Des Zauberers Stab - 1 / Über die Hügel und weit weit fort

Story by Were-Gato on SoFurry

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#1 of Des Zauberers Stab

Ein Lehrling wird zu seinem neuen Meister gebracht. Er geht nicht freiwillig, doch hat er keine Wahl. Denn der Meister ist Zauberer, und jedermann weiß was man über die sagt...


Hallo

Ein paar Worte vorweg; Die folgende Geschichte will soetwas wie die Pilotepisode einer Serie sein. Bitte von daher nicht wundern, dass einige Handlungsstränge nicht gleich aufgelöst, einige Andeutungen nicht sofort erklärt werden. Auch ist kein all zu regelmäßiges Update zu erwarten, die Geschichten gehen raus sowie sie als fertig erachtet werden.

Wie immer gehts hier um nicht jugendfreie Sachverhalte, die natürlich keiner unter 18 bladibladibla

Dann bleibt mir nur zu wiederholen dass Feedback immer willkommen ist, und dann einem jeden viel Spaß zu wünschen.

Des Zauberers Stab - 1

(eine pöse Furry-Fantasy)

1) Über die Hügel und weit weit fort

Edwyn wurden die Knie weich als er die gläserne Turmspitze über der Hügelkante funkeln sah. Es tat wieder weh. Zwar wusste der junge Bär wohin sie marschierten, er wusste es schon seit es vor Wochen beschlossen wurde, doch erst jetzt schien es ihm wirklich, wirklich zu werden. Er trug seine besten Kleider, die die man nur für Hochzeiten hervorholte. Oder für Beerdigungen.

Eine starke Hand drückte ihm sanft in den Rücken. Ohne es zu bemerken war er stehen geblieben.

"Los, wir sind gleich da", sagte seine Mutter.

Die Bärin schob ihn vorwärts, und wie in einem furchtbaren Traum tapste Edwyn den Rest des Weges. Der Turm wuchs zu seiner gesamten ehrfurchtgebietenden Größe heran, schon erkannte man auch die beiden kuppelförmigen Scheunen die sich an das unterste Geschoß schmiegten. Erst das Pochen des Klopfers auf der schweren Eichentür brachte Edwyn wieder zur Besinnung. Auch wenn er sich wünschte, es wäre nicht so. Er wollte nicht in die Lehre gehen, wollte nicht fort von daheim, fort von allem was er kannte. Zwei Tage waren sie gegangen, bis sie den Turm erreicht hatten, zwei Tage war Mutter in Zukunft entfernt. Edwyn wollte nach Hause. Doch im selben Augenblick da er dies wünschte, biss mit umso grausigerer Gewissheit auch die Erkenntnis zu, was ihn dort erwarten würde. Er musste allem was Heilig war danken, dass es Mutter war die ihn entlarvt hatte. Er spürte den Stich tief in seinem Innersten. Fort zu gehen, die Lehre anzutreten, war noch das Beste worauf er hoffen durfte. Und doch wollte er es nicht.

Rumpelnd wurde die Tür geöffnet.

"Tretet ein.", sagte eine dumpfe Stimme.

Die Bärin schob ihren Sohn über die Schwelle doch folgte selbst nur zögernd nach.

Edwyn fand sich in einer Küche wieder. Ausgetretene Holzdielen, ein grober doch robuster Tisch sowie ein in Stein gefasster Ofen mit Eisenplatten erinnerten ihn seltsam an zuhause, in jedem Fall war es nicht so prächtig wie er es erwartet hatte. Es roch nach Zwiebeln, Melonen und Möhren.

"Willkommen"

Edwyn schrak zusammen. Er hatte die Treppe zu seiner Rechten nicht bemerkt. Nun stand dort der größte, dunkelste Mann den er je zu Gesicht bekommen hatte. Ein wahrer Berg von einem Stier mit einer fassgroßen Brust und mächtigen Hörnern. Sein Fell war nachtschwarz und sehr gepflegt. Eine ärmellose Robe aus dunkelblauem dünnem Stoff schmiegte sich eng an seine Muskeln, lediglich gehalten von einem Gürtel um die schmalen Hüften. Darauf prangte in winzigkleinen Nadelstichen ein Wappen eingestickt, eine hoch aufragende Pinie mit zwei Äpfeln darunter.

