Wolfsblut - Teil 3 Kapitel 52: Weiße Haare

Story by silverstripe on SoFurry

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Teil 3: Geliebter

Kapitel 52: Weiße Haare

Hakku kniff die Augen zusammen und peitschte wütend mit dem Schweif. Er hatte vergessen, dass das grelle Licht an diesem Ort so intensiv war, dass es schmerzte.

„Aquamarin", sprach eine kraftvolle Stimme.

Mit zusammengekniffenen Augen sah der Kater zu der grauen Füchsin, die ihn an diesem Ort gebracht hatte. Ihr schien das grelle Licht nichts auszumachen, da sie sich vermutlich daran gewöhnt hatte.

„Folge mir."

„Natürlich werde ich dafür sorgen, dass die Tiger einsehen, dass dieses Gebiet euch zusteht."

„Vielen Dank, Xyon."

Hakku lauschte den Worten. Die Steppenfüchsin wies ihn mit einem Handzeichen zum Warten auf.

Drei Gestaltwandlerfüchse verließen mit zufriedenem Gesichtsausdruck den Raum.

Mariku nickte Hakku zu und gemeinsam betraten sie die Halle. Über Xyons Gesicht zog sich ein Lächeln, als er die bekannten Gesichter erkannte.

„Bevor Hakku sein Anliegen ausspricht, habe ich noch eine Nachricht für dich", sagte Mariku und blickte dem Mischling direkt in die Augen.

Xyon nickte ihr zu und richtete die Ohren aufmerksam in ihre Richtung.

„Jemand hat versucht, gewaltsam durch das Tor der Welten zu gelangen. Der Schutzschild des Tores hat dieses Wesen davon abgehalten, einzudringen. Wir können davon ausgehen, dass es sich um einen Dämon oder ein ähnliches Wesen aus der Unterwelt handelt."

Xyon nickte nachdenklich und peitschte mit dem Schweif.

„Möglicherweise hat es etwas mit Ez'quil zu tun."

Hakku richtete die Ohren auf. Ez'quil war ein Dämon, mit dem er bereits Bekanntschaft machen durfte, doch Leo hatte ihn besiegen können.

Xyon erhob erneut die Stimme: „Aber er ist noch im Siegel verbannt. Seine Seele ist gefangen und ohne sie kann er seinen Körper nicht nutzen. Sein Körper befindet sich noch in den Kerkern."

„Er hat auch keine Möglichkeit, Kontakt mit anderen Dämonen aus der Unterwelt aufzunehmen", bemerkte Mariku.

„Doch, wenn er mit jemand anderem eine tiefe, geistige Verbindung eingegangen ist, könnte er Kontakt aufnehmen. Dies ist bei dieser Art von Dämonen jedoch selten, da sie eher Einzelgänger sind."

Mariku verschränkte nachdenklich die Arme und schlug dann vor: „Und wenn es gar kein Dämon war? Theoretisch könnte es jeder sein. Der natürliche Schutzschild des Tores entscheidet selbst, wen es durchlässt und wen nicht. Es könnte theoretisch auch einem Wächter den Zutritt verwehren, allerdings war dies noch nie der Fall."

„Es kann einschätzen, ob ein Wesen bösartig ist und ihm den Zutritt verwehren, allerdings lässt sich das Tor auch austricksen. Ez'quil konnte nur durch das Tor gelangen, weil er sich in den Körper der Wolfsprinzessin eingenistet hatte. Wie dem auch sei, du solltest Vorsicht wallten lassen. Vielleicht gibt es kein Grund zur Sorge, jedoch muss es einen Grund geben, weshalb jemand nicht durch das Tor gelangen konnte."

Mariku nickte einverstanden und zog sich wieder in den Hintergrund zurück.

Xyon richtete seine Aufmerksamkeit dem Kater zu. „Du wolltest mich sprechen, Hakku?"

Der Kater war froh darüber, dass sich Xyon endlich angewöhnt hatte, ihn mit dem richtigen und nicht mit dem Kriegernamen anzusprechen. „Du warst derjenige, der mich sprechen wollte, bevor ich gehe. Du weißt schon, was ich will."

