Für dich alles, Kapitel V — Wahre Liebe (Finale)

Story by Gleaming Black on SoFurry

, , , , , , ,


Kapitel I - Zwei Telefone

Kapitel II - Kribbeln in der Brust

Kapitel III - Zerreißprobe

Kapitel IV - SOS

Kapitel fünf - Wahre Liebe (das Finale)

„Ich hasse Unfähigkeit!", schimpfte Arno voller Wut und sichtlich nervös, während er nach seinem Telefon suchte. Sein Kapitän sah nachdenklich auf den Boden. Er wartete auf weitere Instruktionen. Während Arno sein Telefon suchte, fiel ihm noch etwas ganz anderes ein. „Dobrowski, haben Sie Jakatos Taschen durchsucht, damit er keinen Unsinn macht?" Sein Kapitän und Schiffsführer sah ihn fragend an. Das war genug! Der schwarze Hund brüllte entsetzt. „Verdammt, muss ich hier alles alleine machen?! An die Arbeit und zwar plötzlich!" Sofort huschte der muskulöse Kapitän ins Unterdeck und riss die Luke zum Maschinenraum auf, in dem Ronny gefangen war. Er packte den kleinen, grauen Wolf und drohte ihm. „Wenn du mir nicht sofort sagst, wo du dein Telefon hast ..." „I-ich weiß nicht, w-was Sie meinen ...", stotterte der schwache Rüde überfordert. Dem Kapitän platzte der Kragen. Er schlug Ronny gegen die Schiffswand und begann, seine Taschen zu durchsuchen. Es dauerte nicht lange, bis er das Mobiltelefon gefunden hatte. „Du glaubst wohl, du kannst mich verarschen, du Landratte!" Das Gerät wurde von seinem starken Arm im hohen Bogen gegen die gegenüberliegende Wand geschmettert und zerbrach sogleich in mehrere Teile. Der Pinscher begann den schlanken Kaniden zu würgen. „Dobrowskiiii!", ertönte es lautstark vom Deck. Sofort kam der Drogenkartellchef die Treppe hinuntergetrappelt und sah, was sein Angestellter dort tat. „Hören Sie auf ihn zu würgen!" Augenblicklich ließ das Muskelpaket den Grauen los, sodass dieser auf den Boden fiel. „Siehste", sprach er hustend und sah vorwurfsvoll auf seinen Peiniger. Der schwarzfellige Hund näherte sich seinem Kapitän und sprach mit einem angedeuteten Grinsen auf den Lefzen. „Wir ... werden es wie einen Badeunfall aussehen lassen!" Ronnys Augen weiteten sich vor Schreck, als er diese bedrohliche Aussage zu hören bekam.

„Verdammt", schimpfte der besorgte Yesto voller Unzufriedenheit, während er versuchte, sein Zweirad zu starten. Als das nicht gelang, riss er nochmals die Tür zu seinem Behälterbüro auf und sprach zu Yust. „Wenn man die Technik braucht, geht sie nie! Bist du mit Auto hier?", fragte er knapp. Yust nickte. Die beiden Rüden fuhren mit Yusts kantigem Golf vom Kieshof und hinterließen eine sich langsam legende Staubwolke. „Fahr schneller!", befahl Yesto. Er war für gewöhnlich eher jemand, der alles unter Kontrolle hatte oder es zumindest versuchte. Doch wenn es um Rons Wohlergehen ging, stellte er alles andere zurück. Ron war in Gefahr und nur das zählte. Doch Yust, der das Steuer fest im Griff hatte und das Gaspedal ordentlich durchdrückte, sah immer wieder unsicher zu seinem Beifahrer. „Ich ...", begann er zu stammeln. „Ich will ... na ja, ich will dir nicht zu nahe treten." Er holte tief Luft. „Aber was, wenn Ron ... also ich meine, wenn Ronny nur Spaß macht?" Verärgert sah Yesto ihn aus den Augenwinkeln an. „Niemals! Auch wenn Ronny ein Tolpatsch und ein fauler Sack ist, das glaube ich einfach nicht!" Doch der Braune ließ nicht locker, überholte hier und dort andere Autos. „Ich meine ja nur ... eigentlich, also so wie ich es verstanden habe, seid ihr doch gar nicht mehr zusammen. Warum wendet er sich dann an dich?" Darauf gab es nur eine Antwort. „Weil er weiß, dass ich ihn immer noch Liebe und dass ich seine einzige Hoffnung bin." „Also glaubst du nicht, dass der Hilferuf nicht echt ist?" „Nein, er ist echt. Ich weiß es." Er sah starr geradeaus auf die Straße, während er leise sprach. „Ich spüre es ... in meinem Herzen." Die nachdenkliche Atmosphäre wurde von einem grellen, blauen Licht unterbrochen, als sie von einem Streifenwagen überholt wurden. „Verdammt", schimpfte Yesto erneut. Immer waren sie zur Stelle, wenn man sie nicht brauchte! Ein „Halt! Stopp, Polizei!" forderte sie zum Rechts-Ranfahren auf. Widerwillig leistete Yust diesem Folge und stellte den Wagen bei laufendem Motor ab. Der Beifahrer des Streifenwagens kam heraus, während der andere drin blieb für den Fall, dass der angehaltene Wagen auf einmal wieder losfuhr. Der Fahrer des Golfs kurbelte die Scheibe herunter und der Polizist, ein gut gebauter Schäferhund, begann zu sprechen. „Na da hat's aber jemand eilig - mit 100 durch die Innenstadt!" „Und ob wir's eilig haben!", ertönte es gereizt vom Beifahrerplatz. „Es geht um Leben und Tod!" Obwohl Yesto noch nicht wusste, wie ernst die Lage war, so war er doch sicher, dass Ron wirklich Hilfe brauchte. Diesmal waren es nicht nur nervige Ex-Klassenkameraden, sondern ein schmieriger, protziger Köter mit zweifelhaften Absichten, bei dem er verweilte. „Ich weiß. Das höre ich drei Mal am Tag", winkte der Polizist ab. „Fahrerlaubnis und Fahrzeugpapiere bitte!" Yesto verlor die Geduld. Er öffnete die Beifahrerseitentür, stieg aus und sprach selbstbewusst. „Ich will eine Vermisstenanzeige aufgeben - sofort!"

Unterdessen spitzte sich die Lage auf der Jacht zu. Arno Gotz sprach sich mit seinem Kapitän ab, der ihm bei allen Dingen, die hier so anfielen, eine rechte Pfote sein musste. „Ich habe Dimitrov nur mit Mühe überreden können, mit uns im Geschäft zu bleiben. Er holt seine Jacht und kauft uns noch mal 30 Kilo Ware ab. Bereiten Sie alles für die Übergabe vor und schaffen Sie Jakato über Bord!" Der Pinscher nickte und lief zurück unter Deck, während der schwarze Hund auf der Schnauze des Schiffs sitzen blieb und weiter versuchte, seinen Haushälter anzurufen. „Verdammter Vollidiot! Unfähige Schwachköpfe!", schimpfte er leise vor sich hin und sah böse auf das Telefon. „Wenn er wieder die Waschmaschine so laut angestellt hat, dass er das Klingeln nicht hört, stopf' ich ihn persönlich mit in die Trommel!"

