Für dich alles, Kapitel IV — SOS

Story by Gleaming Black on SoFurry

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Für dich alles

Kapitel I -- Zwei Telefone

Kapitel II -- Kribbeln in der Brust

Kapitel III -- Zerreißprobe

Kapitel IV -- SOS

Kapitel V -- Wahre Liebe

Kapitel vier - SOS

Am Abend, als Ron nach Hause kam, stellte er fest, dass die Wohnung im Dunkeln lag, das Licht war nicht eingeschaltet. Doch seine Nase verriet dem jungen Rüden, dass sein Geliebter daheim war. Er schaltete das Licht ein und sah Yesto mit dem Rücken zu ihm gewandt auf dem Soffa-Bett liegen. „Yesto?", fragte er vorsichtig. Er ging näher, setzte sich sacht auf das Möbelstück und lugte vorsichtig über ihn, um festzustellen, ob der große Wolf schlief. Als er jedoch sah, dass die gelben Augen weit offen standen und die Pupillen sogleich nach oben rollten, um ihn anzuschauen, erschrak er etwas und wich zurück. Leicht verzweifelt saß der Graue auf ihrem Bett und dachte nach, was er nun sagen sollte. „Du bist sauer, hab ich Recht?" Als darauf keine Antwort ertönte, fragte er weiter. „Du magst es nicht, dass ich selbst entscheide." Darüber musste der Dunkle, der nur mit seiner Unterhose bekleidet war, erst einmal nachdenken. Aber noch bevor er zu einem Ergebnis kam, sprach Ron weiter. „Aber ich muss auch selber entscheiden können. Ich meine ... du bist ja schließlich nicht mein Vater." „Ganz recht", ertönte es nun mit tiefer Stimme von dem schweren Rüden. Der Graue fühlte sich bestätigt und fuhr fort. „Ich habe so entschieden, ich will das so!" Er lief Gefahr, Yesto noch wütender zu machen, weil dieser das nicht wahrhaben wollte. Aber die Sache sah etwas anders aus. Obwohl Yesto keineswegs zufrieden war, so ließ er ihn gewähren. Der muskulöse Wolf erhob sich und setzte sich auf die Bettkante. „Du hast Recht. Du musst selbst entscheiden. Du bist alt genug." Jetzt hatte Ron, was er wollte. Er nickte selbstbewusst. Das war das erste Mal, dass Yesto ihm vollkommen freie Pfote ließ. Während Yesto aufstand, sprach er weiter. „Du hast das Recht und die Freiheit, zu machen, was du willst. Ich kann dich zu nichts zwingen." Er lief etwas um das Bett herum. Noch immer hatte Ron großen Gefallen daran, seine starke Brust zu sehen, mit dem weißen Fellfleck. „Aber du hast auch die Verantwortung. Wenn du deinen Weg gehen willst und dieses Spiel weiterspielen willst - dann lass dich von mir nicht aufhalten. Aber wenn du 'nen Fehler machst, dann musst du dieses Mal selber sehen, wie du da rauskommst. Meinen Ratschlag wolltest du nicht." Ron wollte fragen, wie der denn noch mal genau aussah, aber da kam noch etwas von Yesto, dass ihn schon wieder unsicherer werden ließ. „Aber das Praktikum ist beendet. Yust schreibt dir deine Bewertung und dann musst du sehen, wie deine berufliche Karriere weitergeht. Du bist kein Leibwächter. Wenn du mit mir zusammen sein willst, dann musst du dir was Neues suchen." Er nickte noch einmal gewissenhaft, um seine Rede zu untermauern. Ron sah etwas betrübt auf seinen Schoß und dachte über diese belehrenden Worte nach, währenddessen sein Partner in die Küche ging und das Brot aus dem, Fach nahm. „Willst du was essen?" Nachdenklich schüttelte der Kleine mit dem Kopf. „Danke ... hab schon."

Yesto saß am Rechner, an dem sonst immer Yust arbeitete und überprüfte die Kontobewegungen der vergangenen Woche. Plötzlich öffnete Yust die Tür und sprach in Begleitung der beiden Leibwächter, die eigentlich bei Arno Gotz sein sollten. „Yesto? Die beiden Herren hier fragen, was sie tun sollen." Der starke Rüde sah sich verärgert um und sprach gereizt. „Das wisst ihr doch! Ihr sollt diesen Arno beschützen." „Ja ja", sprach der Eine. „Aber Herr Gotz hat uns abgewiesen. Er will unseren Schutz nicht. Er hat schon einen Leibwächter, sagte er." Damit konnte nur Ron gemeint sein. Anhaltend stinkig sprach der Chef. „Ist egal. Dann bleibt ihr vor dem Haus stehen und beobachtet die Villa vom Auto aus." „Ja!", sagte der andere auf einmal. „Das haben wir ja auch so gemacht. Aber dieser Haushälter, der alte Gnom, hat uns mit der Polizei gedroht, als er das gemerkt hat." Der Dunkle wurde immer aufgebrachter. Normalerweise verlor er nicht so schnell die Fassung. „So ein Unsinn! Das ist 'n freies Land. Ihr könnt dort im Auto sitzen, so lange ihr wollt. Ihr steht doch nicht auf seinem Grundstück! Fahrt wieder zur Villa und haltet mich auf dem Laufenden. Ich will wissen, wenn sie das Haus verlassen!" Die Zwei nickten pflichtbewusst und traten wieder ab.

Am frühen Abend - Yust hatte auswärts zu tun und so saß Yesto allein am Rechner -, erledigte der muskelbepackte Rüde immer noch einige organisatorische Arbeiten für seine Firma, damit es nicht erneut zu einem Desaster kam. Doch die Sorge um seinen kleinen Grauen lenkte ihn stark ab, er hatte Mühe, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren. Seine Arbeit wurde unterbrochen, als es mit einem Mal klopfte. Das konnte nur der Weihnachtsmann sein, jedenfalls dem kräftigen Klopfen nach zu urteilen. „Ja?!", sprach er leicht genervt. Doch als die Tür nach außen geöffnet wurde, sah er, mit welch seltenem Besuch er es zu tun hatte, der ganz neue Hoffnungen in ihm weckte - sein Vater.

„Griechischer Weiiiiiiin, komm her und schenk mir eiiiiiin ...!!" Rons unmelodisches Gekrächze zu der sündhafte teuren Stereoanlage ließ jeden Wein sauer werden. Trotzdem schlürfte er das Zeug in seinem Glas genüsslich und leerte eine Flasche nach der nächsten, als sei es nichts weiter als billige Limonade. Der junge Grauwolf kam sich vor wie Gott in Frankreich. Er erlebte ungeahnten Luxus und machte es sich auf Arnos Bett gemütlich, während der große Flachbildfernseher achtlos im Hintergrund flimmerte. Im Nebenzimmer hatte der Herr des Hauses alle Mühe, ein Telefonat zu führen. „Ja. Ich versichere Ihnen, dass wir das klären werden. Ich ... Moment." Er stand auf und schloss die große Schiebetür, um sich anschließend wieder an seinen Kolonial-Schreibtisch zu setzen und das Telefonat weiterzuführen. Er hatte ohnehin schon alle Mühe, seinen Gesprächspartner ruhig zu halten.

