Wolfsblut - Teil 2 Kapitel 40: Der Gletscherstein

Story by silverstripe on SoFurry

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Teil 2: Eis

Kapitel 40: Der Gletscherstein

,,Stärker. Stärker. Noch Stärker."

Er schlug kraftvoll gegen den Fels. Seine Pfote schmerzte und etwas Blut sammelte sich auf den Knöcheln. Doch der Fels gab nach. Es knackte und kleine Risse bildeten sich auf dem harten Gestein.

,,Jetzt!" Er sprang. Drehte sich und wurde von einem Wirbel aus transparenten, rasiermesserscharfen Sicheln umgeben, die den Fels in hunderte kleine Stücke schnitten.

Mit einem lauten Schrei stieß er die Faust während der Landung in den Boden und eine Druckwelle schleuderte die kleinen Steine hoch in die Luft.

Mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck richtete er sich wieder auf, während die Steine wie feiner Sand vom Himmel herab rieselten.

,,Ich bin stark. Warum habe ich ihn dann nicht beschützen können?" Er zweifelte an sich und stellte seine Kraft infrage.

Das Sonnenlicht schien auf Sesukes Gesicht, das von kleinen Schnittwunden geziert war. Er kratzte sich über die Arme, an denen er Verbände trug. Um seinen Oberkörper war ebenfalls ein Verband angelegt worden, welches die Verletzung am Rücken und am Bauch verdeckte und schützte.

,,Drei Tage seitdem sie dich mitgenommen haben sind vergangen. Drei Tage musste ich dich warten lassen."

Der Collie ließ sich auf die Matte fallen, die als sein Schlafplatz gedient hatte. Er starrte gedankenverloren in den klaren Himmel. ,,Wäre ich früher nach Chénmò gegangen, hätte ich dich nicht befreien können. Doch nun konnten meine Wunden abheilen und meine Kraft hat sich regeneriert. Jetzt kann ich dich befreien."

Seine Kampfkleidung glühte orange-golden auf und löste sich in kleine Funken auf, die vom Wind wie Staub verweht wurden. Zurück blieb eine Jeans mit einigen Löchern und sein dunkelroter Mantel.

,,Drei Tage musstest du warten. Ich hoffe, das sie in der Zeit nicht all zu viel angetan haben."

Sesuke beobachtete, wie der Himmel sich in ein warmes Rosa-Orange färbte und die Sonne hinter den weißen Gipfeln des Aran-Gebirges verschwand.

,,Heute Nacht, werde ich dich befreien", sagte er mit fester und entschlossener Stimme.

Ein faustgroßes, weißes Ding in Form eines Samens zeigte sich auf dem flimmernden Bildschirm. Eine scheinbar sehr zähflüssige, rosafarbene Masse umgab den Samen, der rhythmisch zuckte, als ob er ein schlagendes Herz hätte.

,,Hánleng. Dein Name wird mein Triumph sein. Alles wird eins."

Er überprüfte die Werte in der Grafik.

,,Nur noch wenige Wochen und das Werk wird vollendet sein."

Einen Blick auf einen zweiten Bildschirm versicherte ihm, dass sich niemand in dem überwachten Raum befand. Auf dem Bildschirm war ein Raum zu sehen, in dem sich ein scheinbar wichtiger Gegenstand befand. Es handelte sich um einen großen Stein auf einem Marmor-Podest. Durch die satte, eisblaue Farbe, die der Stein hatte, schien er zu glühen und kleine Kristalle zierten seine Oberfläche.

Der Stein wurde von einer kleinen Glaskuppel geschützt, an der viele Kabel angeschlossen waren. Die Kabel führten durch den Raum in die Wand.

Kaith sah über den Bildschirm hinweg, wo das Kabel aus der Wand trat und in seinen Computer führte.

Neben der rosafarbenen Masse auf dem Bildschirm wurden einige Grafiken angezeigt. Kaith strich sich die weißen Haare hinter die Ohren und tippte auf die Tasten.

Ein Knacken gab Mazaru das Zeichen, dass er es geschafft hatte. ,,Ja, endlich. Die Tür ist entriegelt."

Er zog den Einbrecher-Draht, den er sich aus den Werkzeugen gebastelt hat, die er in einer heimlichen Minute geklaut hatte, aus dem Schloss und öffnete die Tür einen Spalt. Noch einen Blick aus dem Fenster versicherte ihm, dass es spät in der Nacht sein musste.

Einen kurzen Moment besann er sich. Der Blick war auf den Boden gesenkt und der Schweif hing schlaff herab. Seine Hoffnung, dass Sesuke ihn aus der Organisation befreien würde, wie er es schon mal getan hatte, war zerplatzt. Ein paar Tage saß er jetzt schon hier, ohne auch nur ein Lebenszeichen von Sesuke zu bekommen. Die Folter setzte ihm zu, doch die Tatsache, dass Sesuke nicht bei ihm war und ihn nicht beschützte, quälte ihn viel mehr.

