los!" wollte er sagen, doch aus seinem Maul erklang eine ge­dämpfte Mischung aus Knurren, Grollen und Mauzen. Sein Maul war gefesselt. Er verstummte.

„Scheiße. Was ist los?" dachte er?

„Jorge, ich werde die Maske abnehmen. Karolus dimm doch das Licht etwas herunter. ... Danke!"

Er spürte wie Katti sich an seinem Kopf zu schaffen machte und dann wurde es plötzlich hell. Er kniff seine Augen zusammen. Er blinzelte und nach kurzer Zeit hatten sich seine Augen an das Licht gewöhnt. Ganz nah vor sich sah er Katti, die tief in seine Augen sah.

„Karolus, ich glaube wir haben Glück." sagte sie zur Seite gewandt, dann sah sie Jorge wieder an.

„Wäre zumindest etwas." grummelte Karolus „Sei aber vorsichtig!"

„Jorge, wenn du mich verstehst blinzle einmal mit den Augen für Ja. Bitte!"

„Es ist dein Spiel Katti." Dachte er und er blinzelte einmal.

„Hurra, er versteht!" jubelte Katti. „Jorge hast du begriffen was mit dir geschehen ist?"

„Nein habe ich nicht!" er blinzelte zweimal!

„Zweimal geblinzelt, zweimal..." Sie überlegt kurz. „Nein! Ist das richtig? Jorge du meinst „Nein" mit zweimal blinzeln?"

Er blinzelte einmal „JA". „Man das ist ermüdend, wieso kann ich nicht sprechen? Warum bin ich zusammengebunden wie ein Paket.

Katti freute sich derweil, das in der Katze vor ihr noch immer ein menschlicher Verstand hauste, doch sie musste vorsichtig sein und durfte Jorge nicht überfordern.

„Karolus geh zum Doc und sag ihm, das Jorge nicht verloren ist."

„Geht klar." sagte er und verschwand aus dem Raum.

„Jorge, allem Anschein nach ist deine Transformation von uns nicht gestoppt worden, sondern nur kurzzeitig unterbrochen worden. Der Doktor ist tot unglücklich darüber und hat sich in sein Zimmer verkrochen. War ein herber Schlag für ihn gewesen."

Jorge versuchte hinter den Sinn ihrer Worte zu kommen. Er grollte.

„Ich soll wohl auf den Punkt kommen?" fragte sie.

Blinzel. „Ja!"

„Also gut. Du hast dich vollkommen in einen Jaguar transformiert. Ein Prachtexemplar meiner Mei­nung nach. Ein absolut perfektes Jaguarmännchen. Einzig dein Geist ist noch menschlich, jedenfalls hofften wir das.

„Shit!" dachte Jorge, „es war kein Traum gewesen."

Katti griff an seinen Kopf und Jorge zuckte zusammen.

„Ruhig, ich will nur die Riemen um deinen Kopf lösen, damit du dir ein Bild machen kannst."

Sie nestelte an ein paar Riemen und Schnallen herum, die seinen Kopf fixierten.

„Jetzt sollte es gehen!"

Jorges Kopf war frei und er sah an sich herab. Sie hatte Recht. Er ruckelte herum und versuchte sei­ne Arme und Beine, nein, seine Vorderbeine und Hinterbeine freizubekommen, doch die waren im­mer noch fixiert. Flehentlich winselte er. „Lass mich frei. Ich bin auch brav!" Katti zog ihre eigenen Schlüsse aus dem Winseln und hoffte das richtige zu tun.

„Ich soll dich wohl befreien?"

Blinzel „Das wäre verdammt nett!" dachte Jorge. Bondage war immer noch nicht sein Ding und würde es auch nie werden.

Katti überlegte und begann als erstes damit die IV-Nadel aus seinem Bein zu ziehen. Mit einem scharf rie­chenden Spray desinfizierte und versiegelte sie die kleine Wunde. Danach fing sie an, an den Schnallen der Riemen herum zu nesteln. Nach und nach löste sie eine Fessel nach der anderen. Jor­ge rührte sich nicht und hoffte das es bald vorüber sei. Schließlich war die letzte Fessel gelöst und Katti wich von dem Untersuchungstisch zurück.

„Sei bitte vorsichtig, du stehst immer noch unter dem Einfluss starker Medikamente. Mach bitte lang­sam, Okay?"

Jorge blinzelte, er hatte verstanden. Er rollte sich auf den Rücken um Schwung zu haben und drehte sich dann zurück, so dass seine Beine unter seinen Leib gelangten. Dann erhob er sich auf seinen vier Beinen, bis er zum ersten mal stand. Er war wirklich noch etwas wackelig und unsicher. Sein Kopf war nun in einer Linie mit seiner Wirbelsäule und er musst den Kopf nach oben bewegen, um in Kattis Gesicht zu sehen. Dann nahm er all seinen Mut zusammen und sprang vom Tisch. Katti er­schrak und wich etwas zurück, als er auf sie zukam. Doch Jorge hatte nichts Böses im Sinne. Er rieb sich an Kattis Beinen und begann damit laut zu Schnurren, als ob er ein übergroßer Hauskater wäre. Katti erholte sich von dem Schreck und ging in die Hocke.

„Du Schelm du! Du hast mich erschreckt!" lachte sie sanft.

Dann nahm sie Jorge den engen Maulkorb ab und stupste mit ihrer Nasenspitze seine an. Er leckte sanft ihr Gesicht und schmeckte das Salz ihrer Tränen.

„Na sieh mal einer an. Jorge, es freut mich, das du noch da bist!" erklang van Furrs Stimme.

„Doc, Ich...." stammelte Katti überrascht.

Sie und Jorge blickten zur Tür. Im offenen Rahmen stand der Doktor. Sein Haar war verwuschelt und er trug keinen Laborkittel, wie sonst üblich, sondern nur ein einfaches, rot-weiß-kariertes Hemd.

„Keine Sorge, Katti, du hast alles richtig gemacht. Du hättest es bemerkt, wenn er feral geworden wäre."

„Doc, er kann nicht mehr sprechen."

„Ich weiß."

Jorge setzte sich neben Katti auf den Fußboden und versuchte fragend zu blicken. Van Furr trat ein und kniete sich vor dem Jaguar hin. Er wollte auf Augenhöhe mit seinem Patienten sein.

„Jorge ich kann mir nur vorstellen, wie es sein muss ein Tier zu sein, mit einem menschlichem Geist. Ich ... ich entschuldige mich bei dir für mein Versagen!"

Dieses Eingeständnis kam dem Mann nur schwer über die Lippen. Jorge blickte lange in van Furrs Gesicht, dann leckte er ihn ab und versuchte zu lächeln. Es musste erschreckend sein einen Jaguar lächeln zu sehen, doch van Furr wusste was es bedeuten sollte.

„Ist mir also verziehen?"

Jorge nickte. Den Blinzel-Code kannte van Furr noch nicht. Nicken war einfacher zu verstehen. Van Furr umarmte Jorge und er schluchzte auf. Katti starrte überrascht die beiden an. So ein Verhalten hatte ihr ansonsten oft steif und zynisch wirkender Chef noch nie an den Tag gelegt.

„Man erlebt hier doch immer wieder etwas Neues." dachte Sie gerührt.

Karo­lus kam jetzt auch wieder ins Zimmer, er hielt einen kleinen Karton in seiner Hand. Als er van Furr und Jorge sah, blieb er wie angewurzelt stehen. Er räusperte sich mehrmals, bis van Furr zu ihm aufsah.

„Ahh, Karolus, du hast es gefunden?"

„Der Kasten war genau dort, wie sie es sagten." mit einem frechen Grinsen im Gesicht fügte er noch hinzu, „Und das bei ihrem Sinn für Ordnung."

Van Furr überhörte geflissentlich die kleine Spitze.

„Pack es aus, und gib her!"

„Was ist das?" Fragte Katti.

Sie schaute neugierig zu Karolus, der den Karton geöffnet hatte und etwas blaues und etwas rosafar­benes hervorholte und an van Furr weiterreichte. Golden blitzte es im Licht auf und ein zartes Klin­geln ertönte. Jorge legte seinen Kopf schief und schien die Stirn zu runzeln. Van Furr zeigte ihm, was er in Händen hielt. Es waren zwei Halsbänder bis auf die Farbe waren beide identisch. Mit gol­denen Schnallen und je einem Glöckchen.

„Wow, die sehen hübsch aus." Katti klatschte in ihre Hände.

„Sie sind nicht nur hübsch. Sie haben auch eine Funktion." klärte van Furr auf.

„An das habe ich mich vorhin erinnert. Eine Spielerei, aber vielleicht hilft es bei dem Kommunika­tionsproblem." sagte er zu Jorge gewandt.