„Ich dachte mir, du könntest mal wieder ein abwechslungsreiches Wochenende gebrauchen. Lass uns mal wieder in die Berge fahren und zelten. Wie in guten alten Zeiten." Die raue Stimme des alten Rüden ließ ihn misstrauisch werden. Sollte das eine Wiedergutmachung sein? Er zweifelte nicht daran, dass sein Vater noch immer verstand, wie man in der rauen Natur überlebte, immerhin hatte er mehrere Jahre im Ausland unter freiem Himmel geschlafen, wenn er im Kampf gewesen war. Doch das hier kam ihm vor wie blanker Hohn. Nein, das, was sein Vater für ihn tun konnte, war viel simpler. „Ehrlich gesagt hatte ich gehofft, ich bekäme etwas anderes von dir zu hören." „Optimismus ist nur was für Naive!", urteilte sein Vater und sah ihn erwartungsvoll an. Yesto konnte nicht anders, als ihm abzusagen. „Tut mir Leid. Ich will am Wochenende mit Ron Bewerbungen schreiben. Er braucht dringend was Neues." „Ron, Ron, Ron!", moserte der Alte grimmig. „Vergiss den Lulatsch und ..." „Vater!", mahnte er einmal wieder, nahm sich jedoch vor, es nicht in eine erneute Grundsatzdiskussion ausarten zu lassen. „Ich habe dieses Wochenende keine Zeit. Lass uns später mal schauen. Ich muss jetzt arbeiten." Der Alte war ebenfalls viel zu stolz, um weiter mit ihm darüber zu streiten. „Ist das dein letztes Wort?" Ein sachtes aber äußerst entschlossenes Nicken gab dem berenteten Offizier allen Grund, ohne schlechtes Gewissen aus diesem Behälterbau zu gehen. Dann eben nicht. Sein Sohn wusste eben nicht, was gut für ihn war, da war er sicher.