,,Vielleicht... vielleicht ist er auch schon tot. Vielleicht hat er den Angriff im Schloss nicht überlebt."

Bisher hatte er diese Möglichkeit nicht bedacht. Wie konnte er Sesuke Vorwürfe machen, wenn er gar nicht mehr am Leben war? Vielleicht war er auch noch am Leben, hatte aber keine Lust mehr, seinen Beschützer zu spielen und sich dadurch in Gefahr zu begeben. Oder vielleicht war er einfach nur zu schwer verletzt, um etwas tun zu können. Mazaru schob die Gedanken beiseite, er konnte sich darüber auch noch später den Kopf zerbrechen, jetzt galt es, ins Freie zu gelangen und dann möglichst weit zu kommen.

Seine Pfote umklammerte einen kleinen, viereckigen Gegenstand. ,,Ich habe den Mikrochip noch immer. Ich muss ihn irgendwie loswerden, damit sie mich nicht finden können."

Er holte aus und warf den Chip mit aller Kraft durch die Gitter in seinem Fenster. Ein leises Platschen erklang, also ging Mazaru davon aus, dass der Chip in den kleinen Fluss gefallen ist.

,,Gut, dann wird er fortgetrieben werden. Das wird die anderen in die Irre führen."

Er spähte nach draußen in den Flur. Als er sich sicher sein konnte, dass die Luft rein war, trat er nach draußen und schloss die Tür seiner Kammer.

,,Soweit, so gut."

Mazaru schlich durch den Flur, in der Hoffnung, dass ihn niemand bemerken würde. Sein Fell kribbelte vor Anspannung. Was würden sie mit ihm machen, wenn sie heraus fänden, dass er fliehen wollte?

Er schüttelte den Kopf und warf einen Blick um die Ecke. Niemand war zu sehen, also ging er weiter. Vorsichtig tastete er sich voran. Kein Licht brannte im Flur, da Nachtruhe war und niemand das Licht benötigte. Wenn Mazaru jetzt den Schalter betätigen würde, wäre der ganze Fluchtversuch gescheitert, also musste er sehen, wie er im Dunklen voran kam.

Nach langer Sucherei und Verlauferei hatte Mazaru endlich den Haupteingang gefunden. Nur noch eine Tür trennte ihn von der Freiheit. Er legte die Pfote auf den Griff und war so glücklich darüber, Chénmò hinter sich lassen zu können.

Seine Freude wurde zerstört, da sich die Tür nicht öffnen ließ.

Mazaru biss sich auf die Zunge, um nicht laut zu fluchen. ,,Dann muss ich es durch den Hintereingang versuchen", überlegte er.

Lautlos landete Sesuke im Schatten des Gebäudes. Die großen Flügel verschwanden in seinen Schulterblättern und er band sich die Haare zusammen.

Er warf einen Blick auf die Umgebung und überprüfte die Sicherheitsvorkehrungen des Geländes.

,,Kinderspiel", dachte er und überquerte den Platz mit dem Geschick, der dem eines Ninjas glich.

Ein Augenpaar spähte hinter die Ecke, hinter der sich das Büro eines besonderen Fuchses befand. Schnell zog sich Mazaru zurück, als er das Licht erkannte. Er atmete tief ein und wieder aus. ,,Kaith ist noch wach."

Sein Herz hämmerte gegen seine Brust und sein Atem wurde flacher. Er wusste, wenn Kaith ihn jetzt erwischte, würde er noch mehr Schwierigkeiten bekommen und die Flucht könnte er vergessen.

,,Aber ich kann jetzt auch nicht zurück", sagte er sich und wagte noch einen Blick um die Ecke, hinter der Kaiths Raum lag.

Er legte sich die flache Hand auf die Brust und nahm einen tiefen Atemzug. Er dachte an Sesuke und die schöne Zeit mit ihm. An die Freiheit, die er hatte. Die schmerzfreie Zeit, in der er glücklich war. Die Gedanken daran gaben ihm den Mut, den er nun nötig hatte.

Vorsichtig führte er einen Fuß nach vorn und hielt dabei den Blick auf den Raum des Fuchses. Durch die die leicht geöffnete Tür drang das Geräusch des Tippens.

Mazaru verlagerte seinen Schwerpunkt nach vorn und hob den hinteren Fuß an. Er ließ ihn über den Boden schweben und setzte ihn wieder auf den Boden.

Schritt für Schritt schlich er an dem Raum vorbei. Er musste so leise wie möglich sein, da er das gute Gehör der Füchse kannte.

