Terre Perdue, Kapitel V, Gefangen!

Story by Gleaming Black on SoFurry

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Kapitel I -- Terre Perdue

Kapitel II -- Unbekannter Held

Kapitel III -- Strohmann aus Stahl

Kapitel IV -- Bittere Vergangenheit

Kapitel V -- Gefangen!

Der nächste Morgen brachte keinen Sonnenschein mit sich. Düster und grau war die verloren geglaubte Welt. Inira war wieder kräftiger, Amarok hatte etwas Fleisch erbeutet, von dem die Zwei sich ernähren konnten. Rayo war es schlechter ergangen und er hatte Mühe, die Schmerzen zu unterdrücken. Er saß auf dem Fahrersitz und presste die Zähne zusammen. Inira hatte das Hemd in einer Pfütze ausgewaschen und tupfte die Wunde damit. Sie musste ihm doch helfen, so verlangte es der Brauch ihres Stammes. Der Anthro hatte eine Menge Blut verloren und hechelte, weil er so eine große Anstrengungen durchmachte. Er mochte es nicht, dass sie ihm half, aber war er auch zu schwach, ihren Arm wegzudrücken. Amarok beobachtete die Szene kritisch und mit aller Konzentration. Keine Sekunde wollte er Inira aus den Augen lassen, so lange sie diesem Wolf nahe war. „Du brauchst Hilfe", sagte die junge Indianerin mit ihrer hohen Stimme. Amarok wusste, das bedeutete nichts Gutes. Aber abgesehen davon, dass er Inira niemals überreden konnte, ihn einfach links liegen zu lassen, da ihr Herz viel zu groß war, war er sich auch im Klaren, dass sie beide in seiner Schuld standen und ihn hier nicht verbluten lassen durften. „Lass!", stöhnte Rayo erschöpft. Inira aber tupfte weiter vorsichtig auf die stark blutende Wunde an seiner Schulter. Amarok fühlte sich schuldig, er hatte nicht genügend aufgepasst und Rayo hatte dafür bezahlen müssen. „Du ... brauchst Hilfe", sagte sie erneut. „Lass das!", befahl Rayo noch einmal, so laut er konnte und warf ihr einen bösen Blick zu. Amarok machte einen Schritt vor und redete auf sie ein. „Inira, lass ihn!" Er wollte unbedingt verhindern, dass sie ihn zu stark provozierte ... den Menschenhasser. Er erkannte nicht, dass Inira anders war und bevor es zu spät war, musste er Rayo angreifen, um sie zu schützen. Das aber wollte er auch nicht, denn Rayo war erschöpft und schwach, das wäre sicher kein gerechter Kampf. Sie hatten zu akzeptieren, dass Rayo das nicht wollte, doch Inira konnte das nicht. Gerade wollte er sie sacht am Hosenbein ihrer hellen Lederhose zupfen, damit sie von ihm wegkam, da sackte der Anthro zusammen, als hätte er durch den lauten Befehl seine letzte Kraft verbraucht und rutschte hinaus. Im letzten Moment hielt die junge Frau seinen Oberkörper fest, bevor er ganz hinausfiel und sich womöglich noch mehr verletzte ... falls er ... nicht schon ... Sie fühlte seine Halsschlagader und sprach panisch, während sie sich zu Amarok umdrehte. „Er wird sterben, er braucht Hilfe." Amarok wollte ebenso wenig, dass der Dunkelgraue starb, aber er hatte keine Idee, wie sie das anstellen sollten ... außer eine, aber die gefiel ihm nicht. „Wie stellst du dir das vor?", fragte er misstrauisch und musste zu seinem Erschrecken an ihrem Gesichtsausdruck erkennen, dass sie genau diese Idee meinte.

Viele Kilometer hatten die Drei zurückgelegt, bis sie endlich am Ziel ankamen: Inira hatte den Einfall, Rayo auf das halb zusammengeklappte Zelt, das sich auf dem Lastwagen befand, zu betten und ihn so zu ihrem Stamm zu bringen. Der Stamm hatte sich nach der Machtergreifung von Ragnus aus mehreren anderen, zersplitterten Indianerstämmen zusammengeschlossen und alle aufgenommen, die Schutz suchten oder Verteidigung boten. Der junge Rüde hatte den bewusstlosen Rayo, mit einer Lederschnüre um Brust und Rücken gebunden und an dem Zelt befestigt, hier hertransportiert und ihm somit ermöglicht, die Hilfe des Medizinmannes in Anspruch zu nehmen. Sie alle im Stamm waren gut befreundet mit Inira, welche seit damals mit den anderen zusammenlebte, wenn sie nicht für ein paar Tage allein auf der Suche nach verbliebenen Kräutern oder Hölzern war und sie waren mit Sicherheit bereit, einem verletzten Tier zu helfen. Amarok war ebenfalls ein guter Freund, denn jeder Wolf war im Lager der Indianer gern gesehen und wurde als Urvater der Menschen betrachtet. Als sie die Drei erblickten, riefen sie den Medizinmann sofort herbei und empfingen die zwei Wiederkehrer mit Freude, denn sie waren am Leben. Keine Selbstverständlichkeit in diesen Tagen. Inira erklärte den überraschten Menschen, was geschehen war und auch, dass sie nicht nur Amarok, sondern ebenso dem zweibeinigen Wolf zu verdanken hatte, dass sie noch am Leben war. Er brauchte Hilfe und der Medizinmann war der einzige, der jetzt noch etwas gegen Rayo Blutverlust unternehmen konnte. Amarok hingegen hatte dem Anthro nicht einmal vom Stamm erzählt, denn er wusste um seinen Hass auf alle Menschen.

Am Abend hielten sich die Drei in einem Tipi auf, wo Rayo, welcher nach wie vor bewusstlos war, seine Heilung abwarten sollte. Inira hockte sorgevoll neben dem starken Kämpfer und beobachtete seine Genesung, hielt Wasser und Nahrung bereit, wenn er aufwachte. Sie machte sich große Sorgen, dass er sterben würde, denn noch war die Gefahr nicht überwunden. Amarok lag - zwei Meter neben ihnen - ebenso im Zelt und wachte. Jedoch sorgte er sich nicht ganz so sehr um Rayos Gesundheitszustand, das übernahm sie bereits auf eine beispiellose Art und Weise, sondern um Inira Schutz bieten zu können, wenn er aufwachte. Ein paar der letzten Kräuter, die er Stamm noch besaß, Anrufe an die Götter der Natur und der segenreiche Rauch des Häuptlings sollten Rayo seine Lebenskräfte zurückgeben.

