Terre Perdue, Kapitel VI, Der Preis der Freiheit

Story by Gleaming Black on SoFurry

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Kapitel I -- Terre Perdue

Kapitel II -- Unbekannter Held

Kapitel III -- Strohmann aus Stahl

Kapitel IV -- Bittere Vergangenheit

Kapitel V -- Gefangen!

Kapitel VI - Der Preis der Freiheit

Der Hellgraue drehte sich zu Rayo um und befahl ihm. „Schieß auf das Fenster!" Rayo tat, wie er es wollte und schoss mit seinem Maschinengewehr für etwa drei Sekunden auf das einzige Fenster. Es ging nicht zu Bruch. „Es klappt nicht, scheint Panzerglas oder so was zu sein", schimpfte der Anthro. Amarok aber dachte nicht an Aufgeben. „Weiter! Schieß weiter, immer weiter!" Obgleich der Anthro nicht verstand, warum er das tun sollte, befolgte er seinen Befehl und schoss unentwegt auf das Fenster. Tatsächlich bildeten sich nach etwa einer Minute zwei Risse in dem Glas. Rayo beendete das Schießen. „Weiter!" „Geht nicht, die Munition ist alle", antwortete Rayo und blickte verärgert auf das silberne Gewehr aus Ragnus' Armee. Wütend sah der Vierbeiner auf das rissige Glas. Jetzt oder nie! Er nahm Anlauf und rannte auf das etwas erhöhte Fenster zu. Es war zum Glück recht lang und endete knapp über dem Boden, sodass seine Idee verwirklicht werden konnte. Der junge Rüde stieß mit seinem Kopf gegen das Glas und nahm erneut Anlauf. Ungläubisch blickte der Anthro auf das Geschehen. War der irre? Amarok nahm erneut Anlauf und rannte ein zweites Mal mit aller Wucht gegen das Glas. Sein Kopf traf genau auf das dicke Glas auf, aber dieses veränderte seine Form nicht. Er schüttelte sich kurz und lief noch einmal zurück zum Ausgangspunkt um ein weiteres Mal Anlauf zu nehmen. Dass Amarok mitunter etwas ... eigenwillig war, wenn man es freundlich formulierte, war Rayo gewiss nicht mehr neu. Aber dass er wie ein Wahnsinniger gegen Panzerglas rannte, in der schwachen Hoffnung, es würde kaputtgehen, war dann doch wieder eine Überraschung. Gerade wollte er noch ein weiteres Mal auf das Fenster zurennen, da bemerkten sie überraschend, dass Gas aus Drüsen in den Wänden sprühte. Leicht erschrocken über diese Tatsache sahen sie sich an. Rayo sprach empört und sah abwechselnd auf die Drüsen und zu Amarok. „Der will uns töten!" Als ob das eine Überraschung war, warf er das Maschinengewehr gegen eine der Drüsen, in der Hoffnung, sie ging dadurch kaputt. Ein Metallteil löste sich und es drang noch mehr Gas heraus. „Ups ...", sprach er und sah auf seine Bescherung. Der Hellgraue wartete nicht länger und stieß mit seinem Kopf erneut gegen das Glas. Er hatte etwas Glück, weitere Risse bildeten sich, die von den Rissen, die durch das Schießen entstanden warten, bildeten. Während die Hoffnung, das Fenster zerstören zu können, gestiegen war, wurde das Gas zu einer immer größer werdenden Gefahr. Rayo hustete und hielt sich die Pfote vor die Schnauze, doch das Atmen konnten sie schlecht unterbinden. Noch einmal rammte der junge Krieger gegen die Scheibe, eine Platzwunde entstand an seinem Kopf, aber er dachte nicht daran, jetzt aufzugeben. „Glaubst du, das bringt uns hier raus? Du kriegst nur Kopfschmerzen", spottete der Anthro, als Amarok bereits ein weiteres Mal Anlauf nahm. Weitere Risse fuhren durch das dicke Glass, ohne die Schüsse darauf vorher, hätte er diesen Erfolg sicher nicht gehabt. Doch das Blut an seinem Kopf breitete sich ebenso weiter aus ... Wolf gegen Objekt, das war ein Kampf, den nur die beiden führen konnten. Rayo hustete weiter, er konnte Amaroks Versuche, die Scheibe zu zerschlagen, weiterhin beobachten, doch er hatte schwerer mit dem Gas zu kämpfen, da sein Kopf weiter oben war. Noch einmal und noch einmal knallte der Vierbeiner seinen Kopf gegen das Glas, ganz ohne Rücksicht auf Schmerzen und Verletzungen. Sein einziges Ziel war, diese Scheibe zu zerstören, bevor sie starben und Ragnus siegte. Nachdem ihm bereits Blut an der Schnauze herunterlief, war es endlich so weit. Amarok krachte mit der Scheibe aus dem Raum und fiel drei Stockwerke tief. Rayo sah erschrocken auf das Loch in der Wand. Unten war Amarok unangenehm auf dem Asphalt aufgekommen. Diesmal war etwas gebrochen, das spürte der Hellgraue, einige Rippen waren sicher beschädigt. Trotzdem rappelte er sich mit aller Mühe wieder auf. Er stellte sich auf seine Pfoten und knurrte wütend. Der Anthro sah den vierbeinigen Wolf, stehend inmitten von tausenden Glassplittern. Er hatte es tatsächlich geschafft ... man schien ihn wirklich nicht gefangen nehmen zu können. Wieder hatte er einen Weg nach draußen gefunden und dieses Mal machte es ihn froh. Kontrolliert sprang auch der Anthro aus dem dritten Stockwerk und landete etwas schmerzhaft auf dem harten Boden. Da er auf seinen Füßen aufkam, brach er sich nichts, aber ganz ohne Schmerzen ging es nicht. „Alles in Ordnung?", fragte er den Hellen. „Lass es uns zu Ende bringen", knurrte Amarok und rannte auf die Hauswand zu. Der Vierbeiner nahm all sein Geschick zusammen und sprang vom ersten Fensterbrett ab, hin zu einem weiteren, bevor er erneut Halt mit den Hinterpfoten auf einer Antenne suchte. Der Backsteinbau war leicht zu besteigen, wenn man etwas Talent hatte, so wie er es tat. Rayo beobachtete fasziniert, wie er sich Stockwerk für Stockwerk nach oben arbeitete und mit einem letzten Absprung von dem Regenrohr aus auf das Dach versetzte, wo er für Rayos Sichtweite verschwand. Das konnte er nicht, er musste einen anderen Weg suchen. Der dunkelgraue Anthro hatte auch schon eine Idee. Er lief zur Kellertür und schoss sie mit einem Schuss aus der Handfeuerwaffe auf. Natürlich hätte er die Munition auch zum Schießen gegen das Glas verwenden können, doch er hatte nicht gedacht, dass er es damit zerstören konnte. So hatte er nun noch ein paar Schuss für den letzten Kampf übrig und stellte die Weichen für Ragnus' Schicksal. Er konnte es kaum erwarten dem fiesen Tyrann das Hirn wegzupusten, vorausgesetzt er besaß überhaupt eins.