„Was für eine?" fragte Katti.

Jorge reckte seinen Hals vor und schnupperte. Es duftete schwach und der Duft, er erinnerte irgend­wie nach Hund, nein, Wolf! Jorge war sich sicher, auch wenn er nicht genau wusste, warum er sich so sicher war, vielleicht eine unterbewusste Erinnerung von seinen Zoobesuchen.

„Nur Geduld Katti. Na Jorge welches ist dir lieber? Das Rosafarbene oder das Blaue?"

Jorge blinzelte und trat einen Schritt zurück.

„Ich bin doch kein Hund! Und das Rosafarbene, Pfui nein, kommt nicht in die Tüte!" dachte er und schüttelte sich.

„Seht euch diesen Kater an!" lachte Katti. „Ziert sich etwas."

Sie erntete einen bösen Blick von Jorge.

„Katti schäm dich! Jorge halt bitte jetzt still. Bei meiner Schwester hatte es nicht mehr funktioniert, sie war zu wild, aber bei dir. Wir werden sehen. Also darf ich?" fragte van Furr.

„Wenn es sein muss, warum nicht!" dachte Jorge, und reckte seinen Hals wieder vor und stupste die Hand an, die das Blaue Halsband hielt. Van Furr legte ihm dieses Halsband an und aktivierte einen Schalter. Eine kleine gelbe LED fing an zu blinken.

„Und was nun?" fragte sich Jorge und grollte leise. „.... s nuunnn?" erklang es plötzlich aus einem Miniaturlautsprecher der im Halsband eingebaut war. Noch kratzig und von statischem Rauschen verzerrt, so waren es doch seine Worte gewesen, die er gedacht hatte und vielleicht mit seinem Grollen ausgedrückt hatte. Jorge blinzelte erstaunt und sah in die Runde. Hatte er sich das eingebil­det, doch die Reaktion von Katti sagte ihm dass er nicht halluziniert hatte. Sie sah ihn überrascht an. Van Furr sah zu Karolus, der auch überrascht schien.

„Besser als ich erhofft hatte. Es muss noch besser justiert werden und wir sollten noch einige Nani­ten programmieren, dann sollte es fast perfekt klingen. Gut, dass ich die Interface-Halsbänder nicht weggeschmissen habe."

„Wow, ich, ...., ich k .... kann .... sprechen!" stockend und verkratzt klangen seine Worte aber ver­ständlich. Die Stimme klang aber eher weiblich.

„Dafür ist es gedacht gewesen. Und noch ein paar Funktionen mehr, aber dazu später. Ach Karolus, hol doch bitte meinen Handheld-PC. Ich brauche das Ding um die Stimme einzustellen. Und da ist sicher noch eine Dosis Naniten, die bring auch gleich mit!"

„Bin schon auf dem Weg!"

„Ihr müsst wissen, das Ding hatte ich für meine Schwester gedacht, aber ihr wisst ja."

Ja, Katti und Jorge wussten um das Schicksal seiner Schwester, mehr oder weniger. Nur wenig spä­ter kehrte Karolus zurück und übergab den kleinen Computer und eine Spritze an van Furr. Jorge beäugte die Spritze zweifelnd. Van Furr bemerkte den Blick.

„Keine Sorge Jorge, die sollen dir als Vermittler dienen. Keine weitere DNA Manipulation verspro­chen. Die werden dir dabei helfen das Interface-Halsband noch präziser anzusteuern. Außerdem kann ich so die weiteren Funktionen freischalten. Es ist nur ein kleiner Stich. OK?"

„Sie .... ssssind .... meeeein .... Arzt."

„Fein. Katti hältst du bitte seinen Kopf! Ich will kein Risiko eingehen, die Injektion erfolgt in den Hals."

„OK."

Katti hockte sich neben Jorge hin, streichelte sanft über sein weiches Fell und hielt seinen Kopf so, dass Jorge ihn nicht bewegen konnte. Beruhigend flüsterte sie in sein Ohr.

„Ganz ruhig mein Großer. Hab Vertrauen."

„Okay!" Jorge schloss seine Augen. Vorher sah er noch, wie van Furr die Spritze sorgsam prüfte. Er versuchte sich zu beruhigen und biss seine Kiefer zusammen. Van Furr klappste mehrfach auf eine Stelle von Jorges Hals, der zusammenzuckte, dann aber wieder still hielt. Dann spürte er ein kurzes heißes Gefühl, als van Furr die Nadel in eine seiner Venen, oder hieß es Arterien stach und den In­halt der Spritze in ihn injizierte. Jorge hatte sich auf stärkere Schmerzen vorbereitet, in Erinnerung an vergangene Injektionen, doch die blieben diesmal aus. Als van Furr die Nadel wieder herauszog und die Wunde mit einem Spray versiegelte, spürte Jorge nur ein schwache Taubheit, die aber bald verschwand.

„So, das war es schon. Sehr gut gemacht Jorge. Katti du kannst ihn jetzt los lassen."

Van Furr griff sich nun den kleinen Computer und begann die Einstellungen des Halsbandes zu kor­rigieren. Nach und nach änderte er die Tonlage und das Timbre des Synthesizers. Er sprach dabei mit Jorge und stellte Fragen und wenn Jorge antwortete, konnte er den Erfolg seiner Bemühungen gleich überprüfen. Auch übermittelte er an die Naniten entsprechende Steuerbefehle, so dass die winzigen Maschinen dauerhaft Ihre Aufgabe erledigen konnten, die Signale aus Jorges Gehirn an das Halsband zu übermitteln. Nach kurzer Zeit war er fertig und Jorge war mehr als erfreut wieder eine menschliche Stimme zu haben, auch wenn es seltsam klang, wenn er sprach, denn aus seiner Kehle erklang oft eine Folge von Grollen, Knurren und Maunzen, sein tierisches Sprachzentrum war schließlich auch vorhanden. Ein lautes Knurren erklang plötzlich, das Halsband blieb stumm.

„Ist es defekt?" fragte Katti.

Jorge schüttelte den Kopf-

„Ich habe Hunger!" antwortete er.

„Katti, was haben wir an Fleisch?"

„Oh, ähm, da ist ein Braten im Kühlschrank. Das Stück ist eigentlich für heute Mittag gedacht."

Ein Braten, Fleisch! Jorge lief das Wasser im Maul zusammen, bei diesem Wort.

„Tja da müssen wir wohl umdisponieren. Jorge braucht das mehr als wir. Mal schauen ob auch Kat­zenfutter oder Hundefutter geht."

„Tierfutter?" Jorge schüttelte sich bei dem Gedanken.

„Nun tu nicht so entsetzt! Jorge das klingt vielleicht schlimmer als es wirklich ist. Und du musst be­denken, dass du jetzt einen Tierkörper hast. Von der Qualität und dem Geschmack sollte es für dich kein Problem sein! Da ist alles drin was eine Katze braucht."

„Der Gedanke ist aber seltsam!" maulte Jorge, der sich noch nicht als das ansah, was er nun war.

„Wir werden sehen. Katti und Karolus werden heute Nachmittag eine Einkaufstour machen. Aber jetzt gehen wir erstmal Frühstücken!" ordnete van Furr an.

„Verdammt, die letzten Tage waren so ein durcheinander, es wird Zeit für einen geregelten Ablauf hier." brummelte van Furr, der den Raum als letzter verließ und den anderen zur Küche folgte.

Ankunft

Das Klingeln des Telefons riss van Furr aus seinen Gedanken. Nach dem Frühstück hatte er sich in sein Büro zurückgezogen. Katti und Karolus machten klar Schiff und Jorge hatte den Drang ver­spürt das weitläufige Grundstück zu erkunden. Van Furr hatte ihn ziehen lassen, nachdem er ihn eindringlich ermahnt hatte ja nicht das Gelände zu verlassen. Van Furr nahm das Gespräch an.

„Olá, Sr."

Van Furr hörte im Hintergrund das typische Grummeln einer großen Menschenmenge und Durchsa­gen, wie man sie von Flughäfen her kennt.

„Ah, Doktor Coringa. Schön von Ihnen zu hören."

„Sim, todo meu. Ah verzeihen Sie, ich werde versuchen deutsch zu sprechen."

„Sehr freundlich von Ihnen, mein Portugiesisch ist doch sehr eingerostet. Ich nehme an, das Sie gut angekommen sind?"

„Oh ja, hat zwar etwas gedauert durch die Kontrollen zu kommen, aber nun ist alles gut."

„Fein, fein, ich werde ihnen ein Taxi schicken, das sie abholen wird. Der Fahrer ist leicht zu erken­nen. Sein Name ist Paschulke."

„Paschulke Ok. Aber was meinen Sie mit „leicht zu erkennen"?"