Die Morgendämmerung versprach wieder einmal etwas Sonne und Amarok war der erste, der durch ihre Strahlen, die durch die ffnung an der Spitze des Zeltes drangen, geweckt wurde ... nein, Irrtum! Rayo war nicht mehr da. Als er sah, dass Rayo verschwunden war, glitt sein Blick als erstes hinüber zu Inira, prüfend, dass es ihr gut ging. Aber sie schlief fest und scheinbar friedlich. Womöglich hatte sie schon bemerkt gehabt, dass es dem Anthro wieder besser ging und war wieder eingeschlafen. Amarok verfolgte die Spur des Hellgrauen mit seiner Nase. Die meisten des Stammes waren noch in ihren Zelten geblieben. Man musste wohl froh sein, wenn er keinem von ihnen etwas angetan hatte. Amaroks Sorge war von Beginn an, dass sich der Anthro, umgeben von etwa zwei Dutzend Menschen, beengt und bedroht fühlen könnte und jemanden verletzen würde. Dies bedeutete also Gefahr für seine menschlichen Freunde aber auch für sie beide, denn sie hatten ihn hier hergebracht und wären womöglich verantwortlich gemacht worden, wenn Rayo begann, Amok zu laufen. Das war vielleicht genauso unsinnig wie der Gedanke in frühester Jugend, die Menschen würden Inira für ihre Sorge um Amarok verbannen und Rayo hatte wissen müssen, dass er Amarok auch hätte töten müssen, wenn er so etwas tat, der er ihn sonst getötet hätte und das wollte er ja nicht, immerhin hatte er seinen Nutzen von ihm während der Rebellion.

Er fand ihn sitzend auf einem großen Findling nahe dem Fluss, wie er grummelnd in die Gegend starrte, den Rücken zu ihm geneigt. Amarok blieb stehen ... es schien dem Zweibeiner wieder besser zu gehen. Er fragte sich, wie der Kämpfer damit umging, dass seine „Feinde" ihm das Leben gerettet hatten. Amaroks Ankunft war dem großen Wolf nicht unbemerkt geblieben und er drehte sich kurz zu ihm um, dann aber wieder nach vorn. Sie schwiegen sich an, nur das Rauschen des Flusses störte die Ruhe. Nach einer Weile sprach Rayo knapp und deutlich. „Ihr hättet mich hier nicht herbringen dürfen." Amarok ging ein paar Schritte näher an ihn heran. Meinte er das ernst? „Sondern?", fragte er streng. „Dich sterben lassen sollen?" Der Dunkelgraue antwortete. „So schnell stirbt ein Wolf nicht. Schau dich doch an." „Du bist so undankbar", knurrte Amarok, der ihn sowieso nicht hier haben wollte. „Ich bin nicht verpflichtet, euch zu danken. Ich habe nie darauf bestanden, dass ihr mich hier herbringt, zu den Menschen. Das mag ja vielleicht dein netter Klub sein aber wie du weißt, mag ich sie nicht. Wie stehe ich da, wenn mir meine Widersacher das Leben retten?" Amarok wurde wütend. Er zischte mit unzufriedener Meine. „Sei froh, dass du noch stehen kannst, dass du noch meckern kannst. Sie war es, die dich zu ihrem rettenden Stamm bringen wollte. Ich war dagegen, weil ich wusste, dass du eine Gefahr für sie bist." Rayo sah nicht zu ihm, er stütze seinen Kopf auf seine Faust, der Ellenbogen stützte auf seinem Knie. „Ihr habt meine Situation schamlos ausgenutzt." Der Vierbeiner konnte ihn nicht länger anhören und knurrte lauter. „DU solltest dich schämen. Dieser ... Klub ..." er sah kurz zurück, wo die Menschen in der Ferne gerade nach und nach ihre Zelte verließen, um ein Feuer zum Frühstückmachen entzündeten. „... ist mein Leben. Wenn du sie nicht akzeptieren kannst, akzeptierst du auch mich nicht. Wenn du glaubst, du bist der Stellvertreter aller Wölfe und kannst bestimmen, dass Menschen unsere Todfeinde sind, hast du dich geschnitten. Ich bin ebenso Wolf und ich bin dir voraus, wenn du glaubst, die Welt bietet nicht genug Platz für Menschen und Wölfe." Rayo unterbrach ihn und sah auf ihn herab. „Das glauben sie!", schimpfte er, wobei er seinen Schmerz durch die Anstrengung wieder spürte und sich die Wunde hielt. Amarok nutzte seine erzwungene Pause aus und fuhr mit ruhigerer Stimme fort. „Du irrst, wenn du meinst, das dort wären Bestien!" Er blickte auf den Stamm. Zwischen den Zelten rannten und sprangen Indianerkinder, die Fangen spielten, während der Häuptling einen der Hunde begrüßte und mit einem warmen Lächeln über das braune Fell strich. Rayo sah ebenfalls dorthin, aus Reflex heraus. Aber es erwärmte sein Herz nicht. „Ich weiß nicht, was dir die Kraft zum Kampf gegen Ragnus gibt ...", fuhr Amarok fort. „... doch das dort und der Glaube an eine Welt, die aus Frieden, Glückseligkeit und herzensguter Harmonie besteht, in der sich jeder respektiert und hilft, in der die Blumen wieder blühen und junges Leben sorglos groß werden kann ..." Rayo sah ihn verbittert an. Er konnte Amaroks Gerede ebenso wenig hören, wie Amarok seines. „... ist für mich, wofür es sich zu leben lohnt ..." Sein Blick war ernst und äußerst selbstischer. „... und zu sterben." Der hellgraue Wolf drehte sich um und lief langsam wieder zu dem zurück, was er als den Himmel auf Erden betrachtete. Rayo drehte seinen Leib ebenso wieder um, schnaufte verächtlich und brummelte wütend zum Wasser hin.