Der Polizeibeamte sah zweifelnd auf die Anzeige von Yestos Mobiltelefon. „Was soll das sein? 'n verspäteter Hilferuf der Titanic? Nur wegen dieser drei Buchstaben glauben Sie, dass wir eine Suchmannschaft losschicken sollen?" Yesto wurde wütender. Er baute sich vor dem Tresen auf und sprach wutentbrannt. „Das ist ein Hilferuf, das sieht man doch!" „Aber das heißt doch nicht, dass er auch in Lebensgefahr schwebt!" „Ja was denn sonst?!", meckerte der Dunkle. „Er wird mir das doch nicht schreiben, weil er beim Kreuzworträtsel nicht weiter weiß!" Yust legte eine Pfote sacht auf seine Schulter. „Lass mich das lieber machen. Du bist da emotional zu sehr verstrickt." Der Braune versuchte es auf die ruhige Art und erklärte. „Können Sie vielleicht das Telefon zurückverfolgen, damit wir Gewissheit haben, wo Ronny Jakato zur Zeit ist?" Der Beamte legte das Telefon zurück auf den Tresen und sprach. „Klar, aber dafür müssen Sie erst mal eine Vermisstenanzeige stellen." „Ja aber deshalb sind wir doch hier", sprach Yust verständnislos. Der Polizist schüttelte den Kopf. „Das geht erst, wenn der Vermisste 24 Stunden fort ist." Jetzt mischte sich auch Yesto wieder mit ein, der sich wie im falschen Film vorkam. „Aber bis dahin kann es schon zu spät sein! Was hab ich dann noch von Ihrer tollen Suchmannschaft?!" „In 85% der Fälle tauchen die Verschwunden von allein wieder auf!" „Lebendig oder tot?!", fragte Yesto zynisch, während Yust ihn langsam am Arm nahm und aus dem Polizeipräsidium führte. Zurück im Auto - seine Strafe hatte er bereits bezahlt -, sprach er zu seinem Chef. „Ich hab eine Idee, wie wir auch ohne Hilfe der Polizei herausfinden, wo Ronny steckt. Ich kenn' da jemanden, der uns behilflich sein kann und garantiert diskret arbeitet." Yesto hatte alle Mühe, sich unter Kontrolle zu halten. Sein Liebster war verschwunden, rief um Hilfe und sie saßen hier im Auto und unterhielten sich. Er wollte am liebsten die ganze Welt zerreißen ... „Was hältst du davon, wenn du noch mal 'n bisschen den Haushälter ausquetschst, wenn uns die Leibwächter schon keine Auskunft geben konnten, wo Ron hin ist?" Er atmete tief durch. „Von mir aus. Setz' mich vor der Villa ab."

„A-Arno, i-ich verstehe das einfach nicht. Ich dachte, du findest mich süß?", stotterte der Kleine, als er von dem Anabolika süchtigen Kapitän zum Bug des Schiffes, vorn auf der Plattform, gedrängelt wurde, wo bereits Arno wartete. Der Pinscher schubste ihn bis kurz vor die Reling, Arno hatte die Ruhe weg. Er fühlte sich sicher. „Ach Ronny. Nimm es doch nicht so persönlich. Ich hab meinen Auftrag erfüllt und alles ist bestens, was will man mehr?" Er hatte die Pfoten in den Taschen seiner eleganten Hose. Dobrowski wartete auf seinen Befehl. „Au-Auftag? W-wovon redest du?" Ängstlich schaute der Kleine auf die Wasseroberfläche. Wie tief es hier, mitten auf dem Wannsee, wohl wahr? „Davon, dich von deinem Freund abzubringen. Die Sache ist geglückt." „Wie? Abringen? Du liebst mich nicht?" Voller Furcht sah er in das Gesicht des schwarzen Rüden, der bedrohlich näher an ihn heranging, seine Ruhe, seine Lässigkeit, untermauerte diese Bedrohung weiter. „Aber Ronny. Du bist nichts weiter als die Haut auf der Milch, die niemand will. Mach dich doch nicht so wichtig." „Du hast ... das nur gespielt?" Arno grinste. Ron spürte, wie sein Herz zu brechen drohte. War alles verloren? Wann endete dieser Albtraum? „Ach Ron, glaub doch nicht alles, was die Leute sagen!" „K-klar ... d-darf ich jetzt gehen?" Der Kapitän mischte sich mit ein. „Erst wirst du im See verunglücken. Tragisch. Aber so was passiert. Damit haben wir beide nichts zu tun." Ron sah ängstlich auf die finsteren Gesichter der beiden. „I-ich m-mag Ba-Badeunfälle nicht ..." „Das liegt in der Natur der Badeunfälle", sprach der gegelte Köter sarkastisch und zog eine schwarze Handfeuerwaffe aus seiner Hose. Das blanke Entsetzen legte sich auf Rons Gesicht. Er sah dem Tod ins Auge!

Im vierzehnten Stock eines Marzahner Plattenbaus angekommen, klopfte und klingelte Yust eilig an einer der weißen Türen im Flur. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis ihm endlich jemand aufmachte. Vor ihm stand eine gebückte Mopsgestalt mit einer beinahe abgebrannten Kippe im Maul und Augenringen so groß wie Billardkugeln. „Ja ja, mach nicht so 'n Stress, Alter." „Yackie! Endlich! Es ist ein Notfall, du musst uns helfen." „Uns?" Der Mops namens Yackie sah sich vor seiner Wohnungstür um, wer da noch alles so stand. „Bist du schizophren?", fragte er ironisch und zuckte dann mit den Schultern. „Komm rein." Der Mops lief im leicht gebückten Gang voran ins Zimmer. Er war ein Messi und sammelte alles, was man sich nur vorstellen konnte. Eine so kramige Wohnung hatte Yust schon lange nicht mehr gesehen. Aber darauf kam es jetzt nicht an. Er ging mit dem Hund in sein Wohnzimmer, welches nicht minder kramig war und nahm das Mobiltelefon seines Chefs aus der Jackentasche. „Du bist doch ein Vollprofi in allen EDV-Fragen, nicht?" Der Mops wog den Kopf hin und her, während er sich auf seinen Drehstuhl setzte. Auf seinem unordentlichen Schreibtisch standen zwei Festrechner und ein tragbarer Rechner mit Netzteil. Allerhand zusätzliche Komponenten gaben einem den Eindruck, der Kerl arbeitete daran, die Seite des Weißen Hauses zu knacken. „Sagen die einen ... sagen die anderen ... ich bin weder gut noch schlecht. Ich bin einfach nur für jeden Kilobyte zu haben!" Genug philosophiert! Er musste ihm helfen. Yust legte das Gerät auf seinen Tisch, neben dem Aschenbecher und sprach aufgeregt. „Kannst du die letzte Kurzmitteilung zurückverfolgen und uns sagen, von wo der Adressat sie abgeschickt hat? Das ist verdammt wichtig. Er ist in Not!" Der Mops nahm sich die Kippe aus dem Maul und zerquetschte diese zwischen zahlreichen anderen im schwarzen Porzellan. Ein Grinsen ließ nichts Gutes verheißen. „Und ... du hast dein Sparschwein mit?" Yust traf es wie einen Schlag! Sparschwein? So was hatte er nicht. Er nahm sein eigenes Mobiltelefon heraus und sprach nervös. „Ahm, Moment, das kläre ich gerade."

Yesto wollte gerade auf den Eingang der Villa zustürmen, da bemerkte er, dass ein silberner Kleinwagen auf der anderen Straßenseite hielt. Er konnte die Silhouette des hageren Haushälters erkennen, auch wenn er etwas Längliches in seinem Auto verstaut hatte. Er entschied, diese Gunst zu nutzen um eine Art Überraschungsangriff zu starten. Der schwarze Rüde mit dem weißen Brustfell versteckte sich hinter einem runden Busch. Der mausgraue Rüde trabte mit einem zusammengerollten Teppich über den gepflegten Gehweg zur weißen Tür der beeindruckenden Villa und fummelte den Schlüssel aus der Tasche. Irgendetwas murmelte er, er schien schlecht gelaunt. Doch da sollte er erst mal Yesto kennen lernen, wenn er schlecht gelaunt war! Gerade als der ahnungslose Haushälter die Tür mit dem Hinterlauf zutreten wollte, da wurde sie von einem anderen beim Schließen gehindert. Erst als dem Teppichträger auffiel, dass das „Klack" etwas zu lange auf sich warten ließ, da drehte er sich um und blickte in das wütende Gesicht seines deutlich größeren Gegenübers. „Wo-ist-Ron?"