Als Yesto spät abends endlich daheim ankam, kramte er seine Schlüssel für den Hauseingang raus, hielt jedoch inne, als er eine Fähe vor der Tür bemerkte. Sie suchte auf dem Boden herum und streckte ihren dicken Hintern für alle gut sichtbar in die Höhe. Der Schwarze, der eigentlich eher andere Sorgen hatte, fragte mehr beiläufig. „Was verloren?" „Ja!", maulte die Weiße. „Meine Haustürschlüssel. Die sind da in die Ritze gefallen." Mit „Ritze", einer an und für sich schon perversen Umschreibung, meinte sie das rostige Abtret-Gitter im Betonboden vor der Tür. Yesto kniete sich davor und sah hinein, doch viel konnte er bei dem schwachen Licht nicht erkennen. Er versuchte das Gitter herauszunehmen, das gelang ihm auch, doch es ging sehr schwer. Er legte es beiseite und behalf sich mit der Flüssigkristallanzeige seines Mobiltelefons, welche sehr hell leuchtete. „Kann da nichts sehen." „Er muss aber da sein", sprach sie mit hoher Stimme. Bildete er sich das ein oder kam ihr linkes Bein immer näher? Er beschloss, das Gitter wieder auf die ffnung zu legen, bevor sich noch eine alte Wölfin einen Oberschenkelhalsbruch holte und erhob sich wieder. „Tut mir Leid. Vielleicht schauen Sie morgen noch mal oder rufen 'nen Schlosser." Er hatte jetzt eigentlich nicht den Sinn dafür, anderen Trost zu spenden, denn seine eigenen Sorgen um Ron belasteten ihn zu sehr. Ja, das war leicht gesagt gewesen gestern Abend, mit der Entscheidungsfreihit. Wäre es ausschließlich nach ihm gegangen, hätte er den Kleinen am liebsten dazu gezwungen, bei ihm Praktikant zu bleiben. Aber das wäre egoistisch gewesen, so etwas durfte er nicht tun, es war nicht sein Recht. Erst jetzt, als er wieder stand, sah er ihr das erste Mal in die Augen und bemerkte, dass sie zwei Schürfwunden und ein Pflaster hatte. „Ich will lieber nicht klingeln", sagte die Fähe. „Es wäre schrecklich, wenn ich ausgerechnet meinen Freund bitten müsste, dass er mich reinlässt." Er nickte kurz, schloss dann auf und lief voran. Als sie die erste Treppe hinaufgingen, fragte er mit geringem Interesse. „Er Schuld an Ihrem Zustand?" „Ja", sprach sie betrübt und sah genau auf ihn, während er stets zwei Treppenstufen höher lief. Fünfter Stock, hier wohnten sie und so schloss er die Tür zu ihrer gemeinsamen Wohnung auf. „Vielleicht übernachten Sie besser in einem Fähenhaus. Dort bekommen Sie auch richtige Hilfe." Die Weiße stimmte etwas nachdenklich zu. „Ja ... vielleicht das Beste." Kaum hatte er die Tür aufgeschlossen, da sprach sie mit einem für Wölfe eher untypischen Hundeblick zu ihm. „Aber wo ist eines? Hast du 'n Telefonbuch?" Irgendwie meinten alle Fähen, dass das Sie bei jemandem wie Yesto überspringen werden könnte. Nachsichtig öffnete er seine Tür und trat ein. „Nein, aber ich kann mal im Internet schauen, wenn Sie möchten", gab er Antwort, wobei er demonstrativ beim Sie blieb. Das war freilich auch die Erlaubnis, mit in die Wohnung kommen zu dürfen. Außergewöhnlich selbstbewusst schloss sie die Tür sofort wieder und streifte ihre Stiefel ab. Yesto legte seine Schlüssel ab und nahm sogleich seinen kleinen, tragbaren Rechner aus der Schublade. Die Fähe setzte sich auf das Sofa-Bett, was jedenfalls für Ron - zumindest sonst immer, musste man wohl jetzt sagen -, schon ein Sakrileg für sich war. Wenn er die Fähenhaare in ihrem gemeinsamen Bett fand, geriet er wohl in Erklärungsnot. Da kannte er nichts. Der kleine Grauwolf mutierte zum Rumpelstilzchen, wenn die Eifersucht mit ihm durchging. Aber das konnte die arme, geschundene Fähe ja nicht wissen ... „Wohnst du allein hier?" Yesto, der gerade dabei war, den Rechner hochzufahren, sah sich nervös zu ihr um und sprach nebenher. „Nein." Spätestens nach ihrer zweiten Frage musste er zu dem Entschluss kommen, dass sie das eigentlich nichts anging - gedemütigtes Etwas hin oder her! „Hast du 'ne Freundin?" „So ähnlich." Wenn er ihr Hirn nicht zu Matsch gehauen hatte, wusste sie, was das bedeutete. Ansonsten war es ihm auch egal. Er musste feststellen, dass ihm die Tatsache, dass dort eine Fähe, noch dazu eine völlig fremde, auf ihrem Bett saß, hier in ihrem kleinen Reich, ebenfalls nicht im Geringsten gefiel. Doch sollte er ein Opfer häuslicher Gewalt, noch dazu eine Nachbarin, in der Kälte stehen lassen? „Ich geh mir mal was zu trinken holen", ertönte es auf einmal von ihr und sie stand augenblicklich auf, um in die Küche zu gehen. „Äh, ja", sprach er, wobei er feststellte, dass er über seine Nervosität hinweg vergessen hatte, dem Gast etwas zu trinken anzubieten. Nun gut, doch, er musste eingestehen, dass er weit weniger Kavalier war, als er es bis vor kurzem noch geglaubt hatte. Im Gegensatz zu Ron hatte er zwar kein Problem mit Fähen, doch irgendwie ging ihm das Höfliche nicht so von der Pfote, wie er es geglaubt hatte. Diese ganzen, ungeschriebenen Gesetze ... biete einer Fähe was zu trinken an, gib ihr Trost, wenn sie Opfer von Gewalt wurde etc. pp. Natürlich, wäre er an ihrer Stelle gewesen, hätte er sich über all das sehr gefreut und dass sie eine Fähe war, war ja nun einmal nicht ihre ... Stopp! Jetzt glitt er wirklich schon in Rons Gedankengänge ab. Was hieß denn hier Schuld?! Konnte man Schuld sein, etwas zu sein? Das war ja schlimmer als Rassismus! Nein, die Fähe war jetzt sein Gast und sie sollte ihre Ängste und Schmerzen vergessen. Sie war in Not und so, wie er auch jedem Rüden half - ganz unabhängig von seiner sexuellen Orientierung -, so half er natürlich auch weiblichen Mitgeschöpfen. Alles andere wäre doch idiotisch gewesen. Doch irgendwie merkte er genau an diesem Punkt, dass Ron viel mehr Teil seines Lebens war, als er es wahrhaben wollte ... Die weiße Fähe mit der Lederjacke und der Lederhose lief an ihm vorbei, als kannte sie die Wohnung schon Jahre. „Ich geh mal ins Bad, wegen der Wunden ..." „Ja, klar", stimmte er nachträglich zu. Auch das hätte er ihr womöglich im Idealfall von sich aus angeboten, stellte er fest. Aber er machte sich keine Vorwürfe mehr. Wer sollte ihm das vorschreiben? Sein Vater? Wenn es nach dem ging, wäre er wohl schon längst als Märtyrer im Krieg gefallen. Gerade hatte Tante Gurgel ihm die ersten sechstausendneunhundertachtzig Ergebnisse zum Stichwort „Fähenhaus Weißensee" ausgespuckt, da erklang aus dem Badezimmer ein quietschendes „Au, au, aua, au", mit einer derart hohen Stimme, wie sie diese vier Wände womöglich noch nie erlebt hatten. Er überlegte, ob er zu ihr gehen sollte, da sie ja scheinbar Schmerzen hatte - was war passiert? -, fragte sich dann, ob er es sollte oder ob er es nicht sollte, immerhin war sie ja im Bad. Er tat es dennoch, dann konnte er ihr auch die Ergebnisse nennen. Die Badtür stand offen und sie tupfte sich im Gesicht vor dem Spiegel herum. „Alles in Ordnung?" „Ja, ja. Tut nur furchtbar weh." „Also das nächste Fähenhaus ist am Kotti. In Weißensee gibt's keins." Die Fähe mit den gelben Augen seufzte. „Das ist aber weit ..." „Wenn du kein Auto hast, nimm die U-Bahn." Er rechnete damit, dass sie sagte, sie hätte kein Geld, doch das war nicht der Grund. „Jetzt noch? Ich weiß nicht ... die ganzen Drogenhändler und so ..." Stimmt, daran hatte er als muskelbeladener Rüde natürlich nicht gedacht. Wie konnte er einer ohnehin schon erniedrigten Fähe nur empfehlen, spät abends mit der U-Bahn zum Kottbusser Tor zu fahren? „Bringst du mich hin?" Eines musste man ihr lassen. Sie nahm einem völlig fähenunerfahrenen Rüden jede Arbeit ab. Noch bevor er auch nur die Möglichkeit hatte, darauf zu kommen, ihr das anzubieten, fragte sie ihn genau das. Er musste etwas lachen und sprach. „Ich weiß nicht. Ich hab kein Auto. Mein Motorrad ist dir bestimmt nicht das richtige." Ob das nun wieder zu viel der Rücksicht war? Offenbar. „Wenn so ein starker Rüde dabei ist, ist das überhaupt nicht schlimm für mich." Er sah sie misstrauisch an. Versuchte sie ihm schöne Augen zu machen? „Ach übrigens, mein Name ist Cinderella." Cinderella. Den Namen konnte er noch nie leiden! Erinnerte ihn immer an Cindy ... Cindy aus Marzahn. „Ah ja. Yesto." Nun war's aber genug. Musste sie so viel wissen? „Ich weiß." „Woher?", fragte er leicht erschrocken und äußerst misstrauisch. Jetzt wurde es aber wirklich mysteriös! „Steht doch an deinem Klingelschild." Sie zwinkerte mit den Augen. Stimmt, daran hatte er nicht gedacht. Wurde er jetzt wirklich paranoid?

Der kräftige Wolf nahm zwei Helme aus dem Stauraum seines Elektrorades. Er gab einen der Fähe, die ihn sofort bat, ihn ihr aufzusetzen und festzumachen. Es war ihm so suspekt, eine Fähe zu berühren und obwohl er sich alle Mühe gab, es als normal und notwendig zu erachten - schließlich musste sie ja einen Helm tragen! -, so konnte er sich doch nicht damit anfreunden. Aber das musste sie ja nicht wissen. Nicht, dass sie noch glaubte, er hatte etwas gegen sie persönlich. Dieses geschlagene Weib brauchte jetzt Hilfe. Professionelle Hilfe. Auf zum Fähenhaus. Als die Zwei losbrausten, ertönte hinter ihm ein vergnügtes Quieken. Offenbar verheilten die seelischen Wunden bei einer Fähe schneller. Er hingegen fühlte sich gerade jetzt äußerst mies. War er dabei, seinen Kleinen zu hintergehen?

