Terre Perdue, Kapitel IV, Bittere Vergangenheit

Story by Gleaming Black on SoFurry

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Kapitel I -- Terre Perdue

Kapitel II -- Unbekannter Held

Kapitel III -- Strohmann aus Stahl

Kapitel IV -- Bittere Vergangenheit

Rayo tat einen Schritt zurück, er wollte so tun als ob er nach hinten ging, weil er Angst hatte. In Wahrheit wollte er etwas Abstand gewinnen und ihn mit dem Fuß in den Bauch treten. Leider stolperte er jedoch über einen Helm und landete unverhofft auf seinem Rücken. Jetzt hatte ihn der Soldat erst recht und zielte grinsend mit der Maschinenpistole auf seinen Kopf. „War nett mit dir, Wölfchen", sagte er und wollte abdrücken, als er plötzlich von Amarok von hinten angegriffen und nach vorn geworfen wurde. Es brauchte nur ein Augenzwinkern und er hatte ihm mit seinem starken Gebiss das Genick gebrochen. Knurrend sah der scheinbar unversehrte und unermüdete Vierbeiner zu dem immer noch auf dem Rücken liegenden Rayo auf, während Sehnen und Adern schlaff aus seinem Maul hingen und das Blut auf den staubigen Boden tropfte.

Da das Fahrzeug von den aus dem Hinter-Hinterhalt angreifenden Soldaten unbrauchbar gemacht wurde, mussten die beiden Wölfe zu Fuß weitergehen und weil die Reifen zerschossen waren, war ein Weiterkommen damit unmöglich und sie konnten nur noch ein paar Gegenstände, wie Waffen und Landkarten, daraus verwenden. Amarok störte das weniger ... er war ein Kind der Natur und brauchte Autos, Waffen und erst recht Landkarten nicht wirklich. Rayo saß an einem Lagerfeuer und dachte nach, wie es jetzt weitergehen sollte. Ein paar Meter weiter weg, in der Dunkelheit, saß Amarok und zupfte Fleischfetzen von einer erlegten Beute ab. Ein unvorsichtiges Reh, das er in den sterbenden Wäldern erbeutet hatte. Er tötete nicht gern in diesen Tagen, denn die meisten anderen Tierarten waren seit Ragnus' Machtergreifung ausgerottet worden, aber irgendwie musste er überleben. Er versuchte immerhin auch, durch sein Kämpfen, mit seinem Mut und seiner Geschicklichkeit wieder bessere Tage kommen zu lassen, wenn Ragnus erst einmal beseitigt war. Der Anthro, der nur den durch das Feuer erleuchteten, verletzten Rücken seines Kampfpartners sehen konnte, stand auf und lief ein paar Schritte in seine Richtung. Er bückte sich neben ihn, wobei Amarok ihn mit nur leicht zur Seite geneigtem Kopf und auf einem zähen Stück Fleisch kauend ansah. Rayo legte seine rechte Pfote auf die Beute und fragte mit ruhiger Stimme. „Darf ich?" Zunächst kaute der Vierbeiner erst einmal ohne jegliche Reaktion weiter, Rayo sah ihn währenddessen fragend an. Dann zupfte Amarok etwas von dem Fleisch ab und rückte es an ihn heran. Rayo ergriff es, als der Hellgraue den Fetzen wieder etwas in seine Richtung zog, wobei Rayo es aber weiter festhielt. Ein kleines Stück von dem Stück trennte sich ab und das Stück, das er Rayo zugegönnt hatte, wurde so noch etwas kleiner. Das sollte reichen! Rayo grinste leicht, weil es so albern war. Der Hellgraue konnte sowieso nicht das gesamte Reh fressen. Er hatte ihm sicher aus Prinzip nicht mehr abgegeben und sogar noch etwas von dem zuerst entfernten Stück abgemacht, damit es auch ja nicht zu viel für ihn war. Aber Rayo, der dadurch sicher nicht richtig satt wurde, nahm es so hin und setzte sich mit seinem Stückchen Fleisch wieder ans Feuer. Er betrachtete es noch einmal kurz und warf es dann hinein, da es zu lächerlich wenig war. Einige Minuten später, der Vierbeiner hatte seine Beute fast gänzlich aufgefressen, kam er zu Rayo und seinem Feuer gelaufen, stoppte und sprach befehlshaberisch. „Gib mir was zu trinken!" Erneut musste der Anthro etwas lachen, weil der Kleine so unglaublich eingebildet war. Es war zu lustig um ihn zu ermahnen, nicht so selbstverständlich irgendwelche Befehle zu erteilen, dass er ihm die Flasche reichte. Er wollte sie festhalten, damit er daraus trinken konnte und ihm den Rest dann ins Gesicht schütten, aber Amarok dachte gar nicht daran wie ein Welpe zu saugen und machte kurzerhand eine Stoßbewegung mit seiner rechten Pfote gegen die Flasche, sodass sie der überraschte Rayo verlor und sie vor Amaroks grauen Pfoten auf dem Sandboden landete und das Wasser verlor. Ein freier Wolf trank nicht aus Flaschen! Er schlabberte das Wasser lieber vom Boden.

Früh am nächsten Morgen, der Himmel war trüb und die Sonne kämpfte sich nur mühsam durch den verhangenen Horizont, schlief der hellgraue Wolf auf einem großen Stein nahe eines verschmutzten Sees. Jemand schlich sich an ihn heran ... nur sein Fell bewegte sich leicht beim Atmen. Es war nicht länger verrußt, da er in der Nacht ein Bad in dem See genommen hatte, wobei ein weniger resistenter Körper und ein schwacher Organismus sich dabei sicher gleich eine Blutvergiftung zugezogen hätte, so verschmutzt wie der See war. Es war Rayo, der sich langsam und beinahe lautlos näherte, guckte, ob er noch schlief. Er bemerkte allerdings nicht, dass sich Amaroks dunkel umrandete Augen plötzlich öffneten. Ohne die Ohren in seine Richtungen zu bewegen, bekam der Vierbeiner mit, dass er hinter ihm war. Als sich Rayo auf etwa drei Meter genähert hatte, sprang Amarok auf und drehte sich hastig um, um ihn bedrohlich anzuknurren. „Keinen Schritt weiter!", drohte er und fletschte die Zähne. Rayo machte eine sachte Bewegung mit den Armen und sprach beruhigend. „Ruhig, Brauner. Ich wollte dir nix Böses." Aber Amarok blieb misstrauisch, obwohl sie sich beide mehrfach das Leben gerettet hatten. „Warum schleichst du dich an?" „Ich hab mich nicht angeschlichen. Ich wollte dich nur nicht wecken, falls du noch schläfst." Amarok glaubte ihm kein Wort und sprach. „Du lügst!" Rayo hatte nur Rücksicht nehmen wollen und so sagte er. „Wenn ich dich töten hätte wollen, hätte ich dich bequem aus der sicheren Entfernung erschießen können oder hätte mich zumindest mit irgendeiner Art von Waffe genähert, denkst du nicht?" Obwohl die Erklärung plausibel war, knurrte der Hellgraue weiter. Er ließ ihn keinen Schritt näher kommen. „Wieso sollte ich dir trauen?", knurrte Amarok und sprach mit finsterer Stimme. „Dein Plan hätte uns beide fast das Leben gekostet." Der Anthro musste unverhofft lachen. „Bitte? Du hast mich doch beinahe zusammen mit der Bombe hochgehen lassen. ,Hej, wusstest du schon? Da ist 'ne Bombe!' und weg warst du!" Das ließ der Hellgraue nicht auf sich sitzen. „Dein planloser Plan hat uns doch überhaupt erst in die Situation gebracht, in der die Bombe uns hätte töten können." Rayo konterte sofort. „Und du? Du würdest das ganze natürlich völlig risikoarm hinbekommen ohne jeden Kratzer." „Ich würde allein kämpfen. Ich bringe andere nicht in Gefahr und muss mich nicht darauf verlassen, dass der Plan von jemand anderem stimmt. Und genau so läuft das auch, ich werde wieder allein kämpfen." Doch das lehnte der große Wolf sofort ab. „He Moment mal, du hast versprochen, dass wir Partner sind." Amarok erwiderte sofort. „Gar nichts habe ich. Ich hatte dir versichert, dass ich dich nicht angreifen werde und daran ändert sich auch so lange nichts, wie du mich nicht attackierst. Ich habe mich aber zu keiner Zeit von dir abhängig gemacht und das werde ich auch jetzt nicht." Rayo schnaufte unzufrieden. Er wollte nicht, dass sie wieder allein kämpften, denn er wusste, dass Amarok eine große Hilfe war. Nichtsdestotrotz hatten seine Pläne nicht gestimmt und das gab er auch zu. „Ja, mag ja sein, dass mein Plan unvollständig war aber dafür konnte ich nichts. Ragnus muss mitbekommen haben, dass ich seinen Rechner ausspioniert habe und so brauchte er sich nur noch auf einen eventuellen Angriff vorbereiten, was er ja auch getan hat. Er hat uns eine Strohpuppe geschickt, die wir anstatt seiner selbst erledigt haben. Ist halt dumm gelaufen aber jeder Wolf macht mal Fehler." Er räusperte künstlich und hängte noch etwas an seine Rede dran. „Ach ja, außer ein gewisser Herr Amarok natürlich." Dabei schloss er die Augen und hielt die Pfote vor sein Maul um eine feine Geste auszudrücken und darzustellen, er hätte das ja nicht bedacht. Amarok starrte ihn wütend an aber er ging auf seine kindischen Anspielungen nicht ein. Immer noch wollte Rayo ihn für seine Rebellion und so versuchte er, ihn zu überzeugen, dass er nicht aus der Partnerschaft austrat. Dafür musste er ein Opfer erbringen, als er sagte: „Aber hej, kein Ding. Die nächste Runde bist du dran. Dieses Mal verlasse ich mich auf dich und deinen Plan. Du hast ja bestimmt schon was Schickes in Petto und mit deiner Führung wird Ragnus' Sturz wie ein Sonntagsspaziergang." Nichts änderte sich in Amaroks Miene. Er sah ihn stumm an und warf ihm ungemütliche Blicke zu.