Die dürren Fingerchen des bedrohten Grauwolfs klammerten sich verzweifelt an die goldene Reling. So realistisch hatte er den Fluch der Karibik dann aber doch nicht gewollt ... aus dem attraktiven Arno war ein echtes Seeungeheuer geworden, eines mit Tentakeln. Er hatte überhaupt nichts mehr von diesem edlen, noblen und reichen Geschäftsrüden, der er bis vor kurzem noch gewesen war. Jetzt fuchtelte er wie ein Getto-Yunkie mit der Kanone herum und wollte ihm allen Ernstes das Leben aus dem Leibe pusten! „W-was macht es ... eigentlich für 'n Unterschied ...", stellte der Graue verzweifelt fest, „ob ich ins Wasser geworfen werde oder ... d-du mich erschießt?" Der Hund übte sich in einem zynischen Laut. „Ts ts ts! Wer redet denn von erschießen?" Er trat näher an Ron heran und hielt ihm die Waffe dicht vor den Leib. „Du wirst tanzen. Tanzen wie ein Wassertropfen auf der Herdplatte. Ich hoffe, du kannst gut tanzen?" Sollte er das witzig finden? Dann erwartete er, dass Arno ihm jetzt sagte, dass das alles nur ein blöder Spaß gewesen war und dass er nun lachen sollte. Aber darauf wartete er irgendwie vergeblich ... „A-Arno, wir ... können doch über alles reden, oder?" Gerade wollte ihn der Schwarze ins Wasser schubsen, da erblickte er in der Ferne etwas, das ihn dazu bewegte, die Waffe unverzüglich wegzustecken. Mitten auf dem See bekamen sie Gesellschaft - die F11-Linienfähre zog mit zahlreichen Touristen nur wenige hundert Meter entfernt vor ihnen herüber zum anderen Ufer. „Schaffen Sie ihn unter Deck!", befahl der Drogenkartellchef seinem Angestellten kühl und neigte den Kopf in die entsprechende Richtung. „Wir machen das anders."

Der Haushälter wurde unverschämt, weil er den Ernst der Lage nicht erkannte. „Ihr komischer Ronny hat meinen schönen Teppich versaut mit seinem Rotwein! Der Typ ist 'ne Katastrophe! So was darf man nicht auf die Weltbevölkerung loslassen!" Das war genug. Yesto schlug ihm mit der Faust auf die Schnauze, sodass der hagere Rüde zu Boden ging und bewusstlos liegen blieb. Yesto verstand keinen Spaß, wenn es um seine große Liebe ging. Sein Leben war in Gefahr, da spielte ein Teppich keine Rolle! Yesto hatte ihn aufs Sofa gesetzt und goss ihm ein Glas Wasser über den Schädel. „Hallo! Aufwachen!", befahl er ungeduldig und klatschte dem Kerl ein paar. „Wer, wo?!" „Immer noch dieselbe Frage: Wo ist Ron!" Erst jetzt schien der Typ den Ernst der Lage zu begreifen und er begann zu stottern. „Was woll'n Sie von mir? Wissen ... wissen Sie eigentlich, auf wen Sie sich ... hier einlassen?!" Yesto nahm ihn an der Gurgel und drückte zu. „Meine Geduld ist zu Ende. Ihr habt Ronny in Gefahr gebracht und da verstehe ich keinen Spaß. Wenn du nicht einen langsamen, qualvollen Tod sterben willst, dann wirst du jetzt besser sag-" Plötzlich klingelte sein Telefon. „Moment." Yesto nahm es aus seiner Jacke und horchte ungeduldig, was Yust bewirkt hatte. „Yust, wie sieht's aus? Wo ist er?" Genau in diesem Augenblick, als der starke Wolf abgelenkt war, sprang der graue Rüde auf und flitzte in Richtung Haustür. „Warte mal eben, ich muss hier was klär'n." Der Haushälter flüchtete eilig die Treppenstufen nach unten und rannte auf das Gartentor zu, während er in seiner Tasche nach dem Autoschlüssel kramte. „Klar kannst du das Geld vom Firmenkonto nehmen. Aber mach schnell!", sprach der Chef am Telefon. Doch noch bevor der Haushälter das Tor zum teuren Anwesen erreicht hatte, griff Yesto nach einem der verbliebenen Gartenzwerge und warf ihn zielsicher auf den Hinterkopf des mausgrauen Hausangestellten, der erneut bewusstlos auf den Boden fiel. „Die Geheimzahl kennst du ja." Zufrieden sah Yesto auf sein Werk und legte auf.

„Mischen Sie Jakato was ins Getränk, dann schmeißen wir ihn bewusstlos über Bord. Wenn er erst noch zehn Minuten um Hilfe ruft, können wir am Ende nicht sagen, es war ein Versehen." Dobrowski nickte, er hatte die Anweisung seines Chefs verstanden und ging sogleich unter Deck und bereitete in der „Küche" ein Getränk mit einer ordentlichen Portion Chloroform vor. Mit dieser Mixtur lief er zum Maschinenraum, in dem er Ron erneut verstaut hatte und öffnete die Klappe. Doch kaum hatte er dies getan, da sprang der um sein Leben fürchtende Grauwolf hervor und biss dem fiesen Kapitän blitzartig in die schwarze Nase und erwirkte ein lautes, schmerzerfülltes Jaulen. „Auhuu, bu verpammtes Unfeheuer!!", fluchte dieser, doch da hatte Ron bereits die Flucht ergriffen. Da Dobrowski ja nicht der einzige Gegner an Bord war, griff er kurzerpfote zu einem langen Brotmesser, das in der Küche lag und schlich sich langsam an Deck. Wo war dieser miese Betrüger von einem reichen Protz nur? Gerade wollte sich Ron umdrehen und einen Blick auf das Führerhaus des Schiffs werfen, da zuckte er reflexartig zusammen, weil ein lauter Schuss die Luft um ihn herum zerriss und ihm das Messer aus der Pfote schleuderte. „Ron, du enttäuschst mich!", sprach Arno gelassen und ließ die qualmende Pistole wieder sinken. Von der Schnauze des Schiffs aus sah er auf den ängstlichen Wolf herab und wie dieser verzweifelt auf das gelochte Messer am Boden sah. Noch eh Ron begriff, was soeben passiert war und dass sein Befreiungsversuch fürchterlich gescheitert war, da wurde er vom rasenden Kapitän zu Boden geworden, der sich inzwischen vom Schmerz erholt hatte und auf Rache sann. Der 200-Kilo-Anthro schlug Ron links und rechts ins Gesicht, bis seinem Opfer die Besinnung schwand. Das Letzte, was er fühlte, war die ungeheure Sehnsucht nach seinem Liebsten ... der Einzige, der ihn aus dieser verzweifelten Lage noch befreien konnte ...

Die Tür sprang auf und Yust stolperte mit Bündeln von Banknoten in die kramige Stube des Rechner-Fanatikers. Auf dem Berg von Geldscheinen balancierte er zudem einen Pappbecher. Im Wohnzimmer angekommen, hielt er an und sprach außer Atem. „H-hier ... 5000 in Bar und einen Kaffee Latte, wie gewünscht. Und jetzt fang bitte so schnell wie möglich mit der Ortung an, sonst war alles ... umsonst." Der Mops wirbelte mit seinen kurzen Pfoten umher und seine Falten verschwanden in einem breiten Grinsen. „Aaaaber Yust mein Freund ... ich wär' nicht Yackie, wenn ich nicht schon lange fertig wäre!" „Du bist fertig?", fragte der Braune fassungslos, da er sich bis eben kaum vorstellen konnte, wie man solch eine Aufgabe überhaupt vollenden konnte. Telefone orten, das war einem Laien wie ihm kaum vorstellbar. „Klaro, Alter! Aber erst will ich die Kohle haben." Yust platzierte die Bündel sauber neben dem Aschenbecher - der einzige Platz, der noch frei war - und Yackie begann zu zählen. „10, 20, 30, 40, 50, 60, 70 ..." Na Klasse. In Rekordzeit fertig geworden, um jetzt in aller Ruhe bis 5000 zu zählen? Glücklicherweise war der Mops zu beschäftigt und so konnte Yestos Buchhalter schon mal auf den Bildschirm schmulen.