Groven, der alte Wolf mit dem braunen Fell, betrat einen speziellen Raum, der mit Lautsprechern und Mikrofonen ausgerüstet war. Am Ende des Raumes war ein erhöhter Podest, hinter welchem Bildschirme und Schaltarmaturen waren. Eine maskierte und vermantelte Gestalt mit dunkelblauen und schwarzen Kleidern stand an diesem Podest und sah den Wolf an. Der Alte sprach mit zittriger Stimme. „Ich habe getan, wie du verlangst hast ..." Ein Grinsen breitete sich in der Miene des Zweibeiners aus, der hinter dem Podest stand. Es musste ein Roboter sein ... oder Ragnus persönlich. „Nun sage mir, was du mit meinem Bruder angestellt hast. Ich bitte dich ..." Eine elektronisch verstärkte und verzerrte Stimme gab Antwort. „Haraharhar, du hast mir in der Tat einen großen Gefallen getan." Die Mikrofone und Lautsprecher machten es möglich, den Vierbeiner für Menschen verständlich zu machen. Die moderne Elektronik übersetzte zwischen den beiden Arten. Die Pupillen des Braunen weiteten sich, er ahnte nichts Gutes. „Aber ich habe keine Ahnung, was mit ihm ist." Der alte Wolf verstand nicht. „Du sagtest doch ..." „Ich habe gelogen. In Wahrheit wusste ich nicht einmal, wie dein Bruder aussieht. Er ist nicht bei mir. Ich habe ihn nur benutzt, um deine Dienste zu erlangen." Das Gesicht des Alten wurde unzufriedener. „Aber ... du ..." Der vermantelte Mensch zog ein Maschinengewehr mit einer großen Schusstrommel aus seinem Mantel. „Ich glaube, du hast jetzt andere Sorgen, als deinen Bruder. Ich habe keine Verwendung mehr für dich." Er zielte mit der großen, silbernen Waffe auf den ängstlichen Alten. Dieser tat ein paar Schritte zurück. Das letzte, was er hörte, war die böse Lache des Herrschers Ragnus, bevor ... ... das Glasdach mit einem großen Lärm zersplitterte und eine helle Gestalt von oben herabkam. Amarok! Er landete sicher und gekonnt auf seinen Pfoten, begleitet von einem schmetternden Kristallregen, sodass der erschrockene Groven noch etwas weiter zurücksprang und seine Augen weitestmöglich aufriss. Er konnte es nicht glauben - sie hatten sich befreit! Der Vierbeiner mit den verschiedenfarbigen Augen fletschte die Zähne und warf dem dunkel gekleideten Herrscher tödliche Blicke zu. „Respekt ...", gestand Ragnus ein. „Ihr seid wirklich die Besten. Gleich nach mir!", sprach er und hob sein Maschinengewehr. Der Alte, der völlig aus der Fassung war, wartete nicht länger und lief langsam rückwärts aus dem Raum. Ängstlich zitternd verließ er das Quartier des Herrschers, bevor er die Konsequenzen seiner Tat zu spüren bekam. Ganz gleich, wer den letzten Kampf gewann, er war der Verlierer, das war schon jetzt sicher. Ragnus wollte auf ihn schießen, doch Amarok verließ seine alte Stelle mit den glitzernden Glasscherben bereits und sprang zwei Meter weiter, sodass ihn die ersten Schüsse aus Ragnus' Maschinengewehr nicht trafen. Die Trommel drehte sich und er hörte nicht mehr auf zu schießen, für Amarok ein Zeichen, dass er es mit der Angst zu tun bekam. Amaroks Leib war von Schnittwunden übersät, das zerstörte Glas hatte sich in sein Fleisch gebohrt und ließ das dunkelrote Blut spritzen, wo immer er hinsprang und rannte. Neben all den frischen Wunden zierte die Narbe des Steifschusses einer von Ragnus' Soldaten immer noch seine Wange. Die Augen des Kriegers fixierten den Diktator böse. Als er erneut einen sicheren Platz vor seinen abgegebenen Kugeln gefunden hatte und für ein paar Sekunden darauf stehen blieb, brach Ragnus das Schießen ab und senkte die Waffe ein Stück herab. Der Verkleidete sprach. „Wie dumm nur, dass es euch immer wieder zu mir zieht. Dieses Mal aber werdet ihr nicht einfach so davonkommen." Er hob seine Waffe erneut und zielte auf den zähnefletschenden, knurrenden Rüden, welcher ihn mit seinen fiesesten Blicken durchbohrte.

Der dunkelgraue Anthro lief einen langen Kellergang mit weißen Wänden entlang. Überall verliefen Rohre, die er sich zu Nutze machen wollte. Zuerst aber musste er die Waffenkammer finden, die er von seinen Plänen schon lange kannte. „Ha, hier ist sie ja." Er brach die Tür gewaltsam auf und hielt mehrere Päckchen grinsend in den Pfoten. „Jetzt machen wir ihm mal Feuer unterm Arsch."