Während der Fahrt spürte er, dass sie sich keineswegs so fest an ihn klammerte, weil sie sich vor der schnellen Fahrt fürchtete. Sie wirkte sichtlich amüsiert und ihre hellen Pfoten suchten etwas anderes. Den meisten Rüden hätte das mit Sicherheit gefallen, zumal er unweigerlich eine Erregung spürte, doch zum Einen musste er sich auf die Fahrt konzentrieren und zum anderen konnte er das - nicht zuletzt auch wegen der unerwünschten, körperlichen Erregung - gar nicht leiden. Das ging wirklich zu weit. Er war homo und stolz darauf! Entschlossen hielt er an, nicht in einer Vollbremsung, aber dennoch rasch. Er stellte die Läufe auf dem nassen Asphalt ab und klappte die Blende hoch. Sie tat das ebenso und fragte ahnungslos. „Was? Die Ampel ist doch grün!" „Schluss jetzt!" Er stieg ab und sah sie an, nachdem er den Helm abgenommen hatte. „Glaubst du, ich krieg' nichts mit? Für wie bescheuert hältst du mich?!" „Was soll'n dit?", fragte sie enttäuscht und sah ihn verblüfft an. „Ich bin schwul. Ich habe keinen Bock auf diesen Mist!" „Ach!", sprach sie abwinkend. Natürlich wusste sie das doch längst und er wusste, dass sie das wusste. „Ich hab Gummi mit!", sprach sie und kramte Kondome hervor. Sie glaubte wohl, er ließ sich darauf ein. Doch warum sollte er das tun? Schon jetzt schlug sein Gewissen Alarm. Und spätestes seit der Fahrt wusste er, dass sie nur Krokodilstränen vergossen hatte. „Ich auch. Aber nicht für Sex mit dir, Fräulein!" Er griff zum Gurt, der den Helm auf ihrem Kopf festhielt und wollte ihn lösen, doch sie wich auf einmal zurück. „Hej! Nun sei doch nicht so 'n Spielverderber!" Er wollte ihr den Helm mit etwas mehr Gewalt abnehmen, aber sie weigerte sich, das zuzulassen. „Ieks! Nein!" „Gib mir meinen Helm wieder!" Auf einmal ging es los. „Hilfe! Hilfe!" Nun, da sie erkannt hatte, dass er seiner Liebe treu blieb, versuchte sie ihm auf diese Weise zu schaden. Irgendwie konnte der Dunkle in diesem Moment gut nachvollziehen, was Ron an Fähen nicht mochte. Mit derartigen Methoden zu spielen war äußerst schmutzig und ungerecht! Sie nutzte ihren Vorteil aus, dass sie eine Fähe war, um ihn fertig zu machen. „Gib den Helm!", sprach er streng und hielt ihre Arme fest, da sie versuchte, ihn zu hauen. Sie hätte womöglich sogar gebissen, stand vielleicht gar darauf, aber der Helm, hinderte sie daran. „Hilfeee!" Er bekam zum ersten Mal in seinem Leben wirklich Angst um sich selbst. Er als ohnehin Verachteter der Gesellschaft hatte seine kräftigen Pfoten an einer Fähe, die um Hilfe rief ... abends, in der Nähe vom Kottbusser Tor. Konnte es eindeutiger aussehen? Das Unglück fand seinen Höhepunkt, als plötzlich ein Streifenwagen neben ihnen hielt. Natürlich, wenn man sie nicht brauchte, waren sie zur Stelle! Als ob es an einem Ort wie diesem sonst nichts zu tun gab. Er ließ die Fähe los und sprach sofort zu einem der beiden Polizisten, die die Scheibe herunterfuhren. „Es ist nicht das, wonach es aussieht!" Er sah sich schon mit einem Lauf im Knast stehen, als der Beifahrer mit einer großen Zahnlücke zu grinsen begann. Ob er den beim Einsatz bei einem Fußballspiel verloren hatte? „Man Lucy, was denn los? Ich dachte, du stehst auf Sadomaso!" Nun lächelte auch der Fahrer amüsiert. Yesto verstand überhaupt nichts, kam sich vor wie in einer anderen Welt. Cinderella alias Lucy sah verärgert aus und nahm nunmehr selbst den Helm ab. „Der Kerl wollte mich vergewaltigen!" Das war ja die Höhe! Wie konnte sie seine prekäre Lage nur derart ausnutzen? Er zwang sich, daran zu denken, dass nicht alle Fähen so durchtrieben waren, um nicht in Rons schmale Gedankengänge zu verfallen. Der Beifahrer sah sie amüsiert an. „Erklär mir doch endlich mal, wo der Unterschied zwischen Prostitution und Vergewaltigung ist!" Das wusste sie sicher zu beantworten. Gerade, als es dem kräftigen Kaniden zu schimmern begann, wurde sein arbeitendes Hirn von einem heftigen Schlag unterbrochen. „Na in der Gewalt!", antwortete sie und schlug ihm seinen Helm verärgert über ihre Enttarnung auf den Hinterkopf und ließ ihn dann fallen. „Dann müssten wir dich jetzt wohl festnehmen", witzelten die Zwei grinsend und sahen amüsiert auf die Szene. „Nehmt ihr mich mit?" War das eine Aufforderung zum Festnehmen? Yesto versuchte gar nicht mehr, das alles zu verstehen. War er nun dran oder sie? „Damit unser Vorgesetzter glaubt, wir treiben's mit dir während der Dienstzeit? Träum' weiter!", mit diesen Worten verschwand der Streifenwagen, bevor die Ampel wieder auf Rot schaltete. Wütend zog die weiße Fähe von dannen. Abgesehen von dem Schmerzen im Hinterkopf war sich Yesto schon lange nicht mehr so dämlich vorgekommen.