Mit offenem Mund stand Edwyn vor dem Stier, bis ein Klaps seiner Mutter ihn daran erinnerte sich zu verneigen. Der Stier lächelte gütig.

"Willkommen", wiederholte er "Ich bin Männelig, Meister Männelig. Herr dieses Turms, seiner Ländereien und meiner eigenen bescheidenen Kräfte." Sein Blick ruhte ungebrochen auf Edwyn. "Und dies ist wohl der neue Lehrling, der mir angekündigt wurde."

"Sehr wohl Herr, ich meine euer zaubrig... ich meine euer Gnaden", stammelte die Bärin. Der Stier hob die Hand.

"Der offizielle Titel ist Magistos", unterbrach er Edwyns Mutter "Man nennt uns auch Zauberer. Aber für den Augenblick bleiben wir schlicht bei Meister."

"Sehr wohl Meister"

"Und wie ist der Name meines zukünftigen gelehrsamen Schülers?"

"Edwyn", sagte die Bärin.

"Dich hab ich nicht gefragt!", schnappte der Stier.

In weitschweifiger Geste trat er von den Stufen herab. Die Dielen des Bodens erbebten als seine gespaltenen Hufe sich darauf setzten. Er streckte dem jungen Bären, dessen Mutter er noch keines Blickes gewürdigt hatte, die Hand entgegen.

"Wie ist dein Name Junge?"

Der Bär schluckte trocken. Zitternd hob er den Arm.

"Edwyn", antwortete er leise, und seine Finger berührten die des Meisters. Es war als würde ein Blitz durch ihn fahren. Die Augen des Stieres lagen auf ihm, nur auf ihm. Ihr dunkler Glanz war wie ein See unter einer mondlosen Nacht, und Edwyn fürchtete darin zu ertrinken. Sein Pelz stellte sich auf, er bekam kaum noch Luft. War dies ein Zauber?

"Sodann Edwyn.", sprach der Meister feierlich. "Ich nehme Dich als meinen Lehrling an. Du wirst unter meinem Dach wohnen, mein Brot essen, lernen was ich Dich lehre und tun was ich Dir auftrage. Als Ausgleich für den Verlust deiner Kraft sollen deine Eltern einen Sack Zaubersaat erhalten, die ihnen bei jedem Wetter gute Ernte bringen wird. Nach dem ersten Jahr darfst Du sie außerdem besuchen. Akzeptierst Du diesen Handel?"

Der junge Bär öffnete die Schnauze, doch kein Laut kam heraus.

"Das tut er.", sagte seine Mutter hastig.

"Er muss antworten!", harschte der Stier sie an. Die Bärin senkte eilig den Kopf.

Edwyns Knie zitterten und Kälte breitete sich in seinem Rücken aus. Es tat wieder weh, so weh. Er musste hier bleiben und wollte doch nicht, er wollte schreien und durfte doch nicht. Mit aller Kraft drückte er die Tränen zurück in seine Augen.

"Ja", brachte er schließlich hervor.

Der Blick des Zauberers lastete schwer auf ihm. Was konnte der Stier sehen, was in ihm lesen? Wusste er schon um das ganze Ausmaß seiner Schande? Würde er es ebenso ausnutzen wie Jupp?

"Sodann Edwyn.", sagte Männelig bedächtig "Dann bist Du ab heute mein Lehrling. Sei stolz darauf, das ist eine Ehre die nur wenigen zu Teil wird."

Und die doch keiner will, ergänzte der Bär in Gedanken doch blieb er reglos stehen.

Männelig lächelte, und auf eine seltsame Art fühlte Edwyn sich ein klein wenig besser. Es lag keine Falschheit darin.

"Du wirst Dich bald hier wohl fühlen.", sagte der Zauberer. "Jetzt verabschiedet euch, deine Mutter muss noch vor Einbruch der Dunkelheit das nächste Gasthaus erreichen."

"Aber ich hatte gehofft, ich könnte hier...", platzte die Bärin heraus "...zumindest für die erste Nacht."