Der Feuerstrahl aus Ragnus' Kanone verfolgte den Hellgrauen wie eine tödliche Spur, doch kaum hatte er die Stelle mit seinen Kugeln erreicht, war Amarok schon wieder weg. Er bewegte sich so ruckartig und geschwind, dass Ragnus es nicht vermochte, ihn zu treffen. Ewig aber konnte das so nicht gehen, irgendwann traf er ihn und außerdem war Amarok nicht gewillt, in der Defensive zu bleiben. Er war nicht gekommen, um vor seinen Angriffen zu flüchten. Er wollte zum Gegenschlag ausholen. Das fest umklammerte Maschinengewehr in Ragnus' großer Hand, mit einem schwarzen Lederhandschuh bekleidet, wurde vom schneidenden Gebiss Amaroks befallen. Der hellgraue Rüde tat seinen letzten Sprung auf Ragnus zu, was die Gefahr, von ihm getroffen zu werden erhöhte, obwohl er deutlich höher sprang als die Male zuvor. Mit seiner Schnauze verbiss er sich tief am Handgelenk des Vermantelten, welcher einen lauten Schmerzensschrei ausstieß. Er versuchte den fest verbissenen Wolf von sich zu schütteln, das Schießen führte er fort, doch traf er nichts außer der Einrichtung seiner Zentrale. Er schüttelte und rüttelte den schweren Körper des Rüden hin und her. Auch Amarok bewegte sich ruckartig auf und ab und verdrehte seinen Hals, so weit er es konnte. Mit der Faust seiner anderen Hand schlug er ihm in den Nacken und trotz einiger Schmerzen dachte der Hellgraue nicht daran, loszulassen. Jeden Schmerz wollte er auf sich nehmen, wenn es zum Sieg gegen den Tyrannen führte. Die weißen Zähne bohrten sich immer tiefer in den Arm, bis sie wieder aufeinander trafen und das Blut an seinem Maul vorbeispritzte. Zum Schluss landete der Wolf mit seinen vier Pfoten sicher auf dem glatten Untergrund, mit Ragnus' Hand in seinem Maul, der die Waffe nach wie vor fest umklammerte. Als die bitteren Schmerzen in Ragnus' Armstumpf nachließen, weil sein Körper die Poren verschloss, sah er hasserfüllt auf den vierbeinigen Wolf, der ihm das angetan hatte. Der Graue ließ das Fleisch vor sich hinfallen, sodass es mit einem kläglichen ,Batsch' vor seinen Pfoten landete und weitere, kleine Blutspritzer in alle Richtungen trieb. Er schwenkte seinen Kopf in Ragnus' Richtung, beobachtete, wie dessen Blut im hohen Bogen herausspritzte und knurrte finster. „Du bist definitiv der echte Ragnus, so viel steht fest." Seine zweifarbigen Augen sahen ihn angriffslustig an, sodass der enttarnte Alleinherrscher verärgert zurückgab. „Und du bist definitiv totes Aas!", brüllte er und zückte ein Schwert mit der verbliebenen Hand aus seinem Mantel, das man vorher nicht hatte sehen können. Er schlug auf Amaroks Stelle ein, wobei er laut und angestrengt ächzte, weil er all seine Kraft dafür aufbrachte, doch traf er ins Nichts, denn der Vierbeiner war wieder einmal zu schnell für ihn. Noch bevor er erneut versuchen konnte, ihn zu erschlagen, war er schon wieder zu ihm gesprungen und verbiss sich in die Hand, die das Schwert hielt. Nur kurz ächzte der Maskierte vor Schmerzen auf, da trat er ihn empfindlich gegen den Körper. Reflexartig ließ er von ihm ab, da er feststellen musste, das Ragnus noch immer fähig war, sich zur Wehr zu setzen. Er musste ihn von der anderen Seite attackieren, aber das war nun, nachdem er vorbereitetet war, nicht mehr so einfach. Im Gegenteil, denn noch bevor er sich in sichere Entfernung gebracht hatte, hatte Ragnus die Spitze seines Schwertes neben Beckenhöhe in Amaroks Leib gestochen. Aus Amaroks Maul drang ein ersterbendes Schluchzen, denn er spürte, dass die Schneide seinen Bauch gestreift hatte. Blut tropfte aus der Unterseite seines Körpers. Diesmal war es sein Blut und es vermischte sich mit dem seines Feindes, das bereits eine Lache am Boden bildete. Er unterdrückte ein schmerzerfülltes Ächzen und sah böse aus seinem braunen und seinem gelben Auge. Ragnus wollte ihm den endgültigen Todesstoß verpassen, als er sich noch einmal mit letzter Mühe und unter großen Schmerzen in Sicherheit brachte.

Rayo traf auf Widerstand. Soldaten versuchten ihn anzugreifen. Eben noch wäre er ihnen beinahe hilflos ausgeliefert gewesen, da er nur noch fünf Schuss besessen hatte. Jetzt aber, nachdem er alles Nötige aus der Waffenkammer geplündert hatte, war er wieder fähig, Ragnus' Helfer niederzumetzeln, bevor sie ihm schaden konnten. Er fragte sich tatsächlich, welche Ausbildung sie genossen hatten, wenn sie so langsam waren. Er schoss sie nieder, noch bevor sie überhaupt kapierten, was los war. Für den Anthro war es ein Fest. Er lief die Treppen hinauf, Stockwerk für Stockwerk fielen tote Soldaten herunter und klatschen im Erdgeschoss Blut spritzend auf. Der Anthro ließ sich durch niemanden mehr aufhalten. Nach und nach hinterließ er ein Abschiedsgeschenk für die Soldaten, die das hier überleben sollten. Er steckte in jeder Etage zwei, drei rote Dynamitstangen hinter die Rohre und Geländerstangen, wobei er zwei dicke Kabel mit sich zog. Der Dunkelgraue grinste und lachte hämisch. „Fast wie Hänsel und Gretel ... dieses Mal aber wird es keine Tauben geben."

