Wolfsblut - Teil 2 Kapitel 31: Das nächste Dorf

Story by silverstripe on SoFurry

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Teil 2: Eis

Kapitel 31: Das nächste Dorf

Es war bereits Abend, als Sesuke endlich in der kleinen Stadt landete. Mazaru sprang ab und streckte sich kräftig. ,,So, das ist also die Stadt Arania?" Er griff in seinen Rucksack und sah sich die Karte an.

,,Wir suchen eine Bibliothek.", meinte Sesuke. Mazaru sah zu ihm und hob die Augenbrauen. ,,Glaubst du wirklich, dass wir dort etwas finden werden? Es gibt garantiert tausende Bücher über Steine."

Der Collie sah auf die Karte und meinte: ,,Wir wissen es nicht, wenn wir es nicht versuchen."

Mazaru schielte zu dem Collie, der in den Geschichtsbüchern nach Hinweisen suchte. Der Dingo sah wieder in das Buch. Er hatte sich ein Buch über alte Legenden des Landes geschnappt und überflog die Texte. Es war in einer alten Schrift geschrieben, die er nur schwer lesen konnte. Die Texte erinnerte ihn an Gruselgeschichten, die man Welpen erzählte, um ihnen Angst zu machen. Ihm wurden nie Gruselgeschichten erzählt, doch aus Neugier hatte er sich einst solch ein Buch gekauft.

,,Die Legende erzählt, dass der Geist des verstorbenen Hundes noch immer bei der Höhle des Scherenschneiders vergeblich auf sein Herrchen wartet. Langweilig." Er blätterte weiter. ,,Ah, eine Geschichte über eine teuflische Pflanze. Nachdem die Schlingpflanze den Sünder, dessen Blut nicht vollends irdisch war und der einen Bund mit einem nicht irdischen Wesen eingegangen war, gefangen hatte, bestrafte er ihn. Der Wald Thar wurde von dem Sünder, der die Wesen des Waldes tyrannisierte, befreit. Die Pflanze wurde von den Einheimischen vergöttert und sie erschufen neue Pflanzenarten, deren Samen sie der Schlingpflanze opferten. Doch die Pflanze verwandelte die Samen zu Blumen, die die Einheimischen in den tiefen Schlaf schickte, sodass es in Thar bald kein Leben mehr gab. Legenden besagen, dass die Pflanze noch immer in dem Wald existiert, Sünder bestraft und schließlich tötet. Angeblich soll sie die gleiche Schwäche wie eine ähnliche Schlingpflanze haben, was der einzige Weg wäre, die Begegnung mit der Pflanze zu überleben. Ah ja und es gibt tatsächlich ein paar Verrückte, die diese Geschichten glauben." Er blätterte um und entdeckte eine neue Geschichte. ,,Das hier sieht doch schon mal glaubwürdiger aus. Was ist das? Hier fehlt ein Stück Text." Er blätterte weiter. ,,Das Mädchen wurde nie wieder gefunden, doch man sagt, dass ihr Geist an dem Hafen zurück blieb und sich an denen rächt, die sie vergaßen. Nach den paranormalen Dingen, die in dem Hafen geschahen, verließen sämtliche Bewohner die Gegend. Einige Bewohner, die zurück kehrten, wurden Tage später an anderen Orten aufgefunden. Tot."

Mazaru zuckte mit den Schultern, schlug das Buch zu und stellte es zurück in das Regal. Er griff sich ein Buch über Mythen und Legenden über Parallelwelten. ,,Hier stehen nur unbewiesene Theorien, dass Parallelwelten existieren, aber ich will etwas über die Welten selbst wissen." Seufzend stellte er das Buch zurück und griff sich ein anderes Buch.

,,Legenden aus der Paradies-Dimension. Vielleicht finde ich da ja etwas."

Paradies-Dimension hielt er für Xornia, Sesuke hatte ihm erzählt, dass Xornia oft als Paradies bezeichnet wurde.

Er blätterte in dem Buch und sah immer wieder zu Sesuke. Der Collie musste ja nicht wissen, dass der Dingo Nachforschungen über ihn anstellte.

,,Vor vielen, vielen Jahren lebte die Welt Xornia in Frieden, es war wie ein Paradies. Tiere, Furries, Gestaltwandler und andere lebten ohne Sorgen zusammen, diese Welt wurde von einem Furry beherrscht, dessen Name Xyen war, er besaß das Herz der Welt, den Xyonit.", las er. ,,Xyonit? Das ist das Herz der Welt Xornia. Steht da auch etwas über die Wächter?"