Ein tonnenschwerer, tarnfarbener Panzer rollte auf das Hauptquartier der Ragnuschen Diktatur zu. Die Wächter am Eingang wunderten sich, woher jetzt einer ihrer Panzer kommen konnte, da die Rückkehr der Truppen bisher gänzlich ausgeblieben war und Ragnus davon ausgegangen war, dass sie es auch nie würden, weil sie alle im Kampf gefallen waren. Dieser Panzer gehörte nun auch nicht mehr zu Ragnus' Armee und so rollte er ungehindert auf das Tor im Zaun zu. Die Wachen sprangen im letzten Moment beiseite, als das riesige Fahrzeug sich auch schon seinen Weg bahnte und die Tore aufriss als sei es nichts weiter als ein Zielband am Ende der Laufstrecke. Anschließend rammte der Panzer die darauffolgende Tür zum Verladeraum des Hauptquartiers ein, wo er dann allerdings stecken blieb, da er zu breit für den Eingang war. Doch das genügte den beiden Rebellen schon. Die Tore standen ihnen wieder einmal offen und die überraschten Menschen hatten wie immer keine Chance. Die schwere Eisenklappe des Panzers sprang auf und Rayo stieg heraus. Er hielt ein Maschinengewehr in seiner Pfote. Die Ausrüstung für diese Attacke war das tröstende Ergebnis ihres lebensgefährlichen Kampfes gegen Ragnus' Leibwächter und seinen von ihm eingesetzter Roboter. Rayo schoss einmal wild um sich und mähte die völlig unvorbereiteten Diener Ragnus' nieder, noch eh sie bereit waren, das Feuer zu erwidern. Nun verließ Rayo den Panzer ganz und stellte sich daneben. Es dauerte gar nicht lange und die Verstärkung rückte an. Es wirkte irgendwie langweilig, wenn immer wieder Soldaten anrückten, mit dem festen Glauben, den Anthrowolf einfach niederstrecken zu können und tot umfielen noch eh sie schreien konnten. Rayo fühlte sich wie Obelix, der die Römer einfach nur umhauen musste und auf keinen ernsten Widerstand traf. Unterdessen sprang auch der Vierbeiner aus dem Kriegsgefährt und huschte durch die aufgebrochenen Tore des Gebäudes ins Innere. Auch dort wurde er bald schon von Ragnus' Helfern empfangen und setzte an zur Gegenwehr. Die Kugeln der Gewehre trafen ihn nicht, denn zu schnell war er aus der Zielbahn gesprungen und sputete auf seine Angreifer zu, bevor sie das Gewehr auf ihn lenken konnten. Dem Ersten fiel er an den Hals und rupfte heraus, was sein Gebiss greifen konnte. Das Blut spritzte heraus und war für ihn Zeichen genug, dass dieser Gegner keine Gefahr mehr darstellte. Der Soldat hinter ihm war gleich mit umgefallen, da sein Vordermann durch den Stoß des Springens von Amarok ihn hatte nach hinten umfallen lassen. Da der zweite Soldat bereits auf dem Boden lag, hatte er keine ernsthafte Chance, den Hellgrauen zu töten. Auch ihm zerriss er die Kehle, bevor er auf ihn schießen konnte. Ein paar Meter weit kam Amarok, dann wurde er erneut beschossen. Rasch rettete er sich in einer Wandfurche, bevor er während einer kurzen Feuerpause herausgesprungen kam, sich mit den Hinterläufen an der Gegenüberwand des Flures abstieß und mit voller Wucht auf den Soldaten sprang. Er riss ihn um und biss ihm in den Hals. Lange konnte er nicht an ihm beißen, da seine Helfer bereits zur Stelle waren und versuchten ihn zu töten. Der Mann hielt das Gewehr in Amaroks Richtung und drückte ab. Aber noch bevor ihn die erste Kugel traf, war er an die Seite des Flurs gesprungen. Er erhaschte seinen Gegner von unten, da er sich vor dem Kugelhagel geduckt hatte und fiel ihm an den Leib, als er schon direkt vor ihm stand. Er biss ihm in die Hand und sorgte so dafür, dass er umfiel. Er fiel auf ihn drauf und wurde so unverhofft zum Schutzschild für den Wolf, als seine Hintermänner auf Amarok zu schießen versuchten. Der Soldat war tot und die anderen konnten ihn nicht erschießen, weil er noch unter seinem Körper lag. Immer wieder drückten sie auf ihn ab, schossen beinahe ohne Pause. Mit viel Glück schaffte es Amarok dem Kugelhagel zu entgehen und er wurde nicht getroffen. Er war schnell genug und mithilfe seiner Reaktionschnelligkeit und seiner guten Vorahnung, wo der Mensch ihn versuchen würde zu treffen, noch bevor er den Lauf in die ,richtige' Richtung hielt, schier unbesiegbar. Menschen waren immer gleich, sie versuchten immer auf dieselbe Weise ihn zu töten, wenn sie es versuchten. Es gehörte nur etwas Schnelligkeit, eine schnelle Kombinationsgabe und eine Pfote voll Glück dazu, Kämpfe wie diesen beinahe unbeschadet zu überstehen. Nichtsdestotrotz waren sie jedes Mal eine große Gefahr für sein Leben und er wusste, dass nichtsdestotrotz schon einer der fielen Soldaten, die ihn umbringen wollten, Erfolg haben konnte. Jeder der unzähligen abgegebenen Schüsse konnte ihn treffen und sein Dasein wäre sofort zu Ende, für immer. Die Mission wäre gescheitert und Inira verloren. Inira ... der Gedanke an ihre Befreiung war sein Bestreben, durchzuhalten und den Kampf zu überleben. Der feste Wille für das Gute zu siegen machte es ihm möglich, die zahlreichen Angriffsversuche auf sein Leben zu überstehen, ohne dabei tödlich verletzt zu werden. Der Hellgraue spürte, dass seine Kräfte nachließen und er musste sich beeilen und die Indianerin finden, wenn sie denn noch am Leben war ... Der Vierbeiner war zum dunklen Vorraum mit den Fahrstühlen vorgedrungen. Nur ein schwaches Licht erleuchtete den mit Fliesen ausgelegten Raum. Derzeit waren keine Gegner zu sehen. Er rannte an den Fahrstühlen vorbei, auf einen dunklen Gang zu, den er betreten wollte, als er plötzlich ganz schnell versuchen musste, zum Stehen zu kommen, da er das Laden eines Gewehres hörte, das ihn womöglich erschießen sollte. Aber er konnte nicht rechtzeitig stoppen, denn die Fliesen gaben keinen Halt und seine Pfoten rutschten mit seinem gesamten Körper unaufhörlich in die anzunehmende Schussbahn. Der Gegner hatte freies Geleit ihn niederzustrecken, da er auf den hellen Fliesen nicht gut abspringen konnte, schon gar nicht, wenn der Angreifer so plötzlich kam. In seiner Angst um Inira hatte er nicht ausreichend Sorgfalt an den Tag gelegt und gehorcht und gerochen, ob jemand in der Nähe war, der noch am Leben war und ihm gefährlich werden konnte. Er hatte das so wenig getan, dass er nicht einmal gewittert hatte, dass der Angreifer kein Angreifer war. Rayo stand da, mit seinem Maschinengewehr, das er hochhielt, bereit denjenigen zu erschießen, der hinter den Fahrstühlen hervorkam. Kurz bevor er abdrücken wollte, um den Gegner zu töten bevor er ihn tötete, nahm er den Finger vom Abzug, als er sah, dass es nur Amarok war, der da kam ... Beide erschraken kurz, als sie sich sahen. Amarok, der geglaubt hatte, jetzt sterben zu müssen und Rayo, der ihn beinahe erschossen hätte, was er gewiss nicht wollte. Aber der Schreck wehrte nicht lang', denn sie hatten keine Zeit zu verlieren. „Da lang!" Befahl Amarok, der ja nun die Führung hatte und rannte weiter in den dunklen Gang, in dem eine Auslegware verhinderte, dass er keinen Halt fand. Rayo