Ein weiterer Schlag mit dem Schwert versuchte Amarok zu töten, Funken entstanden, als es auf dem glatten Boden auftraf. Das Blut des Wolfes spritzte etwas, wenn er jetzt Sprünge zur Seite oder nach hinten tat. Er war vorsichtiger geworden und hatte Abstand genommen, bis er eine Idee hatte und eine Gelegenheit sah, wie er Ragnus erledigen konnte. Sein Hass war groß genug und er sah böse auf den scheidenden Herrscher. Dieser wartete nicht länger und warf sein Schwert nun endgültig auf den Vierbeiner, um ihn zu töten. Gerade trat der Anthro mit drei Stangen Dynamit in den Raum, als der Hellgraue gefährlich von der Spitze von Ragnus' großem Schwert getroffen wurde, als er versucht hatte, auszuweichen. Die Spitze bohrte sich in seine Schulter, ganz hatte sie ihn nicht treffen können. Ähnlich wie beim Streifschuss hatte er einem tödlichen Hieb ausweichen können, doch war er zu langsam gewesen, als dass er gar nicht getroffen wurde. Die Verletzung und der hohe Blutverlust mussten zur Verminderung seiner Reaktionsschnelligkeit geführt haben. Er spürte, wie ihm in unregelmäßigen Abständen immer wieder schwindelig wurde. Er ächzte laut, als sein Blut aus der Wunde schoss. Das Schwert blieb kurz in ihm stecken, doch steckte es nicht tief genug und verlor das Gleichgewicht sehr schnell wieder, sodass es klimpernd auf dem glatten Boden aufkam. Rayo traute seinen Augen nicht ... sein Siegesmut war erschüttert, als er seinen Kampfgenossen schwer verletzt und blutend vor dem letzten, wirklichen Gegner ein weiteres Mal getroffen wurde. Allmählich wurde dem großen Wolf auf bittere Weise deutlich, dass Amarok trotz seiner Supertalente beim Kämpfen keineswegs unverwundbar war und dass jeder verlorene Tropfen Blut ein bisschen weniger Leben in ihm bedeuten würde; jeder Tropfen Blut, ein Schritt näher hin zum Tod. Auch Amarok konnte sterben, dass war immer klar gewesen, doch jetzt erst realisierte der Anthro, wie ernst es war. Der Anthrowolf beobachtete, wie der verletzte Tyrann einen Dolch aus seinem dunklen Mantel zog. Während Amarok mit den Schmerzen zu kämpfen hatte, wollte er ihm den Todesstoß versetzen und ihn in seinen Körper rammen. Das konnte er nicht zulassen, also zog er seine Pistole aus dem Gürtel und schoss ihm den Dolch aus der Hand, der daraufhin einen Meter wegsprang. Sofort verschwand der Herrscher hinter dem Pult, um Deckung zu gewinnen. Rayo wollte sich zu Amarok ducken, dieser aber stand bereits von selbst wieder auf, eine Blutlache bildete sich um ihn herum. Trotzdem: An Aufgeben war gar nicht zu denken! Nun war sein Hass erst recht gestärkt, sein Wille, Ragnus zu töten, war nur gewachsen. Der Anthro sah, dass Amarok aufstehen konnte und schwenkte seinen Blick in Ragnus' Richtung, er war gerade dabei, ein Gerät aus dem Rechner auszuschrauben. Rayo richtete das Maschinengewehr, das neben der abgerupften Hand auf dem Boden gelegen hatte, in Ragnus' Richtung. Doch gerade, als er schießen wollte, kam der Maskierte über den Pult in seine Richtung gesprungen und entwich ihm, bevor er ihn treffen konnte. Der Anthro war überrascht, dass er noch so wehrhaft war, nachdem Amarok ihn bereits so übel zugerichtet hatte. Der Vierbeiner hatte sich aufgerichtet und rannte dem Herrscher hinterher, so gut er das noch konnte. Mit jedem Schritt verlor er weitere, dicke Tropfen Blut, er hinterließ eine Spur seines Lebenselixiers im Hauptquartier des Tyranns. „Amarok, bleib hier, du bist verletzt." Der Zweibeiner war sich im Klaren, dass Amarok viel zu entschlossen war, um jetzt aufzugeben. Er lenkte seinen Blick auf den Rechner und stellte anhand seiner Kenntnisse fest, dass Ragnus die Festplatte ausgebaut hatte. Womöglich wollte er seine teuflischen Pläne retten. Das mussten sie verhindern! Ragnus trippelte die Treppenstufen hinunter, so schnell es nur ging. Die Festplatte hatte er unter seinem Arm. Auch er verlor eine Menge Blut. Amarok nahm eine Abkürzung und sprang von der obersten Etage herunter, sodass er noch vor Ragnus' Ankunft auf dem ebenen Boden der Etage darunter, am Ende der Treppe in dieser Etage landete und Ragnus böse anzuknurren vermochte. Der Diktator wusste, dass er umzingelt war. Auch das Dynamit entging seiner Aufmerksamkeit nicht, er wusste, was die beiden planten. Er war verblüfft, wie weit sie es gebracht hatten. Das Wichtigste aber hatte er bei sich: seine Herrscherpläne, die seine Zukunft absicherten. Wozu seine Technik im Stande war, selbst wenn er starb, hatte der Decoder zum Übersetzen zwischen Mensch und Wolf gezeigt. Nun stand er dem Zähne-bleckenden Amarok mit seinen verschiedenfarbigen Augen gegenüber. Gerade wollte er sich umdrehen und die Treppen wieder hochgehen, die Festplatte hielt er beinahe schützend an sich, da sah er oben den Anthro. Rayo starrte ihn mindestens ebenso böse und erbost an. Beide wollten ihn auslöschen und er, der er keine Schusswaffen mehr bei sich hatte, konnte sich nicht zur Wehr setzen. Plötzlich musste der hellgraue Wolf feststellen, dass hinter ihm Soldaten von Ragnus auftauchten. Sehr zur Freude desselbigen. Sie eröffneten das Feuer und für ihn blieb so nur noch die Flucht. Sofort setzte er zum Sprung an und erreichte das Seitengeländer der nächsten Treppe nach unten. Er rutschte die glatte Eisenstange einfach nach unten, erst das Abspringen zum Zwischengeschoss brachte ihn zum Stehen. Rayo hatte die Soldaten inzwischen niedergeschossen, noch bevor sie ihn als zweite Gefahr für ihren Herrscher registriert hatten. Ragnus selbst allerdings war schon wieder auf der Flucht. Der Anthro merkte, was er vorhatte und versuchte, ihm den Weg abzuschneiden. Amarok folgte dem Flüchtenden weiter. Er rannte Ragnus hinterher, sprang über die Leichen seiner getöteten Soldaten und überwand jede anzunehmende Hürde trotz schwerster Verletzungen. Die Schmerzen raubten ihm die Kraft, aber die Entschlossenheit baute seinen Kampfesgeist neu auf und verlieh ihm die Möglichkeit, seine letzten, verbliebenen Kräfte zum finalen Kampf gegen Ragnus aus seinem geschwächten und verletzten Körper herauszuholen. Er holte zunehmend auf, denn noch jetzt war er schneller als der Mensch. Mit jeder Sekunde holte er auf, mit jeder Sekunde schrumpfte die Distanz zwischen dem Herrscher Ragnus und seinem größten Feind und Widersacher Amarok. Der Blick aus den zweifarbigen Augen des Rüden war konzentriert auf ihn gerichtet. Er wusste genau was der Tyrann vorhatte und er würde ihm die Kehle zerfetzen, noch bevor er es in die Tat umsetzen konnte. Tatsächlich hatte er Ragnus mit seiner Festplatte eingeholt, bevor dieser den Schalter zum Rufen des Aufzuges drücken konnte. Rayo kam um die Ecke am anderen Endes des schmalen Flurs und eröffnete sofort das Feuer mit einem gezielten Schuss in Ragnus' Richtung, um ihn ein für alle Mal kaltzustellen. Er konnte es kaum erwarten, ihn während des Rennens niederzustrecken und die Festplatte verlieren zu sehen. Danach brauchte er nur noch hingehen und zwei, drei Mal draufschießen und der ganze Spuk war vorbei. Rayo schoss ... Amarok sprang auf Ragnus zu. Das Gewicht des kräftigen Vierbeiners drückte den vermantelten Leib von Ragnus stoßartig nach vorn und warf ihn direkt auf sein Gesicht ... die Kugel aus Rayos Pistole aber traf durch diesen raschen