Er überflog die Zeilen. ,,Da. Im Kampfgetümmel zerbrach der Xyonit, ein Regenbogen schoss aus den beiden Teilen. Aus dem farbigen Licht wurden die Wächter geboren, gemeinsam verbannten sie Ez'quil in das Siegel eines Regenbogens und Xornia war gerettet." Er seufzte. ,,Aus einem farbigen Licht wurden die Wächter geboren? Hä? Also ich hab das mit der Geburt anders gelernt."

Mazaru schlug das Buch zu. ,,Wächter sind also Krieger, die aus einem Regenbogenlicht geboren wurden und spezielle Fähigkeiten haben. Sie werden in neuen Körpern wiederbelebt, können sich dann aber nicht mehr an vergangenes erinnern und sie können sowohl in Xornia, als auch in anderen Welten wiedergeboren werden. Aber da sind noch so viele Fragen offen. Wieso haben sie diese Fähigkeiten? Was hat es mit diesen Edelsteinen und den Verwandlungen auf sich? Was war, bevor sie nach Xornia kamen?" Er sah zu dem Collie. ,,Vermutlich weiß er das selbst nicht einmal."

Mazaru fuhr sich mit der Pfote durch die Haare und sah wieder in ein Buch. ,,Und dieser Xyon ist der Wächter des Xyonits, auch er wird wie die andere Wächter in einem neuen Körper wiederbelebt. Warum hat unsere Welt dann nicht auch so einen Wächter? Das ist mir alles zu kompliziert."

Er spitzte die Ohren und sah zu Sesuke, der zu ihm winkte. Mazaru stellte das Buch weg und trabte zu dem Collie.

,,Hier steht's: In jeder Dimension befindet sich ein Stein, der mit der Welt in einem besonderen Verhältnis steht. Die Steine wurden der Legende nach während der Erschaffung der Welten von dem Licht der Explosion, die vor den Welten erschien, geschaffen. Sie kamen in die jeweiligen Dimensionen, wo sie an einen sicheren Platz gebracht wurden." Sesuke blätterte einige Seiten weiter und überflog die Zeile. ,,Aha, der Stein der Welt des Lichts soll angeblich in einer Ruine sein. Niemand hatte es bisher geschafft, das Rätsel zu lösen um den Stein zu finden."

Er packte eine Karte aus und überprüfte den Standort der Ruine. ,,Dort, in der Nähe des verlassenen Hafendorfes Bide Creeve. Ich werde Canjy und Leo anrufen, wir treffen uns in Portoi, ein Dorf, welches einige Kilometer vor Bide Creeve und der Ruine liegt."

Mazaru sah Sesuke skeptisch an, es wunderte ihn, dass Sesuke sich scheinbar so gut auskannte, wobei er nichtmal von hier war. Doch Sesuke achtete nicht auf ihn, er tippte die Nummer ein und ging nach draußen, um zu telefonieren.

Der Dingo sah in das Buch und auf die Karte. ,,Bide Creeve? Ich habe noch nie davon gehört, aber es liegt noch auf diesem Kontinent."

Er fuhr mit dem Finger über die Karte. ,,Eine verlassene Hafenstadt. Deswegen liegt sie auch am Meer. Ich frage mich, weshalb sie wohl verlassen ist. Und was hat es wohl mit dem Rätsel auf sich? Ob wir es wohl schaffen, den Stein zu kriegen?"

Einige Augenblicke später trat der Collie wieder in die Bibliothek. In seinen Augen lag wieder dieses abenteuerlustige Funkeln. Mazaru schaute weg, doch schon legte sich ein Arm um seinen Oberkörper. ,,Sie machen sich sofort auf den Weg. Wir fliegen nach Portoi und warten dort auf sie."

Mazaru ging einen Schritt zurück, Sesuke zog den Arm zurück. ,,Schon wieder fliegen?"

Der Collie lächelte. ,,Ich weiß, dass du gern fliegst."

,,Tu ich nicht.", erwiderte der Dingo und kehrte ihm den Rücken zu. Eine Pfote legte sich auf sein Schulterblatt. ,,Deswegen klammerst du dich auch immer an mich und schläfst in meinen Armen ein."

Ein Blitz schoss Mazarus Wirbelsäule hinauf und er trat vor, um die Berührung zu unterbrechen. ,,Wollen wir noch mehr Zeit verlieren? Wenn wir unbedingt fliegen müssen, dann jetzt gleich."

Sesuke nickte einverstanden, zusammen verließen sie das große Gebäude. Mazaru seufzte, als der Collie ihn auf dem Arm nahm. ,,Wir sollten Sitze einbauen.", brummte er. Der Collie grinste ihn an. ,,Vermutlich auch noch Sicherheitsgurte und Airbags."

,,Ja, keine schlechte Idee."