"Nein!", unterbrach der Stier sie harsch. Allein der Ton seiner Stimme ließ keinen Widerspruch zu. Edwyn zuckte zusammen, er spürte den Stich tief in sich brennen. Ohne ein weiteres Wort schloss er seine Mutter in die Arme. Sie zeigte es nicht, doch er spürte ihre Scheu, ihren Widerwillen gegen all das was geschah. Edwyn war ihr Kind und sollte es bleiben, er wollte es bleiben. Doch nach all den geschehenen Dingen, all den furchtbaren Sachen die ans Licht gezerrt wurden, war all dies nicht mehr denkbar. Edwyn versuchte mit aller Kraft die Tränen zurück zu halten, bis ihm die ersten aus der Nase liefen. Er vergrub seine Schnauze in den warmen Pelz seiner Mutter, sog ihren Geruch in sich auf und wollte sie nie mehr loslassen. Es tat so weh!

Als die Umarmung endete war es als täte sich ein Abgrund unter ihm auf. Der Bär stürzte tiefer als er es für möglich gehalten hatte. Plötzlich wankte er, der Schmerz strahlte quer durch seinen Körper, er konnte nicht länger stehen. Eine Tischplatte drückte ihm in den Rücken, schniefend klammerte er sich daran fest, während er mit ansehen musste wie seine Mutter ein letztes Mal die feuchten Augen niederschlug. Sie drehte sich um, so entsetzlich langsam, und trat durch die Tür. Als das schwere Holz in den Rahmen fiel, war es als sei die Welt untergegangen.

Edwyn stand verlassen da, allein klammerte er sich an den groben Tisch wie an das letzte wirkliche Dinge in der Welt.

Der schwarze Stier trat vor ihn, überragend wie ein schrecklicher Berg. Seine gewaltige Hand legte sich auf den Rücken des Bären. Kraft ging davon aus, Edwyn spürte sie durch Hemd und Weste hindurch. Ein kläglicher Rest seiner Selbst wollte sich fürchten, doch brachte er es nicht mehr zustande. Wehmütig ergab er sich in sein Schicksal, wohlwissend dass er all dies für seine Sünden verdient hatte. Der Schmerz brannte ungebrochen, doch gesellte sich nun die traurige Gewissheit an seine Seite. Dies war sein Fegefeuer.

Die andere Hand des Zauberers legte sich auf Edwyns Wange. Er spürte die Macht die davon ausging wie Sonnenlicht auf seinem Fell. Der starke Daumen wischte ihm eine Träne vom Gesicht. Milde, fast wie gütig blickte der Stier auf Edwyn herab, doch der Bär wusste es besser. Alle wussten, was ihm bevorstand.

"Es ist noch keinem leicht gefallen, zu mir zu kommen.", sagte Männelig und seine Stimme klang wie dumpfer Donner. Ein Ton schwang darin mit, den Edwyn nicht zu deuten wusste. "Nichts was ich sage könnte deine Angst mildern. Darum wird dich fürs Erste einer meiner älteren Lehrlinge anleiten. Arlon!"

Edwyn stutzte. Arlon? Er kannte diesen Namen. Aber das war lange her, es konnte nicht sein, dass...

Die rückwärtige Tür der Küche ging quietschend auf, und ein kleiner, pummelig geratener Dachs trat ein. Er trug eine ebenso blaue gegürtete Robe wie der Meister, nur ohne Wappen und die mit den ausgefransten Ecken über den Boden schleifend. Verschmitzt lächelnd stemmte er die Fäuste in die breiten Hüften.

"Na Edwyn, kennst Du mich noch?"

Der Bär merkt erst jetzt dass ihm die Schnauze offen stand.

"Arlon?", brachte er mühsam heraus.

"Noch immer nicht der Gesprächigste, was?", fragte der Dachs grinsend, doch ohne hämische Bosheit. "Komm, ich zeig Dir alles. Wenns erlaubt ist, Meister?"

Der schwarze Stier nickte dem Dachs herrschaftlich zu, der Lehrling verbeugte sich ansatzweise, ergriff die Hand des jungen Bären und zog ihn aus der Tür. Edwyn ließ sich bereitwillig führen, zu groß war die Überraschung als dass er überhaupt daran gedacht hätte Widerstand zu leisten.

Arlon, kreiste es in seinem Kopf. Arlon war der ältere Bruder, mit dem er nicht verwandt war. Der Junge vom Nachbarhof, der den kleinen Bären auf Streifzüge mitnahm wenn eines seiner echten Geschwister mit ihm spielen wollte. Vor zwei Jahren war er verschwunden, und keine wollte darüber reden. Die Kinder sagten, er wäre fortgelaufen, andere meinten der Wassermann habe ihn geholt. Doch keiner hätte sich träumen lassen, dass man Arlon in die Lehre des Zauberers gegeben hatte. Bedeutete das, er hatte sich auch versündigt? Tat es ihm ebenso weh?