Positionswechsel ihn und nicht Ragnus, für den sie bestimmt war. Amarok verlor die Kontrolle über seinen Sprung, als das Blei in seine linke Schulter traf und das Blut an die weißen Wände spritzen ließ. Ein schmerzerfüllter Schrei entfuhr seiner heiseren Kehle und hallte anklagend durch die fensterlosen Gänge. Anschließend flog er durch den Anlauf vom Sprung völlig unkontrolliert nach vorn, bevor er auf dem Bauch liegend zwischen Wand und Boden zum Stehen kam, wobei sich durch das Schleifen über den Boden eine lange und satte Blutspur aus seiner frischen Wunde bildete. Ächtzend und röchelnd streckte er seine Pfoten von sich weg, während der Anthro fassungslos und geschockt auf das Ergebnis seiner Tat schaute. Er hatte dem Krieger den Rest gegeben und dort, wo er Ragnus' Festplatte aufsammeln wollte, lag nun er ... das alles war nur passiert, weil sie ohne Absprachen gehandelt hatten, weil er im Alleingang gehandelt hatte und Ragnus nicht Amarok überlassen hatte, der so kurz davor war, auch ihm die Kehle zu zerreißen, wie so vielen seiner Helfer zuvor. Er hätte nicht an seinem Können zweifeln dürfen, er hätte ihm nie auch nur einen Vorwurf machen dürfen. Dieser Vierbeiner war der wohl beste Kämpfer, den er je getroffen hatte, ganz gleich, wie eingebildet und selbstherrlich er mitunter war ... er war es zu recht. Als ob das noch nicht reichte und dazu führte, dass Rayo geschockt beinahe die Handfeuerwaffe, die Amarok so schwer verletzt hatte, wie er nie gedacht hatte, dass Amarok hätte verletzt werden könnte, aus seiner Pfote verlor, sah er mit noch viel mehr Überraschung an, wie der junge Rüde sich schon wenige Sekunden nach dem verhängnisvollen Schuss auf seinen Körper wieder aufzurappeln versuchte. Ragnus' Fluchthilfe war angekommen und die silbernen Türen öffneten sich. Der Knopf daneben leuchtete rot und lud zum Fliehen ein. Wenn er ihnen jetzt entkam, hatte er es womöglich geschafft und all das Leid, all die Mühen und alle die Verluste wären umsonst gewesen. Amarok raffte sich noch ein weiteres Mal auf und sammelte all seine Kräfte in sich, um das zu verhindern. Der Anthro kam in Richtung des Fahrstuhls gerannt, doch er würde nicht schnell genug sein. Mit einem erleichternden Gefühl drückte der finstere Herrscher den Schließknopf der Türen, nachdem er das Stockwerk gewählt hatte. Er war dabei, seiner größten Bedrohung zu entkommen und keiner vermochte ihn daran zu hindern ... als plötzlich, während die Türen schließen wollten, der Vierbeiner zwischen dem metallenen Rahmen stand. Zähnefletschend und mit dem bösesten Blick aus seinem braunen und seinem gelben Auge drohte er dem verletzten Ragnus, der seine Festplatte nach wie vor unter seinem Arm hielt. Der Wolf war immer noch nicht tot ... Ragnus' Herz schlug schneller. Er konnte nicht ... er durfte nicht ... er musste doch irgendwann sterben!? Amarok weitete sein Maul, schob die Lefzen beiseite und ließ die blutbefleckten Zähne hervorschimmern. Sie wollten an seine Kehle. Die Türen waren wieder aufgesprungen, weil die Lichtschranke durch Amaroks Körper unterbrochen wurde. Doch die Bösartigkeit in Ragnus reichte aus, um sich von ihm zu befreien. Kurz bevor der starke Anthro die Türen erreicht hatte, trat Ragnus Amaroks geschwächten Körper mit aller Kraft aus den Türen, sodass er einen halben Meter zurückgeworfen wurde und mit einem dumpfen Stöhnen und seinem Blut spritzend an der Wand gegenüber landete. Sein Gesicht fiel dabei in die Lache von seinem Blut. Beinahe sein gesamtes Fell war rot getränkt, Wunden und Schnitte zierten seinen Körper. Sofort drückte der Tyrann den Schließknopf ein weiteres Mal. Als Rayo den Aufzug erreicht hatte, waren die Türen bereits zu und der Fahrstuhl fuhr los und der Dunkelgraue wusste nicht in welche Etage. Schuldbeladen beugte er sich zum schwerverwundeten Amarok und legte seine Pfote auf dessen Flanke. „Bitte verzeih mir, Kleiner. Das hab ich ehrlich nicht gewollt, es tut mir so Leid." Er wollte gerade seine Vorderpfoten nehmen und ihm aufzustehen helfen, da fuhr es aus Amaroks Maul wie Gift. „Behandel' mich nicht wie einen Welpen!" Unter größter Anstrengung und unter dem überraschten, fassungslosen Blick Rayos, hievte sich der Vierbeiner ein weiteres Mal auf seine vier Pfoten. Er musste Würde waren ... er konnte nicht mit seinem Gesicht auf dem Boden liegen, umgeben von seinem Blut. Die Mission war noch nicht beendet. „Ragnus ...", ächzte der Hellgraue, „... muss bezahlen!" Er stand auf seinen vier Pfoten und warf einen bitterbösen Blick auf die Fahrstuhltüren. Rayo gab zu Bedenken. „Aber wir wissen doch gar nicht, in welche Etage er gefahren ist und außerdem bist du ..." Aber Amarok wartete nicht auf Rayo. Er trottete los, so schnell er nur konnte. Er hatte gesehen, dass Ragnus den letzten Knopf der Reihe gedrückt hatte und war sich sicher, das bedeutete, dass er ganz nach unten fuhr. Was sollte er auch auf einem der anderen Geschosse oder auf dem Dach? Der dunkelgraue Werwolf folgte ihm, auch wenn er ihn am liebsten gebeten hätte, den Rest ihm zu überlassen, damit er sein Leben nicht noch weiter in Gefahr brachte. ,Der Kleine' war ihm mittlerweile schon etwas ans Herz gewachsen und so sehr er seinen eisernen Willen zu schätzen wusste, wollte er auch nicht, dass er sein Leben ließ, beim Versuch, Ragnus am Entkommen zu hindern. Dieses Mal konnte ihm der Medizinmann auch nicht helfen, wenn er all sein Blut bereits verloren hatte. So rannte er ihnen nach, auch, weil er Amarok nicht aus den Augen lassen wollte und Ragnus eine Kugel in den Kopf jagen wollte, bevor er ihn noch weiter verletzte. Umso schneller sie Ragnus erledigten, desto eher würde er den Vierbeiner verarzten können. Gerade als sie das Treppenhaus hinuntereielten, wurde Rayo hinter sich von weiteren Soldaten beschossen. Er erwiderte das Feuer und traf ein paar von ihnen, doch die eigentliche Lösung des Problems wartete draußen. Die Zwei kamen im Erdgeschoss an und liefen in Richtung Ausgang. Dort warteten nicht etwa weitere Soldaten, dort stand der überraschte und verblüffte Groven, der mit ängstlicher Miene auf die beiden Kämpfer blickte, als sie in seine Richtung kamen. Der Anthro brauchte nur seine Waffe auf ihn zu richten und abzudrücken, das war das Ende seines falschen Spiels. Er bereute, was er getan hatte, doch das konnte er ihnen kaum erklären, schon gar nicht jetzt. „H-hört ... E-es tut mir L-Leid ... i-ich ...", begann der Alte zu stottern. Amarok war zum Stehen gekommen, hatte einmal den Blick übers Panorama fahren lassen, konnte den fliehenden Herrscher der Verlorenen Welt nicht finden. Rayo erkannte die Gelegenheit und lief auf Groven zu. Er packte seinen Schopf und zog ihn ein Stück hoch. „Ist dein Freund hier langekommen? Ragnus?!" Der Alte begann erneut zu stottern, wobei ihm der böse Blick des Großen Angst einjagte, es schüchterte ihn ein und trieb nur schwerfällig eine Antwort aus seinem Maul. „I-ich ... Ragnus ..." Der Blick Rayos wurde böser. „Ja!", antwortete er schlussendlich, sodass er den alten Wolf mit seinem schlaffen Körper fallen ließ. Unsanft landete er auf dem Erdboden und ächzte geschafft. Gerade wollte Rayo die Waffe zücken, da bemerkten die Drei, wie sich der Propeller eines Hubschraubers in Bewegung setzte. Sie