Mehr denn je spürte der Wolf nun das Verlangen, seinen Liebsten wieder in die Arme zu schließen. Er steuerte nach der abgebrochenen Fahrt zum Fähenhaus direkt die Villa des arroganten Schnösels an. Konnte es einen stärkeren Kontrast geben, als den zwischen dem Drogenumschlagplatz Nummer eins und der feinen Villengegend, in der sein Partner derzeit verweilte? Er war wohl nicht minder groß, als der, von einer hinterlistigen, falschen Spielerin in die Arme eines ehrlichen liebenden, sanftmütigen Jungwolfs zu fallen und den Rest des Abends in trauter Zweisamkeit daheim zu verbringen. Es war nun ohnehin schon so spät, dass er dem Grauen nicht mehr zumuten wollte, noch einen so weiten Weg mit den ffentlichen zurückzulegen. Der dunkle Wolf wollte gerade absteigen, als er den schon in die Jahre gekommenen Haushälter dieses Gel-Fanatikers vom Hofe traben sah. Er hatte offenbar Feierabend. Vielleicht konnte er sich das zunutze machen. Der mausgraue Helfer des reichen Hundes erkannte Yesto mit dem Motorradhelm und der dicken Kleidung nicht, so dass sich der Timberwolf lediglich wie ein normaler Fußgänger verhalten brauchte, um nicht aufzufallen. Doch kaum war der hagere Rüde durch das Tor des großen Anwesens geschritten, dass gerade wieder automatisch zuging, da huschte der muskulöse und um seinen Partner besorgte Anthro noch rasch auf das Anwesen seines Arbeitgebers, was der Haushälter nicht mehr mitbekam, da er schon zu weit entfernt war und in die andere Richtung sah, um zu seinem Kleinwagen zu kommen. Die Gartenzwerge konkurrierten mit den scharfen Kontrasten, die diesen Abend unterhielten. Wie konnte ein arroganter, aalglatter, reicher Unternehmer wie dieser auf seinem großen Grundstück nur solch alberne, überhaupt nicht hübschen Figuren abstellen? Fehlte nur noch die Fahne eines billigen Fußballvereins und der Laden wirkte trotz aller Glanz und Gloria wie eine Wochenenddatsche. Die schwarze Kralle klopfte an die Tür, denn die Klingel hatte er ja bereits hinter sich gelassen. Wenn er Glück hatte, bemerkte Ron ihn, der Möchtegern-Leibwächter. Doch vielleicht hatte er kein Glück, denn aus dem Innern des großen Gebäudes drang Ballermann-Musik und das in einer Lautstärke, dass der Putz von der Wand fallen musste. Doch plötzlich wurde die Tür aufgerissen und der schmächtige, graue Rüde mit dem Weinglas in der Pfote begrüßte ihn mit den Worten. „Endlich ist meine Pizza daa- ah?" Erst jetzt stellte er fest, dass es Yesto war. Ron trat einen Schritt vor, sah sich links und rechts vor der Tür um und fragte dann verwundert. „Bringst du etwa Pizza?" „Ron, lass den Unsinn. Komm mit, es ist spät." Doch obwohl er seine Stimme gesenkt hatte, erschien auf einmal der unausstehliche Köter hinter ihm. „Wann begreifen Sie endlich, dass Sie hier nichts verloren haben. Das ist meine Villa und nicht Aldi!" Wenn diese falsche Schlange bei Aldi arbeiten würde, würde er sich sein Essen eher aus der Mülltonne holen. „Ron, bitte lass uns gehen!", forderte er seinen Grauen noch ein weiteres Mal auf, ein strenger Unterton mahnte ihn, diese Gelegenheit besser wahr zu nehmen. „A-a-ber ich muss doch arbeiten", ließ der angeschwipste Rüde verlauten. Wenn er so weitermachte, starb er an Alkoholvergiftung. Als was arbeitete er denn noch für diesen undefinierbaren Kaniden - als Weinverkoster? Dieser mischte sich auch sogleich ein und fuhr den starken Rüden dreist an. „Er arbeitet wenigstens. Das sollten Sie auch tun. Lassen Sie uns endlich in Frieden!" Erneut legte er demonstrativ seinen Arm um Ronnys Schultern. Der Dunkle verspürte genau das, was er eben noch Ron zugeschrieben hatte, nämlich Eifersucht. „Ron, wenn du nicht mitkommst, dann ist das das Aus!" Der Kleine sah ihn erschrocken an. Es musste ihm wie eine Drohung vorkommen, aber der große Wolf nutzte das mehr als Druckmittel. Niemals blieb er Kleine freiwillig hier bei diesem schleimigen Tier, wenn er dadurch ihre Beziehung zu verlieren drohte. Konnte er seinen Kleinen auf diese Weise wirklich zum Mitkommen bewegen? Wenn er jetzt äußerste, dass er mitkommen wollte, war alles weitere klar. Er hätte sich für ihn entschieden und der Hund konnte trotz seines Reichtums nichts mehr ausrichten. Er konnte ihn nicht zwingen, hierzubleiben. Yesto würde ihm schon zu seinem Recht verhelfen. Und Ron würde das alles nicht einfach so für ein paar Flaschen Wein wegschmeißen, oder? „I-i-i-äh ..." Hoffentlich nur hatte ihn der Alkohol nicht schon so vernebelt gemacht, dass er den Ernst der Lage nicht begriff. Der Anthrowolf sah ihn eindringlich an. Um das ganze auf emotionaler Ebene zu verstärken, reichte er Ron die Pfote. Diese ausgestreckte Pfote war seine letzte Chance, das Richtige zu tun, ansonsten konnte er ihm auch nicht mehr helfen. Gingen Wein, ein teures Auto und Ballermann-Musik wirklich vor eine gute und äußerst einfühlsame Beziehung? Das traute er selbst seinem etwas eingeschränkten Kleinen nicht zu. Er war naiv und teilweise engstirnig, aber nicht vollbekloppt. „Ich muss auf Klo." Und? War das etwa alles, was er herausbekam? Die Töle hatte ihn ordentlich abgefüllt. Aber konnte man jemanden mit viel Alkohol dazu bringen, das Gegenteil von dem zu entscheiden, was er eigentlich wirklich wollte? „Ron!" Dies war die letzte Erinnerung an all die schönen Stunden, an die Jahre, die sie zusammen gewesen waren. Wenn er jetzt nicht aufsprang, war er einen Schritt zu weit von ihm weggegangen. Irgendwann musste auch ein Ronny Jakato entscheiden, wo er stand. „Tut mir Leid ...", würgte der Graue mit einem Schluckauf hervor und drehte um, um eilig zur Toilette zu rennen. Nunmehr hatte der Reiche keine Eile mit dem Schließen der Tür. Dies war eindeutig gewesen. Er schenkte dem Muskelprotz noch ein arrogantes, selbstherrliches Grinsen und knallte anschließend die Tür zu. Voller Verachtung blickte der zurückgelassene Liebhaber Rons auf diese weiße Tür, wie sie seine und Rons Welt der Gefühle Lichtjahre voneinander trennte. Gefangen in Reichtum und Macht. Der Macht, ihn einfach so abzuservieren, als hatte er ihm nichts zu verdanken. Trauer und Wut vermengten sich und wurden eine gefährliche Mischung. Der schwere Rüde trampelte die Marmortreppen hinunter und packte einen der wehrlosen Gartenzwerge, um ihm das Fliegen beizubringen. Mit einem lauten Schellen zerschmetterte sein hämisches Grinsen an der ganz und gar nicht unschuldig weißen Eingangstür zur Villa. Eine Liebe in Scherben und so nun auch er ...