„Sie werden sehen, Herr Kollege. Gehen Sie einfach vor das Haupttor und warten Sie."

„Schön, werde ich."

„Ich freue mich darauf sie persönlich kennenzulernen."

„Até então!"

Coringa beendete das Gespräch und begab sich zum Haupteingang des Flughafens. Immer wieder sah er sich um, - seine lange Tätigkeit für diverse Organisationen hatte ihn vorsichtig werden lassen -, doch er bemerkte befriedigt, dass niemand ihn beobachtete, bzw. sich auffällig unauffällig ver­hielt. Schließlich wartete er in der Nähe des Taxistandes. Ein Taxi nach dem anderen fuhr vor, doch keiner der Fahrer fiel ihm besonders ins Auge. Andere Fluggäste bestiegen die Taxen oder wurden gebracht. Da näherte sich wieder eine Taxe, Coringa warf wieder nur einen kurzen Blick auf den Fahrer und schaute gleich nochmal hin. Doch er hatte richtig gesehen. Der Fahrer sah besonders aus. Das Taxi fuhr langsam an der Reihe der anderen wartenden Taxen vorbei, deren Fahrer sich of­fensichtlich darüber ärgerten, dass es jemand wagte sich vorzudrängeln. Schließlich hielt das Auto vor dem Haupteingang und der Fahrer stieg aus.

„Hey Paschulke, was soll'n das? Hier wird sich nicht vorgedrängelt!" rief einer seiner Kollegen wü­tend.

„Tut mir Leid Otto! Ist ein Spezialauftrag, soll nen VIP abholen."

„Du und deine Aufträge!"

„Na jetzt beruhige dich mal Otto, habe dir ja schließlich auch schon mal den einen oder anderen Fahrgast zugeschustert."

Der andere Taxifahrer winkte ab und setzte sich in seinen Wagen.

„Sie sollen wohl mich abholen?" fragte Coringa, der mittlerweile an Paschulkes Taxi herangetreten war.

„Wenn Sie Herr Dr. Nuno Coringa sind, dann lautet meine Antwort „ja"."

„Genau der bin ich. Sr. Paschulke."

„Woher .... ? Ach sicher der Doktor, na denn fein, her mit ihrem Gepäck und nehmen Sie schon mal bitte Platz."

Diensteifrig nahm Paschulke von Coringa den kleinen Koffer entgegen und verstaute das Gepäck­stück im Kofferraum seines Fahrzeuges, währen sein Fahrgast im Fond Platz nahm.

„Angeschnallt sind sie? Gut, ich soll mich nämlich beeilen!"

Ohne auf eine weitere Antwort seines Fahrgastes zu warten fuhr Paschulke zügig los. Coringa blieb während der Fahrt still. Zu fasziniert war er von dem Mann, der so Hundeähnlich aussah und die Fahrt über fast ununterbrochen plapperte, wie man es von seinem Berufsstand weltweit gewohnt war. Insgeheim fragte sich Coringa ob das Aussehen seines Fahrers das Ergebnis einer kosmeti­schen OP war, oder ob mehr dahintersteckte? War es das Werk von diesem van Furr? War dieser Wissenschaftler so gut? Oder.... Ein scharfes Bremsmanöver, das Paschulke durchführte, riss Co­ringa aus seinen Gedanken.

„Himmelsackzement!" fluchte Paschulke „Dieser Sonntagsfahrer!"

Direkt vor ihm war aus einer Nebenstraße ein Audi auf die Hauptstraße eingebogen und hatte ihn geschnitten und nun fuhr dieser Wagen vor ihm.

„Hartmut, pass doch auf, da ist ein Taxi gewesen!" rief Jorges Mutter erschrocken auf.

„War mehr als genug Platz." grummelte ihr Mann, der sich noch immer über sein Navi ärgerte, das ihn mitten durch die Stadt gelotst hatte.

„Eben nicht, Liebling, der Fahrer ist ganz schön in die Eisen gegangen."

„Dann war er zu schnell gewesen. Hast du Jorge noch erreicht?"

Anitevka schüttelte den Kopf. Jorges Telefon war nicht erreichbar und sie hatte vergessen nach der Nummer von diesem Arzt zu fragen, worüber sie sich immer noch ärgerte.

„Nun, ihm wird es schon gutgehen, da bin ich mir sicher. Wir sind ja glücklicherweise gleich da. Siehst du, hier ist ja schon die Kuckucksgasse"

Hartmut bog in die schmale Straße ein, links und rechts waren nur noch weite Felder und in einiger Entfernung sah er einen Wald, durch den die Straße führte.

„Erstaunlich, dass jemand so weit draußen eine Praxis eröffnet haben soll. Woher dieser Doktor wohl seine Patienten bekommt." murmelte er.

Als sie den Wald erreichten sahen Sie, dass auf der linken Straßenseite eine hohe Mauer die Bäume des Waldstückes einfasste. Schließlich meldete das Navi, dass sie unmittelbar vor dem Ziel seien. Ein großes, eisernes Tor unterbrach die Mauer des sehr umfangreichen Anwesens. Es war weit offen und ohne zu zögern fuhr Hartmut auf das Grundstück. Überrascht stellte er fest das, das Taxi ihnen den gesamten Weg gefolgt war und nun auch durch das Tor fuhr. Hartmut fuhr die geschwungenen Auffahrt entlang, die links und rechts von einer hohen Hecke eingesäumt war. Schließlich blieb die Hecke zurück und gab den Blick auf das Anwesen frei.

„Donnerlittchen, was für ein Kasten!"

„Sieht unheimlich aus."

„Meinst du? Ich finde die Architektur großartig. So baut heutzutage niemand mehr."

Hartmuts Augen leuchteten vor Begeisterung. Er stoppte den Waagen auf dem Hof des viel kleine­ren Praxisgebäudes und stieg aus. Anita stieg ihrerseits aus und warf einen Blick in die Runde. Ihr kam das Hauptgebäude noch immer nicht geheuer vor, das kleinere Praxisgebäude schien schon einladender zu sein. Eine schnelle Bewegung, die sie aus dem Augenwinkel wahrnahm erregte plötzlich ihre Aufmerksamkeit. Sie meinte einen schwarzen Schatten, der hinter einer Ecke des al­ten Haupthauses verschwand, gesehen zu haben, doch sie konnte sich auch getäuscht haben. Eine Stimme rief plötzlich ihren Namen. Und alte Erinnerungen brachen über sie herein.

„Anita? Bist du das wirklich?"

Sie erstarrte, nein das konnte nicht wahr sein. Sie hörte schnelle Schritte, die sich näherten und sie drehte sich um. Ehe sie auch nur ein Wort sagen konnte, umarmten sie zwei kräftige Arme und drückten Sie an den Körper eines großen schlanken Mannes.

„Anita, minha Querida, wie lange ist es her. Oh Deus, lass dich ansehen."

Zwei kräftige Hände hielten ihre Schultern und der Mann betrachtete Sie eingehend, verschlang sie fast mit seinen Blicken.

„Nuno?"

Wer anders konnte es sein. Vor ihr stand eine ältere Version ihres Sohnes. Das Gesicht war runder und bereits von einigen Falten durchzogen. Die Schläfen ergraut. Doch die Augen versprühten im­mer noch das Feuer, das sie vor Unzeiten hingeschmolzen hatte. Sie errötete und war sich plötzlich ihres eigenen Äußeren mehr als bewusst. Ihre Figur hatte nicht mehr die Kurven ihrer Jugend. Die Brüste waren nicht mehr so fest. Sie fühlte sich so alt und hässlich.

„Sieh mich nicht so an! Bitte."

Coringa ließ seine alte Liebe los und trat etwas zurück.

„Sie sind also Nuno Coringa?" fragte Hartmut, der herangetreten war.

„Ja, der bin ich und Sie sind?" erwiderte Coringa.

„Nuno, darf ich vorstellen, das ist mein Mann, Hartmut Grünberg."

„Sehr erfreut, sie kennenzulernen."

Hartmut reichte Coringa seine Hand entgegen und war überrascht von dem festen Händedruck. Das hatte er jetzt nicht so erwartet. Und auch ihm fiel die Ähnlichkeit zwischen Jorge und Coringa auf. Vor ihm stand wirklich der Vater seines Stiefsohnes.

„Wieso bist du hier?"

„Ähm, wahrscheinlich aus demselben Grund wie du. Jorge, deine..., unserem Sohn, von dem du, du behauptet hast, dass du ihn verloren hättest"

„Ich, ich hatte meine Gründe."

„Hattest du Angst, dass ich unser Kind nur als Experiment angesehen hätte? Hast du mir deshalb damals gesagt, dass unser Kind gestorben sei?"

Sie nickte zögernd.