Nur am Rande bemerkte Edwyn, dass Arlon ihm die ganze Zeit über Dinge erklärte. Wo das Feuerholz lag, was im Garten als nächstes reif wurde, die Tür zum Keller. All die unmagischen Sachen, die man in einem Haus kennen sollte wenn man sich darum kümmern musste. Das Gras war warm unter ihren Pfoten. Die Sonne schien kräftig für einen späten Frühlingstag und kündete einen frühen Sommer an.

"Warum bist Du hier?", fragte Edwyn irgendwann.

Arlon blieb stehen. "Was glaubst Du wohl?"

Der junge Bär blickte zu Boden. Das war eine dumme Frage.

"Und wie... wie lange schon?"

"Seit ich von zuhause weg bin." Der Dachs wandte sich zu ihm. Früher war er Edwyn wie ein Riese vorgekommen, jetzt konnten sie sich in die Augen sehen. "Mit wem haben sie dich erwischt?"

Edwyn jagte ein kalter Schauer über den Rücken. Betreten starrte er auf seine Füße. Arlon berührte das Kinn des Bären und drückte es sanft nach oben.

"Geheimnisse sind hier nichts wert.", sagte er ruhig "Bei mir war es unser Knecht, Marlin. Vater hat uns beim ersten Versuch ertappt. Er hat Marlin vom Hof gejagt und mich grün und blau geschlagen. Sobald ich wieder gehen konnte, hat er mich her gebracht."

Edwyn versuchte dem Blick auszuweichen. Wie Arlon es erzählte klang es als wäre es nichts besonderes, doch hatte er sich auch nicht ansatzweise so schwer versündigt.

"Es wird Dir danach besser gehen.", versprach der Dachs sanft "Wer war es bei Dir?"

Alles in dem Bären widerstrebte sich, Edwyn quetschte den Namen durch seine zusammengepressten Lippen. "Schicks"

"Schicks?", wiederholte Arlon ungläubig "Der kleine Hase, der Krämerjunge?"

"Er ist nicht mehr klein.", entgegnete Edwyn trotzig.

Der Dachs lächelte verständnisvoll "Das glaub ich. Und er hat dich verpfiffen?"

"Nein!", knurrte Edwyn scharf. Niemand durfte das von Schicks behaupten.

"Wer dann?"

Dem Bären wurde der Mund trocken. Schon allein daran zu denken ließ den Schmerz überkochen. Gequält trat er von einer Pfote auf die andere.

"Wer?", hakte Arlon nach. Sein Blick hielt den Bären wie ein fester Griff gefangen, bis dieser leise und mit kläglich zitternder Stimme flüsterte "Jupp"

"Jupp?", wiederholte Arlon grimmig "Wie ist das hergegangen?"

Edwyns Unterkiefer zitterte, seine Nase verschloss sich. In ersticktem Ton brachte er die ganze Wahrheit über die Lippen.

"Schicks war mit mir im Verschlag hinter der Scheune. Plötzlich rumpelte die Tür. Ich hab die Wand für Schicks hochgestemmt, bin selbst aber nicht mehr hindurch gekommen. Da ist Jupp hereingestürzt und hat mich erwischt."

Er sah den Tagelöhner förmlich vor sich. Einen räudigen geifernden Vielfraß, der jedem erzählte er sei der Bastardsohn eines Grafen, eines Bischofs oder gleich des Kaisers selbst.

"Und er wusste sofort, was Sache ist?" Arlons Stimme fühlte sich warm an.

Edwyn wandte sich ab. "Ich war nackt."

"Oh.", machte der Dachs verstehend. "Und Jupp hat dich hingehängt?"

Der Bär nickte abgehackt. Arlon legte ihm locker den Arm um die Schulter.

"Dann bist Du ein Held, mein Kleiner.", erklärte er feierlich.

Edwyn verzog abschätzig das Gesicht, er wollte sich nicht auch noch verspotten lassen.

"Das mein ich Ernst.", beteuerte Arlon. "Zurück zu bleiben um deinen Freund zu bewahren, das würd ich jederzeit als Heldentat bezeichnen."

"Aber ich wollte auch noch abhauen.", schob Edwyn nach.