Obwohl Ron einen Wolf verloren hatte, so fühlte er sich dennoch pudelwohl. Seinen neuen, schwerreichen Partner schleppte er am Tag darauf mit auf den Rummel. Während der Graue einen Riesenspaß damit hatte, das Karussell zu benutzen, so wurde dem dunklen Hunderüden einfach nur schlecht. Was hatte er noch mal über Achterbahn gesagt? Als nächstes tippte der Junge ihn an, doch mal mit ihm in die Gruselbahn zu gehen. Auch diesen Spaß bezahlte der reiche Unternehmer mühelos, während ihm der Sinn dieses Unterfangens ungewiss war. In der Gruselbahn selbst wechselten sich Schrecken und Freude für Ronny ab. Die Gruselbahn stand ganz unter dem Motto „Super Mario" und so wurden sie von den verschiedenen Gegnern des Spiels erschreckt, teilweise sogar mit Hologrammen und anderer, moderner Technik. Animierte Feuerwürfe flogen über ihre Köpfe hinweg, viele der Fahrgäste erschraken und amüsierten sich köstlich, so auch der Graue. Nur der Hund langweilte sich zu Tode. Er fand das nicht im Geringsten zum Gruseln. Wieder draußen, wischte sich der Jungwolf die Tränen aus den Augen, in der linken Pfote hielt er die soeben gekaufte Zuckerwatte. „Das war ein Spaß!" „Soll ich dir mal zeigen, was mir Spaß macht?" Mit diesen Worten bewegten sie sich zum Ausgang. Ron durfte gespannt sein, was sein neuer Freund gern in seiner Freizeit trieb.

Das Diensttelefon klingelte laut und riss den anhaltend erschöpften Yesto aus dem Schlaf. Benebelt von seinen letzten Träumen kramte er in der Hosentasche danach, denn dort kam das Geräusch her. Er hatte am Abend zuvor nur rasch seine Straßenkleidung bis auf die Unterhose abgestreift und sich in die Koje gehauen. Zwar hatte er seine Sorgen während des Schlafs einmal vergessen, doch dieser kleine Apparat holte ihn nun wieder zurück in die grausame Wirklichkeit. „Jah?" „Man Yesto! Ich dachte schon, ich erreich' dich gar nicht mehr!", ertönte die Stimme Yusts aus dem Gerät. „Ich ... ach ... ich bin krank heute." „Auf mich machst du, mit Verlaub, eher einen verschlafenen Eindruck." „Wie spät ist es?", fragte der ahnungslose Wolf. „Kurz vor halb Elf. Ich will wirklich nicht herummosern, das weißt du doch. Aber du hast nachher einen Termin mit einem Klienten." „Ah, ja ...", stimmte er übermüdet ein und gähnte. Den hatte er beinahe vergessen. „Ich komme", sprach er dann und legte auf.

Golf! Wie spannend! Er durfte danebenstehen und zusehen, wie der reiche Hund gefühlte zehn Mal anpeilte, ob er das Loch treffen würde. Nein, nein, ums Treffen ging es ja noch gar nicht, hatte ihn der Hund sofort belehrt. Erst einmal musste man den weißen Ball so nahe wie möglich an das Loch heranbringen aber das mit so wenigen Schlägen wie möglich. Darin war er auch echt gut. Wäre es nur nicht so verdammt langweilig gewesen! „Weiter", forderte ihn der Hund plötzlich auf, als Ron schon fast im Stehen eingeschlafen war. Wie konnte man solch einen langweiligen Sport nur gut finden? Wenn es wenigstens Minigolf gewesen wäre! Gerade als Arno die Tasche abstellte, da ertönte es hinter ihm. „Wo soll der jetzt hin?" Wie vom Blitz getroffen schrie ihn der Hund an. „Nein!" Weltuntergang! Sakrileg! „Du darfst doch nicht den Ball aufheben, mahn!" „Ach so ..." Der reiche Anthro entriss ihm den Ball und sprach genervt. „Jetzt dürfen wir noch mal von vorn anfangen!" „Och nee ...", maulte Ron enttäuscht und sah geschafft auf den kurzen Rasen. Am ersten Loch angekommen, drückte ihm Arno den Schläger mit einem Mal in die Pfote und sprach gereizt. „Mach du jetzt mal! Du hast ja gesehen, wie's geht!" Überfordert sah der junge Wolf auf den Schläger. Dann versuchte er Arno nachzuahmen und peilte den Ball an. Der Hund korrigierte seine Haltung, schob seine Beine etwas auseinander. Das gefiel dem jungen Grauen sichtlich und er grinste zufrieden. Er gab sich mit Absicht keine Mühe, richtig zu stehen, um sich weiter von Arno korrigieren zu lassen. „Und jetzt schlag. Aber nicht zu ..." Zu spät. Ronny beförderte alles von der Stelle; den Schläger und ein Stück Rasen, nur nicht den Ball, der weiterhin unschuldig in der Sonne schimmerte. Die Zwei duckten sich, weil unklar war, wo der Schläger wieder herunterkam. „Verdammte Scheiße!", fluchte der reiche Hund auffällig gossenartig und lief, um den Schläger zurückzuholen. Unterdessen erspähte Ron etwas, das ihm selbst hier eine Menge Freude bereiten konnte und ein breites Grinsen legte sich auf seine Lefzen.

„Dem Gartenzwerg hast du's aber gezeigt!", ertönte es vom Platz vor dem Rechner. Der Chef, der soeben in das Büro gekommen war, schaute leicht verwundert auf und äußerte einen Fragelaut durch die Nase. „Hm?" „Na ja", sprach Yust. „Die Leibwächter haben Bericht erstattet und mitgeteilt, was gestern Abend vorgefallen ist." Der dunkle Rüde brummte etwas und setzte sich an den Tisch mit den fertig sortierten Quittungen. „Was ist denn los?", fragte sein Mitarbeiter nunmehr eher besorgt. „Willst du die Geschichte wirklich hören? Ich hasse Leute, die einem ungefragt ihr Herz ausschütten." Der Braune nickte eifrig und forderte ihn auf, zu erzählen. So berichtete Yesto, dass sich Ron vom Reichtum dieses reichen Pinkels hat verführen lassen und dass er sogar die Nacht bei ihm verbracht hatte.

„Huiiiii!" Der junge Grauwolf hatte größte Freude an dem elektrischen Golfplatzmobil und fuhr mit Arno auf dem Beifahrersitz über die hügeligen Wiesen und mähte dabei die ein oder andere Stange um. Endlich hatte der Kanide etwas gefunden, was ihm Spaß bereitete! Der Hund mit dem schwarzen Fell hingegen war verärgert darüber, dass Ron seine Freizeitinteressen nicht ernst nahm. Für Ron jedoch war der Tag gerettet.