„Ich glaube, dass du damals richtig gehandelt hast, ich war so verdreht gewesen." gab Coringa zu und erntete einen überraschten Blick.

„Woher hast du es erfahren?" fragte sie ihn.

Bevor er antworten konnte erklang eine vierte Stimme.

„Das Frau Meijer, oder sollte ich Frau Grünberg sagen, das war ich gewesen!"

Die drei drehten sich zu der Stimme und erblickten Dr. van Furr, der vor die Praxis getreten war.

„Ah Herr Paschulke, gute Arbeit, wie immer. Die Rechnung schicken Sie wie üblich?" sagte van Furr zu dem Taxifahrer gewandt.

„Jawoll Herr Doktor, war mir eine Freude ihnen wieder mal zu Diensten gewesen zu sein."

Der Taxifahrer, der inzwischen den Koffer seines Passagiers ausgeladen hatte, stieg wieder in seinen Wagen ein und fuhr langsam vom Hof. Van Furr winkte ihm nach bis er hinter der Hecke ver­schwunden war. Dann trat van Furr forsch auf seine drei Gäste zu.

„Gestatten Sie, dass ich mich vorstelle. Dr. Johann Albrecht Wolf van Furr ist mein Name. Und..."

„Sie?! Wo ist mein Sohn?" unterbrach ihn Anita. Ihre Augen blitzten.

„Sie sind so direkt wie Ihr Sohn. Nun, ich kann ihnen versichern, dass es Jorge, den Umständen ent­sprechend, gut geht."

„Warum sollte ich Ihnen glauben. Sie sind nur ein weiterer Quacksalber, der meinen Sohn mit sei­nen Geschichten eingewickelt hat."

Die Zornesröte schoss Jorges Mutter ins Gesicht, doch van Furr blieb trotz dieses Vorwurfes ruhig.

„Ich kann Sie sehr gut verstehen. Aber sollten wir nicht hineingehen und dort in aller Ruhe alles weitere besprechen. Außerdem möchte Jorge seinen Vater persönlich kennenlernen, wenn Sie mir also bitte folgen wollen."

„Aber."

„Kein „aber", kommen sie mit in mein Haus. Seien Sie meine Gäste. Dort lässt sich alles viel besser erklären. Und nicht nur ich, nein Jorge will auch die Wahrheit hören. Die volle Wahrheit, von Ihnen beiden"

Van Furr drehte sich um, ging zum Haus und ließ die drei auf dem Hof zurück.

„Komm Liebling, hat keinen Sinn hier draußen zu bleiben."

„Verdammt."

„Anita, wir sind den weiten Weg hierher gefahren und ich habe keine Lust, nun vor der Tür Wurzeln zu schlagen!"

„Du hast Recht. Dieser van Furr ist uns was schuldig und ich will Jorge sehen. Verdammt wo ist der Bursche nur?"

„Wir werden sehen. Komm jetzt."

Er nahm seine Frau in den Arm und führte sie in die Praxis, Coringa, der die Szene schweigend ver­folgt hatte, folgte ihnen, mit seinem Koffer in der Hand.

Hallo Ma!

Wenig später saßen die drei im Büro von van Furr, jeder eine Tasse Kaffee vor sich, doch niemand dachte daran etwas zu trinken. Nur van Furr nahm gelegentlich einen Schluck zu sich, um seine Kehle zu befeuchten, denn er erzählte wie er Jorge kennengelernt hatte und wie er ihn von der All­ergie heilen wollte. Er unterstrich stolz den Erfolg, doch von den Nebenwirkungen sprach er nicht. Noch nicht.

„Ist ja schön und gut, aber wo ist mein Junge?" brach Anita ihr Schweigen.

Sie hatte interessiert zugehört und war beeindruckt von der Geschichte, doch sie war nicht wegen ir­gendwelcher Geschichten gekommen, die besser in eine Fachzeitschrift passten

Auch Coringa wurde langsam unruhig, denn ihm schwante nichts Gutes. Als er von den Naniten hörte, die das Erbgut verändern konnten hatte er sehr aufmerksam zugehört und jede Information in sich aufgenommen, die van Furr erwähnte. Während des Fluges hatte er mehrfach seine alten Unter­lagen durchgearbeitet um seine alten Erinnerungen aufzufrischen. Der Virus, den er damals entwi­ckelt hatte, war eine Spielerei eines jungen aufstrebenden Forschers gewesen. Dass ein Mensch mit dem Ding in Kontakt kommen sollte war nie sein Plan gewesen, es war ein Unfall gewesen und das Anita zudem schwanger gewesen war machte es noch verzwickter. Er war insgeheim froh gewesen, als sie ihm gesagt hatte, dass sie das Kind verloren hatte und die Beziehung mit ihm beendete. Er erkannte nun, dass er damals nicht so einfach hätte klein beigeben dürfen. Nun durfte es zu spät sein, um etwas wieder gut zu machen. Er war überzeugt, dass mit Jorge etwas nicht stimmte, denn ohne einen triftigen Grund hätte der deutsche Arzt ihn sicher nicht kontaktiert und wie ist der Mann überhaupt an seine Daten gekommen. Das bereitete Coringa besondere Kopfschmerzen, denn er wusste genau, dass er noch immer überwacht wurde, wenn auch nur noch Stichprobenartig, aber immerhin.

Van Furr hatte die Frage von Jorges Mutter erwartet. Er setzte sich in seinem bequemen Sessel auf, nahm einen Schluck von dem guten Kaffee. Es wurde langsam Zeit. Er hatte auch während seiner Erzählung sehr aufmerksam auf Coringa geachtet. Seinem älteren Kollegen schienen einige Gedan­ken durch den Kopf gegangen zu sein, die sich wohl um die Konsequenzen seines Schaffens dreh­ten.

„Jorge? Der ist hier im Hause!" antwortete van Furr, -Hoffe ich zumindest!- fügte er im Geiste hin­zu. -Er wird sicherlich die Autos gehört haben.-

„Dann soll er gefälligst auch erscheinen."

„Ja das wird er auch, doch ich muss sie warnen! Er hat sich etwas verändert." -Oh man, das ist die Untertreibung des Tages- „Aber er ist immer noch er selbst, von dem ein oder anderen mal abgese­hen. Also bitte bleiben sie ruhig."

Van Furr griff nach der Haussprechanlage.

„Katti?"

Kurz knisterte die Statik im Lautsprecher, dann erklang Kattis Stimme.

„Ja Herr Doktor?"

„Komm bitte zu uns und bring auch Jorge mit. Er ist doch bei dir, oder?"

„Ja, das ist er. Aber sind Sie sich sicher?"

„Seine Anwesenheit ist mehr als erwünscht und wir sollten unsere Gäste nicht länger warten lassen!"

„Wie Sie wünschen."

Das kleine Gerät knackte kurz und verstummte. Katti atmete tief durch und sah Jorge an.

„Und Jorge, bist du bereit?"

Der Jaguar lag auf einem Teppichstück zu Füßen von Katti. Sein Schwanz klopfte nervös auf den Bodenbelag und er blickte zu der Katzendame auf, die sich wieder in Ihre Burka gehüllt hatte. Er hatte die Ankunft der zwei Autos bemerkt und war erst neugierig zum Hof geschlichen, um einen Blick auf die Neuankömmlinge zu werfen. Doch als er seine Mutter gesehen hatte, war er wie der Blitz um die Ecke des alten Haupthauses gewetzt.

„Bringen wir es hinter uns!"

Er erhob sich und trottete zur Tür. Katti ging voran und trat als erste in van Furrs Büro ein. Jorge wartete auf das Stichwort. Sein Herz schlug wie wild.

„Katti, darf ich dir Jorges Familie vorstellen? Das hier ist Herr Hartmut Grünberg, Jorges Stiefva­ter."

„Ich bin sehr erfreut sie kennenzulernen. Jorge hat uns bereits einiges erzählt. Er hält große Stücke auf Sie."

Katti bewegte sich graziös auf Hartmut zu, der etwas steif wirkte, als er den Händedruck der großen verschleierten Frau erwiderte.

„Sehr erfreut." murmelte er und warf einen scheuen Blick auf seine Partnerin.

„Hier ist seine Mutter, Frau Anitevka Meijer!"

„Meijer-Grünberg um genau zu sein." fügte Jorges Mutter hinzu.

„Sie haben einen prächtigen Sohn aufgezogen, auf den sie mit Recht stolz sein können!"

„D.. danke, es war nicht einfach."

Zu guter Letzt reichte Sie Coringa die Hand, der, ganz alte Schule, Ihr einen Handkuss gab. Katti wurde ganz verlegen. Wenn sie ein Mensch gewesen wäre, wäre Sie errötet.

„Sie sind ja ein Charmeur."