hörten den startenden Motor und es dauerte auch nur wenige Sekunden und ein großer, grüner Militärhubschrauber tauchte hinter dem Hauptquartier auf - Ragnus! Rayo wandte sich von ihm ab und rannte in Richtung des aufsteigenden Hubschraubers. Amarok hatte neue Kräfte gesammelt und drehte seinen Blick noch einmal weg vom abhebenden Fluggefährt. Er musterte den Alten scharf und knurrte bedrohlich. Groven, der sich soeben wieder aufgerappelt hatte, sah ängstlich zurück und machte einen Schritt rückwärts. Als Amarok beschloss, den Kampf zu Ende zu bringen, verließ er die Stelle seiner kurzen Erholung und rannte, so schneller noch konnte, los. Doch nicht ohne Groven noch einmal mit aller verbliebener Kraft gewaltig zu Boden zu stoßen, wobei ein unangenehmes Knurren aus Amaroks Maul durch sein altes Gehör fuhr. Der Alte hatte sich sicher die ein oder andere Rippe gebrochen mit seinem zerbrechlichen Körper. Selbst jetzt noch war der Hellgraue im Stande, Gewalt auszuüben, denn er hatte Hass auf den Greis. Er hatte sie in eine Falle geführt, die die beiden nicht nur in den Tod geführt hätte, sondern auch den Untergang der Welt bedeutet hätte ... das schloss auch Iniras Tod mit ein. Danach aber flitzte er dem Anthro hinterher, der den Hubschrauber beinahe erreicht hatte. Rayo aber musste abrupt anhalten, als Ragnus im Hubschrauber über einen großen Fluss hinwegzufliegen plante. Er brachte den Hubschrauber über den Abgrund hinaus. Der Fluss war gut und gern zwanzig Meter in der Tiefe, eine reißende Strömung lud zum Sterben ein. Weiter drüben war ein doppelter Wasserfall, der das Wasser regelrecht verschluckte und alles, was sich darin befand. Hier konnte Rayo nicht reinspringen. Er zückte seine Pistole und schoss auf die Propeller. Als er abdrückte, sprang ein kleines Teil einer der beiden Propeller ab und flog wirbelnd durch die Luft, sodass es sie beinahe getroffen hätte. „Uoh!", rief der Anthro aus und hielt sich eine Pfote schützend über den Kopf und verfolgte die entfernte Flugrichtung des Teils noch mit den Augen, bevor es auf dem Sand landete. Amarok hatte sich zum Ort des Geschehen gekämpft und ächzte. Er verlor so viel Blut, dass es ein Wunder war, dass er noch lebte. Rayo wollte, dass, was auch immer geschah, der junge Vierbeiner das sichere Ende von Ragnus' Herrschaft noch mit ansehen konnte. Er nahm eine Fernbedienung raus und sprach. „Hej Amarok, schau mal da drüben!" Er deutet auf das Hauptquartier, aus dem gerade eine Horde Soldaten stürmte, die sich ihnen nähern wollte, um Ragnus' Flucht zu gewährleisten. Doch sie hatten sich noch keine drei Meter vom Backsteingebäude entfernt, da ging mit einem Knopfdruck das gesamte Haus in die Luft und ein Inferno breitete sich aus, das über alles im Umkreis von zwanzig Metern Tod und Vernichtung mit sich brachte. „Harhar, was sagst du dazu?", lachte der Anthro und sah stolz auf Amarok. Dieser aber war zu geschwächt zum Feiern und blickte geplagt und kaputt zu ihm auf aus seinen zweifarbigen Augen. Rayo sprach weiter und sah wieder auf zum Hubschrauber, der sich schon etwa fünf Meter vom Rand des Flusses entfernt hatte und damit etwa über der Mitte des Abgrunds flog. Da er nur in einer Höhe von etwa vier Metern, im Vergleich zur Uferhöhe flog, sah der Anthro seine Chance gekommen, Ragnus kaltzustellen. „Zeit für'n kleines Zwischenjahresfeuerwerk!", sprach er und nahm eine der Bomben heraus, die er aus dem Waffenlager hatte mitgehen lassen. Er drückte den Knopf des staffelstabähnlichen Teils und grinste hämisch. Er fügte hinzu. „Hoffe nur, dass sie genau dann explodiert, wenn sie den Hubschrauber trifft. Vielleicht schaffe ich es damit, die Scheibe einzuschlagen, damit sie im Innenraum hochgeht." Amarok beäugte sein Tun misstrauisch. Er hörte Rayos Worte und sah abwechselnd zwischen ihm und dem Hubschrauber, der sich zunehmend entfernte, hin und her. Rayos Vorhaben würde scheitern, aber es gab einen Weg. Diese Distanz war kein Ding der Unmöglichkeit, da war er sich sicher ... „So mein Freund, jetzt schau mal gut zu, wie man das macht ...", murmelte der Anthro und zielte auf das Seitenfenster. Gerade wollte er sie werfen, er wartete noch ein bisschen, damit die Bombe auch wirklich hochging, wenn sie beim Hubschrauber war, während sich der Hubschrauber selbst immer weiter entfernte, als Amarok ihm urplötzlich die Bombe entriss, indem er an seine Pfote sprang und sie ihm wegschnappte. „Hej?!", fragte der völlig überraschte Anthrokrieger und sah irritiert auf den Zweibeiner mit der Bombe in seinem Maul. Gerade wollte er weiterreden und sie ihm wieder abnehmen, als er seine schwerverständlichen Worte zu Gehör bekam, weil Amarok die Bombe im Maul hielt. Der Vierbeiner fixierte den Hubschrauber, tat einen Schritt zurück und sprach undeutlich. „Wir sind niemals ... Freunde gewesen." Sein Fell war fast vollständig rot von seinem Blut und jede Bewegung erforderte eine enorme Anstrengung. Jetzt aber verlangte der Vierbeiner alles von sich ab, was er nur irgendwie aufbringen konnte. Aus dem tiefsten Willen heraus, Inira und ihrem Stamm und allen Wölfen, die auf dieser Welt bis jetzt überlebt hatten, ein friedliches Leben ohne Ragnus' finstere Herrschaft zu ermöglichen, schöpfte er die schier unglaubliche Kraft, zu rennen und abzuspringen. Er sprang auf einen Abgrund zu, der kein Überfliegen erlaubte, weil die Entfernung zu groß war. Es gab kein Zurück und selbst wenn, so hätte es die kurze, verbliebene Zeit der scharfen Bombe nicht erlaubt, einfach so weiterzulaufen. Amarok sprang mit der ausgelösten Stabbombe in seinem Maul auf den grünen Hubschrauber zu, es war sein weitester Sprung, den er je getan hatte. Sein rechter Hinterlauf stieß so heftig vom Erdboden ab, dass er zu brechen drohte und verlieh dem Leib des Rüden einen Schwung für mehrere Meter, bis der blutüberströmte Körper seinem Zielobjekt auf wenige Zentimeter nahe gekommen war ... als Ragnus plötzlich die Seitentür aufriss und ihm einen Säbel entgegenhielt, auf den er bedingungslos auftreffen musste, weil die Flugbahn nach dem Absprung nicht mehr zu korrigieren war. Der Wolf flog, beobachtet vom schockierten Blick des Anthros, zielgerade auf den Hubschrauber und auf die ausgestreckte Spitze des Säbels zu, als sich alles, wenige Zentimeter vor dem grausamen Aufspießen seiner Brust, mit einem donnerschlagartigen Knall in einen gigantische Feuerball verwandelte, der den Hubschrauber mit Ragnus und Amaroks starken Leib von vorn nach außen gehend verschlang, wie ein Monster des Todes. „Amarok, du dämlicher Idiooooot!", schrie Rayo, doch er musste sein Gesicht zur Seite neigen, da die Druck- und Hitzewelle binnen Sekundenbruchteile auf ihn zugerast kam und Teile seiner Kampfhose aus Stoff entflammen ließ. Die Druckwelle warf ihn einen Meter zurück und ließ seinen langen Körper noch nach dem Wiederaufschlag auf dem Boden mehrere Meter weit rollen, sodass sich die Flammen an seinem Hosenbein glücklicherweise von selbst wieder löschten. Das letzte, was er gesehen hatte, waren die Hinterläufe seines Kampfpartners, bevor er vom Feuer umzingelt wurde und darin für immer verschwand, doch nicht, ohne den fiesesten Tyrannen aller Zeiten mit den Tod zu nehmen. Ragnus war besiegt, doch nicht ohne Verluste ...