Mehrere Tage vergingen und die Heilung Rayos Schulter schritt voran, gleichzeitig wuchs auch seine Unzufriedenheit. Er war angewiesen auf die Nahrung der Menschen, die ihm Amarok stets brachte, damit er ihnen nicht zu nahe kam. Er brauchte den Schutz und die Wachsamkeit, all das, was er während seiner Verletzung, so lange sie ihn so stark einschränkte, nicht tun konnte. Ein weiterer Abend, an dem die Menschen sich am großen Feuer versammelten und versuchten, die Lebensfreude zurückzugewinnen. Amarok saß direkt neben Inira, die ihn liebevoll streichelte, was er sichtlich genoss, während andere Indianer des Stammes fröhlich um das Feuer sprangen und lautes Gesänge abhielten. Der Dunkelgraue spürte so eine innere Bitterkeit. Genaugenommen war es nicht nur die Tatsache, dass sie Menschen waren ... sondern auch, dass Amarok nicht allein war, dass es jemanden gab, der sich um ihn sorgte, wenn er in den Kampf ging, während er, Rayo, allein war, niemanden mehr hatte und völlig in Vergessenheit geriet, wenn er ums Leben kam. Grummelnd zog er sich wieder in der Dunkelheit zurück. Niemand hatte ihn bemerkt, wie er die feiernden Menschen beobachtet hatte. Inira und Amarok saßen mit dem Rücken zu ihm und die anderen waren viel zu abgelenkt, um überhaupt etwas mitzubekommen. So recht wusste der Anthro gar nicht mehr, wofür sie überhaupt noch kämpften. Für ihn war es wohl eher eine Frage des Stolzes.

Der graue Himmel des nächsten Morgens tauchte die Umgebung nur in ein mattes Licht. Der große Wolf näherte sich dem Stammesplatz langsam, als alle Menschen noch in tiefem Schlaf verweilten. Amarok lag ein paar Meter abseits auf einem Fels, er wachte auf, als ein Stein in seine Richtung flog. Sofort drehte er seinen Kopf um und sah mit verärgertem Blick auf den Anthro. „Das war kein Angriff! Ich wollte dich damit nur warnen, dass ich auf dich zukomme." Amaroks Blick wurde noch verärgerter und er grummelte, während er seinen Leib erhob. „Spar dir deine Witze!" Rayo kam nun näher und sprach mit vertrauter Stimme. „Ich unterbreche deine Ferien nur ungern aber du solltest nicht vergessen, dass uns Ragnus' Helfer nach wie vor im Nacken sitzen. Ragnus muss mächtig sauer auf uns sein, dass wir ihn so oft verarscht haben." Kurz zögerte er, dann sprach er weiter. „Na gut, er hat uns genauso verarscht, dieser Vollidiot und seine unzähligen, automatischen Doppelgänger. Aber das ändert nichts daran, dass seine Truppen uns suchen. Und was glaubst du wohl, wie lange dieser beschauliche Platz hier noch traumhaft sein wird?" Der Hellgraue, der eben noch verärgert und grimmig Blicke in abwertender Art und Weise auf den Zweibeiner geworfen hatte, erschrak innerlich etwas, wie Recht er hatte. Tatsächlich hatte er die Zeit etwas aus den Augen verloren und in den Tagen unendlicher Freude und unendlichen Glücks vergessen, dass die Mission noch nicht abgeschlossen war ... ein wenig hatte er es auch verdrängt, da es seine Seele belastete, zu wissen, dass all das hier noch immer in stetiger Gefahr schwebte, ausgelöscht zu werden. Besorgt drehte er seinen Blick auf das schlafende Lager. So lange Ragnus noch nicht besiegt war, gab es keinen wirklichen Grund zum Feiern. Er musste dafür sorgen, dass dieses letzte, kleine Reich auf Erden erhalten blieb, bevor es zu spät war ... „Lass uns Ragnus ein für alle Mal fertig machen und ihm zeigen, dass wir uns seine Rumherrscherei nicht länger bieten lassen!", raunte der Anthro verbittert und sah mit entschlossenem Blick in die Ferne. Amarok warf ihm einen kontrollierenden Blick zu, doch ohne Frage hatte Rayo Recht. Sie mussten etwas unternehmen, Ragnus durfte nicht aufmerksam auf dieses Lager werden. Er entschloss sich, den schönen Traum noch einmal zu verlassen, den Alptraum zu durchwandern um den träumenswerten Traum dann für immer träumen zu können. „Du hast Recht, doch vorher ..." Er sah noch einmal auf das Lager. Rayo fragte sich, was er vorhatte. „... muss ich noch Bescheid geben, damit sie sich nicht sorgt." Rayo verdrehte die Augen und ächzte entnervt. „Ja ja, aber beeil' dich, wir sollten möglichst bald losziehen. Jeder Tag ist kostbar." „Ich werde sie nicht wecken", gab Amarok entschlossen zu Wort. „Du musst es ihr aufschreiben. Wenn ich Inira wecke, wird sie verhindern wollen, dass ich gehe, weil sie sich Sorgen macht. Schreib ihr auf, was ich sage!", befahl er selbstbewusst. Rayo war etwas überrascht und kramte in seiner Hose nach Papier. „Liebe Inira, ich ..." „Stopp!", befahl Rayo hastig. „So schnell geht das nicht. Ich muss erst mal was zum Schreiben finden." Amarok hatte wirklich kein Gefühl dafür, wie es war, etwas zu schreiben oder zu lesen. Er sah mit leichter Verblendung in die Ferne zu den Zelten. Rayo hatte ein altes Brotpapier gefunden und nahm ein Stöckchen vom Boden, das er in Matsch tunkte um damit zu schreiben. „Weiter!", sagte Rayo und lauschte, was Amarok sagte. „... ich musste losziehen, der Kampf duldet keinen Aufschub mehr. Sorge dich nicht und bitte den obersten Häuptling, ständig neue Plätze zum Rasten zu suchen, damit euch Ragnus nicht findet." Der Antho schrieb nur zögerlich, Amarok sah starr und bestimmt geradeaus. „Sicher kehren wir bald wieder und das Böse ist vernichtet." Nun sah er auf den schreibenden Anthro herab, der vor dem Stein kniete, auf dem Amarok geschlafen hatte, auf dem er nun schrieb. „Sei gegrüßt, Amarok." Rayo schrieb seine wenigen Zeilen rasch zu Ende, kurz nachdem Amarok fertig geworden war und hielt den Zettel übertrieben nahe an Amaroks Schnauze heran, sodass er fast die Nase berührte. „Da, alles fertig!", sagte er mit übertriebenem Stolz und wartete auf seine Reaktion. Nur kurz schielte Amarok auf das Papier, das in seinen Augen lediglich beschmutzt aussah und bat darum, dass er es ihm gab. Sofort lief er damit zum Lager, huschte in das Tipi, in dem Inira schlief und legte ihn neben ihren Kopf. Einmal noch leckte er zärtlich ihr Gesicht, was ein zufriedenes Lächeln in ihrer Miene hervorrief und verließ dann das Zelt und das Lager der Indianer, um mit Rayo zu ziehen. „Wir müssen zuerst zurück zum Wagen, ich hoffe, er ist noch da. Dann können wir Ragnus überraschen und ihn einfach plattmachen."