„Auch wenn ich nicht Ihr Gesicht sehe, so weiß ich es doch zu würdigen, wenn eine hübsche Frau anwesend ist."

Er warf auch einen Blick zu seiner alten Liebe, die errötete, als sie den Blick bemerkte.

„Hat es einen besonderen Grund warum Sie verschleiert sind." fragte Hartmut.

„Den hat es, Herr Grünberg, den hat es. Nichts religiöses jedenfalls, wenn es sie beruhigt." wich Katti einer direkten Antwort aus.

„Katti, ist etwas ganz besonderes. Sie ist von mir verändert worden. In sehr weitreichendem Maße verändert - muss ich hinzufügen."

„Mit Hilfe der Naniten?" fragte Coringa.

Van Furr nickte.

„Katti würdest du bitte!"

„Wie Sie wünschen."

Katti streifte langsam den Schleier ab und offenbarte so den drei Gästen ihre wahre Gestalt. Die Au­gen der drei Besucher wurden riesengroß ungläubig starrten sie Katti an, als sie ihre Burka ablegte.

„Ahhhhh, so ist es viel besser." sagte Katti erleichtert. „Der Stoff ist zwar dünn, doch mit dem gan­zen Fell darunter wird mir im Haus doch sehr warm."

Katti faltete das Kleidungsstück sorgfältig zusammen und legte es beiseite. Sie genoss die ungläubi­gen Blicke der drei Menschen. Van Furr hatte sich in seinem Sessel zurück gelehnt und betrachtete die Szene, die sich ihm darbot.

„W.... was ..." stotterte Anita, die als erste ihre Stimme wiederfand. „Ich muss träumen, gleich wa­che ich auf." schoss es ihr durch den Kopf.

„Das ist ein sehr realistisches Kostüm." stellte Hartmut trocken fest.

Coringa schwieg, „Nein," dachte er, „das kann kein Kostüm sein. Das ist echt. Wow!"

„Ein Kostüm?" schnurrte Katti fragend und lachte leise. „Ich muss Sie wohl doch erst überzeugen!"

Sie schritt betont langsam und graziös auf den Mann zu und streifte ihre Handschuhe ab. Als sie di­rekt vor ihm stand, beugte sie sich vor und sah ihm tief in die Augen. Hartmut hielt die Luft an. Die geschlitzten Pupillen schienen ihn zu verschlingen. Dann blinzelte Katti und er sah die Nickhäute.

„D... das ist echt!" japste er. „Anita, Sie ist echt!"

Kattis langer Schwanz ringelte sich vergnügt. Sie streckte sich, lachte laut auf und grinste so breit wie die Cheshire Katze.

„Überzeugt?" fragte sie.

„Was sind Sie?" fragte Jorges Mutter, die insgeheim immer noch hoffte zu schlafen und einen ver­rückten Traum zu haben.

„Was ich bin? Ich bin die Assistentin des Doktors."

„Katti," meldete sich van Furr zu Wort, „Ich glaube es wird Zeit, dass Jorge seinen Auftritt hat. Dann ist noch Zeit genug für Erklärungen!"

„Stimmt, Doktor. Lassen wir die Katze aus dem Sack."

Sie ging zur Tür und öffnete sie. Hartmuts Augen wurden riesengroß, als er die große schwarze Kat­ze sah, die auf leisen Pfoten das Büro betrat. Coringas klappte seinen Mund auf und doch brachte er keinen Ton hervor. Jorges Mutter schrie überrascht auf, sprang von dem Sessel hoch und stolperte über ihre eigenen Beine, die ihr den Dienst verweigerten. Sie fiel vornüber und befand sich unverse­hens auf Augenhöhe mit der riesigen Raubkatze. Aus der Kehle der Katze grollte es sanft.

„Hallo Ma." erklang es aus dem blauen Halsband.

„Jorge?" brachte Anita noch ungläubig hervor, dann verlor sie das Bewusstsein.

Zeit für Erklärungen

Anita spürte wie ein nasser, warmer, aber auch furchtbar rauer Lappen ihr immer wieder über das Gesicht gewischt wurde. Sie nieste, hielt aber die Augen noch geschlossen.

„Jorge, lass deiner Mutter etwas mehr Platz." erklang die Stimme von van Furr.

„Ja, gut." Sie hörte etwas leise tapsen.

„Ma? Bist du wieder wach?" fragte dieselbe Stimme.

„Jorge?" Die Stimme klang fast wie die ihres Sohnes, doch sie schien etwas verzerrt zu sein. Viel­leicht lag es aber auch an diesen grollenden und maunzenden Tönen, die sie auch hörte. Sie merkte erst jetzt, dass sie auf dem Fußboden lag. „Jorge!" schoss es ihr durch den Kopf. Schlagartig richte­te sie sich auf und sah sich um, Nuno und Hartmut saßen stocksteif in Ihren Sesseln und starrten in eine Ecke des Büros. Als sie auch in dieselbe Richtung blickte stockte ihr der Atem. Dort, keine zwei Meter von ihrem Platz entfernt, saß die große schwarze Raubkatze, die sie vorhin so er­schreckt hatte. Die Katze hatte den langen, buschigen Schwanz um die Beine gelegt. Die Ohren des Tieres zuckten. Und Anita bemerkte, dass die Augen der Katze sie intensiv anstarrten. Die Augen, die Augen kamen Ihr so bekannt vor. Sie schluckte.

„Jorge, ..... Jorge, b .... bist du das?" fragte sie stockend.

Die Katze nickte, und legte den Kopf schief. Aus dem Halsband ertönte ein zögerliches „Mhm!"

„K ..... Komm her."

Jorge zögerte.

„Komm her!"

Jorge erhob sich und langsam näherte er sich seiner Mutter. Seinen Schwanz hielt er nur knapp über den Boden. Die Spitze zuckte nervös hin und her. Als er in ihrer Reichweite war, ergriff sie mit bei­den Händen seinen massiven Kopf und zog ihn ganz nah an sich heran und beide blickten sich tief in die Augen. Warmer Atem puffte aus seiner Nase und strich ihr über das Gesicht. Er nahm ihren Duft wahr, der jetzt weniger nach Angst roch, als noch kurz zuvor.

„Du bist es wirklich. Oh Jorge, was hat man mit dir gemacht?"

„Tut mir Leid Ma." maunzte Jorge.

„Schei...!" sie verschluckte den Fluch und der Zorn einer Mutter baute sich in ihr auf und suchte das rich­tige Ziel. Sie blickte van Furr an und Ihre Augen funkelten vor Wut.

„Sie, Sie, was haben sie mit meinem Sohn gemacht? Sie ....!" zischte sie.

Die nächsten Minuten verfluchte und beschimpfte sie van Furr. Sie benutzte Worte, die einem Fuhr­mannsknecht zur Ehre gereicht hätten und jedem der Anwesenden die Schamröte ins Gesicht trieb. Zuguterletzt brach sie in Tränen aus und umarmte die Katze, die ihr Sohn nun war und ihre Tränen rannen hemmungslos in sein Fell, das von der Feuchtigkeit noch dunkler wurde. Van Furr blieb wei­terhin ruhig. Ihre drastischen Worte perlten an ihm ab, wie Wasser von einem Lotusblatt. Als sie schließlich verstummt war, setzte er sich auf und wollte zu einer Erklärung ansetzen, als eine Geste von Coringa ihn innehalten ließ.

„Anita!" sagte er. „Dein Zorn richtet sich gegen den falschen Mann!"

Sie blickte ihn mit ihren verweinten Augen an.

„Wie meinst du das?"

„Hast du vorhin nicht zugehört? Dr. van Furr trifft keine Schuld. Du hast damals mich ungeladen besucht. Du warst von meinem kleinen Projekt damals so fasziniert gewesen. Hast du das Vergessen? Wenn du jemanden verantwortlich machen willst, dann mich! Es ist meine Schuld. Ein­zig meine Schuld, das unser Kind, Jorge, nun so ist, wie er ist."

Sie senkte ihren Blick zu Boden und dachte nach. Unbewusst begann sie damit Jorge zu kraulen, der sich mittlerweile neben seine Mutter gelegt hatte und anfing, wie die größte Hauskatze der Welt, zu schnurren. Es war ihm nicht bewusst, aber es erfüllte seinen Zweck und beruhigte seine Mutter. Aufmerksam lauschte er seinem Vater, als der mit seiner Geschichte anfing.

„Es ist nun fast dreißig Jahre her, als ich eines Tages die Idee hatte, einen ganz speziellen Virus ent­wickeln zu wollen. So nebenher, neben meiner Arbeit an der Universität. Mein Dekan hatte nichts dagegen. Also begann ich mit der Arbeit."

„Was sollte der Virus machen?" fragte Karolus.