„Ich frage dich noch einmal. Danach breche ich dir jeden Knochen einzeln. Wo-ist-..." Das Telefon. Yesto verdrehte genervt die Augen. Kamen sie denn keinen Schritt voran heute? Er legte eine Pfote auf die Schulter des vor Angst triefenden Haushälters, drückte schmerzhaft zu, als Erinnerung, dass er besser keinen weiteren Fluchtversuch unternahm, während er das Telefonat entgegennahm. „Was?! Hast du endlich Ergebnisse?!" Er sah erstaunt auf, als Yust ihm mitteilte, was der Vollprofi herausgefunden hatte. „Die letzte Nachricht wurde vom Wannsee aus abgeschickt? Und jetzt kein Signal mehr?!" Das konnte nichts Gutes bedeuten. Was war nur mit Ronny los? Er machte sich ungeheure Sorgen, wie sich nur jemand sorgen konnte, der seinen Partner innig liebte. „Geht klar. Komm mit der Karre vorbei und bring' mich hin!" Plötzlich klingelte ein ganz anderes Telefon. Es war das Telefon des Hausbesitzers. „Das muss mein Chef sein", erklärte der verletzte Hausangestellte vorsichtig. Yesto legte auf und lief zum Festapparat. „Gotz du widerliche Nacktschnecke! Ich will sofort wissen, wo mein Kleiner ist!" Arno, der gemütlich in der Sonne auf dem Deck seines Schiffes saß, nahm den Hörer mit einem angewiderten sowie verwunderten Blick vom Ohr weg und starrte für einen kurzen Moment ungläubisch auf den Apparat, ob er auch die richtige Nummer gewählt hatte. „Yesto?! Sind Sie das?" „Wenn Sie mir nicht sofort sagen, was mit Ronny Jakato ist, wird der nächste Teppichfleck Ihr Haushälter selbst sein!" Er konnte ihm nicht drohen! Dachte er ernsthaft, sein Angestellter hatte eine Bedeutung für ihn? Er hatte ohnehin vorgehabt, ihn zu entlassen. „Aber Herr Yesto, kommen Sie wieder runter!", sprach er mit gespielter Ruhe. „Mit Ron ist alles in Ordnung." Yesto wusste, dass das niemals stimmen konnte. Wenn dem so gewesen wäre, hätte er ihm diese Frage nicht positiv beantwortet, sondern ihn stattdessen beschimpft, wie er es zuvor immer getan hatte und ihn vor allem zuallererst gefragt, wie es sein konnte, dass er an seinen Apparat ging, wenn doch eigentlich nur sein Haushälter daheim sein konnte. Er konnte ihn nicht für blöd verkaufen! Arno Gotz wollte ihn hinhalten, ihn in Sicherheit wiegen, ihn abwimmeln. Aber nicht mit ihm! „Dann will ich ihn sprechen, auf der Stelle!" „Er ist bei mir, aber er ... schläft gerade." Das war nicht einmal gelogen. Ron lag bewusstlos neben ihm auf der Schnauze des Schiffs, während der Kapitän alles für den geplanten Mord vorbereitete. Im Hintergrund klapperten die Ketten. „Wenn du Ron auch nur ein Fellhaar krümmst, stapel' ich dein Knochengerüst um - Stück für Stück!" Hoffentlich war das angekommen. Das Du verstärkte die Drohung. Jetzt gab es nichts mehr! „Hier ist alles bestens", sprach der überhebliche Drogenkartellchef. „Die Sonne scheint, eine sachte Brise spielt über die Wasseroberfläche und wir haben alle ganz viel Spaß. Sie sind doch nur eifersüchtig!" „Wo ist ,wir'?", wollte Yesto wissen. Der Haushälter wagte nicht, noch einmal aufzustehen und wegzurennen. Er tupfte sich viel lieber seine Wunde am Kopf ab. „Na auf dem Schlachtensee. Es ist so ..." „Lüg' mich nicht an! Ich weiß, dass ihr dort nicht seid!" „Aber Yesto ...", sprach Arno gerade, als Ron zu Bewusstsein kam. Er hörte gerade, dass Arno mit seinem Liebsten telefonierte, mit seinem Engel ... da drehte er sich um und rief voller Verzweiflung in Richtung des Telefons. „Yesto! Hilf mir!" Das langte! Arno warf das Telefon ins Wasser und zog seine Waffe. „Ich hab dich gewarnt, du Schwuchtel!" Er stürzte sich auf den verängstigten Grauwolf und drückte den Lauf der Pistole an sein Kinn. „Du hast deine Nase in Angelegenheiten gesteckt, die dich nichts angehen. Wenn du nicht so naiv wärst, wär' heut' alles noch in Ordnung." „Nichts ist in Ordnung! Yesto lässt nicht zu, dass du mir was tust!", maulte er mehr verzweifelt als selbstbewusst und spuckte dem Hund ins Gesicht, der ihm daraufhin eine Ohrfeige verpasste. Dobrowski grinste hämisch und kam mit einem Anker herbeigelaufen. „Mit 150 Kilogramm am Fuß wird jeder zum Nichtschwimmer!", spottete er und begann zusammen mit seinem Chef, die Ankerkette um Rons rechten Lauf zu wickeln.

Mit quietschenden Reifen hielt der dunkle Volkswagen vor Arnos Villa. Bevor Yesto das Anwesen verließ, hatte er den Haushälter noch gefesselt und geknebelt, damit dieser seinen Chef nicht vorwarnen konnte. Zusammen brausten die zwei Rüden los, es ging um das Leben eines unschuldigen Wolfs. Die beiden fuhren in den Ortsteil Wannsee, direkt neben dem Ufer des Wannsees entlang. Yesto schaute verzweifelt auf die vielen Jachten. „Verdammt, woher sollen wir denn wissen, welches Boot diesem Spinner gehört und wo es ist?!" „Schau mal ins Pfotenschuhfach", sprach Yust. „Da ist ein Zettel mit den Koordinaten, von denen die letzte Kurzmitteilung kam. Hat mir mein Kumpel aufgeschrieben." Als er das Pfotenschuhfach öffnete, sah er zunächst Bündel von Geld dort drin. Als Yust sein Erstaunen bemerkte, erklärte er. „Tut mir Leid. Ich hab alles Geld abgehoben, weil ich nicht wollte, dass Yackie plötzlich sagt, er will das Doppelte und gibt uns die Info sonst nicht. Du weißt doch, ich hab's nicht so mit Gewalt ..." „Ja ja", sprach Yesto nervös, während er nach dem Zettel suchte. „Das spielt jetzt keine Rolle. Es zählt nur Rons Überleben!" Endlich hatte er ihn. „+52° 25' 41.43", +13° 10' 20.28" ", las er nachdenklich vor. „Wir brauchen ein Boot!" „Da!", sprach Yust und verriss fast das Steuer, weil er auf etwas anderes geschaut hatte. Nur mit Mühe konnte er das Fahrzeug auf der Fahrbahn halten, bevor er gegen einen Wohnwagen fuhr. „Man, pass auf!", schimpfte Yesto, der mit den Nerven am Ende war. „'schuldigung, aber da drüben ist 'n Bootsverleih!"

„Ich will nicht!", schrie Ron ängstlich und klammerte sich vom Leben besessen an die goldene Reling. Doch der Kapitän hatte keine große Mühe, den schwachen Kaniden davon zu lösen. Er schubste Ron mit dem Anker am Fuß über Bord, sodass dieser ins Wasser fiel. „I-ich kann nicht schwimmen!", japste der Kleine ängstlich und klammerte sich nunmehr an die Kette, die noch an der Reling festhing. „Na umso besser!", stimmte Dobrowski mit ein und war dabei, auch die Kette zu lösen. Doch kaum hatte er eine Befestigung gelöst, da zog der Anker die Kette mit seinem Gewicht nach unten, sodass sie geschwind um den Fuß der Reling schlang und den schweren Kapitän, der in der Schlaufe der Kette gestanden hatte, mit nach unten zog. Mit einem lauten Schreien landete auch er im Wasser, konnte sich jedoch anschließend von der Kette befreien, die noch mit einem weiteren Knoten an der Reling hing. Arno lehnte kopfschüttelnd an der Reling, die Waffe in seiner Pfote. „Unfähiges Pack!" Der Schwarze sah auf, als er das Brummen eines weiteren Schiffes hörte. Dimitrov! Er war zurückgekehrt, hoffentlich mit einer Menge Bares. Ein stolzes Grinsen zeugte von seiner Siegessicherheit. Der Russe war nicht weniger reich und besaß ein sogar noch etwas größeres Schiff als Arno. Die Woltschiza, besaß sogar zwei Decks und war sicher noch zwei, drei Jahre neuer. „Ahh, verehrter Dimitrov! Ich wusste doch, dass wir im Geschäft bleiben. Ich beglückwünsche Ihre Entscheidung." „Ja ja", maulte der Russe genervt und sah interessiert auf die Szene unten zwischen ihren beiden Schiffen. „Ich werde die Ware holen", sprach Arno, sah dann auf seinen Mitarbeiter im Wasser. „Genug geplanscht, Dobrowski. Kommen Sie wieder an Bord! Den Rest erledigt eine kleine Fahrt über den Wannsee."

