Für dich alles, Kapitel II — Kribbeln in der Brust

Story by Gleaming Black on SoFurry

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Für dich alles

Kapitel I -- Zwei Telefone

Kapitel II -- Kribbeln in der Brust

Kapitel III -- Zerreißprobe

Kapitel IV -- SOS

Kapitel V -- Wahre Liebe

Kapitel II - Kribbeln in der Brust

Trotzdem. Die Arbeit musste weitergehen. Es gab noch weitere Klienten zu beschützen. Um zu verhindern, dass Yust aufgrund seines derzeit schlechten Zustandes weitere Fehler beging, hatte Yesto ihn aufgefordert, seinen Resturlaub von drei Tagen zu nehmen. Der schwarze Rüde mit dem weißen Brustfell arbeitete also fürs Erste allein an den zukünftigen Plänen zum Schutz der Klienten. Es stand außer Frage, dass der Vorwurf ihren Ruf schädigen würde. Er musste zusehen, wie er das nicht nur Alikho, sondern auch vor der Presse erklärte und was er zu tun gedachte, um Vorfälle dieser Art künftig zu vermeiden. Am Ende eines langen und anstrengenden Arbeitstages - es war bereits dunkel -, schwang sich der muskelbepackte Wolf auf sein elektrisches Zweirad und fuhr nach Hause. Auf dem Weg dorthin kam er an einer Bushaltestelle vorbei, der gegenüber er anhalten musste, da die Ampel rot zeigte. Obwohl es schon dunkel war und er seinem dunkelblauen Helm aufhatte, hatte er sich nicht verguckt: er war es. Yesto fuhr rechts auf die Busspur und hielt direkt neben dem Wartehäuschen mit dem schwachen Licht. Yesto klappte die Blende hoch und sprach mit Blick auf die Haltestelle. „Hej Vater! Ich komm' zwar nicht ganz nach Fahrplan, aber vielleicht kann ich dich ja trotzdem ein Stück mitnehmen?!" Jetzt lenkte ein älterer aber keineswegs klappriger Rüde mit Goldkette und nur mit einem Unterhemd und einer kurzen Hose bekleidete den Blick auf ihn. „Yesto?", fragte der bleichgraue Rüde mit dem zerstrubbelten Fell. Wüsste es der Schwarze nicht besser, hätte er meinen müssen, sein Vater war zum Trinker verkommen. „Geht nicht", erwiderte der Alte, „Ich hab meine Einkäufe dabei, siehst du doch." Links und rechts trug er je eine gelb-orangefarbene Tüte mit allerhand Lebensmitteln. „Kein Problem", sprach Yesto beinahe kumpelhaft, stieg ab und nahm ihm die Tüten langsam ab. Er hängte sie an je einen Lenker und nahm einen zweiten Mottorradhelm unter dem Sitz heraus, den er eigentlich speziell für Ron gekauft hatte. „Steig auf", forderte er ihn anschließend auf und setzte sich selbst drauf. Nur zögerlich befolgte der Alte seine Aufforderung und sah misstrauisch auf das Motorrad. „Kannst du so was überhaupt fahren?!" Was sollte er denn von der Äußerung halten? Traute er ihm denn gar nichts zu? Spöttisch erwiderte der kräftige Rüde, der den Lenker festhielt und wartete, dass sein Vater bereit war. „Hergeschoben hab ich's jedenfalls nicht." Plötzlich hupte es hinter ihnen. Kein Wunder, Yesto blockierte ja unerlaubterweise die Busspur. „Ja ja", erwiderte er ein kleinwenig gereizt und fuhr los, als sich der Alte an ihm festhielt. Dass Busfahrer auch immer so mies drauf sein mussten ...