„Tja es klingt verrückt; was sage ich, nachdem ich Fräulein Katti gesehen, weiß ich, das es nicht verrückt war; aber ich wollte ein Verfahren entwickeln, mit dem man die DNA einer Spezies so mo­difizieren kann, dass eine andere oder sogar ganz neue Spezies entsteht. Ich wollte die Charakteris­tika von der einen zur anderen transferieren. Ich wählte damals als Spender einen schwarzen Jaguar aus. Offen gesagt meinem Lieblingstier. Was war das für ein Aufwand gewesen die DNA zu ent­schlüsseln, aber ich konnte mir genügend Rechenzeit zusammenklauben. Ein paar Kollegen glauben noch heute, dass sie für eine Vorform des HGP gearbeitet haben, stattdessen haben sie mir dabei ge­holfen Jaguar DNA zu analysieren. Es hat jedenfalls sehr lange gedauert und manche meiner Me­thoden waren fast schon kriminell gewesen, so besessen war ich von meinem Projekt gewesen."

Coringa seufzte und sah bedrückt zu Boden.

„Das kenne ich nur zu genau." stimmte ihm van Furr verständnisvoll zu.

„Wie auch immer, es hat gute 4 Jahre gedauert und dann hatte ich meinen Durchbruch. Ich hatte ei­nige Mäuse mit dem Virus geimpft und anschließend wurden sie verpaart. Bei einer hatte es ge­klappt. Ein Wurf kleiner Mäuschen war das Ergebnis. Sie sahen zuerst wie ganz normale Mäuseba­bys aus. Sie entwickelten sich ganz normal, doch nach wenigen Wochen fingen 2 der kleinen Tier­chen an sich zu verändern. Sie färbten sich Pechschwarz, der Schwanz verlängerte sich und es sprossen Haare auf dem Schwanz. Der Vorgang verlief rasend schnell, man konnte quasi sehen, wie sich der gesamte Körper der beiden Jungtiere umwandelte. Ich beobachtete den Vorgang ganz ge­nau. Es schien recht schmerzhaft zu sein, besonders als der Schädel sich seiner neuen genetischen Veranlagung anpasste. Ich verabreichte den beiden Tierchen leichte Schmerzmittel um ihre Schmer­zen zu lindern. Nach wenigen Stunden war das Martyrium der kleinen aber vorbei und in dem Käfig liefen zwei winzige, schwarze Katzen umher. Mein Projekt war ein voller Erfolg. Und zur Feier des Tages habe ich die Vorstellung eines Zirkus besucht, der in der Stadt gastierte und der mit seiner Raubtierdressur warb. Schwarze Jaguare sind schon selten, aber dann auch noch dressiert, da konnte ich nicht widerstehen."

„Dort hast du dann meine Mutter kennengelernt?" fragte Jorge, der zum ersten Mal seinen Vater an­sprach.

„So war es."

„Aber es war kein One-Night-Stand?"

„Anita, hast du es so erzählt? " fragte Coringa Anita, die nur mit den Schultern zuckte. „-Das war wahrscheinlich besser so.-" fügte er leise hinzu und fuhr dann mit seiner Geschichte fort. „Nein, es war kein One-Night-Stand gewesen. Sie saß direkt neben mir und verfolgte, genauso gebannt wie ich selber, die Show. „Was für ein niedliches Ding" hatte ich gedacht. Und nach der Raubtierdressur bejubelte Sie noch enthusiastischer als ich, die Leistung der beiden Jaguare. Ich weiß bis heute nicht, was sie damals geritten hatte, denn Sie fiel mir, einem Ihr vollkommen Fremden, plötzlich um den Hals und gab mir einen Kuss. Ich erstarrte zur Salzsäule und sie errötete vor Scham, wie ein kleines Schulmädchen. Sie setzte sich auf ihren Stuhl und machte sich ganz klein. Ihren Blick auf den Boden gerichtet stotterte sie eine Entschuldigung. In den Sitzreihen hinter uns erklang amüsier­tes Gelächter und ein paar zotige Kommentare ließen auch mir das Blut ins Gesicht schießen. In der Pause verkrümelten wir uns, nah besser, ich schnappte mir das hübsche, junge Ding, das neben mir saß und zog sie hinter mir her. Sie war noch immer beschämt und realisierte zuerst gar nicht wie ihr geschah."

„Oh ich realisierte schon was vor sich ging!" unterbrach ihn Anita. „Und die darauffolgenden Stun­den waren. Nun sie waren sehr erregend. Nuno war sehr attraktiv und jung und ausdauernd."

„So jung war ich nicht!"

„Das habe ich erst später herausgefunden."

Sie streckte frech die Zunge raus und er verstummte. Dann fuhr Anita fort.

„Er brachte mich spät in der Nacht heim und wir tauschten Telefonnummern aus und am nächsten Nachmittag rief er tatsächlich an. Die nächsten zwei Monate waren die bis dato schönsten meines Lebens, bis eben zu dem Tag an dem er mich in sein Laboratorium einlud."

„Ich hatte dich nicht eingeladen, du wolltest mich überraschen."

„Du hast mich eingeladen! Du hattest es oft genug gesagt, dass ich mal vorbeikommen sollte und deine Arbeit hat mich interessiert. Und eines Tages hatte ich eine wunderbare Nachricht, die ich ihm mitteilen wollte. Also ging ich zu der Universität an der Nuno tätig war. Der Portier ließ mich ohne Probleme ein und gab mir auch eine gute Wegbeschreibung mit. So fand ich ohne große Schwierig­keiten das Labor, in dem mein Liebster seine Forschungen betrieb." - „Du brauchst nicht so eifer­süchtig schauen, Liebling, das ist schon so lange her!" - „Also, wo war ich stehengeblieben? Ah ja. Ich war keine Studentin und hatte eigentlich noch weniger eine Ahnung an was er genau arbeitete, aber er hatte mir doch von seinen kleinen Nebenprojekten erzählt, die er, dank seines wohlwollen­den Dekans, neben seiner Arbeit weiterführen durfte. Heute weiß ich, dass ich mich von seiner Ar­beit hätte fernhalten sollen."

„Hinterher ist man immer schlauer, es bringt also nichts darüber nachzudenken was eventuell hätte anders laufen können. Geschehen ist geschehen."

„Ja, so sollte man es sehen. Was wäre wenn, es ist sinnlos!"

„Und was ist dann weiter geschehen?"

„Nun ich stand also vor der Tür und konnte Nuno durch ein kleines Fenster sehen, wie er im Labor mit einem Glas hantierte. Leise öffnete ich die Tür, schlich mich an ihn heran und umarmte ihn dann ganz plötzlich. Oh wie hatte er sich erschrocken. Ich quiekte vor Freude über meinen gelunge­nen Streich, doch er drehte sich um und dabei übergoss er mich mit dem Inhalt des Glases. Eine gute Portion davon gelangte in meinen Mund und aus purem Reflex schluckte ich etwas von der Flüssigkeit, den Rest spuckte ich aus."

„Wenn ich einmal unterbrechen darf. Herr Kollege, was war das für eine Flüssigkeit?"

„Oh, wenn ich mich recht erinnere, waren in dem Glas zertrümmerte Viren gewesen. Bruchstücke, vollkommen harmlos, wie ich damals dachte, sonst hätte ich nicht so sorglos mit dem Zeug han­tiert."

„Dann ist Jorges Mutter nie mit einem intakten Virus in Kontakt gekommen?"

„Gott behüte. Nein nie! Das was ich von meinem Virenstamm noch hatte, war sicher verwahrt und tiefgefroren. Wieso fragen Sie?"

„Oh ich habe so meine Vermutungen, aber dazu später. Erzählen Sie doch bitte weiter."

„Ich hatte mich wirklich erschrocken, als ich so plötzlich in meiner Arbeit gestört wurde. Ja ich drehte mich um, um mich zu befreien. Zu spät erkannte ich Anita und der Inhalt des Glases ergoss sich über sie. Ich, ich benahm mich dann furchtbar und sie lief weinend fort."

„Das kannst du laut sagen. Hast mir eine Szene gemacht, mich angeschrien, du hast dich benommen wie ein Arschloch."

„Ja das habe ich." gestand der ergraute Mann ein. „Und ich habe es noch lange bereut, dass ich nicht dir nachgelaufen bin. Das war wohl der größte Fehler meines Lebens gewesen."

Er erzählte weiter.