Xyon verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. „Bist du sicher, dass du das tun willst? Es gibt keine Garantie darauf, dass dein Vorhaben Erfolg haben wird."

„Das weiß ich", erwiderte Hakku ernst. Er ballte die Fäuste und machte einen entschlossenen Eindruck.

„Dann möchte ich dir vorher noch etwas mit auf den Weg geben."

Verwundert hob Hakku die Augenbrauen.

Xyon stand auf und bedeutete dem Kater mit einer Handbewegung, ihm zu folgen.

Hakku wurde neugierig, als Xyon ihn durch das Schloss zu einer abgesperrten Tür führte. Der Mischling entriegelte die Tür und trat in den kleinen Raum, in dem ein glühender Stein auf einem Podest lag. Um den Stein herum schwebten drei Perlen.

„Die durch seine Spaltung verbrauchte Energie hat der Xyonit gespeichert und in diese, speziell auf die Wächter abgestimmten Kugeln umgewandelt. Mit solch einer Kugel wird euch leichter fallen, eure Kräfte zu kontrollieren, sie zu bündeln und zu trainieren", erklärte Xyon, während Hakku aufmerksam die Perlen beobachtete, die den Xyonit wie die Planeten die Sonne umrundeten.

„Mariku, Sesuke und Mazaru haben ihre Kugel bereits erhalten. Nun bist du an der Reihe. Du musst dich darauf einlassen, dass die Energie in dich eindringt."

Hakku nickte.

„Schließe deine Augen und entspanne dich. Dein Kopf muss frei sein."

Der Kater atmete bewusst und konzentriert. Kein Muskel war angespannt und Hakku löste sich von seinen Gedanken.

Der Xyonit begann zu glühen, während die blaue Perle hoch schwebte.

Hakku legte den Kopf in den Nacken und spürte, wie die Energie durch ihn strömte, als wäre sie ein reißender Fluss. Das wilde Plätschern des Flusses hallte in seinen Ohren wider und er fühlte, wie das Wasser seinen Körper einschloss.

Während sich der Lichtkreis, durch den Mariku ihn geschickt hatte, wieder schloss, sah Hakku auf die Karte, die Xyon ihm mitgegeben hatte. Zwar konnte man das Tor der Welten an fast jedem Ort öffnen, doch Hakku wollte den Weg zu Fuß laufen, um genug Zeit zu haben, sein Vorhaben zu planen und um sich den Weg einprägen zu können, da er diesen auch wieder zurücklaufen musste. Aus diesen Gründen hatte er sich wieder in die Nähe von Ehur bringen lassen.

„Ich bin dort, wo der große Punkt ist. Und ich muss in den Verme-Wald, hat Xyon gesagt."

Hakku drehte die Karte und versuchte vergeblich herauszufinden, wo er hin musste. Er hatte nie gelernt, wie man Karten las.

Mit einem Schulterzucken ging er in die Richtung, die er als die richtige empfand. Wenn er sein Ziel erreiche wollte, musste er sich von seinem Gefühl leiten lassen.

Als Hakku nach einem mühsamen Fußmarsch die nächste Stadt erreichte, versuchte er gar nicht erst, das Ortsschild zu lesen.

Der Boden war gepflastert. Für eine so große Stadt nicht unüblich, doch Hakku hasste das harte Gefühl unter seinen nackten Füßen. Neben ihm ragten Häuser in die Höhe und strebten dem Himmel entgegen. Hakku fühlte sich klein und verloren zwischen den gewaltigen Gebäuden.

Bevor er tiefer in die Stadt eindringen konnte, blieb er stehen. Seine Pfoten kribbelten und sein Nackenfell stellte sich auf. Die Gegend war wie leergefegt, doch er bekam das Gefühl nicht los, dass man ihn durch die Spalten und Gassen der Stadt beobachtete.

Hakku wollte keine Sekunde länger in der Stadt verweilen, daher entschied er, schnell zu verschwinden, da er hier sowieso nicht finden würde, wonach er suchte.