Am späten Abend kamen die Zwei vor einem kleinen Plattenbauhaus mit fünf Geschossen an. Yesto stieg ab und nahm den Mottorradhelm ab, nachdem er seinem Vater die zwei Tüten gegeben hatte. Er verriegelte das Hinterrad und steckte die Schlüssel weg. Ganz offensichtlich hatte sein Vater Probleme, die Haustür aufzuschließen, so lange er die beiden Tüten schleppen musste. „Gib her, ich nehm' dir eine ab", sagte er. Aber der Alte ließ sie sich nur widerwillig abnehmen. „Ja, kann ich auch allein", grummelte er schlecht gelaunt und stieß die Tür nach dem Entriegeln auf. Dennoch trug Yesto die Tüte noch bis zu seiner Wohnung, die gleich im ersten Stock lag. Fast hatte der Schwarze meinen wollen, sein Vater hatte versucht, die Wohnungstür vor ihm wieder zustoßen zu wollen, aber das ging ja eh kaum, da der Rüde mit dem Tragen der Einkäufe genug zu tun hatte. So trat der Hüne ebenfalls in die Wohnung ein und sah sich einmal mehr bedächtig um. Überall standen Bilder, es hingen Orden und Auszeichnungen an den Wänden. Sein Vater war ein anerkannter Offizier gewesen, ein echter Kämpfer in jungen Jahren. Fotos zeugten von seinen Erfolgen, von seinen früheren Freunden und Kollegen, er posierte neben beeindruckenden Waffen und Geschützen, überall Flaggen und auch ein paar echte Gewehre, welche an den Wänden hingen. Yesto sah sich weiter im Wohnzimmer um, welches gleich hinter der Eingangstür lag. Es gab nur noch Bad und Küche, die Wohnung war sehr klein und bescheiden. Reich geworden war er trotz seines hohen Ranges nicht. Dafür hatte der Alte ein paar Narben und nicht mehr alle Finger. Irgendwie war es schon bewundernswert, wie sich sein Vater durchs Leben gebissen hatte, doch auf der anderen Seite wollte er dieser Karriere nicht folgen. Zwar war seine Arbeit auch alles andere als risikoarm, doch tat er es für einen guten Zweck - zum Schutze besonderer Persönlichkeiten. Der junge Rüde sah zur Küche, aus der sein Vater sprach, während er die Einkäufe einräumte. „Lebt immer noch der Schwule in deiner Wohnung?" Yesto ertrug diesen kritischen Unterton nicht. Schon allein, wie er den Satz formulierte, machte ihn wahnsinnig. „Vater!", sprach er kräftig mahnend. „Ich bin auch schwul!" Das hatte der Alte immer noch nicht kapiert oder besser gesagt wollte er es nicht wahrhaben. Es war ja nicht so, dass Yesto überrascht oder gar schockiert war. Als nächstes hörte er seinen Vater murmeln, doch er wünschte, er hätte es nicht gehört. „Nicht zu fassen, dass du dich auf so was einlässt." Yesto wollte das Thema wechseln, sein Vater war der Letzte, mit dem er über seine Gefühle sprechen wollte. Eigentlich war er niemand, der sich ungerechtfertigterweise schämte und es verheimlichte, aber er wollte Streit mit seinem Alten vermeiden. „Hast du noch Kontakt zu deinen Stammfreunden?" Der Dunkle war ehrlich interessiert an dieser Frage, denn er wollte nicht, dass sein Vater einsam war und die letzten Jahre nur noch vor sich hinvegetierte. Doch einen so labilen Eindruck machte der berentete Offizier eh nicht. „Was soll die Anspielung?", fragte der graue Wolf vorwurfsvoll und warf eine Einkaufstüte weg, die er bereits geleert hatte. „Das ist keine Anspielung!", stellte der Junge selbstbewusst fest. „Triffst du dich ab und an mit jemandem oder ..." „Ich brauche keinen Jemanden!", unterbrach ihn sein Vater mürrisch, während er kein einziges Mal auf seinen Sohn sah, der in der Tür stand. Yesto hatte langsam keine Lust mehr, zur Zielscheibe seiner schlechten Laune zu werden. Er wollte seinen Vater nicht verkommen lassen, aber wenn sich der Rüde so abstoßend benahm, war er selbst Schuld, wenn er seinen Lebensabend allein verbrachte. „Schon gar nicht einen, der meinen Kühlschrank leerfrisst und micht ausnutzt", fügte der Vater hinzu. Sollte Yesto jetzt so tun, als wusste er nicht, auf wen er anspielte? Nein, das ließen seine Gefühle nicht zu. Der dunkle Wolf schimpfte energisch. „Lass Ron aus dem Spiel! Du kannst mich beleidigen, aber nicht Ron!" Das musste er verstehen. Sein Vater war ja nicht komplett dumm, er war nur irgendwie störrisch und vollkommen vernarrt. „Mach die Augen auf, Junge!", brüllte sein Vater ihn an, wobei er ihm erstmalig einen zielstrebigen Blick zuwarf. „Der kleine Schmarotzer nutzt dich aus und du lässt dir das gefallen. Du kannst jede Fähe der Stadt haben, aber stattdessen verschwendest du dich an diesen ..." Kein Wort mehr! Er sollte gar nicht ausreden. Yesto konterte lautstark. „Ich lasse mir von niemandem Ratschläge erteilen, der seine einzige Ehe wegen seiner Gier nach Orden und Ehre gegen die Wand gefahren hat. Ich liebe nicht, wie andere es mir vorschreiben. Schon gar nicht du!" Daraufhin verließ er die Wohnung und ließ seinen brabbelnden, alten Vater allein zurück. Mit einem lauten Türknallen untermauerte Yesto seine Wut. Im Hausflur - er musste nur eine Treppe gehen -, traf er sogleich auf die Nachbarin seines Vaters. Er zwang sich, seine Wut nicht anmerkennen zu lassen. „Guten Abend, Frau Graf." Doch kaum passierte sie ihn mit ihrem Hausmüll in der Pfote, da warf sie ihm einen Satz an den Kopf, den er wohl seinen Lebtag nicht mehr vergessen sollte. „Sie?! Dass Sie sich nicht schämen! Sie sind ein mieser Kinderschänder!" Wie erstarrt hielt er inne, glaubte sich verhört zu haben. Aber sein Gehör war ausgezeichnet. Als er den Sinn, oder viel mehr Unsinn, ihres Satzes verinnerlicht hatte, trabte sie schon ein Stockwerk höher zu ihrer Wohnung. Nie hatte er geglaubt, dass ihn ein Fremder derart treffen könnte ...