"Dann bist Du auch noch ein gescheiter Held.", lachte Arlon und knuffte den Bären in die Rippen. "Komm, jetzt denk nicht mehr daran. Ich werds nicht weitersagen, und ich weiß der Meister wird auch nicht danach fragen. Jetzt wollen wir dich erstmal fein machen."

Arlon führte den jungen Bären hinter den zweiten Anbau des Turms. Beide Bauten hatten seltsame Kuppeldächer, und schufen zwischen sich einen windgeschützten, sonnendurchfluteten Hof. An der Wand die noch in der Abendsonne lag stand ein großer Zuber voll Wasser, noch frisch und klar. Das Licht des Tages hatte es gerade soweit erwärmt dass es nicht mehr ganz kalt war.

"So, dann wollen wir dich mal rausputzen.", sagte Arlon "Ich hab schon eine Lehrlingsrobe für dich bereit gelegt, Männelig mag es wenn man seine Lehrlinge nicht für gewöhnliche Tölpel hält, und es hat auch was für sich, wenn man mal wieder unter die Leute muss. Außerdem kannst Du es doch wohl eh nicht mehr erwarten, aus deinem Sonntagsputz rauszukommen, was?"

Edwyn nickte verlegen. Zwar hatte er immer nach all seinen Geschwistern gebadet, und auch früher mit allen anderen im Bach geplatscht. Aber jetzt war Arlon Lehrling des Zauberers, und er auch.

"Kannst Du... dich umdrehen?", fragte er zaghaft.

Arlon kicherte seltsam. "Schüchtern, was? Na meinetwegen."

Mit weit ausgebreiteten Armen drehte der Dachs Edwyn den Rücken zu. Der junge Bär atmete auf und schlüpfte aus seiner Weste. Auf der Bank neben dem Zuber lag gefaltet die blaue Lehrlingsrobe, darauf ein trockener Lappen und ein schmuckloser Kamm. Fein säuberlich faltete er sein gutes Gewand in ein Bündel und legte es daneben. Am schwierigsten war nach der Hose die Buchse, bei jeder Bewegung schnitt der Schmerz tiefer in ihn hinein. Edwyn biss sich auf die Zunge um nicht aufzustöhnen. Dann stieg er in die Wanne und ließ sich langsam ins Wasser gleiten.

Ein markerschütternder Schrei ließ Arlon herumwirbeln. Der dicke Dachs bewegte sich schneller als er es sich selbst zugetraut hätte. Er fand den jungen Bären wimmernd, zusammengekrümmt über dem Rand des Zubers, und schloss ihn stützend in die Arme. Der junge Bär weinte bitterlich. Es war keine Trauer, es war keine Wut, da war nur noch Schmerz.

"Edwyn!" Was ist los? Was hast Du?" Arlons Stimme drang wie aus einer fernen Welt zu ihm. "Mein Gott, da ist Blut im Wasser. Was ist mit Dir? Bist Du verletzt? Ich werd den Meister holen, ich..."

"Nein.", krächzte Edwyn und griff schwach nach der Hand des Dachses

"Hat Schicks Dir das angetan?"

"NEIN!", wimmerte Edwyn noch kläglicher, und Arlon verstand.

"Es war Jupp, nicht wahr? Du solltest Dir sein Schweigen erkaufen."

Der junge Bär nickte und schluchzte, er wollte nur noch dass es ein Ende hatte.

"Und dann als er seinen Spaß hatte, hat er dich dennoch verraten, der Bastard."

Behutsam lehnte Arlon sich vor und legte vorsichtig die eine Hand auf die Hinterbacke des Bären. Edwyn sträubte sich, doch der Dachs sah was er sehen musste. Aufgeweichten dünnen Schorf, frisch aufgebrochene Wunden aus denen ein dünnes rotes Rinnsal hervorquoll.

"Ich muss Männelig holen.", murmelte der Dachs halblaut.

"Nein!"

"Edwyn..."

"Es ist die Sünde.", brabbelte der junge Bär "Die Sünde muss weh tun."

Arlon war für einen Moment sprachlos.

"Hat Jupp Dir das eingeredet?"

"Alle sagen das", presste Edwyn mühsam hervor.

"Nicht hier!", entgegnete Arlon grimmig. Er biss sich auf die Unterlippe. "Gut, ich werde Männelig nichts sagen. Aber ich muss etwas holen, rühr dich nicht vom Fleck."