folgte ihm mit seinem Maschinengewehr in den Pfoten. Es stand außer Frage, dass das, trotz kurzweiliger Ruhe, nicht die letzten Gegner sein würden. Und da kamen sie auch schon: zwei Soldaten standen am Ende des Flurs und als sie die Zwei erblickten, schossen sie auch sofort drauf los. Während Rayo sich an die Seite schmiss, um nicht getroffen zu werden, rannte der scheinbar wahnsinnig gewordene, tierische Rüde drauf los, um sie in der Offensive zu attackieren. Er rannte während des Annäherns im Zickzack und wich somit ihren Schüssen aus. Zwei Soldaten, die mit ihren Maschinengewehren in seine Richtung schossen, konnten ihn nicht treffen. Zum Schluss machte er einen großen Sprung und riss sie beide zu Boden, weil er sich mit seiner ganzen Flanke gegen ihre Oberkörper drückte und sie so mit seinem Gewicht zu Fall brachte. Den einen vernichtete er sofort, er rupfte ihm diverse Organe aus dem Hals und ließ das Blut auf seinen Kumpel spritzen, bevor er sich ihm ebenfalls zuwendete. Doch bevor er ihn ebenso zerriss, stemmte er seine Vorderpfoten auf dessen Brust und sah mit bösestem Blick in sein ängstliches Gesicht. Er hatte gar keinen Spielraum mehr, seine Waffe gegen den Wolf zu richten, weil das Maschinengewehr zu groß war und der Wolf zu nahe an ihm dran war. Ein tiefes Knurren entfuhr seiner Kehle und fuhr durch den Gehörgang des todesängstigen Soldaten, der sein Ende nahe glaubte. Rayo gesellte sich nun dazu und zuckte sofort sein großes Maschinengewehr, um den Soldaten kaltzustellen, solange Amarok ihn am Boden festhielt. Er richtete den Lauf auf seinen Kopf und legte den Finger um den Abzug, als der Vierbeiner seinen Kopf herumriss und ihn streng anbrüllte. „Stopp! Du schießt nicht!" Er nutzte seine neue Führungsposition, die er ja nun ganz offensichtlich hatte, voll und ganz aus und befahl, wie er es für richtig hielt. Er knurrte den Menschen weiter an. Der Soldat, der einzig noch lebende in ihrer aktuellen Gegenwart, verstand nicht, was Amarok sagte. Er konnte einen tierischen Wolf nicht verstehen, er war nichts weiter als ein Soldat und Wölfe waren nur sein Ziel, aber keine Wesen, die er zu verstehen vermochte. Rayo hingegen verstand er gut und so nutzte Amarok diesen Umstand aus, um seine Idee in die Realität umzusetzen, bevor es nicht mehr möglich war. „Frag den Menschen wo Inira ist!" Der Anthro wunderte sich über diese Methode und stotterte kurz nachdenklich. Er wusste nicht, wie er mit dem Soldaten reden sollte, er tötete sie eigentlich nur. Sie waren es für gewöhnlich gar nicht wert, dass er Worte für sie produzierte. „Sag ... wo sind die Gefangenen?" Auch die Antwort des Menschen konnte der Vierbeiner nicht verstehen, denn im Gegensatz zu Rayo war er ein reiner Wolf und kein menschlicher Wolf, was schließlich mehr oder weniger eine Mischung aus beidem war. Der Soldat zitterte, so gut er das unter dem festen Griff konnte und sah abwechselnd ängstlich hin und her, einmal in die kühlen Augen des dunkelgrauen Anthrowolfs, dann wieder in die böse guckenden, zweifarbigen Augen des Vierbeiners auf ihm drauf. Rayo hatte die Waffe erst einmal wieder heruntergenommen und wartete auf seine Antwort, um sie seinem Kampfpartner zu übermitteln. Als aber keine Antwort kam, weil sein Herz viel zu schnell raste, wusste der Anthro, dass es nur mit noch mehr Angst ging. Er richtete seine Waffe erneut auf den schlotternden Soldaten und brüllte harsch. „Wo??!" Kurz schloss der Mensch die Augen vor Angst und das Knurren des tierischen Wolfs über seinem Gesicht hörte sich noch lauter und noch böser an, als er endlich ein paar Worte aus seinem trockenen Mund bekam. „I-im Keller ... glaub' ich." „Im Weinkeller sind sie." Übersetzte der Anthrowolf lasch und das mit lockerer Stimme. Ihm war das völlig gleich aber er akzeptierte, dass Amarok nun das Sagen während des Aufstandes gegen Ragnus hatte, immerhin hatten sie ja bis jetzt auch Erfolg. Sofort sprang Amarok von dem Brustkorb des Mannes und rannte alle Türen ab. Er schnüffelte nach einem Geruch, dem Geruch der Indianerin, den er unter tausenden wiedererkennen würde. Während er begann zu suchen, hob der Anthrorüde sein Maschinengewehr, grinste einmal fies und drückte ab. Der Brustkorb des Mannes wurde durchlöchert und das Blut seines Opfers spritzte an seine Beine. Amarok merkte das kaum, er hielt seine Nase unter diverse Türschlitze und hoffte, irgendwo Iniras Fährte zu bekommen. Seine Hoffnung wurde von Sekunde zu Sekunde schwächer, sie noch lebend zu finden. Sie konnten hier nicht ewig bleiben und irgendwann würden weitere Soldaten anrücken. „Was machst du da drüben?" fragte Rayo überrascht. „Das ist die Küche!", sprach er und musste ein kleinwenig lachen, weil er sich kaum vorstellen konnte, das sein Kumpel jetzt nach Schinken und Bratkartoffeln suchte, wonach es aus der Küche nämlich roch. So viel wie er wusste, hatte er jetzt ganz sicher Wichtigeres im Sinn. Langsam dämmerte es ihm, dass Amarok nicht lesen konnte, was die Menschen an die Türen geschrieben hatten. Für den zweibeinigen Wolf war das eigentlich selbstverständlich. „Der Keller! Wo ist der Keller?", fragte Amarok laut und ohne jegliche Geduld. Er stand unter Druck und sah den Anthro kaum an, nur kurz schenkte er ihm einen Blick, als er seine Frage stellte. Rayo hob seinen Finger jedoch wieder in den dunklen Flur, aus dem sie eben gekommen waren und grinste besserwisserisch. „Da drüben ist der Keller, stand doch dran." „Zeig mir!", befahl der Hellgraue sofort und rannte zu ihm. Rayo lief los und der Vierbeiner folgte ihm mit wenigen Zentimetern Abstand. „Schneller!", befahl er noch einmal, als sie wenig später bei der Tür zum Keller ankamen. „Hier." Der starke Rayo richtete seine Waffe auf das Schloss und schoss die Tür auf. Er öffnete sie und sah, dass Amarok völlig überstürzt in den dunklen Keller rannte. Der Zweibeiner schaltete das Licht ein, doch es war sehr schwach und man sah nur schwer etwas von den Stufen der um die Ecke gehenden Treppe. Kaum versah er sich, war Amarok sie auch schon heruntergerannt, denn er schien ihren Geruch nun gefunden zu haben. Zwischen vielen Käfigen rannte er hindurch an das Ende des Raumes mit seinen Betonwänden, wo der Geruch herkam. Er hatte sie gefunden - Inira! Die junge Indianerin lag bewusstlos in ihrem Käfig, erschöpft durch fehlende Nahrung und fehlendes Wasser. Sie wurden wie die Hühner in der Legebatterie gehalten, alle Gefangenen, jeder in einem eigenen, kleinen Käfig. Die Gefangenen Ragnus'. Amarok richtete sich auf und lehnte seinen Oberkörper mit den Pfoten gegen das Gitter. „Inira!", sprach er voller Sorge und sein Gesicht zeigte eine Spur von Verzweiflung. Rayo war ihm gefolgt und hielt seine Waffe gegen das Schloss, als er zu ihm kam, um es ebenso aufzuschießen. Amarok aber sprach sofort. „Nein! Du könntest sie treffen!" „Ich bitte dich, man, ich hab Übung