Endlich zuhause! Der Umweg war ein Fehler gewesen. Vielleicht hätte er seinen Vater an der Bushaltestelle stehen lassen sollen, so tun sollen, als hatte er ihn nicht erkannt. Vielleicht war es grundsätzlich ein Fehler, den Rest der Familie zusammenhalten zu wollen, nur um noch etwas wie eine „Familie" zu haben. Er hatte Ron, das war viel wichtiger. Nicht die Verwandtschaft mit jemandem verband einen, sondern die Gefühle waren dafür ausschlaggebend. Für seinen Vater fühlte er immer weniger. Vielleicht lag es auch daran, dass er sich immer wünschte, genauso einen verständnisvollen Vater zu haben, wie Ron eine Mutter hatte, die nur das Beste für ihren Sohn wollte und die nichts gegen die außergewöhnliche Liebe ihres einzigen Kindes hatte. Doch er wollte Ron nicht blind beneiden. Ronny hatte so oft einstecken müssen, hatte eine schwere Jugend durchlebt und war auch heute noch ein erfolgloses Wölfchen auf der Suche nach Anerkennung. Er hingegen hatte eine Firma aufgebaut und einen großen Wunsch wahrgemacht: Er half, wichtige Personen, die die Welt zu bessern versuchten, zu schützen. Nicht zuletzt war er auch deshalb zufrieden mit seinem Leben, weil er Ron getroffen hatte und dieser genau das gleiche für ihn empfand, wie umgekehrt. Der muskulöse Wolf warf seine Weste über den Kleiderständer und setzte sich auf das Sofa-Bett. Der Fernseher lief, aber Ron war gerade auf der Toilette. Yesto dachte nach. Wieso beschäftigte ihn das Gerede so uneinsichtiger Leute? Es musste ihm egal sein. Sie waren es nicht wert, für ihr dummes Geschwätz Aufmerksamkeit zu bekommen. Als Ron wieder ins Wohnzimmer trat, begrüßte er ihn mit Freude. „Hallo Yesto! Ich hab dich gar nicht kommen hö..." Yesto aber sprang wortlos vom Sofa-Bett auf und trat mit einem Schritt auf ihn zu. Noch eh der Kleine seinen Satz vollenden konnte, umarmte ihn der Rüde, der gut einen Kopf größer war, herzlich und drückte ihn voller Leidenschaft. „Uff!", spuckte der Graue überrascht aus und legte ebenso seine Pfoten auf den großen Rücken seines Geliebten. „Ich hab dich vermisst", sprach Yesto mit einer etwas verzweifelten Betonung. Oh und wie er das hatte! Es war selten, dass er seinen Partner so temperamentvoll „überfiel", doch diesmal hatte er es gebraucht. Der kleinere Wolf kicherte amüsiert, nicht zuletzt auch deshalb, weil Yestos Umarmung seine Rippen kitzelte. Yesto hielt ihn fest, wollte ihn in diesem Moment am liebsten nicht mehr loslassen ... niemand durfte sie auseinanderbringen. Niemand!

Im Verlauf des weiteren Abends sprach Yesto eine Idee an, die ihm im Laufe des Tages gekommen war. Er wollte nicht, dass der Kleine daheim versauerte und das Arbeiten irgendwann nicht mehr gewohnt war. Außerdem wollte er ihn natürlich gern öfter bei sich haben, was seine anstrengende und verantwortungsvolle Aufgabe für gewöhnlich viel zu wenig zuließ. Er bot Ron an, in seiner Firma auszuhelfen, es sollte eine Art Praktikum sein für die Zeit, in der Ron noch nichts Richtiges hatte. Der Wolf sollte am Ende eine Bewertung bekommen, die ihm bei künftigen Bewerbungen half. Der junge Rüde war natürlich hellauf begeistert, immerhin war es schon immer sein Wunsch gewesen, bei Yesto zu arbeiten und er konnte sich keinen besseren Chef vorstellen.

Yesto nahm Ron am nächsten Morgen mit zur Arbeit. Die Zwei fuhren mit dem Elektrorad zum Behälterbau auf dem Kiesplatz. Während der schwarze Rüde die Helme verstaute und das Hinterrad verriegelte, lief sein Partner schon zum hellen Häuschen und öffnete die Tür, leider ohne anzuklopfen. Yust, der - wie jeden Morgen - schon als erster zur Arbeit gekommen war und fleißig am Rechner arbeitete, sah etwas verdattert auf den einzigen Eingang des kleinen Büros. „Ja, wer bist du denn, Kleiner? Hast du dich verlaufen?!" Er grinste hämisch, als er die kleine, etwas hagere Gestalt des Grauwolfs am Eingang sah. Ron war etwas überrascht, dass schon jemand da war und stotterte. „Ich ehm ... ich arbeite hier, seit heute ..." Yust lachte herzhaft. „Jah, fragt sich nur als was." Das glaubte er ihm natürlich nicht, stattdessen war er drauf und dran, sich über ihn lustig zu machen. Gerade wollte er scherzhaft raten, als was der Zwerg hier bei den Leibwächtern wohl arbeiten würde, da erschien auf einmal Yesto, sein Chef, hinter dem Kleinen und warf ihm einen strengen Blick zu. „Ich ... ah ... ich ... äh ..." Wortlos wandte er sich wieder seine Arbeit zu und hämmerte sofort auf der Tastatur herum. Er wollte im Boden versinken! Er hatte Ron noch nie getroffen, aber als er sah, dass der Kleine mit Yesto zusammen erschienen war, wurde ihm klar, dass das nur sein besagter Partner sein konnte. Yesto war ihm nicht lange böse, sondern wies Ron an, sich an das kleine Tischchen am anderen Ende des engen Büros zu setzen. „Krieg' ich auch 'nen Rechner?", fragte der erwartungsvolle Jungrüde fröhlich und nahm sogleich Platz. Yesto lachte entschuldigend. „Mal schau'n. Erst mal kannst du andere Sachen erledigen." „Zeigst du mir ein paar Kamfsporttricks?" Das war freilich das, was sich der Graue unter der Arbeit bei seiner Personenschutzfirma vorstellte, doch Yesto dachte nicht im Traum daran, seinen Kleinen, und durch seine kämpferische Unfähigkeit die Klienten, in Gefahr zu bringen. „Mal sehen", murmelte er und suchte nach einigen Aktenordnern. Nach ein paar Sekunden hatte er drei Stück zusammengesucht und legte sie zu Ron auf den Tisch. Dieser beobachtete sie ungläubisch und hörte, was Yesto dazu sagte. „Such alle Quittungen raus, die älter als 2001 sind. Das ist wichtig fürs Finanzamt. Die kommen auf diesen Nagel hier, einfach aufspießen die Zettel." Das tat er mit einer Quittung. Anschließend wandte er sich Yust zu und sprach. „Stehen heute noch Termine fest?" „Nicht, dass ich wüsste", sprach Yust und sah im Terminkalender nach. Ron sah fassungslos auf die bunten Zettel. Das sollte er alles bearbeiten? Er war sprachlos, wirkte fast apathisch. Arbeit! Als er jedoch bemerkte, dass sein Geliebter zum Ausgang ging, fragte er beinahe hilflos. „Gehst du weg?" „Ja, ich muss das Zweirad zum TÜV bringen." Er sprach zu Yust. „Ach und Yust, sorg' bitte dafür, dass die Bemerkung ,Wir konnten alle Klienten ohne Zwischenfälle beschützen', aus unserer Werbemappe verschwindet. Das ist ja nun nicht mehr ganz aktuell", sagte er mit leichter Verärgerung und war schon halb verschwunden. Yust stimmte etwas unfreiwillig zu, als er gerade einen Anruf entgegennahm. „Personen- und Veranstaltungsschutz Nord GmbH, Yust hier." Ron wirbelte hilflos mit den Zetteln umher, musste sich erst mal überlegen, wo er was hinlegte und wie er alles einsortierte, wenn er fertig war. Wenn er fertig war! Das klang ja wie ein in ferner Zeit liegendes Ereignis. Plötzlich sprach ihn der Telefonierende an. „Äh Ron, hast du mal 'n Zettel ... oder am besten du schreibst gleich auf!" Ron wurde immer überforderter und suchte eine alte Quittung, die älter als 2001 war, um auf der Rückseite zu notieren. „Freitag, 18 Uhr, Restaurant de la Passion." Eilig krakelte er, was Yust ihm diktierte. So hatte er sich die Arbeit bei den Leibwächtern aber nicht vorgestellt!