„Ja, Sie haben mich schon richtig verstanden. Ein Hilferuf auf dem Wannsee." Yesto hielt das Telefon am Ohr und erklärte der Polizei ohne einen letzten Nerv, warum sie endlich etwas unternehmen sollte. „Warum er nicht bei Ihnen angerufen hat? Weil Ron genau weiß, dass ich ihm helfen kann." Nachdem das geklärt war und Yust vom Haus des Bootsverleihs zurückkam, sprach dieser ehrfürchtig. „Tut mir Leid, Yesto, aber ich hab nicht mehr viel Kohle übrig." Er trat näher an ihn heran und sprach leise. „Ich hab keinen Motorbootsschein und musste dem Typen 'n bisschen mehr übern Tisch schieben, um ..." „Spar' die die Einzelheiten! Sag mir welches Boot wir haben!" „Das da!" Der Finger Yusts deutete auf keines der Boote. Viel mehr auf eine Nussschale mit dem treffenden Titel „Aschenputtel". „Ich kannte die Preise für Bootsanmietung auch nicht", erwiderte Yust entschuldigend und zuckte mit den Schultern. Die zwei Rüden warfen sich förmlich auf das kleine Boot mit dem Motor, dass es nur so schaukelte. Sofort warf Yust den Motor mithilfe der Startschnur an. Als die Maschine erwartungsvoll stotterte, konnte die eigentliche Rettung endlich beginnen.

Die Polizei war schnell vor Ort und fuhr mit ihrem blauen Schiff, dem man kaum zutrauen wollte, dass es wirklich gegen zwei derart große Jachten ankommen konnte, auf die zwei vor Anker liegenden Wassergefährte zu. „Herr Gotz", rief der Kapitän der Lassie aufgeregt. „Die Bullerei!" „Achtung Achtung", ertönte es sofort schallend aus den Lautsprechern. „Hier spricht die ..." Doch kaum hatte die Wasserschutzpolizei ihren Standartsatz zu Ende gesprochen, da hagelte es auch schon Blei in handlichen Häppchen vom Schiff der Russen. Eilig brachten sich die Schäferhunde auf dem blauen Polizeiboot in Sicherheit, doch die Windschutzscheibe ging zu Bruch, die Deutschlandfahne wurde von hässlichen Löchern geziert. Einer von Dimitrovs Rüden stand hinter dem Rettungsboot in Deckung und hatte das Feuer mithilfe einer Maschinenpistole eröffnet. Er feuerte ohne Rücksicht auf alles, was bedrohlich werden konnte. Auf Knast hatte wiedermal niemand Bock. Der Kapitän Dobrowski stürmte sofort ins Führerhaus und lichtete den eigentlichen Anker, der fest an einer Kurbel am Heck des Schiffes befestigt war. Rons Anker hingegen war an der Reling befestigt und sollte ihn lediglich unter Wasser halten. Doch der Kleine war hartnäckig. Er hatte verstanden, dass ihn Jammern und Flehen nicht weiterbrachte. Hier musste er sein Schicksal selbst in die Pfote nehmen und so kletterte er eifrig an der Kette entlang. Als das Schiff zu fahren begann, verkomplizierte sich diese Aktion, denn die Wassermassen zogen die Kette mit dem Anker zurück und der Weg zum Schiff wurde länger. Die Wellen taten ihr Übriges, während Ron versuchte, nach Luft zu schnappen. Auch die Woltschiza startete volle Kraft voraus, während die Wasserschutzpolizei Verstärkung rief.

„Verdammt! Schüsse!", rief Yesto erschrocken, der auf dem Bug des kleinen, weißgrauen Bootes hockte und sich von Yust näher ans Geschehen fahren ließ. Niemand der Zwei hatte Angst um sich, beide gaben ihr Bestes, um Ron aus dem Schlamassel herauszuholen. „Da drüben! Da ist Ron!", sprach der Braune aufgeregt und deutete auf die Lassie, die mittlerweile Kurs in Richtung Stößensee genommen hatte und den pitschnassen, um sein Leben kletternden Grauwolf an einer Kette hinter sich herzog. „Scheiße ...", murmelte Yesto eiskalt vor Schock und in Sorge um seinen kleinen Tolpatsch. Doch für einen Tolpatsch machte er sich dieses Mal außergewöhnlich gut.

Ron gelang es, bis nach oben zu klettern. Während Dobrowski alle Pfoten voll zu tun hatte, die Flucht vor der Polizei in die Wege zu leiten, waren die Russen eine geeignete Ablenkung, in dem sie die Polizei mit einem Kugelhagel beschäftigten. Doch die gab nicht auf und jagte auch der Woltschiza entschlossen hinterher. Den grauen Rüden hatte der Mut gepackt. Er hatte eine persönliche Rechnung offen. Er ließ sich von niemandem ausnutzen, auch von einem reichen Geldsack nicht! Yesto hatte Recht gehabt ... doch würde er ihm je verzeihen? Er sah seine Chance gekommen, als er einen dunkelgrünen Benzinkanister sah, den er sogleich packte und anheben wollte. Doch das Teil war randvoll und dementsprechend schwer. Ron jedoch zwang sich, das jetzt durchzuziehen und einmal zu zeigen, dass er kein Feigling war! Er hievte den Kanister mit aller Kraft hoch, sogar über seinen eigenen Kopf. Er hatte Arno im Visier, denn dieser stand kurz hinter der Treppe unter Deck und telefonierte aufgeregt. „Schafft mir einen Hubschrauber her, aber dalli! Wir treffen uns in zehn Minuten auf der Pfaueninsel! Dort kommen die Bullen nicht hin." Jetzt war es so weit! Wenn er jetzt sein Gewicht nach vorn verlagerte, musste er den Kanister nur loslassen und Arno sah Sterne. Doch gerade als es Arno zu schimmern begann - immerhin war es draußen heller als drinnen und so sah er einen Schatten, der viel zu schlank war um Dobrowski zu sein -, da steuerte das Schiff hart Backbord und der Graue verlor sein Gleichgewicht. Der Kanister stürzte nach unten, jedoch nicht auf Arno, sondern zwischen sie beide. Natürlich wusste der schwarze Hund jetzt, dass Ron ihn angreifen wollte, aber Ron nutzte den anhaltenden Überraschungseffekt und trat Arno in den Bauch, noch eh dieser seine Waffe vollends ziehen konnte. Die schwarze Pistole schlitterte über den Boden. Der perplexe Köter wollte nach dem Ding greifen. Aber Ron machte sich das zunutze und warf sich entschlossen auf den Rüden. „Du ..." Die Zwei verfielen in ein Gerangel. Arno streckte seine Pfote nach der Schusswaffe aus, doch da spürte er einen ungeheuren Schmerz in seiner Nase. „Aaaargh!" Ron hatte ihm mit einem Biss zurückgegeben, was dieser Kerl ihm in seiner Seele angetan hatte! Jetzt fühlte er sich deutlich mutiger als zuvor.

„Näher ran! Näher ran!" „Ja doch!" Yust gab sich alle Mühe, die schier unmöglichen Anforderungen zu erfüllen. Denn auch wenn die Nussschale kleiner und wendiger war, so besaß der Motor doch nicht die Leistung der großen Jachten. Fast hatten sie die Lassie erreicht, sie mussten seitlich versetzt zu ihr fahren, um nicht von ihrem Strom zurückgetrieben zu werden, doch auch so war es noch schwierig genug. Als Yestos Pfote endlich die Reling der Jacht berühren konnte, schrie Yust mit einem Mal laut, denn die Motoren erzeugten einen ungeheuren Krach. „Yesto!" Der besorgte Rüde mit dem im Wind wedelnden, schwarzen Fell sah noch einmal auf seinen Mitarbeiter. „Warte! Geh nicht ohne Waffe." Yust griff in seine innere Jackentasche. „Ich geb' dir ..." Doch genau in dem Moment, als er die Jacke öffnete, um an die Tasche zu greifen, da flatterte das letzte Bündel mit den Scheinen hinfort und die Banknoten verteilten sich in der von den Booten verursachten Strömung über dem Wannsee. „Mist." Yust aber hatte, was er wollte und er reichte dem Schwarzen ein Messer, mit dem Griff voran. „Nimm das mit! Zur Sicherheit!" Eilig griff Yesto es, wobei das schon nicht sehr einfach war, da er eine Pfote an der Jacht liegen hatte, die andere zu Yust ausstreckte. Doch er bekam das Messer zu greifen und sprang in einem wagemutigen Schritt auf das Rettungsboot am Heck der Lassie. Kaum hatte der muskulöse Anthro das Schiff betreten, da bemerkte er das Kampfgeschehen unter Deck. „Ronny!", rief er besorgt und voller Angst um das Leben seines Liebsten, war jedoch gleichzeitig froh, dass er noch am Leben war. Der Graue erkannte die schöne Stimme seiner Liebe sofort und sah erleichtert auf Yesto. Ein Lächeln, ein Augenzwinkern, ein Moment des Glücks. Doch Arno nutzte die Gunst der Sekunde und riss den Grauen an sich, nachdem er die Pistole wieder an sich genommen hatte. „Keinen Schritt weiter oder ich verpass' deinem schwulen Freund ein drittes Auge!" Ein löwenartiges Grollen verließ die Kehle des hünenhaften Timberwolfs, als er sah, wie dieser unausstehliche Hund eine Waffe auf die Brust seines Kleinen drückte. Der Blick in seinen Augen war entschlossen und anwidernd zugleich. Wie er diesen Köter verabscheute! Doch er musste sich jetzt beherrschen. Das Leben seines Grauen hing am seidenen Faden. Ein Zucken und er war tot. „Halt inne!", befahl er. „Ich mache einen Vorschlag." In seiner Pfote, das Messer. In seinem Kopf, ein Chaos. Seine Gefühle bäumten sich zu einem Tsunami auf.