in ..." Aber noch bevor er den Satz vollendet hatte, begann der Hellgraue fanatisch an dem Eisenschloss herumzubeißen und es dauerte keine Minute, bis es durch seinen starken Zubiss kaputtsprang und die Tür freigab. Rayo klappte die leichte Metalltür auf, auch wenn er nicht daran zweifelte, dass Amarok es auch selbst gekonnt hätte. Amarok war ja bekanntlich meisterhaft im Aufbrechen von Käfigen oder anderen Dingen wie zum Beispiel Handschellen, seine Zähne ließen ihn nie im Stich. Sofort trabte er mit traurigem Blick zu ihr und prüfte, ob sie noch lebte. Rayo sah zu und bewunderte, wie zärtlich der starke Kämpfer Amarok sein konnte, wenn jemand seine Gefühle erreichte. Besorgt legte er seinen Kopf auf ihren Körper und ließ ein ganz leises, kaum vernehmbares und sehr hohes Winseln ertönen, wie der Anthro es nie von ihm vermutet hätte. Seine Rute legte er eng an seinen Körper und die Pfoten um sie herum, als wollte er sie gerade schützen. Die emotionale Stimmung wurde durch ein ratterndes Maschinengewehr unterbrochen. Der graue Anthro zerriss die Stille mit einem scheinbar wahllosen Hin- und Herschießen, als er die Menschen in den Käfigen alle erschoss, sodass die Schreie schon kurz nach dem sie begonnen hatten wieder verstummten. Kurz sah der Hellgraue mit einem ausdrucklosen Blick auf, doch Iniras Wohl hatte jetzt Vorrang. Der Krach hatte aufmerksam auf sie gemacht und die Verstärkung, geschickt von Ragnus persönlich, stürmte auf den Keller zu. Sie hörten, wie sie die Treppe hinunterkamen und spätestens jetzt war klar, sie mussten hier schleunigst weg, sonst wurde der Gefangenenraum zu ihrer Todesfalle.

Der Anthro begann erneut zu schießen und die ersten, die hinter der Ecke auftauchten, waren totes Fleisch. Die nächsten blieben in ihrer Deckung und waren nicht so leicht zu erwischen. Sie kamen immer wieder mal hervor und versuchten es doch mit ein paar Schüssen. Die Zwei hatten keine gute Deckung und das einzige, was Amarok sich jetzt fragte war, wie er seine Inira retten konnte ... sie hatte damit nichts zu tun! Sie mochten ja Jagd auf ihn und Rayo machen, doch Inira war völlig unschuldig und hatte sie nie angegriffen. Aber er war nicht so naiv zu glauben, er konnte sie damit überzeugen. Sie bekämpften Ragnus nicht umsonst - er war von Grund auf böse. „Ich will eure traute Zweisamkeit ja nicht stören ...", sprach der Anthro und hatte Mühe, das ratternde Maschinengewehr in die richtige Bahn zu lenken. „... aber wir sollten hier schleunigst verschwinden, das ist kein Hotel." „Nicht ohne Inira!", zischte der Vierbeiner mit strengem Blick aus seinem braunen und seinem gelben Auge. Er war hier hergekommen, um sie zu retten und jetzt würde er eher sterben als sie in dieser Todesfalle zurückzulassen. „Tja, dann sieh mal zu", spottete der Anthro und feuerte erneut auf die Gegner. Abwechselnd sah Amarok nun mit einem hektischen Blick zwischen Inira und Rayo auf und ab. Nach einer Weile verstand der Anthro und begann den Kopf zu schütteln. „Nein ... du ... du glaubst doch nicht echt?" Amarok übte sofort Druck auf ihn aus, um eine Widerrede von Beginn an im Keim zu ersticken. „Wir waren uns einig, dass ich dieses Mal das Sagen habe. Du nimmst Inira und ich wehre die Angreifer ab!" Der Werwolf schüttelte den Kopf und lachte vor Überraschung. Amarok wusste doch, dass er nicht viel von Menschen hielt, oder nicht? Gerade wollte der Anthro erneut widersprechen, als Amaroks Stimme von ihrer üblichen Strenge abwich. „Bitte ...", flüsterte er überraschend bittend, fast flehend, auch wenn er das so genau nie geäußert hätte. In Wahrheit war ihm zum Flehen zumute, wenigstens dieses eine Mal. Inira bedeutete ihm alles und er wollte sie nicht verlieren. Wenn Rayo die einzige Möglichkeit war, sie lebend hier rauszuholen, so war er auch bereit vor ihm zu betteln. Fast musste der Anthro etwas lachen, denn sein Blick war aufgeweicht und nicht mehr so finster, wie er ihn sonst fast nur kannte. „Ts!", gab Rayo zu hören und nahm die junge Frau widerwillig hoch. Er konnte es nicht wirklich mit seinem Gewissen vereinbaren, sie zu retten. Er tat es nur für Amarok, denn er wollte seine Meinung über ihn bei ihm endlich ändern und das war wohl ein sicherer Weg dazu. Wenn er ihr nicht half, würde Amarok die Rebellion sicher sofort verlassen und das zu einem Zeitpunkt, an dem Ragnus noch lange nicht besiegt war. Wahrscheinlich würde er sogar hier bleiben und völlig vergeblich für sie kämpfen, ohne jemals aus dieser Hölle entrinnen zu können, bis er mit ihr starb, was Rayo auch nicht weitergebracht hätte. Gleich nachdem der große Werwolf die zierliche Frau hochgenommen hatte, wusste der Vierbeiner, dass sie so gut wie sicher war. Es lag nun an ihm, wie gut Rayo mit ihr fliehen konnte, er musste ihnen den Weg frei kämpfen. Noch einmal neigte der Hellgraue seinen Blick zu Rayo und sprach mit ernster Stimme. „Rayo ..." Der Angesprochene sah ihn aufmerksam an, die junge Frau war kein ernstzunehemdnes Gewicht für ihn. „... wenn ich es nicht schaffen sollte ...", eine kurze Pause herrschte, dann sprach er weiter. „... lässt du sie nicht zurück. Bring sie an einen Ort, wo sie sicher ist, sollte ich hier nicht rauskommen." Doch der lachte nur einmal spöttisch. Er glaubte nicht wirklich, dass Amarok es nicht schaffen würde. Ob er sie wirklich retten würde, wenn er starb, wusste er selbst nicht, er machte demzufolge auch keine Versprechen, die er eventuell nicht einhalten konnte. Amarok nahm mit einem Weg von etwa zehn Metern Anlauf, um die Gegner zu attackieren. Er rannte gezielt auf die Ecke zu, hinter der sich die Soldaten mit ihren Maschinengewehren verbargen, um sie niederzumetzeln. Hätte Rayo ihn nicht schon ein wenig gekannt, hätte er gemeint, dieser Wolf war lebensmüde. Aber wie immer legte er die besten Techniken hin, um seine Feinde zu besiegen. Gerade als sie sich vergewissern wollten, wie es um die zwei Rebellen stand, wurde der erste mit einem Sprung gegen den Körper überrascht und zu Tode gebissen. Ein tiefer Biss in Hals und Kehle und nur noch seine Waffe rutschte locker die silbernen Stufen der metallenen Treppe herunter. Das Blut tropfte durch die Löcher, die sich zum Haltgeben auf den Stufen befanden und verflüchtigte sich in einem Abfluss. Doch es würde nicht das einzige, vergossene Blut bleiben. Viele andere sollten sich mit ihm vermischen. Den nächsten Gegner schleuderte er gekonnt die steilen Stufen herunter, er brach sich das Genick und war ebenso tot. Amarok hatte die Überraschung der Widersacher ausgenutzt, um den plötzlichen Angriff erfolgreich sein zu lassen. Die Gegner, die sich direkt hinter der Ecke befanden, waren alle tot. Amarok sah mit blutgetränktem Fell um sein Maul herum zu Rayo und Inira um und rief ihm zu. „Komm!" Kurz hatte er nicht aufgepasst, da war schon der nächste Soldat an sie herangekommen, von oben herab. Er