Der schwarze Rüde mit dem weißen Brustfell fuhr sein schnelles Elektromotorrad souverän in die kleine Auffahrt der TÜV-Werkstatt. Der Mitarbeiter mit der blauen Hose begrüßte den starken Rüden. „He Yesto, schön, dass du mal wieder vorbeischaust!" „Find' ich auch." „Alles klar mit deinem Fahrzeug?" Yesto antwortete. „Hoffe doch. Schau trotzdem mal durch, ich brauch' 'nen neuen TÜV. Lass uns den Papierkram nachher machen, ich muss noch mal einkaufen." „Alles klar", antwortete der Mechaniker. „Einmal HU aber ohne AU!" Er lachte wie ein kleines Kind, aber das nahm ihm der Große nicht krumm. Er vertraute seiner Kompetenz und drauf kam es an. „Schaffst du das innerhalb einer Stunde?" Er sah auf seine Uhr. „Das ist nicht das Problem. Aber eigentlich arbeite ich nur noch 'ne halbe." Yesto sprach beinahe kumpelhaft. „Kriegst du's trotzdem hin? Ich brauch' das Teil, ich muss nachher gleich wieder zum Büro. Ich bring' dir auch 'n Bier mit für den Feierabend." Der Mechanikerwolf lachte fröhlich. „Na gut, gewonnen!"

Eilig stattete der Hüne dem Lonkos-Supermarkt gegenüber einen Besuch ab. Er lief im Schritttempo durch die Regalgänge und suchte nach den Waren, die er benötigte. Nach seinem ersten Arbeitstag würde der Kleine sicher Hunger haben wie ein Großer. Er wollte daher etwas Ordentliches kochen. Und das Bier durfte er natürlich nicht vergessen. Er hielt sein Wort immer. Doch gerade als der Rüde zum letzten Pils greifen wollte, kam ihm eine schmutzige Kralle zuvor und schnappte ihm die braune Flasche vor der Nase weg. Er sah der Bulldogge noch hinterher. Ein arroganter Kerl war das, das sah man ihm sofort an, sah aus wie ein Kapitän. Das hatte er mit Absicht gemacht, das stand außer Frage. Bevor er sich auf die Frage hin, ob es noch ein Pils dieser Sorte gab, ein mauliges „Hamm wa nich" anhören musste, griff er dann doch zum etwas billigeren Dosenbier weiter unten. Hoffentlich glaubte der Wolf von der Werkstatt nicht, er wollte ihn mit möglichst billigem Gesöff abspeisen. Als er alles hatte, machte er sich auf zur einzigen, geöffneten Kasse.