Währenddessen gab der Motor der Aschenputtel den Geist auf. Yust fluchte außergewöhnlich verärgert und sah sehnsüchtig auf die sich entfernenden Jachten, die nur noch von einem Polizeiboot verfolgt wurden. Hoffentlich, hoffentlich überstanden diese beiden diesen unglaublich schrecklichen Tag! Jetzt, da er zurückblieb wie ein Taschentuch neben der Autobahn, da begriff er, wie sehr ihm das Wohl der beiden Rüden, das des starken Yestos und das des kleinen, doofen aber herzlichen Rons, doch am Herzen lag.

„Die Polizei jagt euch. Wenn du entkommen willst, schleich dich auf unser kleines Boot. Das merken die nicht." Yesto hasste es, Verhandlungen mit solch einem Monster zu machen. Aber er musste sich etwas einfallen lassen und versuchen - so widerlich es auch war -, Arnos Situation nachzuempfinden. Dieser hatte jetzt sicher nur noch im Kopf, wie er mit heilem Pelz aus der Sache herauskam. Also bot er ihm einen Weg an, wenn er dafür Ron frei ließ. „Du bluffst!", urteilte der nervös gewordene Hund mit einem unsicheren Grinsen. „Warum sollte ich?", sprach Yesto kühl und beherrscht. „Was glaubst du, wie ich auf dein Schiff gekommen bin?" Er trat langsam zurück. „Mein Kollege fährt mit dem Boot hinter uns her. Er überlässt dir das Gefährt, wenn du dafür Ron gehen lässt." Arno machte mit der Knarre eine Bewegung, dass Yesto ihm den Weg freimachen sollte. „Ron", sprach Yesto. „Ist alles in Ordnung so weit?" „Ja ja", sprach er, versucht, ruhig zu bleiben. „Aber gib auf den Käpt'n Acht, das ist so 'ne Art Barbossa. Nur kräftiger." Yesto sah auf, während Arno alle Mühe hatte, beide unter Beobachtung zu halten. Der dunkle Wolf sah einen Rüden im Führerhaus stehen, der alles daran tat, Abstand von der Polizei zu gewinnen. Der war so konzentriert, da konnte er doch ... Er hob seinen Arm und schleuderte das Messer von Yust gezielt auf die Silhouette des beschäftigten Kapitäns. Das silberne Ding mit dem Holzgriff schoss blitzschnell zu ihm und vergrub sich bis zum Heft im Rücken des brutalen Kapitäns, der mit einem leisen Stöhnen und weit aufgerissenen Augen vom Lenkrad abließ und zu Boden sank. Jetzt fuhr die Jacht führerlos über den See, aber Arno war allein und sie zu zweit. „Sie hätten für mich arbeiten sollen", redete Arno mit einem nervösen Grinsen, während er zurück aufs Deck kam, langsam und mit Ron fest im Griff. Als er jedoch plötzlich bemerkte, dass dort gar kein Boot war, das hinter seiner Jacht hinterherfuhr, fauchte er den muskulösen Liebhaber seiner Geisel wütend und verärgert an. „Sie haben mich belogen, man!" Erst jetzt stellte Yesto erschreckend fest, dass Yust weit ab zurückgeblieben war. Was war los? Aber er nutzte die Aufgeregtheit und Abgelenktheit des finsteren Geschäftemachers, um eine Notsignal-Pistole zu greifen, die in einem Korb neben Schwimmwesten und einem Rettungsring lag. Im Bruchteil einer Sekunde schwang er den Arm mit der Pistole in die Richtung des Geiselnehmers und drückte in dem Augenblick ab, in dem Yesto spürte, dass Ron nicht in Gefahr war. Millisekunden entschieden über Leben und Tod seines einmaligen, kleinen Tolpatsches. Die Rakete feuerte ohne nennenswerte Zeitverzögerung aus der Signalpistole und traf den schwarzen Hund genau an der Stirn. Die Wucht des Schusses ließ den Geiselnehmer nach hinten umkippen, doch auch Ron blieb fast das Herz stehen vor Schreck. Während Arno hinterwegs unter Deck kullerte, ertönte von links ein lautes Horn. „Nicht näher! Nicht näher, maan!", brüllte eine Stimme mit russischem Akzent vom schockierend nahen Nachbarschiff, dass ebenfalls Kurs auf den Stößensee hielt auf der Flucht vor der Polizei. Beide Schiffe steuerten auf den schmalen Auslauf des Wannsees zu. Doch die Mannschaft des Schiffes auf der gegenüberliegenden Seite, von dem immer noch pausenlos aus zwei Maschinenpistolen geschossen wurde, wusste nicht, dass die Lassie inzwischen führerlos war und wie ein Geisterschiff über das Gewässer raste. Augenblicklich packte der kräftige Anthro seinen Kleinen am Arm und zerrte ihn mit zum Heck des Schiffes. „N-nehmen wir das Rettungsboot?", fragte Ron besorgt und sah auf das bedrohlich plätscherndes Wasser - bedrohlich für jemanden, der nur Seepferdchen hatte. „Keine Zeit, wir müssen hier runter!" Die Zwei stellten sich auf die Platform am Ende der Jacht und sahen auf die große Welle, die das Schiff während seiner schnellen Fahrt produzierte. Doch der finstere Drogenkartellbesitzer war nicht etwa tot. Er war nur leicht benommen von der Rakete, die ihm einige Verbrennungen beschert hatte und seine schwarze Pfote tastete voller Rachsucht nach der Pistole auf der hellen Auslegeware. Der Tod kam näher, die Zwei wussten es nur noch nicht. „Yesto, ich kann nicht! Ich schaff' das nicht! Ich kann nicht schwimmen!" „Ich weiß", schrie Yesto aufgrund der lauten Fahrt. Er hatte seinen linken Arm um Ron gelegt und bereitete sich darauf vor, zu springen. „Aber du musst mir vertrauen." „A-aber ... ich ... hab dich hintergangen." Yesto sah kritisch zu Ron. „Das spielt jetzt keine Rolle. Ich liebe dich immer noch - keine Diskussion!" Er hatte sie! Die Pfote umschlang die Schussfeuerwaffe voller Entschlossenheit und hob sie an. Zwar konnte Arno kaum stehen, aber diese eine letzte Tat wollte er vollbringen. Ronny und Yesto wollten fliehen. Zu spät. Der Schwarze gab einen ohrenbetäubenden Schuss ab, doch die Kugel schoss schneller als der Schall in Richtung der beiden Rüden. Sie erreichte sie nicht mehr, er hatte den Schuss abgegeben, als die zwei schon von der Platform absetzten, Arm in Arm, nichts als sich und ihr Leben in den Pfoten. Der schräge Winkel des Absprungs bedeutete das verlorene Ziel für den Kriminellen und die Kugel flog ins Nichts. Die zwei Wölfe landeten im Wasser und wurden von den starken Wellen des Schiffs verschluckt und unter die Wasseroberfläche gedrückt. Arno jedoch gab nicht auf. Der Hund richtete sich auf und zielte verbissen auf die Stelle, an der die Zwei abgetaucht waren. Sie mussten wieder auftauchen, andernfalls ertranken sie. Sobald sie sichtbar wurden, schoss er das gesamte Magazin leer. Keiner entkam ihm! Niemandem gelang die Flucht vor Arno Gotz. Ein Rüde, ein Entschluss. Er schoss. Doch der Schuss löste sich, weil die beiden Jachten zusammengestoßen waren und ein Loch in der Kajüte war das Letzte, das Arno anrichten konnte, bevor er von der Wucht erneut zu Boden geschleudert wurde und mit der Schnauze gegen die Badtür prallte. Durch die Wucht des Zusammenpralls kamen die beiden Jachten von ihren Bahnen ab. Kurz bevor sie den rettenden Stößensee erreichten, von der Polizei gejagt, da fuhr die Lassie mit einem ruckartigen Stoß auf die Uferbank auf und schleuderte mit der Flanke gegen einen Baum und zerschellte in zahllose Einzelteile. Das Führerhaus wurde über Bord geworfen, der Bug in zwei Teile gerissen, während das Heck den Rest des Schiffes durch die Fliehkraft zerquetschte. Nicht besser erging es der Woltschiza, welche nicht mehr rechtzeitig ausweichen konnte und mit beinahe 50 Knoten auf einen Steg zufuhr. Die um ihr Leben schreienden Russen klammerten sich verzweifelt an ihr Schiff, das die Bretter des Stegs wie Streichhölzer durch die Gegend warf, um anschließend mit einer angelegten Restaurant-Fähre zusammenzustoßen und ihr Ende in einem glühenden Feuerball zu verkünden, dessen Druckwelle einige Bäume umnietete und dessen Welle andere Boote sofort zum Kentern brachte, wenn sie nicht gleich durch die Kraft der Explosion zerrissen wurden. Das Polizeiboot hielt einige hundert Meter entfernt an, der Motor qualmte, hatte einige Kugeln abbekommen, doch jetzt war die Jagd zu Ende. Unweit davon tauchten auch die beiden Rüden wieder auf. Der kleine Ron schrie laut Hilfe und paddelte um sein Leben, er spuckte Wasser, doch Yesto war zur Stelle und half ihm. „Ruhig, ruhig Ronny!", befahl er ihm. Er musste schon stillhalten, sonst konnte sein Partner ihn nicht vorm Ertrinken retten. „Ganz ruhig! Vertrau mir." „Danke ...", säuselte er und bewegte sich nunmehr langsam und mit mehr Vertrauen. „Wofür?" „Dass du mich über Wasser hältst." Der Schwarze nahm seine Pfoten an sich, so als waren sie Fremde und sprach. „Warum? Tu ich doch gar nicht. Du schwimmst doch selber." Der Kleine stellte erst jetzt voller Euphorie fest, dass er sich selbst über Wasser hielt, weil er reflexartig Schwimmbewegungen getan hatte, nachdem er wieder aufgetaucht war. „Juhu!", rief er und umarmte seinen Liebsten im Wasser. Das Polizeiboot kam mit Rudern herbei und einer der Schäferhunde sprach. „Alles in Ordnung?" Sie warfen einen Rettungsring. Einen, es gab nur diesen einen. Doch dieser gebührte Ron, denn er war der Schwächere und er hatte Schutz verdient.