Sein Herzschlag normalisierte sich wieder, nachdem er den Raum einige Meter hinter sich gelassen hatte.

,,Jetzt keinen Fehler machen und zum Ausgang finden."

Wie ein Schatten kroch Sesuke an der Wand entlang und vergewisserte sich ständig, ob ihn jemand bemerkte. Da die Räume unbeleuchtet waren, konnte er kaum etwas erkennen. Doch er war geübt und konnte sich auf seinen Tastsinn und sein Gehör verlassen.

Er hob die normalerweise eingeknickten Ohren und konzentrierte sich, da er sich einzubilden schien, ein Geräusch wahrgenommen zu haben. Kopfschüttelnd schlich er weiter voran, darauf bedacht, jedes Geräusch aufzunehmen um nötigenfalls schnell reagieren zu können.

Neben einer Tür im Gang hielt Mazaru an. Er wusste nicht genau weshalb, doch irgendwas zwang ihn, stehen zu bleiben. Panisch schaute er sich um, doch er beruhigte sich wieder, da er niemanden entdecken konnte. Das Licht im Gang war aus, also konnte er davon ausgehen, dass kein Zàhng hier war.

Mazaru seufzte und legte eine Pfote auf die Tür. Plötzlich zuckte er zusammen, da die Tür unerwartet aufging.

,,Sie war nicht abgeschlossen", stellte Mazaru verwundert fest. Es gab einige Räume in Chénmò, die Zàhngs verwehrt waren und daher für gewöhnlich abgeschlossen waren. ,,Dummer Zufall", dachte Mazaru sich und spähte in den Raum. Er wusste, es würde ihn nur unnötige Zeit kosten, doch die Neugier drängte ihn dazu, in den Raum zu gehen.

Die Krallen bohrten sich in seine Handflächen und er wollte sich dazu zwingen, nicht noch mehr Zeit zu verschwenden. Er war seinem Ziel so nah, doch auf unerklärliche Weise zog es ihn zu etwas, das in dem Raum war.

,,Nein, ich muss weiter, ich darf jetzt nichts riskieren."

Zwei Sekunden später stand er in dem Raum.

Ein bläuliches Licht erhellte den Raum. Es schien die einzige Lichtquelle zu sein. Das Licht ging von einem Stein aus, der mit glitzernden Kristallen besetzt war. Eine dünne Glaskuppel, die mit Kabeln verbunden war, umhüllte den leuchtenden Stein. Doch die Kuppel hielt den Dingo nicht auf. Er rammte seine Krallen in das Glas, welches sofort zersplitterte.

Ein seltsames Gefühl durchzog seinen Körper. Instinktiv griff er nach dem Stein und hob ihn vom Podest. Ein Keuchen drang durch seine Kehle und er legte den Kopf in den Nacken. Der Stein schien heller zu leuchten und der Dingo schien in dem Licht zu baden.

Er spürte seinen Herzschlag und nahm die Kälte der Aura wahr, die ihn umgab. Das Gewicht in seiner Pfote wurde geringer. Als er hinsah, fiel ihm auf, dass der Stein zu verschwinden schien.

,,Als würde er sich auflösen", flüsterte er und beobachtete, wie das Licht schwächer wurde. Einige Augenblicke starrte er paralysiert auf die leere Pfote und versuchte zu verstehen, was passiert war.

Was war das für ein Stein? Und wieso hatte er ihn so angezogen?

Doch Mazaru wusste, dass er keine Zeit hatte, darüber nachzudenken. Erst jetzt fiel ihm auf, dass eine laute Sirene ertönte und rotes Licht die Räume geflutet hatte.

,,Verdammt!"Er riss die Tür auf und stolperte nach draußen auf den Flur, doch dort wurde er schon erwartet.

,,Mazaru."

Der Angesprochene riss weit die Augen auf, als er die Stimme erkannte. Aus dem Schatten trat ein Fuchs mit glatten, weißen Haaren und tiefschwarzen Augen. Zu Mazarus Verwunderung wirkte der Gesichtsausdruck von Kaith sehr wütend. Doch darüber konnte er sich auch später den Kopf zerbrechen.

Kaith hob die Pfote. Mazaru rannte in die entgegengesetzte Richtung. Plötzlich hörte er Schritte. Aus der Dunkelheit rannte jemand.

,,Mazaru!"

Der Dingo hörte die Worte nur gedämpft. Er war einfach nur glücklich, Sesuke lebend wieder zu sehen.

Ein grausiges Fiepen erhallte und der Strahl schoss durch die Luft. Das rote Licht füllte den Raum und Mazarus Augen verengten sich. Ein erstickender Schrei drang aus Mazarus Schnauze, gefolgt von dem ohrenbetäubenden Dröhnen der Explosion.