Doch kaum hatte er sich angestellt, da huschte ein anderer vor ihn, dass es so dreist war, dass das nicht auf ein Aus-Versehen abzuwälzen war. Aber das versuchte der Kerl auch gar nicht, denn es war genau der, der ihm das Bier weggeschnappt hatte. Yesto musterte ihn nunmehr genauer. Bestand der einzige Sinn seines Seins darin, andere Leute zu ärgern? Bevor er ein Urteil gefällt hatte, drehte sich der Schuldige um und sah ihn böse an. Der Typ war nicht weniger muskelbepackt als er und baute sich sichtlich vor ihm auf. „Kiekstn so dämlich, Mann?!" „Du hast's wohl besonders eilig, was?", fragte er ironisch. Das war es natürlich nicht, das war ihm auch klar. Es war eine Anspielung auf sein Vordrängeln. „Ja und?!", grölte der Kerl mit der Flasche, die in seiner Pfote lässig hin und her baumelte. Noch eine Weile sahen sie sich an, fixierten sich wie zwei angriffslustige Tiger. Doch Yesto hatte keineswegs Lust auf eine Auseinandersetzung. Er wollte sich nicht so leicht provozieren lassen. Also entschied er, dass er halt vorgehen sollte, auch wenn er solch flegelhaftes Verhalten für gewöhnlich nicht noch belohnen wollte. „Na los, nun stell dich schon an, wenn du schon vor mir stehst." Doch der Kapitän hatte viel mehr Gefallen daran, weiter zu provozieren, als nur einzukaufen. „Ich stelle mich an, wenn's mir passt, verstanden?" Am liebsten hätte Yesto ihn nun zur Seite geschoben und Anspruch auf seinen Platz gemacht, aber jede Berührung hätte der Fremde sicher schon als Angriff gewertet. Und mit der Bierflasche ins einer Pfote wurde er zu einer echten Bedrohung. „Und kannst du schon abschätzen, wann es dir voraussichtlich passen wird?" „Willst du Stress du schwule Ratte?" Jetzt weiteten sich Yestos Pupillen etwas erschrocken. Was redete er da? „Wieso nennst du mich so?", fragte er langsam und dunkel, um festzustellen, woher er das wusste. „Geht dich 'nen Scheißdreck an!" Unweigerlich spürte der Dunkle, wie die Wut in ihm zu kochen begann. Musste er sich hier, vor den Augen zahlreicher anderer Kunden, öffentlich bloßstellen lassen, nur weil er anders liebte? Seine rechte Faust ballte sich, in seiner linken Pfote trug er die Einkäufe. Er ließ sich nicht niedermachen! Er würde dem Kapitän zeigen, welchen Kurs er ... Stopp. Yesto bemerkte, wie sich hinter ihm zwei halbe Welpen anstellten, kaum groß genug, um auf das Band zu schauen. Zwar hielt die Wut in ihm an, er wollte diesem Zorngiebel so gern eine Lektion erteilen, doch sollte er das vor den Augen der Kleinen tun? Womöglich hatte er ihm diese Beleidigung nur so an den Kopf geworfen. Woher sollte er denn wissen, dass er homosexuell war? Das stand ihm nicht auf der Stirn und für gewöhnlich sah man ihm das auch nicht an, anders als bei Ron, der durch Gestiken und Sprechweisen schnell auf sich aufmerksam machte. „Ja wattn nu, koofen Sie jetzt ein oder watt?", ertönte es auf einmal von der alten Fähe an der Kasse, nachdem sich zwischen dem Meeresungeheuer und ihr schon eine Lücke aufgetan hatte, weil alle anderen Kunden vor ihm fertig waren. „Ich glaube du bist dran!", sprach Yesto besserwisserisch und deutete zurückhaltend auf die große Lücke. „Ach was!", maulte der aggressive Kapitän und drehte sich etwas widerwillig um, um sein Bier zu bezahlen. Nein, der hatte sicher kein Gespür für so was. Er wusste nicht, wie seine Gefühle aussahen, dass Yesto einen anderen Rüden liebte. Er beleidigte einfach nur gern. Er hätte jeden so bezeichnet. Irgendwie hatten die Kränkungen seines Vaters und dessen Nachbarin in ihm eine ungeahnte Paranoia geschaffen, wie er sie sich bis vor kurzem nicht alpzuträumen gewagt hätte. Doch es gab noch so etwas wie die schicksalsgelenkte Gerechtigkeit. Der alte Sack kratzte zwar jede Münze zusammen, die er in den sieben Weltmeeren gefunden hatte, doch bekam er den Betrag für die eine, teure Flasche Bier nicht zusammen. „Nee nee, junger Mann. Dit reicht ne!", mahnte die Kassiererin. „Scheiße man, was für 'n Saftladen!" Mit diesem Satz trat der aufgeblasene Kugelfisch gegen die Seitenwand der Kasse und steckte seinen kläglichen „Reichtum" wieder ein. Er warf Yesto noch einen verhassten Blick zu, so als sei dieser Schuld daran, dass er nicht rechnen konnte. In der Tat hatte der Dunkle, der weit gepflegter wirkte als dieser schiffeversenkende Kapitän, alle Mühe, sich ein Grinsen zu unterdrücken. Aber er unterließ es dennoch, es hätte den Typen sicher zum Überkochen gebracht in seiner peinlichen Lage. Immerhin konnte er nun doch noch die Flasche mit dem teuren Pils an sich nehmen, um sie dem fleißigen Mechaniker zu schenken.

Ron musste seinen Verstand abschalten, um diese Arbeit vollbringen zu können. Wenn er groß nachdachte, lenkte er sich ab, also befolgte er die von Yesto aufgetragene Arbeit roboterartig, damit sein Geliebter stolz auf ihn sein konnte. Doch er war nach wie vor überfordert von der Zettelwirtschaft und ärgerte sich, wenn er feststellte, dass er schon mehrere Quittungen auf falsche Stapel sortiert hatte, sodass er sie noch einmal durchgucken musste. Yust schaute auf seine Uhr und sprach. „Ich mach dann mal Mittagspause. Ron?" Er sah auf den beschäftigten, jungen Rüden in der etwas finsteren Ecke des Büros. Doch dieser war viel zu tief in seiner Arbeit versunken, um das mitzubekommen. „Roon!", sprach er nun lauter und erschreckte den Kleinen fast. „Ich mache Mittagspause, kommst mit zu Konopke?" „Wer? Wie? Ja klar!", stimmte er dann ein.