Nach einiger Zeit des Wanderns zu Fuß, stießen sie auf zwei Soldaten von Ragnus, die dabei waren, einen vierbeinigen Wolf gefangen zu nehmen. Die Zwei blieben zunächst in ihrer Deckung, um nicht aufzufallen und beobachteten das Geschehen stumm. Der braune Wolf war schon etwas älter und hatte kaum Chancen, sich zur Wehr zu setzen. Trotzdem schaffte er es, einen der zwei in die Hand zu beißen. „Vielleicht sollten wir ihm helfen", murmelte der Hellgraue und sah kritisch auf die drei Figuren in der Ferne. Der Anthro sah ihn grinsend an. „Wenn es darum geht, Ragnus' Soldaten in den Boden zu stampfen, bin ich immer dabei!" Ohne weiter zu zögern rannten die Zwei auf die Soldaten und den hilflosen Wolf zu. Noch bevor sie aus ihrer erhobenen Waffe auf sie schießen konnten, attackierte jeder von ihnen einen der beiden Soldaten und metzelte ihn nieder. Zum Schluss war der Boden mit Blut getränkt und an Amaroks Maul tropfte es ebenso herunter. Der Alte erschrak, als er ihn sah, denn Amarok knurrte noch immer und sein Blick sah gefährlich aus, als er ihn betrachtete. Obwohl er es nicht böse gegen den Fremden meinte, wich dieser zurück und stieß ungewollt gegen die Beine des Anthros. „Aber hoppla!", tönte dieser leicht amüsiert über sein Versehen. Er sah sich erschrocken um, als ihm einfiel, dass sie ja zu zweit waren, wie er eben schon bemerkt hatte. Er ging also erschrocken in die Mitte und blickte ehrfürchtig hinauf. Rayo versuchte ihn zu beruhigen. „Bleib locker, Alter. Wir haben dir doch geholfen, oder nicht?" „W-wer seid ihr?", stotterte der braune Wolf und schaute sie abwechselnd an, sein Blick war von Angst geprägt. „Mein Name ist Rayo und das ist ..." „Amarok!", unterbrach der Helle ihn mit strenger Stimme. Er machte deutlich, dass er sich selbst vorzustellen gedachte, damit ja nicht der Gedanke aufkam, sie waren dicke Freunde. Rayo grinste übertrieben und sah Amarok an, er hatte nicht daran gezweifelt, dass er seinen Stolz zu verteidigen wusste. Er würde immer derselbe bleiben. Die Zwei sahen ihn ernst an und erwarteten, dass er sich ebenso vorstellte, doch daran dachte er vor lauter Angst gar nicht. „I-ich geh dann mal ... danke", stotterte er weiter und trat rückwärts ab. Besonders Rayo war von seinem Verhalten irritiert und fragte sich, ob er so viel Brutalität nicht vertrug, auch wenn sie gegen seine Feinde gerichtet war. Amarok drehte sich desinteressiert um und begutachtete den Transporter mit seiner Nase. Auch Rayo sah sich das verlassene Gefährt an, dass die nun toten Soldaten zum Verladen für den alten Wolf gedacht hatten und suchte nach Nützlichem. Er fand einige Waffen, Rauchbomben und Handgranaten, aber auch etwas Nahrung. Ohne viele Worte stand fest, dies sollte ihr neues Gefährt für den nächsten Angriff sein. Ein genauer Plan musste zwar noch ausgearbeitet werden, genügend Hass auf den Alleinherrscher war jedoch bereits vorhanden.

Die Nacht vor dem Angriff verbrachten sie in der Einöde unter klarem Sternenhimmel. Die Nächte waren kühl und Rayo hielt es daher für das beste, im Fahrerhäuschen zu übernachten. Amarok bevorzugte die Natur, wobei er unter dem Wagen schlief, da es hier weit und breit keine andere Möglichkeit gab, sich aufzuhalten, ohne gleich gesehen zu werden. Er hatte sich etwas zusammengerollt und ruhte sich für den kommenden Kampf am Tage danach aus. Rayo schlug die Arme hinter den Kopf und stemmte den rechten Fuß auf das Lenkrad, dabei musste er aufpassen, dass er die Hupe nicht drückte.