„Danach jedenfalls hat Anita den Kontakt mit mir abgebrochen. Sie hat mich, nach diesem eigent­lich harmlosen Vorfall, nur noch einmal angerufen und die Beziehung für beendet er­klärt. Sie teilte mir noch mir, das sie schwanger gewesen war, aber das Kind verloren hätte. Eine heute mehr als of­fensichtliche Lüge. Doch ihre Worte hatten mich damals wirklich tief getroffen. Ich kündigte dann meine Anstellung bei der Universität und brach alle Verbindungen nach Deutschland ab. Ich setzte mich ab und verschwand von der Bildfläche. Die nächsten Jahre habe ich für die verschiedensten Unternehmen gearbeitet und auch für einige Organisationen, die ich besser nicht benenne. Eine sol­che Beziehung, wie mit Anita, habe ich nie mehr gehabt und verbrachte mein Leben mit Forschung und Lehre. Sie war die einzige Frau in meinem Leben, neben meiner eigenen Mutter, die mir was bedeutet hatte. Noch einmal eine Affäre? Nein, das Thema war für mich gegessen. Tja und mehr als 25 Jahre mussten vergehen, bis mich gestern der Anruf aus dieser Praxis hier erreichte und mich mit all dem konfrontiert, was ich versucht hatte in einem Vierteljahrhundert zu verdrängen und zu ver­gessen."

Im Raum herrschte betretenes Schweigen.

„Das ist aber sehr extrem gewesen! Mutter, wegen so etwas zerbricht man doch keine Beziehung? Ein kleines Missverständnis und Peng, aus und vorbei?"

„I... ich weiß das, a.... aber damals schien mir irgendwie richtig." stotterte sie, „Keine Ahnung was mich dazu getrieben hatte. Nachdem ich die Uni fluchtartig verlassen hatte, verkroch ich mich in meiner Wohnung und reagierte auf gar nichts. Ich meldete mich krank, denn ich fühlte mich übel und war fiebrig. Ich hatte ja gerade erst erfahren, das ich mit dir schwanger war. Jemand versuchte noch mich anzurufen, vielleicht Nuno, es interessierte mich nicht. Ich zog das Telefonkabel aus der Dose und auf das Klingeln an meiner Haustür regierte ich auch nicht."

Coringa nickte bedrückt und schwieg.

„Wie lange ich so dahinvegetierte kann ich heute nicht mehr nachvollziehen. Eines Morgens jeden­falls erwachte ich erfrischt und voller Tatendrang. Zum ersten mal seit diesem blöden Tag, ohne mich krank zu fühlen. Ich war zuversichtlich und überzeugt davon es alleine zu schaffen. Alleine mein Kind aufzuziehen ohne den Vater. Ich rief Nuno an, wie er es ja schon erzählt hatte und mach­te reinen Tisch. Danach habe ich nie wieder etwas von ihm gehört. Nuno war aus meinem Leben verschwunden. Und dann wurde mein Junge geboren. Oh was für ein hübsches Baby er war. Doch als er sechs Monate alt war, geschah etwas seltsames mit seinen Augen. Bis dahin waren sie Blau gewesen, doch eines morgens blinzelten mir goldgelbe Äuglein entgegen. Ich war anfangs scho­ckiert doch man gewöhnt sich an vieles und als Mutter akzeptiert man noch vieles mehr. Ich weiß noch, dass ich eines Abends mit ihm spazieren ging, er war schon etwas älter und konnte schon ein­fache Wörter von sich geben, da zeigte er in die Dunkelheit und rief aufgeregt „Ninchen, gugg dort, Ama, Ninchen!" Ich sah in die Richtung in die er deutete und doch konnte ich nichts erkennen. Nur zwei vage Schatten vielleicht. „Du hast Kaninchen gesehen?" „Hmm, Ama, swei Ninchen!" Er hielt mir sein kleines Händchen entgegen und streckte erst drei, dann nur zwei Finger aus. Im schwachen Licht einer Laterne konnte ich seine Augen sehen und bemerkte erstaunt, wie groß seine Pupillen waren und wie seine Augen von innen heraus zu leuchten schienen. Ja sie schienen zu leuchten wie Katzenaugen."

„Das ist mir nie aufgefallen." sagte Hartmut

„Es wird mir immer klarer." murmelte van Furr leise, der sehr aufmerksam zugehört hatte.

„Was ist eigentlich mit den beiden Versuchstieren geschehen?" wollte Karolus wissen.

„Oh die. Die beiden haben mich noch viele Jahre begleitet. Ani und Tevka, so habe ich die beiden genannt. Sie haben erstaunlich lange gelebt und sind erst vor wenigen Jahren gestorben. Es waren beides Weibchen, sie waren nur wenig größer als die weißen Labormäuse und sie waren einmalig, sie haben mir blind vertraut und manchmal vermisse ich die beiden. Den Virus selber habe ich ver­nichtet, ebenso wie die wichtigsten Un­terlagen und Daten. Nur einen Ordner mit wenigen persönli­chen Notizen habe ich noch behalten. Sollte jemand diese Unterlagen jemals einsehen, ohne das er die Geschichte von mir selber kennt, so wird er meinen, eine Fantasterei zu lesen. Nichts darin deu­tet darauf hin, dass es von mir realisiert worden ist."

„Haben Sie Bilder von den beiden?" fragte Katti neugierig.

„Wie, oh ja, ich glaube, einen Moment."

Coringa griff in sein Sakko, holte eine Brieftasche heraus und kramte kurz darin herum, bis er ein sauber gefaltetes Foto herauszog, das er in die Runde reichte.

„Wow, kaum zu glauben, dass Sie das vor so langer Zeit geschafft haben!"

„Ich war zugegeben sehr Stolz gewesen. Aber, wie ich schon sagte, den Virus habe ich dennoch ver­nichtet. Es war mir letztlich doch zu gefährlich und unsicher. Man stelle sich mal vor, dass der Virus einen Outbreak verursacht hätte, auch wenn er eigentlich nicht für Menschen gedacht war. Die Kon­sequenzen, unvorstellbar und nun ist es doch geschehen!"

Coringa starrte auf den Jaguar, der sein Sohn war. Doch nun ergriff van Furr das Wort. Er hatte lan­ge genug zugehört und konnte nicht zulassen, dass sich sein älterer Kollege als allein verantwortli­cher bezeichnen dufte. Er hatte genug gehört und er konnte endlich all die losen Puzzleteile zu ei­nem ganzen zusammenfügen.

„Seien sie mal ganz beruhigt Herr Kollege. Der Virus ist nicht zum Leben erwacht. Sie erinnern sich doch daran, was ich vorhin erzählt hatte, oder etwa nicht? Ich hatte ihnen ja gesagt, das meine Naniten Jorges DNA reparieren sollten, um diese unselige Allergie auszumerzen, die Ihm ziemlich zugesetzt hat."

„Ja"

„Nun, genau das haben meine kleinen Helfer auch wunderbar hinbekommen, nur, dass Sie etwas mehr repariert haben, als sie eigentlich sollten."

„Wie meinen Sie das?"

„Die gelösten Virentrümmer! Die Flüssigkeit, die Sie für so harmlos hielten, dass Sie Ihre damalige Gefährtin damit übergossen haben. Sie hat einiges davon geschluckt. Und anstelle, das das Verdau­ungssystem kurzen Prozess mit den Eiweißen gemacht hat, ist diese fremde DNA auf irgendeinem Wege in das sich entwickelnde Leben in Ihrem Leib eingedrungen und hat sich in den Zellen festge­setzt. Jorge war zwar nicht wirklich genetisch verändert, aber er hat es in sich getragen. Sein Im­munsystem hat versucht sich dagegen zu wehren, deshalb hatte er die allergischen Anfälle, doch die haben nur zu einer immer größeren Durchdringung der DNA Reste in seinem ganzen Körper ge­führt. Zu meinem Bedauern haben meine Naniten diese Spuren fremder DNA gefunden, analysiert und eingebaut. Das Ergebnis liegt dort vor uns."

Jorges Ohren zuckten.

„Danke!" grollte er ironisch, „Nun bin ich nur ein Ergebnis! Sehr ermutigend."

„Nun sei mal nicht eingeschnappt, Katerchen!" neckte ihn seine Mutter. Sie ergriff mit ihrer Hand seinen Pelz im Nacken und zog die Haut wie bei einem kleinem Kätzchen hoch.

„Nicht Ma, das kitzelt!"

„Katerchen?!?!" fragte Katti.

„Sein Kosename! Das hat er sicher nicht erzählt, aber als er noch jung war hat es ihm gefallen so genannt zu werden."

„Mutter!" knurrte Jorge verlegen. Er war froh, dass sein schwarzer Pelz seine Haut bedeckte, denn ihm schoss das Blut ins Gesicht.

„Wie passend!" Katti lachte sanft und die anderen grinsten.

„Hat sich eigentlich schon jemand Gedanken gemacht, wie es nun weitergehen soll?" fragte Hart­mut plötzlich in die Runde.

Betroffen blickten sich die anderen gegenseitig an.

„Anscheinend nicht. Nun Ihr vielleicht nicht, aber mir ist da eine Idee gekommen, wie es weiterge­hen kann."