Gerade als er losrennen wollte, schlug eine eiserne Kette neben seinen Füßen auf den Boden und zertrümmerte das Gestein.

„Soldaten!", dachte Hakku sich. Er erinnerte sich an Canjys Worte. Der Fuchs hatte ihm erklärt, dass es in manchen Großstädten Soldaten gab, die Eindringlinge vertrieben oder einsperrten.

Hakku war es egal, was so wichtig an dieser Stadt war, dass sie beschützt werden musste, ihm war es wichtig, sein Ziel zu erreichen und dafür musste er durch diese Stadt. Nun konnte er seine neuen Kräfte ausprobieren, doch vorerst wollte er feststellen mit wie vielen Gegnern er es zu tun hatte. Sein Gefühl verriet ihm, dass sie ihn umringt hatten und nur auf den richtigen Moment warteten, ehe sie aus ihrem Versteck sprangen und ihn überfielen.

Noch bevor Hakku die Pfote erheben konnte, hörte er etwas, das auf ihn zuflog. Ehe er sich umdrehen konnte, schlug etwas Hartes auf seinen Kopf. Hakku versuchte noch zu erkennen, wer ihn angegriffen hatte, doch da wurde ihm schon schwarz vor Augen und er verlor sein Bewusstsein.

Hakku fand sich in einem dunklen Raum wieder. Nur verschwommen konnte er die Umgebung wahrnehmen. Die Kälte war in sein Fell gesickert und ließ ihn zittern.

Er tastete um sich und spürte den kalten Stein des Bodens. Der Versuch aufzustehen scheiterte, da ihn etwas am Boden festhielt. Es waren Ketten, die ihn daran hinderten, sich vom Fleck zu bewegen.

Plötzlich erregte eine Bewegung Hakkus Aufmerksamkeit. Jemand verschloss die Gittertür, die Hakku von der Freiheit trennte. Erst jetzt begriff er, dass er in einer Art Kerker sein musste. Die Gestalt hatte ihm eine Schüssel mit Wasser hinterlassen. Er verschwand über die Treppe und ließ den Kater in Totenstille zurück.

Hakku fand keine Antwort darauf, weshalb er an diesem Ort war, doch was er wusste, war, dass er nicht so schnell aus dem Kerker kommen würde. Schnaubend zerrte er an den Ketten, die an seiner Haut rissen. Er ignorierte den Schmerz, brüllte und zog an dem kalten Stahl. Fauchend wälzte er sich am Boden und versuchte mit seiner gesamten Körperkraft frei zu kommen, doch das robuste Material gab nicht nach. Selbst wenn er es schaffte, sich von den Ketten zu befreien, musste er einen Weg finden, die Gittertür aufzubekommen. Es schien aussichtslos.

Plötzlich drang Licht in den Kerker. Hakkus Katzenaugen glühten und mit angespannten Muskeln beobachtete er die Treppe, an der ein Schatten entlang lief.

„Ich habe ihn endlich gefunden", hauchte eine tiefe Stimme.

Hakku spitzte die Ohren und hörte, wie jemand die Treppe hinunter lief.

Eine Gestalt schloss die Gittertür auf und hauchte: ,,Zwölf lange Jahre."

Hakku erkannte etwas gebrochenes in der Stimme. Er wirkte, als hätte er gerade einen Goldschatz ausgegraben. Der Kater blickte auf und sah den Fremden an, der in kaltes Weiß gehüllt war. Der Kittel ging fast bis zu dem Boden. Hakku konnte das seltsame Kleidungsstück nicht zuordnen, doch er meinte, solch einen Kittel schon gesehen zu haben.

„Ich habe dich gefunden, Hakku."

Hakku peitschte mit dem Schweif und knurrte den Fremden an. Am Geruch erkannte er, dass es sich ebenfalls um einen Kater handelte, der allerdings viel älter als Hakku war.

„Erkennst du mich denn nicht?", fragte der Fremde, der schockiert von Hakkus Fauchen war.