Während die Zwei vor der Imbissbude unter dem Viadukt der laut ratternden U-Bahn standen, überlegte Yust, ob es so klug war, den Lebenspartner seines Chefs zum Essen einzuladen. Er hatte nicht daran gedacht, dass es in diesem Zusammenhang für ihn aussehen konnte, als würde er seinen Ronny zum Fremdgehen überreden, zumindest den Anfang eines Fremdgangs. Wer dachte schon an so etwas, wenn man einen gleichgeschlechtlichen Kollegen einlud? Doch der Süßes und Salziges liebende Ronny freute sich sichtlich über die Pommes Frites und die Cola und vor allem darüber, dass er endlich einmal die Arbeit vergessen konnte. Der Grauwolf unterhielt sich gut gelaunt mit dem Angestellten seines Partners und schwärmte von vielen anderen Leckereien, die er ebenso gern aß.

Yesto war unterdessen wieder auf dem Weg zum Büro, als er ein Plakat sah, von dessen Meldung er Ron unbedingt erzählen wollte.

Zurück im Büro kam Ron gar nicht mehr raus aus der Kontaktfreudigkeit. Er saß mit dem Arm auf der Stuhllehne und dem Blick auf Yust, der eigentlich weiter arbeiten wollte. „Wie lange arbeitest du eigentlich schon für Yesto?" „Seit es die Firma gibt." „Und ist schon mal was passiert?" Yust stieß auf, als er die Frage hörte. Hatte ihm Yesto nicht davon erzählt? Er dachte sich, dass es womöglich einen guten Grund hatte und so tat er es eher als unwichtig ab. „Ja, schon." „Was ist passiert?" Und jetzt? Er geriet immer mehr in Bedrängnis. Und überhaupt musste er doch arbeiten, sonst würde Yesto unzufrieden mit ihm sein. Einen Chef wie ihn wollte er wirklich nicht verstimmen. Außerdem mochte er es womöglich nicht, wenn er sich so viel mit seinem Lebensgefährten beschäftigte.