feuerte die Treppen hinunter, doch da Amarok, als Vierbeiner, der er war, tiefer stand, traf die Kugel nicht ihn, sondern Rayo, der nur knapp versuchte, aus der Schussbahn zu gelangen. Der Hellgraue beobachtete, wie Rayos Schulter zu bluten begann. Er hielt sich seine große Pfote auf die Wunde und hob den Arm mit der verletzten Schulter, um seinen Feind niederzustrecken, was nicht so einfach war, da er mit dem selben Arm nach wie vor die Menschin hielt. Der Soldat, der auf ihn geschossen hatte, war tot, doch die Schmerzen quälten Rayo und er sprach sauer. „Gut reagiert, Amarok! Das nennst du ,den Weg freimachen'?" Sofort drehte Amarok sich wieder um, um die nächsten, möglichen Gegner zu beseitigen und den Weg sicher für Iniras Rettung zu machen. Er stieg weitere Stufen hoch und wurde am Eingang des Kellers von beiden Seiten beschossen. Nur durch seine schnelle Reaktionsfähigkeit konnte er sich retten und durch einen Satz zurück in den Keller am Leben bleiben. Beinahe wäre er selbst die Treppe heruntergefallen und selbst wenn er sich nicht das Genick gebrochen hätte, hätten sie ihn erschießen können, wenn er hilflos auf dem Boden landete. Dazu aber kam es nicht. Noch bevor sie sich dem Eingang gefährlich nähern konnten, flitzte der nun vorbereitete Vierbeiner in den dunklen Gang und startete einen erneuten Überraschungsangriff. Durch das erste Betreten des Flurs, was ihn durch seine Unvorbereitetheit beinahe umgebracht hätte, hatte er zumindest gesehen, wie viele Gegner sich wo verschanzt hielten. Aber sie waren nicht im Stande, ihn zu erwischen. Sie schossen wild auf ihn ein und töteten sich dadurch, weil sie von beiden Seiten schossen, nach und nach gegenseitig. Immer wieder lenkte er aus seiner anzunehmenden Bahn und sprang von einer Stelle zur anderen ... Hauptsache in Bewegung bleiben, damit er nicht zu einem einfachen Ziel für seine Feinde wurde. Die Soldaten kamen aus ihrer Deckung hervor. Jetzt gaben sie alles, um den Wolf endlich einmal zu erwischen. Einer nach dem anderen fiel durch den Beschuss der anderen Richtung und ohne das Amarok auch nur einem von ihn an den Hals gesprungen war, waren sie nach etwa zwei Minuten alle tot oder so schwer verletzt durch die vielen Schüsse des anderen Flur-Endes, dass sie nicht mehr fähig waren einen Gegner wie Amarok zu tilgen. „Los, der Weg ist frei!", rief Amarok Rayo zu, welcher trotz Verletzung die bewusstlose Inira in seinen starken Armen trug. Für ihn war das ganze nun mehr eine Sache des Zuschauens und obwohl er selbst gern kämpfte und gern unter Beweis stellte, wie gut er war, so war er doch froh, dass Amarok nun allein den Weg zur Flucht ebnete und er nicht mehr kämpfen musste mit seiner verletzten Schulter. Der junge Hellgraue schlurfte mit seinen kräftigen Pfoten an das Ende des Flurs. Seine Pfotenballen badeten in dem Blut seiner besiegten Feinde, das sich überall im Raum ausgebreitet hatte, nachdem sie alle tot waren. Immer wieder war er ausgewichen, immer wieder hatten sie die Schussrichtung geändert und sich so selbst nach und nach in ihrem Wahn und Willen, einen schier unbesiegbaren Gegner wie Amarok zu besiegen, gegenseitig abgeschlachtet. Ein düsterer Blick aus seinem hellen und seinem dunklen Auge suchte die schlecht beleuchteten Räume nach weiterem Widerstand ab. Er witterte und hörte sie, noch bevor sie seinen Aufenthalt genau orten konnten. „Amarok!", rief Rayo aufgeregt und deutete mit seiner Schnauze auf eine Tür in dem Flur, durch den sie gerade liefen. Für einen kurzen Moment sah er zu ihm nach hinten, aber ihn interessierte kaum, was der Anthro ihm nun sagen wollte. „Was?!", fragte er etwas gereizt. Wenn er durch den Kampf gereizt war, konnte er nicht gleichzeitig ruhig und ausgelassen sein. Rayo deutete auf die Tür mit der Aufschrift „Büro Oberkanzler" Das war Ragnus. Der Dunkelgraue trat die Tür gekonnt ein und sein Blick fiel in eine große Halle mit Bildschirmen und Bedienarmaturen. Er war relativ gut ausgeleuchtet und nobel gestaltet. Nun begriff auch Amarok, der nicht lesen konnte und lief voran, um ein mögliches Zusammentreffen mit dem Diktator höchstpersönlich mit einem klaren Angriff zu beantworten. Es dauerte auch gar nicht lange und ihnen bot sich eine vermantelte Gestalt auf dem Geländer an der Rehling, weit über ihren Köpfen dar, die scheinbar grinsend auf sie herabsah. „Dort!", sprach Rayo laut und nahm mit etwas Mühe eine Waffe aus seiner Kampfausrüstung. Amarok knurrte die Gestalt an, sprach aber zugleich zu seinem zweibeinigen Kampfpartner. „Nein, beschütze du Inira. Ich kämpfe." Der Anthro stöhnte künstlich und sagte. „Och, warum den ganzen Spaß nur für dich allein?" Er versuchte den vermeintlichen Ragnus mit seiner Handfeuerwaffe abzuknallen, doch ohne Erfolg. Die Gestalt griff zu einem Feuerlöscher und warf ihn herab, wo die Drei sich befanden. Rasch sprangen die beiden Superkämpfer zurück und wichen dem Gerät gekonnt aus. So einfach konnte man sie nicht beseitigen, das musste jemandem wie Ragnus doch inzwischen klargeworden sein. Obwohl sie schon so viele seiner Helfer beseitigt hatten, war er bisher immer völlig ungeschoren davongekommen. Das sollte sich nun ändern. Amarok knurrte noch wütender und nahm die Verfolgung des flüchtenden Ragnus auf. Der dunkel Vermantelte war eine Leiter hinabgeklettert und durch einen Notausgang nach draußen ins Freie gelangt. Der Vierbeiner ließ nicht von ihm ab und entkam jedem seiner Versuche, ihn während des Wegrennens nach hinten hin zu erschießen. Die Kugeln trafen ihn nicht annähernd und machten es für Amarok kaum schwerer, ihn weiter zu verfolgen. Leider erreichte er ihn nicht rechtzeitig und Ragnus rettete sich in einen seiner parkenden Panzer. Er verschanzte sich darin vor Rayos Schüssen und war nicht mehr in Gefahr, von Amarok zerfetzt zu werden. Rayo hatte aber schon einen Einfall, wie sie ihn kriegen konnten. Der Panzer setzte sich in Bewegung und er würde ihnen entkommen, wenn sie nichts unternahmen. Amarok rannte neben dem Kriegsgefährt nebenher und ließ nicht von ihm ab, bis er ihn beseitigt hatte. Rayo befolgte weiterhin den Befehl des Hellgrauen, auf Inira Acht zu geben. Wenn er Inira ablegte und etwa übriggebliebene Soldaten sie töteten oder wieder gefangennahmen, machte er sich den Vierbeiner unter Garantie zum Feind und das war sicher kein bestrebenswertes Ziel. „Amarok! Fang!", rief der Anthro und warf ihm etwas zu. Amarok konnte das kleine Ding zunächst selbst kaum erkennen. Als es nahe gekommen war und er es mit dem Maul erfolgreich geschnappt hatte, wusste er, was zu tun war. Er rannte weiter unaufhörlich neben dem Panzer her und wartete auf die Gelegenheit, wenn sie sich ihm bot. Rayo wusste, dass er fähig war, dieses Risiko zu überstehen und dass er es nun als einziger schaffen konnte, den fiesesten Tyrann der Welt zu beseitigen. Alles lag nun an „dem Kleinen" und