Es wurde Morgen, die Sonne schien nicht. Stattdessen wurde Amarok durch ein entferntes Rennen wach, er hörte Hecheln und Schnaufen, es klang angestrengt. Er schlug sein braunes und sein gelbes Auge auf, spitzte die Ohren und sah in die Ferne. Es war der alte Wolf! Er kam zurück, er rannte, als ob der Leibhaftige hinter ihm her war. Womöglich wurde er erneut von Ragnus' Soldaten bedroht. Der Rüde verließ den Schlafplatz, auch Rayo hatte die Ankunft des Alten bemerkt und stieg überrascht aus dem Wagen. Kurz sahen sie sich an, dann wieder in die Richtung des Fremden, wie er sich ihnen näherte. „He ihr ..." Er hechelte. „Ich ... ich hab's mir überlegt. Ich will nicht sofort gehen. T-tut mir Leid." Der Alte suchte Puste, hechelte immer weiter. „Mein Name ist Groven und ich ... ich wurde von den Soldaten von Ragnus ... gefangengenommen und dann ... ich konnte flüchten und sie haben mich ... ein weiteres Mal geschnappt und dann ... kamt ihr. Danke dafür." Die zwei Kämpfer waren überrascht. Rayo wollte mehr wissen. „Greifen sie dich schon wieder an?" Der Alte sah etwas verwundert auf und antwortete mit seiner schwachen Stimme. „Nein ... ich ... ich bin allein hier. Ihr seid gute Kämpfer." Amarok gab schlagfertig zu hören, wobei er an Stolz kaum sparte. „Wir werden Ragnus vernichten und mit ihm sein ganzes Regime. Wir werden nicht eher ruhen bis das Land seinen Frieden zurück hat. Keiner kann uns aufhalten." Er bemerkte nicht, wie froh es Rayo machte, dass er ständig wir und uns sagte. Der alte Rüde antwortete mit einem kleinen Lächeln auf den Lefzen. „Das ist ... gut! Ihr seid ... gute Kämpfer." Der altersschwache Wolf legte eine kurze Pause ein und sah von seiner Erschöpfung auf. „Vielleicht ... kann ich euch behilflich sein." Rayo begann sich zu verschlucken, weil er husten und lachen gleichzeitig musste, wobei er das Husten vorgeschoben hatte, damit man das plötzliche Lachen nicht so deutlich hörte, was jedoch zum Verschlucken geführt hatte und dazu, dass das Lachen nur noch Amarok auffiel, der Alte bekam das nicht mit. Er merkte gar nicht einmal, warum es einen Grund zum Lachen gab. Amarok musterte den Zweibeiner kurz einmal scharf, sein Blick war ernst und bestimmt. Er verstand den Grund zum Lachen und machte dem Anthro keine großen Vorwürfe, doch hielt er es nicht für gerechtfertigt, dabei war er sonst immer derjenige, der zuerst seinem Stolz den Vortritt ließ. „Sag, wie willst du uns helfen?", fragte Amarok kritisch, nachdem Rayo sich vergewissert hatte, dass er nicht aus Versehen Spucke aus dem Maul gespritzt hatte und seine Lefzen trocken waren. Der braune Wolf mit dem Namen Groven antwortete prompt und selbstsicher. „Ich kenne Ragnus' Hauptquartier, ich bin von dort geflohen. Und ich weiß, wo sein Büro mit den ganzen Technikdingern ist." Er sah ernst auf die zwei Kämpfer, mit ,Technikdingern' meinte er wohl Rechner. Der Alte konkretisierte seine Aussage. „Ich weiß, wie ihr dort rein kommt, zu Ragnus!" Seine Augen wirkten begierig und fordernd, als wolle er sie dazu zwingen, auf seinen Plan zu hören. Noch einmal sahen sich die zwei Krieger an, ihre Blicke waren ernst. Rayo hatte verstanden, was er nun mit helfen meinte. Skepsis lag in der Luft ...