Als es fast dunkel war, hatte Yesto das Büro erreicht. Er nahm das Dosenbier, das er außerdem gekauft hatte, aus dem Stauraum unter dem Sitz und legte den Helm dort hinein. Er sah natürlich nicht, dass sein Liebhaber über seine Arbeit hinweg eingeschlafen war und den Kopf auf die Pfoten gebettet hatte, welche auf den Quittungen lagen. Yust, der die Arbeit gewohnt war, saß vorm Bildschirm und dachte darüber nach, wie er seinem Chef erklärte, warum der heutige Tag so ganz und gar nicht zu seiner Zufriedenheit verlaufen war. Hätte er Ron wecken sollen? Er wagte sich nicht, mit ihm zu schimpfen, weil er seine Arbeit weniger als ungenügend verfolgte. Aber dass er ihn so schlafen ließ, sollte besser sein? Vielleicht konnte er sagen, er hatte es selbst nicht bemerkt. Doch eigentlich musste man in diese Branche aufmerksam sein, wenn einem solche Dinge nicht auffielen, war man hier falsch. Da öffnete sich auch schon die Tür zum Büro und der breitschultrige Rüde trat ein. Wie durch Zauberhand richtete sich der bis eben tief und fest schlafende Ronny auf und fuchtelte mit den Pfoten über die Zettelberge, als hatte er den ganzen lieben langen Tag überhaupt nichts anderes getan, vor allem die letzten drei Stunden. Immerhin, wenigstens ließ er sich nicht erwischen. Yesto stellte das Sechserpack Bier auf dem Tisch von Yust ab und sprach. „Alles glatt verlaufen?" Yust erschrak, als ihm auffiel, dass er zwar die ganze Zeit über das Problem des heutigen Tags nachgedacht hatte, nicht aber, wie er überhaupt auf eine so simple Frage antworten sollte. Sollte er lügen? Ron war doch sicher der Letzte, der ihn verriet, wenn er es tat, oder? „Nah ... also ..." Irgendwie bekam er heute keine richtigen Sätze mehr heraus; den Eindruck musste sein Chef von ihm haben. Doch der vorlaute Zwerg in der Ecke kam dem stotternden, schuldbewussten Arbeiter zuvor und antwortete übereifrig wie Eh und Je. „Na klaro!" Yesto lief sofort zu seinem Geliebten und gab ihm einen Kuss auf die Stirn, doch ihm entging nicht, dass sein Kleiner nicht viel mehr als zusätzliche Unordnung in die Quittungen gebracht hatte. Er war ja nicht dumm. „Ach Yesto", sprach der pflichtbebwusste Mitarbeiter und Buchhalter auf einmal. „Wir haben wahrscheinlich einen neuen Klienten. Ein gewisser Arno Gotz." „Ah ja?", er sah sich zu ihm um. „Er wollte 'nen Termin. Ich hab ihm einen gegeben, Ron hat ihn aufgeschrieben." „Äh ja, Moment", sprach dieser sofort und suchte eifrig. „Den hab ich hier!" Doch der vermeintliche Zettel mit der Notiz war leer. Falsche Quittung, die war ja auch von 2005! „Äh, nee." Yesto, der schon wusste, dass die Notiz wohl sicherer verloren war, als wenn man sie irgendwo über dem Regenwald abgeworfen hätte, wandte sich an seinen treuen Mitarbeiter und fragte. „Hast du den Termin noch im Kopf?" „Hier!" Holla die Waldfee! Ron hatte sie gefunden. Die Sache mit den Zeichen und den Wundern. „Gut, aber lasst uns Schluss machen für heute. Hast du veranlasst, dass unser Prospekt geändert wird?" „Ja", sprach Yust und wandte noch etwas ein, dass in seinen Augen fast wichtiger war, doch er tarnte es eher unterschwellig. „So gegen Mittag waren wir noch bei Konopke und haben ..." „Gib mir mal den roten Filzer!", sprach Yesto, der Yust kaum zuhörte, dabei wollte dieser gerade unbedingt sagen, dass sie zusammen essen waren, damit sein Chef nicht später zufällig davon erfuhr und sich hintergangen fühlte, weil er mit seinem Verlobten „aus" war. Yesto malte die Notiz rot an, damit er das nicht übersah. „Ron haben die Pommes geschmeckt." Eher hilflos versuchte der bräunliche Rüde, Yestos Aufmerksamkeit zu erlangen. „Ich hab mir 'ne Wurst bestellt, dazu Apfelschorle. Ron hat 'ne Cola bekommen und ..." „Ja!", erwiderte der muskulöse Rüde etwas überfordert, weil er gerade nachdachte, ob der Termin zeitlich passte, während ihm sein Mitarbeiter schräg von der Seite erzählte, was sie zu Mittag gegessen hatten. „Du kriegst das Geld ja wieder! Erinner' mich morgen dran, bitte." „Ach, ist nicht wichtig." Klar, Yesto hatte geglaubt, er sagte das, weil er das Geld wieder haben wollte, dabei wollte er nur von ihm hören, dass er nichts dagegen hatte, dass er mit seinem Ronny essen war. Er kannte die Zwei zusammen einfach nicht. Er wusste nicht, wie sensibel sein Chef darauf reagierte. Aber dieser war wieder einmal viel zu gutmütig, um ihm dafür böse zu sein und wollte ihm sogar das Geld erstatten. Yesto legte den Zettel neben die Tastatur seines Mitarbeiters. „Freitag 18 Uhr Rest o Rang Della Passiong" „Du kannst jetzt gehen, mach Feierabend für heute." „Danke." Ron hingegen sortierte noch einige Quittungen, da er sehr wohl wusste, dass er zu wenig gearbeitet hatte. Aber auch so arbeitete es sich für ihn besser, wenn er seinen Liebsten bei sich hatte. In seinem typischen Übereifer piekste er sich am Nagel. „Aua!" Yust nahm sich seine Jacke und wunderte sich, wie man sich an dem Quittungsnagel ernsthaft verletzen konnte, wenn man nicht gerade drüber fiel. Aber der Kleine bekam alles fertig. Yesto nahm sich seiner sofort an und begutachtete die leicht blutende Wunde seiner linken Pfote. „Yust", sprach er, während er den grünen Erste-Hilfe-Koffer von der Wand nahm. „Wenn ich den Termin mit diesem Arno nicht schaffe, musst du hingehen, Ich weiß noch nicht, wie's Freitag bei mir aussieht." Yust nickte. Er beobachtete, wie sein Chef Ron einen Verband ummachte. Einen Verband für eine so kleine Wunde? Yesto tat das mehr, um seinem Kleinen Beistand zu zeigen, zu zeigen, dass er ihm wichtig war. Auf diese Weise heilte die Wunde sicher ganz schnell, weniger durch den Verband, der eher überflüssig war. Der bräunliche Wolf konnte nicht glauben, was sich ihm darbot. Sein muskelbepackter Chef, breites Kreuz, fast hundert Kilo Gewicht, wie er dem kleinen Rüden von gerade mal geschätzten 60 Kilo, der sich an einem Quittungsnagel verletzt hatte, einen Verband umtat und beide erachteten es als völlig selbstverständlich. Konnte es einen stärkeren Kontrast geben als den zwischen diesen beiden Rüden? Und doch waren sie ein Paar. Er konnte nicht anders, als das irgendwie niedlich zu finden, obwohl er selbst nicht homosexuell war. Mit einem unauffälligen „Schönen Feierabend", verabschiedete er sich, doch Yesto hielt ihn noch einmal an. „Warte. Nimm dir doch 'n Bier!" „Au ja, ich will auch eins!", funkte der Kleine sofort dazwischen und seine Augen leuchteten wie die eines Welpen, der sein Weihnachtsgeschenk erwartete. „Gib noch eins rüber!", befahl Yesto freundlich und nahm die Dose entgegen, die er seinem verletzten Wölfchen öffnete, da dieser nun quasi Invalide war, fürs Erste. Bevor Yust abzog, mahnte sein Chef ihn noch an, erst zu trinken, wenn er daheim war; alkoholisiert zu fahren war verantwortungslos. Ron piepste schon wieder dazwischen, bevor Yust sagen konnte, dass er nichts anderes vorgehabt hatte. „Zeigst du mir jetzt 'n paar Kampftricks?" Yust musste jetzt wirklich gehen, sonst bekam er einen Lachanfall und er hätte seinem Chef nicht böse sein können, wenn dieser ihm dafür eine gescheuert hätte. Doch schon nach diesem einen Arbeitstag musste er zu der Erkenntnis kommen, dass Yestos Lebensgefährte ein kleiner, unreifer, realitätsferner aber ebenso amüsanter und liebenswerter Tolpatsch war, der ohne seinen Geliebten ein hilfloses Opfer der Gesellschaft wäre.