Das Gesicht lag im Schatten, sodass Hakku nicht die Möglichkeit hatte, ihn zu erkennen und zuzuordnen. Der Geruch kam ihm ebenfalls nicht bekannt vor, doch er löste ein ungewöhnliches Gefühl in Hakku aus, das er nicht kannte. Das seltsame Gefühl ließ das Knurren verklingen.

Der Fremde öffnete die Gittertür und kam dem jungen Kater näher.

Trotz der Ungewissheit blieb Hakku ruhig, doch er ließ den Fremden nicht aus den Augen.

Als er Hakku von seinen Ketten befreite, richtete dieser sich auf. Die Anspannung fiel von ihm ab. Er hatte das Gefühl, dass von dem anderen Kater keine Gefahr ausging.

Plötzlich packte der Fremde Hakkus Schultern. Der junge Kater wollte sich wehren, doch das schien nicht mehr nötig, denn der Fremde klammerte sich an ihn und hielt ihn fest.

Hakku verstand nicht, weshalb er umarmt wurde, doch er wehrte sich nicht dagegen.

„Endlich habe ich dich wieder", wimmerte der Fremde nur schwer verständlich. „Du weißt vermutlich gar nicht, wer ich bin und was das hier soll. Ich werde dir alles erklären, folge mir."

Der Fremde ließ Hakku los, der die Ohren steil aufgerichtet hatte. Er führte den Kater die Treppe hinauf ins Licht. Hakkus Pupillen verengten sich wieder zu schmalen Schlitzen und er konnte den Fremden endlich im Licht sehen. Hakku überraschte es, dass das Fell des Katers die Farbe von dunklem Blut hatte. In der Dunkelheit hatte es schwarz ausgesehen. Das schon fast unnatürlich wirkende Weiß in den Haaren stach aus dem dunklen Fell hervor, ebenso wie der weiße Kittel.

Der Fremde bot Hakku einen Stuhl an und begann zu reden: „Ich möchte dir eine Geschichte erzählen: Vor elf Jahren lernte ich eine junge Kätzin kennen und verliebte mich Hals über Kopf in sie. Wir kamen tatsächlich zusammen und ich heiratete sie, zog mit ihr zusammen und lebte glücklich. Wie es das Schicksal so wollte, wurde die Kätzin nach der Hochzeit schwanger. Ich war überglücklich, nun endlich Vater einer glücklichen Familie zu werden, doch es sollte ganz anders kommen."

Schweigend hörte Hakku dem Kater zu, obwohl ihm der Zusammenhang der Geschichte nicht klar war.

Der Fremde fuhr fort: ,,Es war soweit und meine Frau musste ins Krankenhaus. Ich war wie beflügelt, als ich das kleine Kätzchen sah. Meine Frau sah ziemlich fertig aus. Die Strapazen der Geburt hatten ihr schwer zugesetzt, sodass sie noch etwas länger im Krankenhaus bleiben musste. Sie hatte etwas getan, das ich ihr nie verziehen hatte. Als sie nach Hause kam, sagte sie, dass sie das Kätzchen abgeschafft hätte, da sie in Wirklichkeit nie Mutter werden wollte. Ich war in diesem Moment am Boden zerstört. Sofort habe ich mich von ihr scheiden lassen, bin weggezogen und habe sie anschließend nie wieder gesehen. Ich war sicher, dass mein Sohn noch am Leben sei, daher machte ich es mir zur Aufgabe, ihn zu finden. Ich wollte zumindest wissen, ob er noch am Leben war oder ob er schon tot sei. Ich wurde zum Wissenschaftler ausgebildet. Dieses Labor hier ist mein neues Zuhause. Täglich führen wir hier viele Experimente durch, doch ich verfolgte ein ganz anderes Ziel. Du fragst dich nun sicherlich, wieso ich dir das Ganze erzähle, nun ja, diese Geräte irren sich nicht. Ich habe gefunden, wonach ich gesucht habe. Das Kätzchen, wonach ich die letzten Jahre gesucht hatte, bist du."