Problemlos und ohne Zwischenfälle gelangten die Drei mit dem Transporter auf das Gelände der Ragnus-Herrschaft. Die Wächter konnten nicht durch die Scheiben sehen und so erklärten sie sich, dass sie ihnen Einlass gewährten. Nichtsdestotrotz war es Amarok seltsam, dass sie keine Ausweise sehen wollten sondern ganz naiv davon ausgingen, wer mit einem Transporter zu ihnen kam, der von ihnen war, gehörte auch zu ihnen ... dabei waren sie nicht das erste Mal mit einem Fahrzeug aus Ragnus' Armee hier hergekommen. Kaum hielt das Fahrzeug auf dem Innenhof des großen Gebäudes, wo man nicht mehr so leicht Einblick bekam, verließen sie es. „Folgt mir!", sprach der alte Wolf und rannte los, so schnell er das mit seinem Alter noch konnte. Er kam bei einem Gitter im Boden an, das an das Gebäude angrenzte. „Wir müssen hier rein. Denkst du, du kriegst das auf?", fragte Groven ihn und sah zu ihm auf. „Das Gitter muss erst noch gebaut werden, das mir den Weg versperrt", witzelte er und stampfte es mit seinem kräftigen Bein einfach nach unten, was allerdings nicht gerade leise vonstatten ging, sodass der Hellgraue sich unruhig umsah. Doch niemand war zu sehen. „Ihr müsst da runter!", befahl der Alte ihnen und sah sie abwechselnd an. Der Anthro tat sofort, wie ihm geheißen. Nur Amarok sah ihn skeptisch an. „Was ist mit dir?" Groven hatte dafür sofort eine Antwort parat. „Wenn ich dort hinunterspringe, überlebe ich das nicht. Meine Knochen sind nicht mehr so ..." Er konnte den Satz gar nicht beenden, da packte der Anthro ihn von unten und lachte. „Kein Problem!" Er nahm ihn mit nach unten und setzte ihn vorsichtig auf dem Boden ab, während Amarok problemlos in die Grube hineinsprang. Der Alte sprach weiter. „Das Fenster hier dürftet ihr ohne Schwierigkeiten aufkriegen." Rayo ließ nicht lange auf sich warten und trat es mit dem Fuß ein, wobei ihn seine Kampfstiefel gegen Verletzungen vor dem splitternden Glas schützten. „Worauf du dich verlassen kannst." Etwas erschrocken zuckte Amarok zusammen, denn er hatte Furcht, dass man sie hörte. Hier unten konnten sie sich kaum zur Wehr setzen. Rayo aber beseitigte mit seinem Gewehr, das er vom Transporter hatte, die letzten Splitter und war bereits dabei, in das Gebäude einzusteigen. „Hereinspaziert", gab er gut gelaunt und ebenso guter Dinge zu hören und verschwand durch das relativ kleine Fenster. Er nahm den alten Wolf vorsichtig und nahm ihn mit in das Gebäude. Als er ihn abgesetzt hatte, sah er erwartungsvoll auf zu Amarok, der skeptisch dort stehenblieb und auf das Geschehen herabsah. „Was ist? Wartest du auf den Nikolaus? Wir können nicht ewig Zeit vertrödeln." Für ein paar Sekunden sahen sie sich an, wie sie es bei der ersten Begegnung getan hatten, misstrauisch und ernst. Dann aber folgte auch er ihnen in das Gebäude mit einem Sprung in das Fenster. Sie waren in einer gut ausgeleuchteten Tiefgarage angekommen. „Kommt, folgt mir. Ich kenne einen Weg, wie sie uns nicht sehen und wir trotzdem zu Ragnus' Büro kommen." Der braune Wolf lief voran, vorbei an den wenigen Autos, die hier parkten, hindurch zwischen den Pfeilern und an den Wänden entlang. Rayo suchte Deckung hinter den Fahrzeugen, damit die Kameras ihn nicht erfassten, während Amarok nur zögernd folgte. Er suchte unter den Fahrzeugen Deckung und robbte dabei zum Teil am Boden entlang. Nur einmal mussten alle drei einen kurzen Abschnitt passieren, auf dem sie keine Deckung hatten. Die Zwei waren so schnell, dass man sie nur für eine Erscheinung halten konnte und Rayo nahm den alten Wolf Groven hoch und mit sich mit, damit er sie durch sein langsames Vorankommen nicht verriet. Nachdem er ihn wieder laufen ließ, führte er sie in einen kleinen Vorraum, der noch zur Tiefgarage gehörte. Sein Blick glitt hinauf zu einer Luke in der Wand, die geschlossen war aber kein Schloss hatte. „Dort, seht ihr das?", fragte der Alte. Rayo las das kleine Schild neben der Luke und sprach. „Das ... das ist ein Servierfahrstuhl ... zum Essenanliefern für den fetten Ragnus!" „Damit könnt ihr direkt zu Ragnus gelangen. Sie tun hier immer die Nahrung für ihn rein und schicken sie zu ihm hoch ... wie Magie", erklärte Groven, der sich die Funktionsweise des Gerätes kaum vorstellen konnte. Während Rayo zu grinsen begann - der Plan schien wirklich gut - sah sich Amarok nach wie vor skeptisch um, hastig und außergewöhnlich unruhig. Sie waren in der Höhle des Löwen, hier wurde es besonders gefährlich. „Haha!", lachte der Anthro, sodass Amarok ein wenig erschrak, weil ihm gar nicht zum Lachen zumute war. „Wir schicken dem Idioten einfach 'ne Bombe hoch anstatt sein Mittagsmahl und es hat sich ausgeragnust!" Aber Groven schüttelte hastig den Kopf, was Amarok misstrauisch beäugte. „Nein nein nein! Woher wollt ihr denn wissen, dass es wirklich Ragnus trifft? Ihr seid jetzt so nahe dran, das dürft ihr nicht aufgeben. Das ist die Chance, ihn ein für allemal kaltzustellen. Ihr habt jetzt die Gelegenheit, vermasselt es bitte nicht. Vergewissert euch, dass es Ragnus wirklich tötet. Wir sehen nicht, wer stirbt oder ob überhaupt jemand stirbt, wenn ihr das auf diese Weise macht. Wir gehen selbst hoch!", sagte er und blickte selbstsicher auf die graue Luke. Rayo zuckte mit den Schultern, stimmte ihm aber zu. „Hm, ist zwar weniger spaßig, als wenn er Bombe à la Carte bekommt, aber von mir aus. Recht hast du, wir sollten auf Nummer sicher gehen, Ragnus ist nicht zu unterschätzen." Die verschiedenfarbigen Augen des Hellgrauen fuhren streng musternd herum und suchten nach einem Blickkontakt zu dem Alten, der jedoch wich ihm immer aus. Rayo sprach. „Ihr Zwei fahrt zuerst hoch!" Er griff den Alten, der überrascht ächzte und beförderte ihn vorsichtig in den kleinen Aufzug, nachdem er die Luke geöffnet hatte. Groven stotterte mit erschrockener Miene. „Aber was ... wenn Ragnus dort bereits auf uns wartet?" Rayo zwinkerte mit einem Auge und gab Antwort. „Keine Sorge, zur Sicherheit packe ich Amarok mit dazu, er wird sich um ihn kümmern, falls er euch gleich in Empfang nimmt. Er sieht zwar nicht so aus, aber er kann ganz schön bissig sein, wenn Ragnus ..." Er wollte ihn ebenfalls hochnehmen, doch Amarok knurrte so bissig, wie er ihn beschrieb. „Pfoten weg!" „Siehst du?", fragte der Anthro mit Witz in seiner Stimme. Der Hellgraue sprang in den kleinen Raum und sah unzufrieden zum Anthro zurück. Rayo sprach zu ihnen. „Ihr fahrt jetzt hoch und schickt das Teil dann wieder herunter, dann komme ich nach. Wenn der Aufzug nicht mehr runterkommt ..." Er grinste hämisch. „... gehe ich davon aus, hat er euch mit seinem Mittagessen verwechselt!", womit er andeutete, dass Ragnus sie auch töten konnte, bevor der Angriff richtig stattgefunden hatte. Das beunruhigte den Alten nur wenig und auch Amarok war nicht entsetzt über diese gehässig klingenden Worte, weil er wusste, dass Ragnus es so einfach nicht haben würde, nicht einmal dann, wenn er dort oben mit seiner ganzen Armee auf sie wartete. Der Anthro schloss die Luke und es war sofort stockduster im Innenraum.