Nachdem die brennenden Teile mit allen Überresten herabgestürzt waren, hob der Anthro sein Gesicht wieder vom Boden und hustete mehrere Male, wobei er sich die verrußte Pfote vor die Schnauze hielt, die kein Stück weniger verrußt war. Geistesgegenwärtig klammerte er sich an den Rand des Abgrunds und blickte in die Tiefe der Schlucht, um eben noch die brennenden Teile in den reißenden Strom fallen zu sehen. „Amarooooook!", rief er mit grenzenloser Unfassbarkeit in die Echo werfende Tiefe, wobei seine weitaufgerissenen Augen und sein überrumpelter Verstand versuchten, seinen Wunsch zu erfüllen und ,den Kleinen' dort unten irgendwo, leicht verletzt im Wasser schwimmen zu sehen, wie er sich mit aller Mühe an der Luft hielt ... doch da war niemand mehr. Die Wrackteile gingen unter und verschwanden mit den beiden Wasserfällen in Richtung des Sonnenuntergangs.

Rayo fand keine Erklärung für Amaroks spontane Entscheidung, sich für den Sieg dieses Kampfes zu opfern. Er wusste, dass er Ragnus' Herrscherdasein immer gehasst hatte und ein Kämpfer ohnegleichen war, doch dass er so weit ging, sein Leben für all das zu geben, an was er glaubte, hatte er in der Praxis nicht zu vermuten gewagt, obgleich der Rüde es früh genug angekündigt hatte. Erst jetzt wusste der Zweibeiner, er hatte ihn unterschätzt ... er hatte ihn unterschätzt, wie weit er zu gehen bereit war, dass er sein Leben ließ, damit die, die er liebte, in Frieden leben konnten, obwohl er es nicht mehr mit ansehen durfte und dass er trotz, dass sie in den letzten Tagen des Kampfes und nachdem, was sie übereinander erzählt hatten und wie sie von sich erzählt hatten, nie bereit war einzugestehen, dass sie doch eine Art Freundschaft verband. Er war eben doch ein arroganter, selbstherrlicher und hochnäsiger Kerl gewesen, während er gleichzeitig für die, die er liebte und verehrte, völlig selbstlos und Schutz gebend sein Leben gelassen hatte. Eine schwarze Feder schwebte ziellos vom Himmel herab, direkt vor das Gesicht eines traurig-glücklichen Anthrowolfs, wartend darauf, errettet zu werden, bevor sie mit ihrem ehemaligen Besitzer in den tobenden Fluss des Todes gehen musste. Die großen Pfoten des hellgrauen fingen sie auf und umfassten sie beinahe schützend, damit der Wind sie nicht in fremde Ferne trug. Seine braunen Augen begutachteten das kleine Ding mit einem leeren Blick.