seinen Fähigkeiten. Aber Rayo zweifelte nicht daran, dass er das schaffen konnte, er hoffte nur, dass er ein gutes Gefühl für Zeit hatte. Denn davon hatte er jetzt gewiss nicht viel. Er blieb konstant neben dem rollenden Panzer, der Gegner sollte keine Chance haben zu entkommen. Plötzlich schaffte der hellgraue Rüde einen Sprung zur Seite auf die dunkelgrüne Maschine. Er erreichte die Oberfläche und sprang über den geschlossenen Eingang hinweg. Ragnus fühlte sich darin sicher, aber das würde sich bald ändern. Der mutige Vierbeiner hastete rasch bis zur Spitze der Maschine und erreichte mit einem Sprung auf das Rohr, auf dem er mit seinem Bauch liegen blieb, das Ende des Laufs. Er steckte das Ding in die ffnung des Schießrohrs und verließ den schweren Panzer mit einem Absprung nach vorn. Sofort rollte er über die Schulter ab, damit ihn das tonnenschwere Gefährt nicht überfuhr und als er vom Abrollen wieder aufstand, sputete er zurück in Rayos Richtung. Doch Ragnus selbst wartete nicht, bis es zu dem „Unglück" kam. Auch er stoppte und verließ den Panzer. Er hastete ebenso geschwind vom Panzer weg, so schnell er nur konnte. Gerade hatte er sich einige Meter entfernt, da flog das gesamte Gerät mit einem ohrenbetäubenden Lärm und einem gigantischen Feuerball in die Luft. Der Rauch verdunkelte das schwache Tageslicht und gab eine Ahnung von der Schwere des Gefechts wieder. Ragnus aber wartete nicht lang und stand vom Boden auf, nachdem er durch den Druck dorthin befördert wurde. Er nahm seine Waffe und richtete sie auf Amarok, welchen er von hinten zu erschießen gedachte. Daraus wurde allerdings nichts. Rayo löcherte ihn kurz und klein, noch bevor er auch nur daran denken konnte, den Vierbeiner beim Fliehen vor der Hitze niederzustrecken. Dass Ragnus die Explosion trotz relativ geringer Entfernung überhaupt überstanden hatte, ließ eine neuen Verdacht aufkommen. Der Verdacht bestätigte sich, als kleine Blitze und Funken während des Beschießens aus dem Körper des vermeintlichen Raguns herauskamen. Wieder nur ein Roboter!

Erleichtert, dass es zunächst einmal vorbei war und erleichtert für Amarok, dass Inira in Sicherheit war, aber auch enttäuscht, sahen sie zurück auf die Reste des Panzers und den in Stücke geschossenen Roboter, den Ragnus an seiner Stelle zum Kämpfen geschickt hatte. Wie feige war dieser Diktator eigentlich nur? Viel Zeit blieb ihnen nicht. In der Ferne rückten bereits die nächsten Soldaten an, die darauf aus waren, sie zu zerstören. Einige hundert Meter entfernt erblickte Rayo einen Militärlastwagen. „Los, lass uns zu dem Wagen da gehen!", sprach er und rannte, so gut es ging, voraus. Er konnte die Indianerin nicht mehr lange tragen, jetzt, da sein Arm verletzt war und noch dazu schießen. Die Zwei erreichten den Laster, als ihnen schon die nächsten Schüsse um die Ohren peitschten. Der Anthro legte sie auf der Ladefläche ab, die von einer Plane überspannt war und stieg durch die offene Tür zum Fahrersitz ein. Amarok war ebenfalls auf die Ladefläche gesprungen und knurrte den Soldaten wütend entgegen, wobei er sich duckte und Inira schützend bedeckte, als sie auf den Wagen schossen. Noch bevor sie nahe genug gekommen waren, um die Reifen zu zerschießen, fuhren sie los und hinterließen eine Wolke aus Staub.

Zwischen hohen Dünen, wo man sie nicht so leicht aus der Ferne sehen konnte und einigen Felsgesteinen, hatten sie sich zum Abend hin, als es bereits dunkel war, niedergelassen. Rayo hatte ein Feuer angezündet, mit einigen alten Soldatenklamotten, die auf dem Lastwagen gewesen waren. Das Feuer war die einzige Lichtquelle, der Mond schien nicht. Amarok lag schützend bei Inira, die ihre Augen nach wie vor nicht geöffnet hatte aber sicher durch die Wärme des Feuers profitierte. Der dunkelgraue Anthro hielt sich die Wunde mit einem alten Hemd und starrte mit verbitterte Miene in das flackernde Licht. „Frag mich echt, warum du so viel für die Menschin riskierst", murmelte er nach einiger Zeit, wobei er ununterbrochen in das Feuer sah. Amarok sah ihn mit ernstem Blick an, wobei sich das helle Auge besser deuten ließ durch die Reflektion, während man beim Braunen in diesem Moment kaum die Pupille erkennen konnte. Kurz herrschte Schweigen, dann begann der tierische Wolf zu sprechen. „Willst du das wirklich wissen? Willst du die Geschichte hören? Oder ist es dir in Wahrheit egal?" Spöttisch fragte Rayo ihn, während er kurz zu ihm aufsah. „Ist sie für die Rebellion von Nutzen?" Amarok wollte schimpfen und ihn erbost anbrüllen. Der Gedanke, sie auszunutzen um irgendwelche anderen Ziele zu erreichen, machte ihn wütend. Aber er nahm Rücksicht auf den verletzten Anthro, der nicht nur seinetwegen verwundet war, sondern ihm und vor allem ihr sogar noch das Leben gerettet hatte. So antwortete er klar und sachlich. „Sie ist für mich der Grund zum Rebellieren." Noch einmal sah Rayo ihn mit seinen dunkelbraunen Augen an. Er wusste nicht, was er davon halten sollte. Menschen waren ihm zuwider! „Damals ...", begann Amarok zu sprechen, während er den Anthro eindringlich ansah. „... als die Welt noch nicht verloren galt, die Blumen noch zu blühen wagten und die Sonne sich nicht vor den Gräueltaten der Ragnus-Herrschaft versteckte ... lebte das Rudel meiner Eltern noch in Frieden und Gleichgewicht mit den anderen Tieren, der Natur und den Menschen, alle, auf einem Land. Meine Eltern waren die stolzen Alphatiere dieses Rudels und sie wussten immer, mit jeder Tat, mit jedem Wort, genau was sie taten, trafen immer die richtigen Entscheidungen und fällten die gerechtesten Urteile im Rudel." Er senkte den Kopf ein kleines Stück und sah schräg nach unten, wobei er keinen Punkt genauer fixierte. „... bis ...", fuhr er langsam fort, „... er kam, Ragnus. Erst später natürlich erfuhr ich, dass er es war, der seine Truppen hinaus in die Wälder schickte, um uns zu töten, um uns zu vernichten, um uns für immer loszuwerden. Er rottete einen Großteil der Rudel aus und tötete alle Tiere, die er als Konkurrenz für sein Dasein und sein Überleben betrachtete ... alle, die das Ungleichgewicht seiner Herrschaft nicht toleriert hätten und sich nicht von seinen biochemischen Drogen unter Kontrolle hätten bringen lassen. Seine Jägerschaften fanden auch uns ... meine Mutter und meinen Vater, das Rudel und seine Welpen. Sie löschten uns aus und waren dabei, zu töten was noch am Leben war. Obwohl die Tage der friedlichen Welt gezählt waren und das Ende allen Gleichgewichtes nur noch eine Frage von wenigen Monden war, war ihr Stamm es, der mir das Leben ermöglichte. Ihre Eltern kamen, um einen Retter zu retten, um die Wolfheit zu erhalten und die Welt vor ihrem endgültigen Ende zu bewahren, in einer schwachen Hoffnung aus einer scheinbar ausweglosen Situation." Das gelbliche Licht des Feuers flackerte und ließ die Schatten tanzen. Die Facetten ihrer Gesichter