Leise, fast geräueschlos, fuhr der Aufzug sie ins Ungewisse. Zumindest für den jungen Rüden war es ungewiss, der Alte mochte es bereits kennen. Sie saßen dicht beieinander, der Raum war äußerst eng. Zum Glück konnte Groven Amaroks fiesen Blick im Dunkeln nicht sehen, aber es lag eine seltsame Stimmung in der Luft. Auch für Groven als Hinzugekommenen und Außenstehenden war schnell klar geworden, dass die Zwei völlig unterschiedlich waren. Nur in einer Sache waren sie gleich, sie waren beide äußerst selbstbewusst und selbstsicher, sie hatten beide das Ziel, Ragnus zu erledigen und den Kampf zu gewinnen. Nach etwa einer halben Minute spürten sie, wie der kleine Aufzug ruckartig zum Stehen kam. Der hellgraue Wolf stieß die Luke, die zur Seite aufging, mit seiner Pfote auf. Grelles Licht trat ihnen entgegen und er musste kurz mit den Augen zwinkern, der Alte kniff sie ganz zu. Sich auf einen Angriff vorbereitend, sprang er aus dem Speiseaufzug und landete sicher mit seinen vier Pfoten auf dem glatten Untergrund - in einem großen, hohen Raum. Er sah sich rasch um, um einen möglichen Gegner, am besten Ragnus, sofort zu erspähen und fertig machen zu können, damit der Überraschungsangriff ein Überraschungsangriff blieb. Doch der große Raum war leer. Sein Blick fuhr streng suchend umher und suchte nach einem anzugreifenden Feind. In diesem Raum war absolut nichts. Die Wände waren dunkelrot und weiß, oben hing ein großes Bild, das eine moderne Industriestadt zeigte, sonst aber war der Raum leer. Ein hoher Durchgang lud zum Erkundschaften des Quartiers ein. Der Durchgang zeigte einen weiteren Raum, der wohl ebenso groß und leer war, doch womöglich gab es in ihm weitere Durchgänge und vielleicht gelangten sie zu Ragnus. Es gab ein Fenster, das zum Hof hinaus zeigte, doch mehr war dahinter nicht zu sehen, nur die Hauswand gegenüber. „Schließ die Luke!", forderte der alte Wolf ihn auf. Amarok drehte sich hastig um. Es schoss förmlich aus seinem Maul heraus. „Wo ist Ragnus?" Groven begann zu stottern. „Ich weiß es nicht genau. Auf jeden Fall ist das hier sein Zimmer. Aber ich ..." „Hier ist aber nichts", brachte es der Hellgraue sofort auf den Punkt. Sein Blick bohrte sich böse in den des alten Wolfs, er drängte ihn damit noch stärker in den kleinen Raum, den Aufzug, als er eh schon saß. „Ich kann es dir nicht sagen, ich weiß nur, dass Ragnus hier immer verweilt hat. Du solltest jetzt deinen Freund holen, sonst kommt der große Diktator und du bist allein!" Murrig klappte er die Luke wieder zu und presste seine Pfoten auf den Schalter daneben, in der Hoffnung, das Gerät würde dadurch wieder nach unten fahren. Als er ein Summen hörte, verstand er das als Erfolg seines Versuches, das Gerät zu bedienen und sah sich das Fenster genauer an. Es war eine feste, dicke Scheibe ohne ffnungsmöglichkeit in der dicken Wand. Der Raum war, zu seiner Überraschung, vollkommen geruchsfrei. Keine Spur von Ragnus oder einem Soldat, trotzdem roch es hier nach etwas: es roch nach Verrat!

Kurze Zeit später war der kleine Aufzug wieder oben. Der Anthro, der sich mit größter Mühe und einigen Schmerzen in den viel zu kleinen Raum gezwängt hatte, stieß die Luke auf und holte tief Luft, als er endlich wieder Licht sah. Er strampelte sich aus dem kleinen Ding und war froh, seine Gliedmaßen wieder ausstrecken zu können. „Boa, ich dachte schon, ich ersticke darin." Amarok sah auf ihn, sein Blick war messerscharf, zwei Zähne standen unter seinen Lefzen hervor. „Wo ist der Alte?", fragte er mit Vorwurf in seiner Stimme. Rayo antwortete reinen Gewissens und sah sich dabei im Raume um. „Er bat darum, unten bleiben zu dürfen, weil er uns doch den Weg gezeigt hat und der Kampf etwas ... blutig werden könnte." Amarok zuckte mit den Ohren; machte er wieder einen seiner komischen Scherze? „Du hast ihn unten gelassen?" Rayo nickte und lief ein paar Schritte in den Raum hinein. „Ganz schön leer hier. Gibt's denn kein Empfangskommitee? Ich dachte, du bist hier schon groß beim Körperteile-Abreißen?" Amarok machte seinem Ärger Luft. „Du hast ihn gehen lassen?" Jetzt wurde Rayo aufmerksam auf seinen Unmut. „Was stimmt damit nicht? Er hat uns doch geholfen, wie er es versprochen hat, oder nicht? Hast du gedacht, er kann mit uns gegen Ragnus kämpfen? Der Typ ist doch viel zu alt und klapprig ..." Amarok unterbrach ihn mit lautester Stimme. „Du Narr!" Rayo sah ihn überrascht an. Warum drehte ,der Kleine' wieder so durch? Er verstand ihn nicht. Amarok musterte ihn streng mit seinen zweifarbigen Augen. Er machte zwei Schritte auf ihn zu. „Du hast ihn entkommen lassen!" Der Hellgraue machte dem Anthro schwere Vorwürfe. Dieser verstand seinen Ärger nicht. „Was hast du? Er hat uns geholfen. Er hat nun mal Schiss, was erwartest du?" Amarok knurrte wütend. „Du Dummkopf! Er ist ein Verräter! Er hat uns in eine Falle geführt und macht sich jetzt aus dem Staub. Er hat die ganze Zeit so komisch gewirkt ..." Rayo wurde nun ebenso sauer. „Was heißt er ist ein Verräter? Er hat uns doch zu Ragnus' Zimmer gebracht, oder nicht? Er kann ihn uns nicht auf dem Silbertablett servieren. Und wenn ... dann bist du dafür verantwortlich!" Er zeigte mit seinem Finger auf ihn. „DU wolltest ihm helfen, das war deine Idee." Amarok unterbrach ihn. „Ich war misstrauisch. Du nicht, du hast ihm jedes Wort abgenommen." „Du wolltest seine Hilfe annehmen, du hast gefragt, wie er uns helfen könne und du warst bereit, ihm zu folgen. Du hast nach wie vor die Führung und ich habe deinem Befehl gehorcht, weil du es dieses Mal besser machen wolltest." Rayo betonte jedes Du laut und vorwurfsvoll, sein Blick war nun gleichfalls ernst und bitter. Amarok knurrte lauter. Er wusste, dass Rayo die Sache mit der Führerschaft nur vorschob, um es auf ihn abwälzen zu können. Rayo hätte nie auf ihn gehört, wenn er Verdacht gehegt hätte, wie Amarok es von Beginn an getan hatte. „Du hast uns ...", Amarok lief auf ihn zu und stemmte seine Vorderpfoten auf Rayos Brust, er fletschte seine Zähne und sprach. „... durch deine Blindheit ins Verderben geführt, du hast nicht nur mich, sondern auch die Rebellion zum Sterben verurteilt. Du hast Ragnus einen Gefallen ge- ..." Rayo legte seine großen Pfoten um Amaroks breiten Hals und drückte die Finger langsam zu, sodass die letzte Silbe aus Amaroks Maul nur noch krächzend zu hören war. „... tan!" Er hätte sicher noch weiter geschimpft, doch er musste einsehen, dass ihm nun die Luft dafür fehlte und er begann seinen Kopf etwas hin und her zu bewegen, um sich aus seinem Griff zu befreien. Rayo langte es, er wusste, dass Amarok ein Dickschädel war, aber er ließ sich nicht alles von ihm gefallen und das musste er akzeptieren. Er würgte ihn nicht mit der Absicht, ihn umzubringen, aber er wollte ihn zwingen, zu schweigen, worauf es gezwungenermaßen hinauslief. Er wusste, der Helle würde versuchen, sich zu befreien, bevor ihm die Luft ganz ausging. Noch bevor der tierische Wolf ihn biss, stieß er ihn von sich weg, sodass er nach hinten rückwärts umfiel und auf der Flanke landete, aus der er sich knurrend sofort wieder erhob und auf seine vier Pfoten stellte. Amarok fletschte die Zähne.