Der Dachs rannte ins Haus.

Edwyn blieb zurück, nackt über den Rand des Zubers gebeugt, die verkrampften Beine halb im erkaltenden Wasser versunken. Halb betend, halb bettelnd lag er da und wollte sterben, dann wäre der Schmerz endlich vorüber.

Nach einer schieren Ewigkeit stürmte Arlon wieder aus dem Haus, Edwyn machte sich nicht die Mühe aufzublicken. Der Dachs hielt ihm etwas vor die Nase.

"Hier, das wird Dir helfen", sagte er hastig. "Aber Du darfst dich nicht wehren."

Halb verschwommen sah Edwyn ein Glitzern. Mühsam kniff er die Augen zusammen. Arlon hielt ein Ding in der Hand, dass in der Form an einen umgedrehtes T erinnerte, dessen längster Strang zur Mitte hin dicker wurde. Es glänzte feucht und war aus einem Stück Rosenquarz geschnitten.

"Vertrau mir, das hilft", beteuerte Arlon, steckte sich die lange Seite des Ts in den Mund und lutschte daran. "Komm her."

Der pummelige Dachs ging in die Knie und bettete den halb besinnungslosen Bär in seine Arme. Der massige Kopf kam auf seiner Schulter zu liegen.

"Das wird jetzt noch einmal weh tun", flüsterte er in das Ohr des Bären "Aber Du musst versuchen locker zu lassen. Denk nicht an Jupp, denk an Schicks. Und nimm meine Schulter ins Maul, beiß mich wenns schlimm wird, das halt ich aus."

Edwyn bekam den Muskel mit den Zähnen zu fassen ohne es richtig zu wollen. Das Dachsfell schmeckte seltsam. Arlon hielt ihn mit einer Hand fest, die andere nahm den Rosenquarz aus seinem Mund. Edwyn wusste nicht wie ihm geschah. Plötzlich berührte ihn etwas wie ein nasser Stein direkt im Zentrum des Schmerzes. Alles in ihm zog sich zusammen. Wimmernd biss er zu. Sein gesamter Körper erbebte, zitterte unter der Pein. Wie donnernde Wellen lief brennendes Leid durch seinen Bauch, ließ alles an ihm erbeben. Für einen halben Augenblick öffnete sich sein verkrampfter Leib, und in diesem Moment fuhr der nasse Quarz in ihm. Und plötzlich sah er den Himmel.

Sein Körper entkrampfte sich, er löste seine Schnauze aus der blutenden Schulter des Dachses und sah ihm fassungslos ins Gesicht. Edwyn brauchte einige Atemzüge um zu begreifen was gesehen war. Zuerst konnte er es kaum glauben, doch langsam, ganz langsam drängte sich die Erkenntnis in seinen Kopf. Es tat nicht mehr weh!

Arlon lächelte ihn wissen an. Mit der freien Hand tätschelte er sanft den Hintern des Bären.

"Fühlt sich gut an, nicht wahr?"

Edwyn fand keine Worte die genügt hätten, doch brachte er ein Nicken zustande.

"Männelig hat ihn gemacht. Lindert den Schmerz und stillt das Blut. Du wirst auch keine Narben kriegen. Lass ihn erstmal drin solange Du magst."

Der junge Bär zog sein Inneres zusammen und spürte wie der kristallene Kegel sich in ihm bewegte. Es fühlte sich schön an. So schön wie er es sich mit Schicks vorgestellt hatte. Bevor Jupp...

"Jupp", sagte er lautlos. "Es... ich kann nicht..."

Arlon hielt ihn fest und nickte verständnisvoll. "Wenn Du soweit bist."

Er drückte ihm einen verspielten Kuss auf die Nase. "In der Zwischenzeit machen wir mal einen anständigen Lehrling aus Dir."

Mit der Hilfe des Dachses wurde Edwyn gründlich gebadet, schüttelte sich trocken und begann sich auszukämmen. Arlon verstaute indessen die bürgerlichen Kleider.

Als der junge Bär dann zum ersten Mal in seine blaue Robe schlüpfte, stellte er verblüfft fest wie leicht dieser Stoff sich trug. Auch gab es keine Ärmel oder überhaupt Seitenteile. Die gesamte Robe bestand einfach nur aus einer langen Bahn blauen Stoffes, in die ein Kragen und vornehme Schultern in der Mitte eingearbeitet waren. Das Ganze wurde von einer Kordel um die Hüften zusammengehalten.