Sesuke sah sich um, die Sonne war nur noch ein Halbkreis am Horizont. Der Himmel hatte sich in ein milchiges Rot-orange gefärbt. Niemand war zu sehen. Der Collie zog sich das Oberteil aus. Mazaru sah auf das große Kreuz auf seiner Brust. Es verheilte gut, doch es würde noch ein paar Tage dauern, bis nichts mehr zu sehen sein würde. Dann konnte er sich endlich an seine Brust kuscheln.

Er schüttelte sich und schob den Gedanken beiseite.

Sesuke krümmte sich und zwei große Flügel schossen aus dem Rücken. ,,Tut das eigentlich weh?", fragte Mazaru. Sesuke sah ihn tief in die Augen. ,,Jedes mal tut es weh. Aber ich ertrage den Schmerz." Mazarus Ohren zuckten.

Zwei kräftige Arme schlossen sich um die Hüfte des Dingos. Mazaru verzog das Gesicht, als der Collie ihn an sich drückte. ,,Festhalten, der Flug Sesuke startet in drei... zwei... eins..."

,,Blödmann."

Sesuke landete sanft vor dem hölzernen Schild, auf dem der Name des Dorfes stand. Es war ein sehr kleines Dorf, das um einen großen See lag. Einige Häuser umringten den See. Die meisten waren Mietshäuser für Urlauber. Ein Idyllischer Hauch der Harmonie lag auf dem Dorf, vermutlich war es angenehm, hier zu leben. Sesukes Blick schweifte über die Häuser. Er mochte es lieber, während er sich in dieser Welt aufhielt, in Städten zu übernachten. Dort war mehr los. Mazaru war von dem Dorf begeistert, Sesuke schätzte, dass das an dem See lag. ,,Ist das das Richtige für dich?", fragte der Collie skeptisch. ,,Klar. Wann kommen Leo und Canjy nochmal?"

,,Ich hoffe, dass sie morgen da sein werden." Er sah zum Horizont. Die Sonne war bereits lange verschwunden. Die Sterne leuchteten auf dem wolkenlosen schwarzen Grund.

Sesuke zog den Schlüssel zurück und öffnete die Tür des Ferienhauses, das er vor wenigen Minuten gemietet hatte. Mazaru spähte an dem Collie vorbei und sah in den dunklen Raum. Sesuke schaltete das Licht an, welches den Raum flutete. Ein alter Teppich lag auf dem Holzboden. Ein dunkelblaues Sofa und ein kleiner Holztisch standen auf dem Teppich. Eine Ecke des Raumes diente mit einigen Theken und Geräten als Küche.

Sesukes Blick ging nach rechts, wo zwei Türen zu sehen waren. Hinter der einen Tür war vermutlich das Badezimmer, hinter der anderen das Schlafzimmer. Der Collie warf die Haustür zu, während Mazaru einen Blick in die anderen Zimmer warf.

Sesuke überprüfte den Herd. ,,Funktioniert sogar und fließendes Wasser haben wir auch, hätte ich gar nicht erwartet."

Mazaru trat mit skeptischer Miene aus dem Schlafzimmer. ,,Ein Doppelbett?" Sesuke grinste. ,,Sonst schlafen wir doch auch immer zusammen."

Der Collie drehte sich wieder zu dem Herd und meinte: ,,Ich mache uns etwas zu essen."

Mazaru kehrte um und ging wieder ins Schlafzimmer. Er warf sich in das große, weiche Bett und wartete.

Mazaru sah auf, als sich die Tür öffnete. Der Collie ließ fast die Teller fallen. Diesen Anblick hatte er nicht erwartet. Der Dingo lag nackt auf dem Bett, den Rücken zu dem Collie gerichtet. Der Schweif lag auf der Seite.

Sesuke schüttelte sich und kroch neben den Dingo ins Bett. Er drückte ihm einen Teller Suppe in die Pfoten und sagte: ,,Hier, ich hoffe, es schmeckt dir."

Mazaru begann leise zu essen. Eine beklemmende Stille lag in dem Raum, die nur von einem gelegentlichen Schmatzen unterbrochen wurde.

Nach dem Mahl rieb sich Mazaru den Bauch und fragte: ,,Was hast du überhaupt mit mir vor? Ich verstehe dich nicht."

,,Ich will dir helfen. Reicht das nicht als Grund?" Der Collie nahm die Teller und öffnete die Tür.

,,Nein, reicht es nicht!"

Sesuke trat hinaus. Mazaru ließ sich seufzend auf das Bett fallen.

Als der Collie zurückkehrte, schloss er die Tür und sagte: ,,Ich bin hier, um dich zu beschützen. Nochmal werden die dich nicht kriegen."