Hakku zuckte mit den Augenbrauen, doch er schenkte ihm keinen Glauben. „Du kannst nicht wissen, ob ich dein Sohn bin. Zwar habe ich meine Eltern nie kennengelernt, doch ich glaub trotzdem nicht, dass du mein Vater bist."

Der Fremde schüttelte den Kopf. „Ich habe den Soldaten den Auftrag erteilt, jeden jüngeren Kater im näheren Umkreis gefangen zu nehmen. Leider konnte ich den Suchradius aufgrund von Geldmangel nicht erhöhen. Jedem Kater wurde eine Haarprobe entnommen und deren Erbgut wurde mit meinem verglichen. Jahrelang blieb ich erfolglos und ich ließ die Kater mit einer Entschuldigung wieder frei. Doch endlich habe ich gefunden, wonach ich so lange gesucht habe. Die Daten stimmen überein, du musst einfach mein Kind sein. Wenn dir das nicht ausreicht..."

Hakku verschränkte trotzig die Arme, als der Fremde die Knöpfe seines Kittels öffnete und diesen zu Boden sinken ließ. Er wandte Hakku den Rücken zu, auf dem sich drei lange, hellgelbe Streifen durch das dunkelrote Fell zogen.

Hakku stieß den Atem durch die Nase und stand auf. Auf seinem Rücken verliefen die gleichen Streifen. „Das kann nicht sein. Du bist also wirklich mein..."

Der Kater ging auf Hakku zu, legte seine Arme um ihn und flüsterte: „Ja und ich bin so froh, dich endlich wieder in meinen Armen halten zu dürfen."

Hakku konnte die Umarmung nicht erwidern. Zu viele Gedanken wirbelten durch seinen Kopf und ihm wurde schwindelig. Er hatte ein schlechtes Gewissen, weil er seine Eltern für das, was sie ihm angetan hatten, gehasst hatte. Wenn er sich überlegte, dass sein Vater die ganze Zeit lang nach ihm gesucht hatte, überkam ihn Scham. Er schämte sich, dass er den, der für ihn gekämpft hatte, verachtete.

„Komm mit. Wir trinken einen Tee. Es gibt bestimmt viel zu erzählen", schlug der Kater vor.

Hakku nickte und folgte ihm in die Wohnetage, wo sie in ein recht gemütliches Zimmer kamen, in dem ein Feuer im Kamin prasselte, welches eine warme Atmosphäre schaffte.

Der Kater schnappte sich ein gemütliches Shirt, zog es sich über und machte es sich mit Hakku auf dem Sofa gemütlich.

„Ich weiß nichtmal deinen Namen", fiel Hakku auf.

„Ken Thenno ist mein Name."

„Woher kennst du eigentlich meinen Namen?"

Ken blinzelte seinen Sohn verwundert an. „Ich bin dein Vater. Ich habe dir deinen Namen gegeben. Nennst du dich selbst auch Hakku?"

„Ich weiß, dass mein voller Name Hakku Thenno lautet. Aber ich weiß gerade nicht genau, woher ich das weiß."

Hakku zuckte mit den Schultern und kostete einen Schluck von dem Tee. „Und meine Mutter wollte mich nicht haben?"

„Deine Mutter sagte mir direkt, dass sie Kinder nicht leiden kann und war auch nicht wirklich glücklich, als sie schwanger wurde. Ich habe das nicht bemerkt, weil ich selbst zu glücklich war und mich nur mit dem Gedanken einer großen Familie beschäftigt hatte. Das Ganze tut mir sehr leid. Du hast darunter am meisten gelitten und ich kann es mir bis heute nicht verzeihen, dich nicht großgezogen und dir ein normales Leben verschafft zu haben."

Hakku erkannte, wie ernst seinem Vater die Sache war und dass er wirklich traurig darüber zu sein schien. „Ich hatte eine gute Ersatzfamilie", stieß er knapp hervor und dachte an Leo, Canjy und die anderen. Natürlich würde er ihnen nie sagen, dass er sich bei ihnen wohl gefühlt hatte. „Ich habe im Karon-Wald gelebt und letzten Sommer traf ich zufällig auf zwei Leute, mit denen ich mich anfreundete und mit denen ich gemeinsam durch die Welt reisen konnte."