Gerade wollte Rayo etwas sagen, da schaltete sich das Licht aus und ein rotes Licht ging an. Gleichzeitig wandelte sich das große Bild an der Wand um und es wurde ersichtlich, dass es sich dabei um einen Bildschirm handelte. Ein lautes Gelächter hallte durch die hohen Räume - Ragnus' Lache. Die zwei Köpfe drehten sich in Richtung des ,Bildes' um und blickten auf eine stilisierte, schwarze Maske, die wohl das Böse symbolisieren sollte. Nur wenige Sekunden nach Einsetzen der schrecklichen Lache knurrte Amarok aus tiefster Kehle, wobei Schaum aus seinem Maul trat. Als sich das Lachen gelegt hatte, ertönte erstmals Ragnus' echte Stimme. „Ihr müsstet euch mal sehen! Und auf diese Weise wollt ihr meine Herrschaft beenden?" Den Beiden gefiel es nicht, wie er sie lächerlich zu machen versuchte. Aber sie hatten andere Probleme, denn plötzlich fiel eine schwere Eisentür von oben herunter und verschloss zunehmend den einzigen Durch- und Ausgang dieses Raums. Geistesgegenwärtig sprang der Vierbeiner auf die fallende Eisentür zu und versuchte sie aufzuhalten. Das schwere Metall fiel auf seine zwei Vorderpfoten, wobei er noch mit Glück reden konnte, dass nicht sein Kopf oder Hals darunter lag. Laut jaulte Amarok auf, als der Schmerz durch seinen gesamten Leib fuhr. Er befürchtete, dass seine Pfoten gebrochen waren oder es würden, wenn das Gewicht weiter draufdrücken würde. Rayo rannte zu ihm hin und legte eine Pfote auf seinen Rücken, wobei er die Muskeln, die ihn zu befreien versuchten, förmlich spüren konnte. „Du musst da raus!", sprach Rayo ebenso schockiert und mit besorgter Miene, denn wenn selbst Amarok vor Schmerzen aufjaulte, musste es schon recht schlimm sein und er war sicher nicht zu beneiden in dieser Lage. „Hilf mir, verdammt!", ächzte Amarok, der seine Augen beinahe die ganze Zeit vor Schmerzen in seinen Vorderpfoten zusammenpresste und sie nur selten aufzumachen wagte. Es war kein Blut zu sehen. Rayo verstand, was er tun musste und versuchte die Eisentür noch einmal anzuheben. Womöglich half es ihnen sogar, aus dem Raum zu fliehen. Das rote Licht, das im Raum herrschte, machte die Atmosphäre noch stressiger und die Gemüter aggressiver. Das Hellgrau von Amaroks Fell war wirkte verfälscht, das Dunkelgrau in Rayos nur wenig. Rayo musste feststellen, dass es wenig brachte, die Tür zum Bewegen zu bringen. Er umfasste stattdessen Amaroks Pfoten und versuchte sie herauszuziehen. Angestrengt sprach er durch das nur knapp geöffnete Maul. „Dass du deine Pfoten auch überall reinstecken musst!" „Arrrghhh!", schrie Amarok, wobei es ihm beinahe Tränen in die Augen getrieben hätte, wenn Wölfe es könnten. Rayo gab sich alle Mühe, ihn so schnell wie möglich aus der misslichen Lage zu befreien, immerhin hatte der vierbeinige Rüde versucht, die Tür am Schließen zu hindern ... oder wollte er ohne ihn flüchten? Nein, davon ging er nicht aus. Plötzlich lösten sich die Pfoten und Amarok war befreit! Erschöpft lagen sie auf dem spiegelglatten Boden und hechelten, wobei Amarok seine Pfoten ableckte. Rayo hatte ihn aus der hilflos erscheinenden Lage befreit. Noch bevor dieser sich ganz von den Anstrengungen erholt hatte, stand der Vierbeiner schon wieder auf und sah hasserfüllt auf den Bildschirm, der nun wieder zu seinem ursprünglichen Motiv gewechselt hatte. Seine Pfoten taten nach wie vor höllisch weh, doch anzusehen war ihnen das nicht und gebrochen schien auch nichts. Sein Körper hatte dem wieder einmal standgehalten, er war beinahe genauso stark wie sein Wille, vielleicht stärkte das eine auch das andere. Gefangen waren sie dennoch ... ihre Situation unklar.