Yesto saß verbittert auf seinem Stuhl und unterhielt sich schon eine ganze Weile mit Yust. Die Arbeit in der Firma spielte ausnahmsweise mal eine untergeordnete Rolle. Er konnte nicht ausblenden, was ihm privat passierte. Nachdem er Yust berichtet hatte, was ihn so nach unten zog, war es eine Weile still. Er fand seine Sprache erst wieder, als ihm einfiel, dass das ganze Konsequenzen haben musste. „Ich habe Ron gewarnt. Er hatte die Wahl gehabt und er hat sich gegen mich entschieden. Das Praktikum ist beendet, ich möchte, dass du seine Beurteilung schreibst. Außerdem werde ich ihn von meinem Testament streichen. Jemand wie Ron kann unmöglich meine Firma erben, wenn mir was zustößt." Sein Buchhalter sah ihn mit sichtlicher Überraschung an. Wenn er solch einen Schritt ging, war es ernst. Aber er hatte ohnehin noch nie zuvor erlebt, dass sich die beiden so heftig gestritten hatten, dass das Aus ihrer Beziehung drohte. Zumindest Yesto war aus dem Alter raus, in dem er alle paar Wochen oder Monate eine neue Beziehung anfangen konnte.

Am späten Nachmittag lungerte der Graue vorm großen Flachbildfernseher und trank seine erste Flasche Wein für heute. Er musste jedoch feststellen, dass ihn das Programm langweilte und dass er sich nach Abwechslung sehnte. Nichtstun war anstrengend! Als Arno ins Zimmer kam und sich neben ihm kniete, sah er seine Chance gekommen. Er gab dem Schwarzen zum ersten Mal einen Schlecker auf die Nase und grinste wie ein kleiner Junge. Der Hund sah ihn leicht verlegen an und wirkte überrascht. „Ich ... uh ... also ich muss noch mal weg, was Geschäftliches. Bleib hier, ich bin am Abend wieder da." „Kann ich nicht mitkommen?" Der Hund schüttelte mit dem Kopf. „Keineswegs. Ich habe einen äußerst diskreten Kunden." Der Kleine ließ nicht locker. „Geht ihr ins Restaurant?" Erneuter Widerspruch. „Nein nein, wir treffen uns auf meiner Jacht." Jacht! Das klang nach Aufregung, Abenteuer ... Piraten! Ein Grinsen legte sich auf Rons Gesichtszüge.

Kaum dass der schwarze Hund die Haustür hinter sich zugezogen hatte, da wischte er sich die Schnauze ab. Er bemerkte sogleich, dass er umgeben von Scherben war. Da kam ja auch sein Haushälter, um seinen Dienst anzutreten. „Da sind Sie ja endlich! Machen Sie das Zeug hier weg und halten Sie ein Auge auf Jakato. Ich muss noch mal weg." Der Haushälter nickte pflichtbewusst.

Nachdem Arno gegangen war, begann Rons Hirn auf Hochtouren zu laufen. Der Fernseher bekam keine Beachtung mehr. Leider kam jedoch der nervtötende Haushälter, um seine Arbeit anzutreten. „Nehmen Sie die Läufe vom Tisch!", mahnte dieser ihn auch sogleich. Ron tat dies und fragte den mürrischen Typen. „Wissen Sie, wo Arnis Jacht liegt?" Der Angestellte erwiderte gereizt. „Aufm Wannsee natürlich. Oder dachten sie in der Badewanne?!" Da hingegen kam dem grauen die erste Idee. Er stieß das Weinglas auf dem niedrigen Glastisch um und sorgte so dafür, dass das Getränk auf dem Teppich landete. Der mausgraue Kanide bemerkte das sofort und sah entsetzt auf das Geschehene. „Herrgottssakrament! Der schöne Teppich! Dafür muss ein Tunesier lange weben!" Sofort rollte der übereifrige Haushälter den Teppich zusammen. Ron brauchte nicht mal so tun, als tat ihm das furchtbar Leid, denn der Rüde war ganz in seinem Sauberkeitswahn versunken. „Ich muss sofort in die Reinigung damit. Rotweinflecken, das ist der Tod!", murmelte der Kerl vor sich hin, während Ron zusah, wie er erst zum Bad, dann zu den Schlüsseln und zuletzt zum Ausgang lief, ganz à la „Im Rotweinfall Scheibe einschlagen - Alarmknopf tief drücken". Ron musste sich ein Kichern verkneifen.