„Schießen Sie los, ich bin ganz Ohr!"

Und Hartmut fing an seine Idee darzulegen. Es dauerte recht lange und nach einem Imbiss, den Kat­ti und Karolus für alle zurechtgemacht hatten, diskutierten sie gemeinsam das für und wider. Zugu­terletzt waren alle einverstanden. Auch Coringa hatte noch einen Einfall, der von den anderen inter­essiert angehört wurde.

„Nun Jorge, was meinst du? Ist das nach deinem Geschmack?" fragte van Furr den Jaguar.

„Das hört sich gut an!"

Epilog

Ein gutes Jahr später. Der brasilianische Dschungel.

Der schwarze Jaguar blickte wehmütig zu seiner Partnerin zurück, die nun liebevoll die neugebore­nen Kätzchen ableckte, doch dann gab er sich einen Ruck und schritt auf die sechs Gestalten zu, die in gehörigem Abstand zu dem Lager, auf ihn warte­ten. Er wusste nicht warum er auf die Zweibeiner zuging, aber er hatte tief in seinem inneren etwas gehört, eine Stimme. Sie kam ihm bekannt vor und er vertraute der Stimme. Jeder Schritt brachte ihn wieder mehr zurück. Jeder Schritt den er machte ließ alte Erinnerungen an ein vergangenes Leben zurückkehren. „Jorge!" dachte er erstaunt, „Mein Name ist Jorge! Und die Menschen kenne ich!" Als er die 6 Gestalten endlich erreicht hatte, konnte Jorge wieder in Abstraktionen denken. Worte ergaben für ihn wieder einen Sinn. Nach fast einem Jahr in der Wildnis fühlte Jorge sich wie neu geboren. Er setzte sich vor sie hin und Katti leg­te ihm sein Halsband um.

Es war viel im vergangenen Jahr geschehen. Für alle überraschend hatte Jorge darum gebeten für eine gewisse Zeit die Heimat seines Vaters zu besuchen. Besonders der Dschungel faszinierte ihn. Sein Vater war erst entsetzt, als er das hörte. Auch wenn Jorge im Dschungel am oberen Ende der Nahrungskette stehen würde, so war er doch absolut unerfahren. Jorge hingegen war zuversichtlich. Er vertraute auf die Instinkte, die in seinem Körper vorhanden waren. Hatte er nicht schon immer seltsame Träume gehabt. Sie einigten sich. Dr. van Furr pflanzte ihm, während einer kleinen Opera­tion, einen Überwachungssender ein. Dieser Sender war weitaus leistungsstärker, als die Naniten, deren Reichweite für das Halsband mehr ausreichend war, doch im Dschungel musste der Sender um größenordnugen stärker sein. Mithilfe dieses neuen Gerätes konnte man Jorge jederzeit lokali­sieren und auch seine Gesundheit überwachen. Auch programmierte van Furr einige zusätzliche Na­niten mit den Gegebenheiten des Gebietes, in dem Jorge sich aufhalten sollte, einem neugeschaffe­nen Nationalpark in Brasilien. Diese Naniten würden ihm keine gezielten Informationen geben, son­dern eher ein positives oder negatives Gefühl vermitteln für richtig und falsch. Die Reise nach Bra­silien selber verlief unkompliziert - Karolus sei Dank - und zwei Monate später war Jorge soweit, dass er in die Wildnis ziehen konnte,dennVan Furr war ein weiteres Meisterstück gelungen. Er hat­te den Weg gefunden wie er den menschlichen Geist so manipulieren konnte, dass er von den ani­malischen Instinkten überdeckt und nach einer gewissen Zeit wieder reaktiviert werden konnte und das gefahrlos. Der schwarze Jaguar, der in das Reservat entlassen wurde, war ein Tier, durch und durch. Jorges menschlicher Geist war nur stiller Beobachter. Später, als er wieder in der Heimat war, erinnerte sich Jorge an alles haargenau und er erzählte dann den anderen von diesen Abenteu­ern, die er hatte erleben dürfen. Karolus schrieb die Geschichten auf und konnte sie in einem Maga­zin veröffentlichen, wenn auch im Feuilleton-Bereich. Doch diesewilde Zeit war nun zu Ende. Jor­ge hatte es geschafft, er hatte überlebt und hatte sich sogar fortpflanzen können.

„Willkommen zurück Jorge!" sagte van Furr.

„Mein Katerchen, ich bin ja so froh und stolz dich zu sehen." rief seine Mutter aus, stürzte auf ihn zu und umarmte ihren Sohn so enthusiastisch, dass er fast vor Schreck aufgesprungen und wegge­laufen wäre.

„Ma, bitte."

„Meinen Glückwunsch, mein Junge, wie viele sind es denn?" fragte sie neugierig.

„Vier." sagte er stolz, „Eines so wie ich, tiefschwarz und die anderen normal gezeichnet. Aber mehr konnte ich nicht erkennen." und etwas traurig fügte er hinzu, „Sie hat mich weggeschickt!"

„Das ist ganz normal Jorge." sagte Coringa tröstend. „So ist die Natur bei den Jaguaren. Du brauchst dir aber keine Sorgen zu machen, hier in diesem Reservat sind sie so sicher, wie nur irgend möglich. Dafür sorgt schon die Regierung und die Stämme, die hier in der Gegend leben. Bei denen sind Jaguare geheiligte Tiere, besonders die schwarzen. Niemand wird es wagen, auch nur den Ver­such zu starten, ihnen ein Haar zu krümmen."

Jorge musste sich damit zufrieden geben, was sein Vater ihm sagte. Die anderen sahen auch etwas bedrückt aus, Jorge konnte das nicht ertragen und wechselte das Thema.

„Sagt schon, wie ist es in der Heimat gelaufen, was ist alles geschehen in den vergangenen Mona­ten?"

„Dies und das." antwortete Karolus. „Das hat aber doch noch Zeit. Viel wichtiger, die Bauarbeiten sind abgeschlossen und die Genehmigungen sind allesamt mit Bravour erteilt worden."

Sein Stiefvater war Architekt und er hatte schon einige Gehege verwirklicht. Und das riesige Anwe­sen des Doktors hat genügend Raum geboten um auch für Jorge eine angemessene Unterkunft zu verwirklichen.

„Hat da jemand nachgeholfen?"

„Ähm, es musste das eine oder andere gerichtet werden." wich Karolus augenzwinkernd aus.

„Du wirst sehen, deine Unterkunft ist so schön geworden, wie nur irgend möglich. Vielleicht nicht so natürlich wie hier, aber..."

„Komfortabler?" unterbrach Jorge seinen Stiefvater hoffnungsvoll.

„Ja, komfortabler, das auf jeden Fall!" lachte Hartmut.

Jorge freute sich darauf, wieder nach Deutschland zurück zukehren. Auch wenn er natürlich nur un­gern seine Familie, seine Jaguar-Familie zurücklassen wollte, aber er vermisste das Land in dem er geboren, aufgewachsen und gelebt hatte einfach zu sehr. Jorge freute sich wirklich darauf heimzu­kehren. Endlich wieder Heimkehren.

ENDE, jedenfalls fürs erste ^^

Ein paar abschließende Worte.

Hallo,

an dieser Geschichte habe ich fast 11 Monate geschrieben. Mein Auftraggeber hat sehr viel Geduld bewiesen, das lag vielleicht auch daran, dass er jede Woche eine kleine Fortsetzung lesen konnte.

Die Geschichte selber sollte eigentlich nur aus einem Teil bestehen, doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Und bald schon wurde das Ding immer größer und weitläufiger. Ich geriet in die Gefahr, das Ziel aus den Augen zu verlieren. Ich hatte einfach zu viele Nebenstränge eingebaut. Seine Familie, der geheimnisvolle Vater, die Vermieter, Paschulke.

Es war nicht einfach, und ob ich es befriedigend habe lösen können, weiß ich selbst jetzt nicht so richtig. Aber ich meine, dass die meisten offenen Fragen gelöst sein sollten.

Doch diese Geschichte hat mir auch die Augen geöffnet, und zwar in der Beziehung, wie eng ver­woben man doch mit seiner Umgebung ist. Es ist gar nicht so einfach jemanden verschwinden zu lassen. Viele meiner Mitautoren haben es sich da einfacher gemacht. Der Hauptakteur ist in der Re­gel ungebunden und allein, hat keine engen Freunde, die ihn vermissen würden und sein Arbeitge­ber schon gar nicht, weil er entweder Freelancer oder gerade gefeuert worden ist. Von den Behörden mal ganz abgesehen. Mal sehen was die Zukunft bringt.

Ich danke dem geduldigen Auftraggeber und auch den Lesern.

Greetings

Gendori Kabashi