Langsam und leise hechelnd umschlug die große, dunkelgraue Pranke den Stein am obersten Stück des Mirunenberges. Er hatte es geschafft. Nach wochenlanger Reise, einem unendlich erscheinenden Marsch und unerträglicher Hitze war der Anthrowolf beim Stamm Iniras angekommen. Er hatte die Spitze des Berges erklommen und atmete geschafft durch seine große Lunge. Müde hielt er sich die Kniekehlen und blickte mit erschöpfter Miene auf die Silhouette der spielenden Kinder des jungen Indianerstammes. Vorn, etwas abseits, konnte er sie sehen - Inira. Sie saß verzweifelt und nachdenklich auf einem großen Stein und sah den Kindern ihres Stammes beim Spielen mit den Hunden zu. Rayo wusste, was er ihr und auch seinem ... gewünschten Freund durch seinen damals in sich herrschenden Neid angetan hatte, war unverzeihlich. Er hatte ihre Beziehung zueinander böse verfälscht und sich damit schuldig gemacht. Er wusste, dass es unverzeihlich war und er kein Gehör finden würde, lange nicht, bis die erwachsengewordene Indianerin begriff, was geschehen war und was geschehen gemacht wurde. Intuitiv wandte sie ihren Blick plötzlich in seine Richtung und sah ihn mit Augen an, die nur nach Antworten suchten aber keinerlei Vorwürfe an jemanden richteten. Es war seine Aufgabe, die Welt, die Amarok durch sein Opfer besser gemacht hatte, friedlich zu halten, wie er es sich immer gewünscht hatte. Nur dann hätte er eine Grundlage gehabt, dem Anthro jemals zu verzeihen. Erklärungen wollten gehört werden, Entschuldigungen gesagt. Erwartungsvoll sahen die Augen der Indianerin auf den müden Anthrowolf, der so viele Dinge sagen musste, für die die untergehende Sonne an diesem Abend keine Zeit mehr dafür lassen würde. Jetzt, da Ragnus besiegt war und Amarok ebenso nicht mehr lebte, lag es an ihm, wie die neue, wiedergewonnene Welt ihren Weg nach Morgen fand.

"Bilder

(Vorerst) Ende