Sesuke handelte schnell. Er hechtete nach vorn und fing den Dingo, bevor er zu Boden ging.

Die Fetzen des gestreiften Pullovers wirbelten durch die Luft. An den Wänden klebten Blutstropfen. Der Strahl hatte den Dingo zwischen die Schulterblätter getroffen und eine tiefe Wunde in das Fleisch gerissen.

Einige Augenblicke vergingen und der Flur wurde mit einer Schar aus Zàhngs gefüllt, die durch den Alarm gerufen zur Stelle waren.

Sesuke, der den Dingo noch immer fest an sich geklammert hielt, war umzingelt. Keine Fluchtmöglichkeit war in Sicht. Keine Fenster oder irgendetwas, durch das er fliehen konnte und gegen eine so große Anzahl an Gegnern konnte er nicht kämpfen, ohne sein oder Mazarus Leben zu riskieren.

Er versuchte denjenigen ausfindig zu machen, der Mazaru attackiert hatte, doch durch die große Menge konnte er die Person nicht erkennen, der er am liebsten den Hals umgedreht hätte.

,,Fasst ihn. Er hat den Gletscherstein!", rief eine Stimme aus der Menge.

Sesukes Ohren zuckten aufmerksam. ,,Gletscherstein? Aber wie...?" Er konnte seine Gedanken nicht zuende denken, da ein Strahlensalve auf ihn abgefeuert wurde.

Die Zàhngs schienen keine Rücksicht auf Verluste zu nehmen, denn durch die geringe Größe des Flures war es unumgänglich, dass einige Zàhngs ebenfalls von den Lasern getroffen wurden.

Mit Mühe wich Sesuke einigen Laserstrahlen aus, doch lange würde er das nicht durchhalten können. Er brauchte einen Plan, um aus dieser Situation zu gelangen, doch er hatte keine Zeit zum Denken.

Plötzlich spürte er eine Druckwelle, die ihn auf den Boden warf. Auch wenn er nicht wusste, woher diese Welle kam, dankte er ihr, denn im nächsten Augenblick schoss ein Strahl haarscharf über seine Ohren hinweg.

Die Zeit schien still zu stehen, als sich ein giftgrüner Ring um den Collie ausbreitete. Er beobachtete, wie die grüne Masse durch die Luft flog und bemerkte plötzlich einen olivgrünen Schal, der vor seiner Nase umher wirbelte.

Die Welle traf die Zàhngs, die sich bereits gefährlich nahe an Sesuke und dem Dingo befanden. Die grüne Materie schien eine klebrige Masse zu sein, denn die Zàhngs, die im unmittelbarem Umfeld standen und getroffen wurde, konnten sich kaum rühren. Die Flüssigkeit schien sie zu lähmen.

Der Moment, in dem die Zàhngs beschäftigt wurden, wurde ausgenutzt. Jemand griff nach Sesukes Pfote und riss ihn hoch. Er hielt Mazaru noch immer fest, während sein Körper durch das grelle Tor des Lichts entschwand.

Ein Fiepen erschallte, das Dröhnen erklang erneut und Rauch füllte den Raum. Ein Loch wurde in den Ring der grünen Masse gerissen, bei dem einige der Zàhngs in Mitleidenschaft gezogen wurden. Kaith senkte den Arm. Seine Waffe dampfte, als er in die Mitte des Flures trat und die Fäuste ballte.

,,Ihr Narren! Sesuke hat ihn mitgenommen."

Er starrte auf den Punkt, an dem das Portal verschwand.

,,Sie sind in diese andere Welt und wir können nun nicht mehr dort hin. Mein Plan ist fehl geschlagen. Jetzt ist alles vorbei!"

Er fiel auf die Knie und schlug wütend auf den Boden.

Nach dem kurzen Gefühlsausbruch fing er sich wieder und blickte auf. Viele Augenpaare waren auf ihn gerichtet. Kaith stand wieder auf, klopfte sich den Dreck vom Anzug und sagte: ,,Was glotzt ihr so? Geht zurück in eure Räume!"

Die von den Explosionen getroffenen Zàhngs wurden entsorgt und die anderen verschwanden in ihre Räume, während Kaith noch immer in dem Flur stand und auf den Boden starrte.

,,Wieder ist es passiert. Ich habe Gefühle gezeigt. Diese Wut..."

Er legte sich die Pfote auf die Stirn und lehnte sich gegen die Wand.

,,Einem Zàhng darf etwas derartiges nicht passieren. Wir sind perfekt und haben keine Fehler."

Eine Träne rollte über seine Wange.

,,Sesuke Ellark. Ich habe das getan, weil ich mich an dir rächen musste. Rachsucht ist etwas, das Maschinen nicht fühlen können. Und trotzdem... es musste sein."