Der junge Rüde nutzte die Zeit ohne seine Aufsicht, um sich sofort auf den Weg zu machen. Er fuhr mit dem Bus in diesen geschichtsträchtigen Ortsteil mit dem namensgebenden, großen See. Hier lagen vor allem die Schiffe und Jachten von sehr reichen Leuten. Das Glück schien ihm hilfreich, denn schon nach etwa zehn Minuten erspähte er Arno, wie er eine Jacht mit der Aufschrift „Lassie" betrat. Ron schlich um die großen Wassergefährte herum, immer näher zum Steg des besagten Schiffs. Als die luxuriöse Jacht plötzlich ablegte, musste er seine Chance ergreifen, bevor er ihn wieder verlor. Der Graue plante einen amüsanten Streich und schlich sich rasch auf das einzige Rettungsboot am Heck des Schiffes. Er versteckte sich unter der Regenabdeckung, dass nur noch seine spitzen Wolfsohren heraussahen. Die Jacht fuhr immer weiter hinaus auf den großen See, bis hin auf die Mitte, wo weit und breit kein anderes Boot in der Nähe war. Der Kapitän war nicht Arno, das tat einer seiner Angestellten. Er hatte ein eigenes Führerhaus auf dem Dach der großen Jacht. Ron sah den Moment gekommen, um das Schlauchboot zu verlassen und ins Innere des Schiffes zu schleichen. Eine goldene Reling, roter Teppich, Luxusgüter überall. Der Hund hatte Geld wie Heu! Er schlich bis zum Eingang der Kajüte unter Deck. Er würde Arno mit seiner Anwesenheit überraschen. Jetzt, da sie schon mal auf See waren, konnte er ihn nicht einfach so zurückschicken. Ein entspannter Tag auf dem Wasser - mit solch einem Schiff -, war allemal besser als den Fluch der Karibik im Fern zu sehen. Doch Ron hielt inne, als er bemerkte, dass dort noch jemand war. Arno unterhielt sich mit einem Gast. Der Graue spitzte die Ohren und horchte, was er da beredete. War das sein Geschäftspartner? „Ich bin untröstlich! Aber ich versichere Ihnen, dass so etwas nicht noch einmal vorkommt." Arno klang aufgeregt, verärgert. Was war los? Als Ronny bemerkte, dass sein Gegenüber, dessen Gesicht er nicht sehen konnte, da er auf einer höheren Eben stand und die Zwischendecke das Sichtfeld unterbrach, einen Revolver dabeihatte, erschrak er zutiefst. In ihm stieg eine unangenehme Hitze auf. Das musste ein Scherz sein, oder? War sein Geschäftspartner zufällig Schauspieler? Wofür brauchte man eine Waffe, wenn man mit Elektro- und Hybridautos handelte? Seine Vorsicht war geweckt. Er entschied, noch nicht auf sich aufmerksam zu machen, sondern die Lage erst einmal weiter zu beobachten. „Drei Mal ist es schon vorgekommen", erwiderte der dunkelfellige Geschäftspartner unter Deck mit einem schweren, russischen Akzent. „Drei Mal geplatzte Reifen wegen Ihre Fehler!" Der schlanke Hund, Arno, versuchte zu beschwichtigen. „Meine Mitarbeiter haben keine Fehler gemacht. Die Idioten, die die Autos auf das Schiff fahren, haben nun mal keine Ahnung, was in den Reifen ist und haben sie zu dicht an den Maschinenraum gestellt. Bei so viel Hitze platzt halt ein Reifen." Der Kerl mit den goldenen Ringen an seinen dicken Fingern drohte. „Wenn Besatzung merkt was ist in die Reifen, wir alle sind im Knast! Nicht ist unauffällig mit Wasser in die Reifen!" Arno sprach weiter. „Zum Glück ist das nicht passiert! Noch ist alles in Ordnung. Wir haben uns daher etwas Besseres einfallen lassen." Arno griff zu einer Rolle Papier, auf der technische Zeichnungen abgebildet waren. „Demnächst kommt der Stoff in den Tank. Die Spürhunde riechen das Benzin, nicht aber das Koks." „Und wenn alles fliegen in die Luft?!", sprach der Russe aufgeregt. „Ich kann Ihnen versi-" Plötzlich spürte der vor Schock gelähmte Grauwolf einen heftigen Tritt in sein Kreuz. Sofort purzelte er unangenehm die zwei Treppenstufen ins Unterdeck hinab und landete vor den Füßen der beiden Geschäftsleute. Der dicke Russe sah abfällig auf den Wolf dort unten. „Na Kleiner, suchst du deine Mami?", verhöhnte ihn der Kapitän des Schiffs, der ihn entdeckt und enttarnt hatte. Na klar, er hatte ja nichts mehr zu tun, nachdem das Schiff den Anker losgelassen hatte! An den hatte Ron nicht mehr gedacht. Ron ächzte und erhob sich langsam wieder. Diese Schmerzen! Er sah auf Arno und die Bulldogge, den Russen, neben ihm. „A-Arno, was geht hier vor?" „Wer ist das?", ertönte es mit russischem Akzent. „Ich weiß nicht", sprach Arno nervös und machte eine Handbewegung zu seinem Kapitän, dass er ihn fortschaffen sollte. „Aber Arno! Ich ... sag mir doch was los ist ... macht ihr Rollenspiele?" Der gegelte Hund sah unsicher auf seinen Kumpanen. „Ich, hören Sie ..." „Ich wissen! Sie untröstlich!", tat der Russe ab und wollte seine Ausrede gar nicht erst hören. „Kommen wir zurück zu meiner neuen Idee. Wir können auch Wasser in den Tank machen ..." Der Kapitän von der Größe eines Bären - er war ja auch ein Pinscher -, packte den kleinen Ron und schleifte ihn weiter unter das Deck. „He, lassen Sie mich los! Das find' ich gar nicht mehr sexy!", maulte Ronny hilflos, doch seine Stimme entfernte sich, als er in Richtung des Maschinenraums gebracht wurde. Der kräftige Seerüde zerrte ihn weiter unters Deck, entriegelte im untersten Bereich des Schiffes eine kleine, sehr enge Kammer. Dahinter befanden sich Rohre, Leitungen und ein paar Kontrolllämpchen. Dies war das Herz des Schiffs. „Ist zwar nicht erste Klasse", spottete der Kerl, „aber dafür hast du 'ne eigene Kabine." Ein fieses Lachen begleitete seine skrupellose Tat. Dann stopfte er den wehrlosen Rüden in den engen Raum und schloss die blecherne Tür. Ron aber ließ nicht lange auf sich warten und trommelte wie ein Besessener gegen die Wand. „Hilfeee! Ich will hier raus!" Der dunkle Hund öffnete die Tür noch einmal und sprach. „Ist im Anmarsch!" Mit diesen Worten schlug er ihm aufs Kinn und sorgte dafür, dass Ron fürs Erste bewusstlos wurde und zusammensackte. Die Klappe wurde verriegelt, Ron war eingesperrt. Nur die kleinen Lämpchen spendierten dem Wolf ein schwaches Licht.

Es war bereits später Abend und Yust arbeitete noch immer fleißig am Rechner. Oftmals musste er die Arbeit von Dreien erledigen. Eigentlich konnte er Yestos Hilfe jetzt mehr denn je gebrauchen, doch er hatte Verständnis dafür, dass sein Chef derzeit gar nicht in der Lage war, richtig anzupacken. Seine Äußerung, dass er krank sei, war demnach gar nicht einmal so verkehrt. Yesto hatte den Kopf auf seine starken Arme gelegt und schlief am Tisch, genau wie Ronny es vor kurzem noch getan hatte. Irgendwie war es ein ganz und gar außergewöhnlicher Anblick, den Chef schlafen zu sehen, der er sonst Überstunden machte und seiner Arbeit eine sehr hohe Priorität einräumte. Als jedoch plötzlich sein blaues Telefon klingelte, wachte er abrupt auf und sah völlig entgeistert umher. „Hab ich geschlafen?" „Unsinn", antwortete Yust mit einem leichten Lächeln und tippte weiter. Na bitte, das rote Telefon. Jetzt wurde alles wieder gut. Ähnlich erhoffte es sich wohl auch der dunkle Rüde und so nahm er das Telefonat ohne zu zögern an. „Ron?" Leider verstand er kaum etwas, denn die Verbindung war denkbar schlecht. „Was? Ej ich versteh' dich kaum! Außerdem brummt da was so laut. Stehst du neben der Autobahn?!" Yust lauschte unweigerlich mit. „Was ist los? Kannst du nicht woanders telefonieren? Hä? Was ist mit Lassie??!" Das Telefonat endete plötzlich, es bestand keine Funkverbindung mehr. Doch an ihm lag es nicht, wie er mit einem Blick auf seinen Bildschirm feststellte. Er hatte vollen Empfang. Leicht verärgert darüber, dass Ron es nicht noch mal versuchte und bewies, wie wichtig ihm das war, sah er zu Yust. „Ich hab das Gefühl, der Spinner will mich auf den Arm nehmen." Yust zuckte mit den Schultern. Er konnte das nicht beurteilen. Er wusste aber, dass er seinen Kleinen das erste Mal als so etwas bezeichnete, was schon verwunderlich genug war. Vielleicht auch besorgniserregend. Yesto steckte das Telefon wieder weg und gähnte noch einmal. „Ich werd' dann mal nach Hau-" Plötzlich ertönte das Geräusch, das ihm mitteilte, dass er eine Kurznachricht hatte. Voller Hoffnung nahm er es heraus und sah auf den Bildschirm. Seine Augen weiteten sich schockiert, als ihm die drei unmissverständlichen Buchstaben mit dem Ausrufezeichen in den Blick fielen. „SOS!"