"Wo ist denn die Unterhose?", fragte er verlegen.

"Gibt's nicht", erwiderte Arlon grinsend "Gewöhn dich einfach an ein frisches Lüftchen um deine Eier, das ist gesund."

Edwyn errötete von der Nase bis in die Ohren. Selbst nach seinem großen Geständnis, und mit dem Rosenquarz in seinem Hintern, er war es nicht gewohnt so zu reden.

"Komm, was könnt es besseres geben?", fragte Arlon "Wiegt nicht viel, ist haltbar und leicht zu schruppen. Der Meister trägt auch nichts anderes. Nur sein Wappen, das muss man extra waschen, aber keine Angst, ich zeig Dir schon worauf es ankommt."

Unschlüssig befühlte Edwyn den blauen Stoff auf seinem Fell. Nach dem harten Leinen seiner Sonntagskleider fühlte er sich noch immer wie nackt. Auch das mit dem frischen Lüftchen war nicht gelogen.

"Und wann... wann muss ich...?"

Er blickte hoch zur gläsernen Kuppelspitze des Turms, wo er die Gemächer des Zauberers vermutete. Im Licht der untergehenden Sonne glitzerten die Glasflächen in allen Farben die Edwyn sich vorstellen konnte.

Arlon legte dem Bären den Arm um die Schultern.

"Jetzt hör mal. Ich weiß, was die alten Tölpel überall rumtuscheln. Hier ist es nicht ansatzweise so furchtbar wie gesagt wird. Das sind Geschichten die eingebildete Leute erzählen, damit sie sich weiter einbilden können es besser zu haben. Erstmal kann von müssen jetzt gar keine Rede sein. Aber das wirst Du schon noch sehen. Überhaupt wird nichts so heiß gegessen wie es gekocht wird, und Männelig ist schon gar nicht so wie es getratscht wird."

"Aber Du bist wegen derselben Sünde hier wie ich", erwiderte Edwyn kleinlaut "Und er hat den Rosenquarz gemacht, um..."

"Dafür solltest Du dankbar sein!", fiel Arlon ihm ins Wort "Und das sünden-Gerede gewöhn dir lieber auch ab. Darum brauchst Du dir hier keine Gedanken zu machen."

Er ließ den jungen Bären los und gab ihm einen versöhnlichen Klaps auf den Hintern.

"Ich weiß, das war viel für einen Tag. Aber hey, es geht Dir doch jetzt besser als heute Morgen, oder?"

Edwyn sah den Dachs verlegen an und nickte langsam.

"Na, siehst Du", meine Arlon zufrieden. "Und ich verspreche dir, was immer Du dir vorgestellt hast, so schlimm wird es nicht werden. Jetzt komm, ich stell dir die anderen beim Abendbrot vor."

"Die anderen?"

"Ja. Du bist Männeligs vierter Lehrling, im Moment. Hast Du das nicht gewusst?"

Edwyn schüttelte den Kopf. "Darf ich noch ein wenig alleine sein?"

"Meinetwegen. Aber komm nicht zu spät, sonst musst Du dir den Topf auskratzen."

Der Bär nickte abwesend. Als der Dachs in der Küche verschwunden war atmete Edwyn tief durch. Unschlüssig betastete er den dünnen Stoff auf seiner Brust. Er dachte an Schicks, an Mutter. Dann an Jupp, und plötzlich war er unsagbar froh so weit weg zu sein. Der Rosenquarz in seinem Hintern zitterte ganz leicht solange er still stand. Es fühlte sich an als würde sein Inneres zärtlich gestreichelt. Sachte bewegte er seine Hüften im Takt dazu. Ohne den Schmerz kehrte langsam die Erregung wieder, und mit ihr all die sündigen Gedanken. Das Kribbeln, kurz bevor er hart wurde. Vergiss die Sünden, hatte Arlon ihm aufgetragen. Edwyn war bereit es zu versuchen. Denn bei allem was der Zauberer getan hatte oder noch mit ihm tun würde, es zählte jetzt nur dieser Moment. Dieser Moment, indem es nicht mehr weh tat.

Mittlerweile dämmerte es, und Edwyn betrat die Küche.