bewegte sich ruckartig. „Ihre scharfen Stöcke, ihre spitzen Pfeile und ihre Spieße bohrten sich durch die dicken Kampfanzüge der Truppe und ließen das Blut unserer Peiniger und Mörder auf dem grundnatürlichen Boden vereint versickern. Die Knochen der verlorenen Krieger brachen durch den starken Willen ihres Stammes, uns Wölfe als Brüder der Natur vor dem Auslöschen, dem abgrundtief Bösen zu bewahren. Ihre Eltern töten sie in einer rettenden Rebellion gegen eine der unzähligen Truppen Ragnus' und retteten damit mir als letzten überlebenden unseres Rudels das Leben. Meine Geschwister waren tot, meine Eltern ebenso und das Rudel zerstört. Mich nahmen sie mit und sorgten so für mein Überleben." Er schnaufte einmal durch, sein Blick war schon lange nicht mehr zu Rayo geglitten, zu schwer fiel es ihm, die Reaktion eines beinahe Fremden zu sehen, wenn er über seine eigene, schwere Vergangenheit sprach und darüber, dass er als hilfloser Welpe fast getötet worden wäre. Rayo hingegen sah ihn aufmerksam an und hörte seiner interessanten Rede über seine Vergangenheit zu. So hatte er den Hellgrauen vorher noch nicht gekannt. Obwohl man wusste, dass jeder ein eigenes Leben und eine eigene Vergangenheit hatte, so war es doch immer wieder erstaunlich, wenn man erfuhr, was den anderen zu dem gemacht hatte, was er war. „Und obwohl mich die weisen Eltern Iniras schon im Jungwolfalter wieder der freien Natur übergaben, missachtete sie das Verbot als junges Mädchen, mich von den Menschen entfernen zu lassen, aus Sorge ihres Stammes, ich könnte zu abhängig von dem Schutz des Stammes werden, wenn ich nicht gelernt hätte, in den Wäldern als Wolf zu überleben und sie besuchte mich heimlich. Sie half mir zu überleben, wenn die Nahrung durch das wahllose Vernichten des Wildes von Ragnus' Leuten schwer wurde und ließ mich auf diese Weise immer erinnern, dass sie und ihr Stamm es waren, denen ich auf ewig zu Dank für mein Überleben verpflichtet war." Amarok sprach ruhig und mit Bedacht. Er sah nun hin und wieder auf Inira, die mit geschlossenen Augen aber regelmäßigem Atmen neben ihm lag und die Wärme zu genießen schien, die links vom Feuer und rechts von dem warmen Wolfskörper ausging. „Unsere größte Sorge war während dieser Zeit immer gewesen, dass ihre Eltern davon erfahren würden und sie womöglich aus dem Rudel verbannten." Ein kleines Schmunzeln huschte über seine Lefzen, während er sprach. „Wie naiv wir doch waren ..." Er erklärte. „Niemals hätten sie sie in der Zeit der immer größer werdenden Gefahr von Ragnus ausgestoßen." Eine Pause legte sich über die Raststätte, Stille herrschte und nur das Knistern des Feuers war zu hören. Amarok führte die Geschichte zu Ende. „Doch wir mussten auf grausame Art und Weise erfahren, dass in Wahrheit eine viel ernstzunehmendere Gefahr drohte. Eines Tages wurde der Stamm von einem Angriff von Ragnus' Leuten überrascht. Am frühen Morgen hatte sich niemand auf einen Kampf diesen Ausmaßes vorbereitet und ... niemand überlebte ihn." Rayos Pupillen weiteten sich etwas, als er das hörte. „Doch wir waren etwas abseits vom Stammesplatz, hatten es nur durch die entfernten Schreie gehört, durch die ängstlichen Todesrufe und die Schüsse aus den Kanonen, wie sie einer Seele nach der anderen eine tödliche Kugel hineinbohrten und eine ganze Generation auslöschten. Die letzten Menschen, die nicht unter dem Einfluss von Ragnus' Herrschaft standen, fanden damals ihr Ende. Nur zwei Männer fanden uns und versuchten uns zu töten. Sie waren bewaffnet aber nicht angriffsbereit. Das ..." er sah starr geradeaus. „... war das erste Mal, dass ich Menschen tötete." Zwei, drei Schneidezähne blitzten hinter seinen Lefzen hervor und gaben eine bedrohliche Ahnung, wie blutig ihr Ende gewesen sein musste, als er seiner Inira zum ersten Mal das Leben rettete, mit der ihm augenscheinlich so viel verband. Nun sah er den Anthro an, wobei es Amarok eine Menge Mut abverlangte, seine Reaktion aufzunehmen. Amarok hatte ihm sein Leben erzählt, seine Vergangenheit und alles, was ihn ausmachte. Er, der starke Krieger und Rebell, hatte sich von seiner sensiblen Seite gezeigt und die Wunden seiner Seele aufgezeigt. Umso mehr fühlte er sich von Rayos Satz getroffen, der ihn wie einen Pfeil in seiner Brust traf. „Liebst du sie?" Amaroks zweifarbige Augen sahen ihn mit einer Mischung aus schockiert, fragend und wütend an, vielleicht auch ein Stück traurig. Nun hatte er so viel von sich erzählt, da wollte er außerdem noch etwas wissen, was persönlicher nicht sein konnte. Andererseits ... genau das erlaubte es ihm auch, das zu fragen. Amarok war einen Schritt auf ihn zugekommen, in dem er ihn an seiner Geschichte teilhaben ließ, sie waren nicht länger Fremde und ganz genau genommen, war die Frage nicht vollkommen überraschend. Als Außenstehender konnte man durchaus auf solch bizarre Ideen kommen. Amarok schaute auf sie herab, wobei sein Blick eher ausdruckslos wirkte. Womöglich musste er seine Gefühle selbst erst noch einmal befragen, bevor er darauf eine genaue und ehrliche Antwort geben konnte. So sah er sie dort liegen, schützend an seinem starken Körper, mit ihren schwarzen, glatten Haaren und ihrem jungen Gesicht. Dann wieder schaute er auf und gab mit bestimmter Miene Antwort. „Ja, natürlich liebe ich sie", sprach er ernst. „Wir sind Geschwister im Geiste. Auf diese Weise liebe ich sie." Rayos Überraschung wandelte sich in natürliches Verständnis um, auch wenn er die Geschwister seines Wurfs nie kennen gelernt hatte. „Und ich lasse nicht zu, dass sie vor mir stirbt, dass sie leidet, so lange ich es auch nur irgendwie verhindern kann. Ich habe mich ihrem Schutz verschrieben, das bin ich ihren Eltern schuldig." Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu. „Das ist, was sich für einen Bruder gehört." Er legte seinen Kopf auf ihren und die Ohren an. Der geschwächte Anthro nickte verständnisvoll und sah müde auf das wärmende Feuer. Einige Sekunden später bemerkte er, dass der Vierbeiner eindringlich zu ihm sah, erwartungsvoll und fordernd. Natürlich wollte er, dass Rayo auch etwas über seinen Lebensweg erzählte, dass er erzählte, was ihn zu dieser Rebellion antrieb. „Du willst jetzt sicher auch etwas von mir wissen, hab ich Recht?" Amaroks Miene änderte sich nicht, er sah ihn weiterhin und ohne Reaktion erwartungsvoll an. Der Zweibeiner, der auf einem Stein saß und einmal kurz besorgt auf das blutgetränkte Hemd sah, dass er nach wie vor auf seine Wunde drückte, seufzte und sprach mit gedämpfter Stimme. „Na ja ...", begann er, ohne so recht zu wissen, ob er Amaroks Erwartungen erfüllen konnte, nachdem ihn seine Geschichte wirklich berührt hatte. Hinzu kam, dass Rayo ihn schon immer für seinen Charakter bewundert hatte, auch wenn sein Ego mitunter etwas im Wege stand und einen nervenden Schatten auf alles warf. „So viel Herzergreifen