„Karon-Wald? So weit hat sie dich also verschleppt? Das hätte ich nicht erwartet, aber es freut mich, dass du gut aufgehoben warst. Allerdings frage ich mich, wie du allein im Wald überleben konntest." Ken stellte seine Tasse auf den Tisch ab und sah seinen Sohn mit aufmerksam gespitzten Ohren an.

„Ich bin ein Wächter und denke, dass es damit zusammenhängt."

Ken riss die Augen auf. „Wächter? Was hat es damit auf sich?"

Hakku nahm sich einen Schluck Tee und erklärte seinen Vater alles, was er wusste. Ken notierte sich das Wichtigste auf einen kleinen Zettel und hörte ihm interessiert zu.

„Parallelwelten? Bisher existieren ja nur Spekulationen darüber. Angeblich haben nur die Reichen Ahnung davon. Es spricht sich herum, dass die Organisation Chénmò damit zu tun hat, jedoch geben sie keine Informationen preis."

Hakku hob erstaunt die Brauen an. „Diese Organisation existiert noch?"

„Der Hauptsitz in der gleichnamigen Stadt soll wohl geschlossen worden sein. Vom Gründer fehlt seltsamerweise jede Spur. Die Organisation hier in Tarar, die vor sieben Jahren geöffnet wurde, schloss schon zwei Jahre später wieder und ist heute eine Firma für Kinderspielzeug."

Hakku blinzelte verwundert.

„Es wird angenommen, dass nach und nach alle Plätze geschlossen werden."

Erleichtert atmete der Kater auf.

„Aber woher weißt du, dass du ein Wächter bist?", hakte Ken neugierig nach.

Hakku hob die Pfote, konzentrierte sich auf auf einen Punkt über seiner Handfläche und ließ die Energie fließen. Ein fast faustgroßer Edelstein leuchtete auf und Hakku erklärte: „Das ist mein Wächterstein. Wenn ich diesen mit meinem Körper verbinde, verwandle ich mich zu einem Wächter."

Ken beäugte den Stein mit großem Erstaunen, doch auch mit wissenschaftlichem Interesse. „Dürfte ich mir diesen Stein kurz ausleihen? Ich würde dem Geheimnis gerne näher kommen."

„Natürlich aber nicht zu lange. Solange du den Stein hast, bin ich schutzlos, weil ich mich nicht verwandeln kann."

„Keine Sorge", versicherte Ken ihm. „Willst du zuschauen?"

„Ich warte lieber."

Ken nickte, nahm den Stein vorsichtig in die Pfote und verschwand damit in einem Nebenzimmer.

Hakku war froh, einen Moment Ruhe zu haben und die sich überschlagenden Gedanken sacken zu lassen. Es war etwas viel auf einmal. Er konnte noch immer nicht fassen, dass sein Leben lang nach ihm gesucht wurde.

Er schüttelte den schmerzenden Kopf und warf einen Blick an sich herab. Es wunderte ihn, dass Ken ihn nicht auf seine Klamotten angesprochen hatte, denn diese waren nicht vorhanden. Lediglich eine mittlerweile schon ziemlich mitgenommene Unterhose trug der Kater am Leib. Wenn Hakku mehr Kleidung trug, wurde ihm unwohl, doch ganz nackt wäre für ihn ebenfalls undenkbar.

Nach einigen Minuten kam Ken zurück und meinte: „Ich lass das Programm bis morgen laufen und dann sehen wir uns die Ergebnisse an. Um eine Kleinigkeit würde ich dich noch bitten, wenn es dir nichts ausmacht."

Hakku spitzte die Ohren und sah ihn fragend an.

„Du wirst sicher wieder deinen Weg gehen wollen. Würdest du die Nacht hier verbringen und bei deinem Vater übernachten? Nur eine Nacht."

Freundlich lächelnd willigte Hakku ein. „Mach ich gerne, Papa."