An Deck des Polizeibootes rubbelte der kräftige Yesto seinen kleinen Tolpatsch mit einem Pfotentuch ab. Sein Fell war danach zwar ziemlich zerzaust, aber er war nicht mehr klitschnass. Innig sahen sich die zwei Rüden an. Natürlich hatte Yesto nicht vergessen, was geschehen war, was Ron durch seine Naivität beinahe kaputt gemacht hätte und dass er sein eigenes Leben in Gefahr gebracht hatte. Doch das letzte, was der Graue jetzt noch gebrauchen konnte, war jemanden, der ihn einstampfte und fertig machte. Ronny hatte seine Lektion gelernt, da bestand für den Dunklen kein Zweifel. „Es ... tut mir sehr Leid. Ich weiß nicht, was ... in mich gefahren ist. K-kanst du mir ... das je verzeihen?" Der Kleine stotterte nicht nur vor Aufregung seiner enormen Ehrfurcht, sondern auch, weil ihm nach wie vor kalt war. Die Wassertemperatur war deutlich kühler als die der Luft. Der Timberwolf betrachtete den kleineren Wolf eindringlich mit seinen gelben Augen. Schlussendlich sprach er sanft aber voller Stärke. „So lange du mich noch liebst und immer geliebt hast, sehe ich keinen Grund, dich zurückzuweisen." Der Kleine nickte aufrichtig. Yesto sprach. „Versprich mir, dass du mich noch wirklich liebst und das nicht nur, weil ich dir geholfen habe." „A-aber Yesto ...", bibberte der Graue verzweifelt. Wie sollte er sich nur erklären? Alles schien so brüchig, so vergänglich ... „Ich ... ich hab mich von dem Geld verführen lassen, von dem Reichtum, von dem Wein und alles. Ich bin mir sicher, dass es nicht Arno selbst war, den ich geliebt habe, auch wenn ich es im Augenblick des Moments nicht ... hätte wahrhaben wollen." Der kräftige Rüde nickte sacht und umarmte den Grauen. Warum auch sollte er ihm noch böse sein, wenn er doch genau spürte, dass er ihn noch liebte? Ob das naiv war? Nein. Eine echte, wahre Liebe überstand genau solche Tiefpunkte. Nur wer auch in schwierigen Momenten nicht aufgab, sondern zusammenhielt und zu dem stand, der einen mochte und liebte, nur der war fähig, wirklich zu lieben. Zwei nasse Rüden, die nichts mehr hatten als sich selbst - kein Geld, keine Firma, keine materiellen Schätze -, standen verloren und doch fest vereint auf dem müde vor sich hintreibenden Motorboot. Eine sanfte Brise umwehte die beiden Gestalten, die sich nie wieder von irgendjemandem oder irgendetwas auseinanderbringen lassen wollten.

Geschwind stoppte das wieder funktionstüchtige Zweirad vor dem Gebäude des Berufsinformationszentrums. Der kräftige Wolf, Yesto, stieg ab und half seinem Beifahrer, Ron, dabei, den Helm abzunehmen. Mit einem erleichterten Lächeln sah der Grauwolf seinen Geliebten an und sprach. „Diesmal klappt's, ganz bestimmt!" Er war unheimlich froh, überhaupt noch die Möglichkeit zu haben, nach einer neuen, beruflichen Perspektive Ausschau zu halten, während er gestern noch um sein Leben geklettert war. Er wusste es nunmehr zu schätzen, dass Yesto so viel darum gab, dass er etwas lernte und selbstständig wurde. Doch das würde niemals bedeuten, dass der Dunkle weniger für ihn da war. Jetzt hingegen hatte der ehemalige Chef einer Firma zum Personenschutz für besondere Persönlichkeiten die Aufgabe, zusammen mit Yust nach einer neuen Geschäftsidee zu suchen, die mindestens genauso gut, besser aber noch einflussreicher war, als die alte. „Wo fährst du hin?", fragte Ron, als Yesto wieder auf sein Elektrorad aufstieg, nachdem er Rons Helm verstaut hatte. „Ich treffe mich bei Yust. Ich will ihm dafür danken, dass er mich unterstützt hat, als es darum ging, dir zu Hilfe zu kommen. Ohne ihn hätte das nicht geklappt. Er ist viel mehr als nur ein Mitarbeiter." Der Graue nickte zufrieden. „Bring' was zum Abendessen mit", befahl Yesto sanft. „Aber was Gesundes!" Ron hatte verstanden. Er zwinkerte mit dem Auge und winkte seinem Partner noch hinterher, der ebenfalls kurz zurückwinkte, bevor er auf die Straße fuhr und hinter der Kreuzung verschwand.