Die Zwei machten sich daheim einen entspannten Abend. Yesto bereitete das Essen vor, während sein kleiner Problemwolf auf dem Sofa lag und Fern schaute. „Und? Wie fandest du deinen ersten Arbeitstag?", fragte der Maestro durch die Luke in der Wand. „Na jaaa ..." Der dunkle Rüde mischte noch ein paar Gewürze hinzu. „Ich dachte ja immer, ihr beschützt Leute?" „Machen wir auch. Aber es fallen auch andere Arbeiten an. Buch- und Finanzhaltung sind Yusts Aufgaben, aber er kann etwas Unterstützung gebrauchen und du lernst was über unsere Arbeit." Der Kleine wandte ein. „Ich würd' ja lieber mal dabei sein, wenn ihr jemanden gegen die Bösen verteidigt." Wenn der Dunkle schon hörte, wie sein unerfahrener Gefährte von „dem Bösen" sprach, wusste er wieder, dass der graue Rüde kein geborener Leibwächter war. Das Böse war nicht immer einheitlich, es hatte viele Gesichter, nur das Endergebnis war immer das gleiche - nämlich böse und schlecht. Vor allem für ihre Klienten. „Lass mal. Ich will nicht, dass dir was passiert." „Ach, mir passiert schon nichts." Yesto hatte sich abgewöhnt, seine kleinen Ausrutscher amüsant zu finden, denn natürlich war es auch irgendwo ein Problem, eine Sehschwäche für den kleinen Wolf. Er hoffte sehr, dass er eines Tages wirklich erwachsen wurde und über seine eigenen Fehler von früher lachen konnte.

Nun, da das Essen erst mal kochte, ging er zu ihm ins kleine Wohnzimmer und setzte sich auf das Sofa-Bett. „Ich würde es mir nicht verzeihen, wenn dir etwas zustößt, ganz gleich, was es ist." „Ich weiß", gab Ron zu, dabei starrte er gebannt auf die Mattscheibe. Erst als sich sein geliebter auf dem Sofa-Bett langlegte, wurde er aufmerksamer auf ihn und merkte, dass es doch viel interessanter war, sich mit ihm zu beschäftigen. Der Graue stellte zwei Finger seiner rechten Pfote auf Yestos weißem Brustfell ab und spielte laufendes Männchen, das über ihn drüberspazierte, bis zu seiner Nase, die er anstupste. „Ich bin nicht kitzelig", erinnerte ihn sein starker Partner etwas müde. „Ich weiß." Nun legte er sich auf den großen Wolf drauf, was für diesen aber keine Belastung war, da der Graue für ihn ein Leichtgewicht war. Es regte die beiden eher an, auf eine erotische Weise. Ron leckte seine Schnauze und die Nase, während er seinen Leib auf Yestos presste, was ihm sichtlich gefiel. Die beiden umarmten sich, wobei Rons Pfoten nur seine Schultern umfassten, da er auf dem Rücken lag. „Ich möchte dich etwas Persönliches fragen", eröffnete Yesto plötzlich außergewöhnlich ernst und betrachtete den Grauwolf eindringlich. „Ah?" Er zog Ron etwas näher an sich, um seinen Kopf sacht an seinen zu legen und ihm ins Ohr zu flüstern. „Kannst du dir vorstellen, ... dass ..." Wie sollte er das nur formulieren? Er kannte keine Scham vor ihm, aber diese Frage konnte äußerst destruktiv wirken, wenn er sie nicht rücksichtsvoll formulierte. „... dass deine Gefühle ... vielleicht in ferner Zukunft ... nun, dass sie, wenn du älter bist ... sich verändern? Dass sie nicht mehr nach einem anderen Rüden verlangen, sondern ... dass du vielleicht eine Fähe liebst?" Jetzt nahm Ron schlagartig etwas Abstand von seinem Kopf und sah ihn ernst an. Hatte er ihn verletzt? Er wusste, dass er seiner Liebe vertrauen konnte, es war nur so ein dummes Gedankenspiel. Yesto wollte nur etwas Sicherheit ... „Bitte?" „Was?" „Ich mag Fähen nicht! Die sind zickig und immer nur unzufrieden!" Yesto wollte ihn fast schon wieder ermahnen, nicht so abfällig über Wölfinnen zu sprechen, doch natürlich war er irgendwo froh, genau das zu hören, was er hören wollte. „Fähen sind langweilig! Ich will dich, man!" „Ja, ja. Aber ..." Doch der Kleine ließ ihn gar nicht ausreden. „Keine Fähe kann so gut sein wie du. Du bist mein Schmusewolf!" Mit diesen Worten drückte er sich wieder fester an den Dunklen und zauberte damit ein zufriedenes Lächeln auf Yestos Lefzen. Es tat so gut, Gewissheit zu bekommen. Dennoch nahm er sich fest vor, Ron nicht als sein Eigentum zu betrachten. Er schloss nicht aus, dass es doch nur an seinen jungen Jahren lag, dass er zur Homosexualität neigte. Vielleicht kam es später doch einmal anders ... nur hoffentlich blieben sie dann trotzdem noch gute Freunde. Vielleicht machte er sich zu viele Sorgen. Er sollte lieber den Augenblick genießen. Im Augenblick gab es für ihn nichts Schöneres, als den anzüglichen Rüdenleib seines Partners auf sich zu spüren. Ein Gefühl, dass in ihm alle Lebensgeister weckte und seine Brust kribbeln ließ. Was wäre er nur ohne seinen Kleinen? Ronny war der ewige Frühling in seinem Herzen, die Versicherung, niemals so alt und vernarrt zu werden, wie sein zufriedener Vater, der zwar zahllose Orden hatte, aber nicht dieses wundervolle Gefühl, begehrt und geliebt zu werden von einem, der nicht ohne ihn leben konnte. Erst die Eieruhr in der Küche riss sie aus diesem vertrauten Spiel und erinnerte den Chefkoch daran, dass er das Abendessen nicht überkochen lassen durfte. „Oh, Mist, lass mich mal kurz ..." Nur ungern ließ Ronny seinen starken Wolf gehen. Es gab nichts, das ihm so sehr das Gefühl von Geborgenheit und Liebe geben konnte, wie dieser kräftige Rüde.