kann meine unvollendete Biografie sicher nicht darbieten. Ich kann dir nur sagen, dass ich vier gute Freunde hatte ..." Er sah kurz auf, sein Gesichtsausdruck spiegelte nachdenkliches Grübeln wieder. „... gut, sagen wir drei, einer ..." Er musste etwas lachen. „... war vielleicht 'n bisschen schwer von Begriff und stand irgendwie ein wenig ... na ja, mit dem Schlafanzug im Leben." Er grinste, doch das Grinsen wich schnell. „Aber sie alle waren herzensgute Wölfe und ich vermisse jeden von ihnen." Amarok sah ihn ernst an, keine Reaktion, er verbarg seine Empfindungen über das, was er hörte. „Wir waren unser eigenes, kleines Rudel und gingen zusammen durch dick und dünn. Vor allem Lerio vermisse ich, er hat mich immer verstanden und mir immer vertraut, wenn es drauf ankam. Der war so jemand, mit dem konntest du Schafe stehlen ... Pferde, meine ich." Noch einmal schnaufte er tief durch. „Dann kamen die Menschen." Er sah Amarok ernst an. „Das war lange vor Ragnus' Herrschaft!" Er wollte damit andeuten, dass er Menschen generell nicht abkonnte, ganz egal ob für Ragnus dienend oder aus eigener Bösartigkeit heraus. „Sie stürmten unser Lager und steckten es in der Nacht in Brand. Sie schossen auf zwei von uns, als sie zu fliehen versuchten, vor dem Feuer ..." In seiner anhaltenden Fassungslosigkeit fiel es ihm nach wie vor schwer, darüber zu reden und er verhedderte sich in den Worten, wie das Schöne in seinem Leben in nur einer Nacht zu Ende ging ... der Nacht, seit der er niemanden mehr hatte, absolut niemanden. „Lerio und ich bemerkten, nachdem die Zwei bereits ermordet waren, dass das ein Hinterhalt war und wir versuchten mit dem Auto zu fliehen. Die Menschen folgten uns, doch ich konnte sie abschütteln ... danach sah es zumindest anfangs aus. Zwischen dem Wald im Süden des Kreidesees auf der Landstraße nach Norden erwischten sie uns. Zwei Wagen vor uns schnitten uns den Weg ab, hinter uns holten die Brandstifter auf. Ich dämlicher Dummkopf hab versucht der Sperre auszuweichen und wir gerieten von der Straße. Ich hatte den Graben nicht gesehen und unser Wagen überschlug sich, als er durch die Äste und Findlinge rollte und kam erst in einem stinkenden Tümpel zum Stehen. Ich blieb dort, unten im Auto." Seine Stimme wurde leiser. „Ich blieb dort ... zu lange. Ich hatte abgewartet, bis die Menschen sich vergewissert hatten und hab die Luft angehalten, der Tümpel war nicht so sehr tief und ich konnte schnell wieder auftauchen, wenn die Menschen weg waren. Ich ..." Verbittert sah er auf die Flammen. „... hatte nicht an Lerio gedacht ... ich hatte nur an mich gedacht aber nicht an ihn. Er war bewusstlos durch den Fall und als mir einfiel, dass ich nach ihm schauen musste, war es beinahe zu spät. Nachdem ich einmal Luft geholt hatte, die Menschen hatten sich feige verpisst, tauchte ich noch einmal hinab und versuchte ihn zu befreien. Kurz bevor ..." er rang um Worte, die dieses Erlebnis zu beschreiben vermochten. „... kurz bevor er ertrank, öffnete er noch einmal seine Augen, erwachte aus der Bewusstlosigkeit und warf mir den traurigsten Blick zu, den ich jemals in meinem ganzen, beschissenen Leben erblickt habe ... und schloss sie sodann wieder ... dieses Mal, für immer." Er atmete tief durch und sah kurz zu Amarok hinüber, hörte, wie er sagte. „Das war nicht deine Schuld." „Doch!", widersprach Rayo sofort in einem etwas lauteren Ton und ballte die Faust des unverletzten Arms zusammen. Amarok rückte sich schützend näher an Inira heran. „Ich hätte nicht warten dürfen. Ich hätte mich nicht verstecken dürfen, sondern in die Offensive gehen und die Menschen kaltstellen. Dann könnte Lerio jetzt noch am Leben sein." Er sah frustriert zu Boden und grummelte unzufrieden. „Aber ich hab's verbockt!" Ein tiefer Seufzer drang aus ihm heraus und er löste die Faust wieder. Amarok sah nachdenklich zu Boden. Nach einer kurzen Pause sah er zu Rayo und fragte. „Das also ist der Grund für deinen unermüdlichen Hass auf Menschen. Deshalb hast du die armen Würstchen in ihren Zellen getötet." Rayo kam nicht ganz überein mit Amaroks Mitgefühl, das er diesen Menschen ganz offensichtlich aufbrachte. „Sie sind der Grund allen Übels. Es gab schon lange vor Ragnus' Regime Menschen, die Schrecken, Tod und Verderben verbreitet haben und uns Wölfe wie lebende Objekte abgemurkst haben. Sie spielen mit uns wie die Katze mit der Maus, bevor sie sie umbringt. Sie jagen uns und sie hetzen uns in den Tod. Du müsstest doch wissen, zu was Menschen fähig sind, du selbst!" Aber Amarok ließ sich darauf nicht ein. „Sie sind nicht alle schlecht." „Menschen haben die Veranlagung, böse zu sein. Es ist ihre Natur, Unrecht zu tun. Sie gehören ausgerottet." Amarok musterte ihn scharf. Ohne Frage gab es hier noch eine grundlegende Meinungsverschiedenheit, die geklärt werden musste, wenn auch nicht mehr an diesem Abend. „Dann bist du nicht besser als die Menschen, von denen du redest", flüsterte der Hellgraue, wobei sein Gesicht zur Hälfte im Schatten lag, da das Feuer fast heruntergebrannt war. Das verlieh seinen mahnenden Worten eine unheimliche Untermalung. Aber Rayo war sich seiner Sache sicher. Er lachte einmal künstlich, da er seinen Satz als unsinnig und albern abtat. Es war Rayos Prägung, Menschen zu verachten und das würde auch Amarok, der anders geprägt war, nicht ändern können. Rayo ächzte, während er sich unter Schmerzen aufrichtete, sodass er in voller Größe vor ihnen stand, nur getrennt durch die heiße Glut und Amaroks bitterernsten Blick. „Mach doch was du willst. Ich leg mich jetzt pennen. Nacht." Der Anthro lief zum Auto, während er sich den Arm hielt. Er setzte sich auf den Fahrersitz, wobei ihm Amarok hinterhersah und schloss die Tür, denn es war kalt. Erst durch eine Kopfbewegung Iniras löste sich Amaroks Blick von der Fahrertür und er sah überrascht in ihr Gesicht, direkt neben sich. Sie hatte ihre Augen geöffnet und lächelte zärtlich. „Mutter und ... Vater ...", begann sie mit schwacher Stimme leise zu sprechen und hob ihre Hand. „... wären gewiss ... stolz auf dich." Sie strich liebevoll über die Narbe, die durch den Streifschuss an seiner Wange entstanden war. Sein Blick blieb ernst. Sie hatte Mühe, war immer noch erschöpft. Amarok antwortete ihr, wobei sie die Tiere und damit auch ihn sehr wohl verstand, da diese Kunst, das Verstehen der Sprache vieler Tiere, in ihrem Stamm von Generation zu Generation weitergegeben worden war. „Pscht! Ruhig. Du bist noch schwach." Aber sie musste ihm unbedingt sagen, wie froh sie war, dass er an ihrer Seite war. „Du bist ..." sie musste Luft holen, da es eine Menge Anstrengung kostete. „... so ein guter Wolf." Sie nahm Ihre Hand wieder an sich und schloss die Augen zufrieden mit einem Lächeln. Wachend legte Amarok seinen Kopf auf ihren Bauch und seine linke, kräftige Pfote neben ihren Leib, wie ein Schutz um ihr herum.