Bevor Yesto zu Yust fuhr, legte er noch einen Stopp bei sich daheim ein und schritt zur Hauseingangstür. Gerade als er den Schlüssel reinstecken wollte, um sie zu öffnen, da erklang es mit einer bekannten Fähenstimme hinter ihm. „Yesto Salden?" Ruckartig drehte er sich um und sah die Gestalt der durchtriebenen, hinterlistigen Prostituierten - Lucy. „Oh nein, nicht noch einmal!", drohte er und fuchtelte mit dem Finger. „Keine Angst, Süßer", grinste sie hämisch. „Ich will dich nicht noch mal verführen." „Du hast mich nie verführt!", stellte er trocken fest und bemerkte, dass ihre „Wunden" allesamt verschwunden waren. Klar, die waren natürlich nur geschminkt gewesen. „Ich will nur, dass du weißt, dass es nicht meine Schuld ist." Was sollte das denn bedeuten? „Ich hab nur getan, was man mir aufgetragen hat." „Aufgetragen?", schoss es wütend aus ihm heraus. „Wer?" Sie zögerte, tippelte mit den Krallen auf dem Boden und hielt sich ihr Täschchen vor den Bauch. „Na ja, ich hab ihm ja gesagt, wenn er mich nicht rechtzeitig bezahlt, packe ich aus." Sie sah ehrfürchtig zu ihm auf. „Darf ich reinkommen?" Er schüttelte mit dem Kopf. „Vergiss es!" Sie seufzte hörbar und fuhr fort. „Für 3000 sollte ich dich verführen und hetero machen. Aber außer der Anzahlung von 500 hab ich bis heute nichts gesehen." Jetzt fiel es dem Muskelrüden wie Schuppen von den Augen: „Georg Salden, mein Vater?!" Sie nickte sacht, kaum sichtbar. Schämte sie sich inzwischen dafür? „3000, wenn ich es schaffe, dich von deinem Partner wegzubringen, damit du Fähen liebst." Er lachte. Das alles kam ihm so unwirklich vor. Auf derart hinterhältige und noch dazu völlig bezugsferne Ideen konnte auch nur sein alter Offiziersvater kommen. Also war doch etwas kaputt gegangen in seinem Kopf, nachdem er aus dem Krieg zurückgekommen war. Der Knaller aber kam noch. „Das war von Anfang an ungerecht. Der reiche Protz hatte sogar 'nen Bundesverdienstorden bekommen, weil Salden die Urkunde gefälscht hat." Während er dabei war, zu begreifen, was kaum begreifbar war, da stammelte sie verlegen. „Ob ... kannst ... also, krieg' ich die Kohle von dir? Ich muss ... ich muss meine Tochter versorgen." Was? Meinte sie das ernst? Und jetzt sollte er zahlen, dass sie seine Liebe zerstören wollte? Mit Schimpf und Schande sollte er sie fortjagen! „Tut mir Leid. Wer meinen Vater kennt, lässt sich gar nicht erst auf seine idiotischen Ideen ein." Mit diesen Worten verschwand er im Haus und ließ die betrogene Fähe zurück, die anderen eine Grube graben wollte und letztlich doch nur selbst hineingefallen war. Womöglich war sie eine Persönlichkeit, die aufgrund ihrer perfiden Methoden und Wege niemanden hatte, der sie innig liebte. Ohne Liebe war sie eine einsame Fähe. Es gab niemanden, der sie auffing, so wie es Ron gegönnt war.

Yesto wusste, dass er etwas Dringendes zu erledigen hatte. Ohne Umwege fuhr er direkt zum fünfstöckigen Wohnhaus, in dem sein Vater wohnte. Da zufällig gerade ein Bewohner des Hauses aus der Hauseingangstür kam, konnte er in den Hausflur schlüpfen und die Treppe zur Wohnung seines Vaters hochgehen. Doch Klingeln und Klopfen brachte nichts. „Vater, mach auf! Ich muss mit dir reden! Ich weiß, dass du zu Hause bist." Als er nach einer Weile noch immer nicht geöffnet hatte, drohte der Dunkle, die Tür mit Gewalt zu öffnen. Keine Reaktion. Doch diese Angelegenheit duldete keinen Aufschub. Yesto nahm etwas Abstand und trat die Tür mit einem gekonnten Stoß mit seinem rechten Lauf auf, sodass diese zur Seite schnellte. Er warf die nunmehr kaputte Tür zu, als er ins Wohnzimmer mit den Orden und Urkunden trat. „Vater!", rief er zornig zu dem alten Rüden im Sessel, der gerade Fern schaute. „Du bist zu weit gegangen, hörst du? Du hast es zu weit getrieben!" Yesto ging näher, die Flimmerkiste störte diese wichtige Diskussion. Doch es kam gar nicht zu einer richtigen Diskussion, denn der Alte gab keine Antwort. „Vater, ich rede mit dir! Ich habe dich gewarnt. Halte dich aus meiner Beziehung zu Ron raus, sonst verlierst du deinen letzten Verbündeten. Du hast dich nicht dran gehalten." Er war nur noch einen halben Meter von der Rückseite des Sessels entfernt. Der Alte hingegen blieb stur, ging nicht auf seine Aufgebrachhteit ein. Wollte er ihn mit Ignoranz strafen? Nein, er war derjenige, der einen Fehler begangen hatte. Es wurde Zeit, dass Yesto ein für allemal seinen Standpunkt verdeutlichte. Was er getan hatte, ging über die Rechte, die ein Vater seinem Sohn gegenüber hatte, hinaus. Er hatte einen Schritt zu viel getan. „Du hast diesen miesen Köter engagiert, um uns auseinanderzureißen. Aber deine schwachsinnige Idee hätte Ronny fast das Leben gekostet. Das verzeihe ich dir nie. Hörst du? Ich ..." Er wollte es ihm ins Gesicht brüllen, trat einen Schritt vor ihn, verstummte jedoch im selben Augenblick. Schlief er? Nein. Er war viel zu laut in seiner Erregung, als dass er friedlich schlummern konnte. Doch genau so sah er aus. Eilig grapschte seine kräftige Pfote nach dem Puls des alten Offiziers. Nachdem er die schlaffe Pfote wieder losließ, sackte sie leblos auf den Schoß des scheinbar ruhig schlafenden, alten Rüden. Kein Lebenszeichen. Yesto atmete tief durch und sah weder gelassen noch erschrocken auf das Gesicht seines verstorbenen Vaters. Sollte er wütend sein, dass sein Vater derartiges in die Wege geleitet hatte und sich nun quasi mit dem Tod aus der Verantwortung gestohlen hatte? Vielleicht war es besser so. Vielleicht war dies ein gutes Zeichen. Von nun an konnte nichts mehr geschehen, dass sie beide in Aufregung versetzte. Der Alte hatte seinen fragwürdigen Frieden gefunden, Yesto aber hatte nur Gefühle für seinen Liebsten. Dieser Hindernislauf mit tückischen Fallen war zu Ende. Yestos Pfote griff zur Fernbedienung und stellte das aufgeregte Fähengeplapper ab. Zwei Wege, die sich kreuzten, doch einer führte nicht weit. Der Schwarze fühlte sich bestätigt. Nichts war besser, als auf sein Herz zu hören. Mit langsamen, aufrechten Schritten verließ der Hüne des mit Orden und Urkunden geschmückte Wohnzimmer. Auszeichnungen und Verdienste für jemanden, der sich durchs Leben geschummelt hatte und das als seine Überzeugung betrachtet hatte. Sollte er ihn überhaupt noch als Vater bezeichnen? Doch. Warum auch nicht. Er war nicht wie sein Vater. Er verleugnete nicht, was schwer begreifbar war, was anders war, was er war. Er war nicht perfekt, hatte nie so getan, würde es auch niemals tun. Doch dieser nicht perfekte Wolf hatte auf seine Gefühle gehört, war sich selbst stets treu geblieben und hatte diese Einstellung noch immer mit seinem Lebensgefährten geteilt, so wie er es bis an das Ende seines Lebens zu tun gedachte. Er würde nicht reich an Orden und Auszeichnungen, vielleicht noch nicht mal an Anerkennung, denn die gesellschaftliche Einstellung und Auffassung von einem „richtigen und normalen Leben" war anders, sie bedeutete, zu nehmen, was man kriegen konnte, ohne Rücksicht. Das aber war nicht Yestos Weg. Yesto ließ sich von seinem Gefühl leiten. Und wo auch immer es diesen so anders und unkonventionell liebenden Wolf noch hinführen mochte, zuallererst drängte es ihn, diesen Raum zu verlassen, der nichts als schmutzige Erinnerungen barg. Eine Atmosphäre, so schwer wie ein abziehendes Unwetter. Er zog die kaputte Tür zu; nicht böse, nicht wütend, sondern einfach nur zufrieden, dass er es nun durfte.

Ende

S.U.E Schreiben beendet: 28.12.11 19.05 Uhr Fehler korrigiert: 29.12.11 13.49 Uhr