Seine Pfote näherte sich dem Dingo. Mazaru zog sich zurück und erwiderte: ,,Du weißt doch gar nicht, wer ich bin!"

,,Ich kenne dich schon lange, Kleiner." Seine Pfote legte sich auf Mazarus Unterarm. Mazarus Pfoten ballten sich. ,,Wer bist du?"

Sesuke rückte näher. Seine Pfote legte sich auf Mazarus Wange. Seine Augen leuchteten. ,,Ich bin dein Gefährte.", hauchte er sanft.

Canjys Blick schweifte über die Landschaft. Sie ließen das Dorf Ehur weit hinter sich.

Überall tanzten bunte Blätter durch den Wind. Ein kleiner Bach floss an dem Weg entlang. Der Fuchs legte den Arm um Leos Schultern und sagte: ,,Das ist wie damals, als wir aufgebrochen sind." Der Wolf lehnte sich an ihn und sah tief in die blauen Fuchsaugen. Dieser schöne, aufrichtige Blick, in dem immer ein Feuer zu lodern schien, begeisterte ihn. Leo zog die Lefzen zu einem Lächeln. Canjy schien immer gut gelaunt zu sein und er versuchte immer, Leo aufzumuntern, wenn er wieder in einer depressiven Phase versank.

Leo legte den Arm um den Fuchs und war froh, dass es jemanden gab, der ihm half. Der Tod der Eltern, die Schlachten, der Verlust seines Heims und die Tatsache, dass er sich womöglich nie wieder in einen Vierbeiner verwandeln konnte, deprimierte ihn. Er musste an früher denken. Früher, wo alles noch in bester Ordnung war. Er war immer fröhlich und gut gelaunt gewesen, doch in letzter Zeit hatte sich so viel geändert.

Canjy drückte den Wolf fest an sich. Die Berührung löste wieder dieses angenehme Prickeln in Leos Bauch aus.

,,Es hat sich viel verändert.", flüsterte der Wolf. ,,Ich weiß. Aber ich bleibe für immer bei dir, Wölfchen."

Die Worte ließen den Wolf wieder lächeln. ,,Ich bin gespannt, was uns erwartet.", meinte er und richtete den Blick geradeaus. Die Nacht war bereits eingetreten und Leo gähnte laut. Dabei öffnete er die weit die Schnauze, sodass die spitzen Zähne aufblitzten. Canjy lachte. ,,Machen wir lieber eine Rast, bevor du mir noch während des Laufens einschläfst."

Die Füchsin stand im Türrahmen, die Arme um den Bauch gelegt. ,,Was tun wir, wenn sie den Stein nicht finden?" Xyon sah in die hellroten Augen der Füchsin. ,,Ich weiß es nicht.", gestand er und ließ sich auf seinem Bett nieder. Mariku setzte sich neben ihn. Sie bemerkte seinen sorgenvollen Blick. ,,Vertrau ihnen, sie werden es schon schaffen."

Xyon ließ sich zurückfallen und seufzte. ,,Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass das Tor brechen könnte."

,,Es ist nun mal passiert."

Er verschränkte die Arme. ,,Selbst wenn sie es schaffen, eine Brücke in unsere Welt zu bauen, können sie nicht nach Sylv gehen, um das Problem zu beseitigen."

,,Was das angeht, wollte Sisco nochmal mit dir sprechen."

Xyon setzte sich auf. ,,Ach ja?"

Der Wolfsmischling betrat den Raum, der von allen nur als der Techniker-Raum genannt wurde. Überall waren Computer und Geräte aufgebaut. Sisco tippte an seinem PC herum. Xyon lächelte, hier war der Gepard in seinem Element. Er trat zu ihm und warf einen Blick auf die Monitore. ,,Du wolltest mich sprechen?"

Sisco sah auf und nickte. Er schob sich mit dem Bürostuhl zurück und sagte: ,,Ich habe etwas über dieses Wesen in Sylv herausgefunden."

Xyon setzte sich auf die Kante des Schreibtisches und sah den Gepard neugierig an. ,,Ach ja?"

,,Es ist kein Lebewesen. Es ist ein künstlich erschaffenes Wesen."

Der Mischling verschränkte die Arme und zuckte mit den Ohren. ,,Das heißt, dass es jemand geschaffen hat. Kannst du herausfinden, wer es war?"

Der Gepard zuckte mit den Schultern. ,,Ich habe herausgefunden, dass das Wesen über eine Energiequelle am Leben erhalten wird. Eine Quelle, die ihm etwas schickt, damit es weiterarbeitet. Wie bei einem Computer, der den Strom braucht, um zu laufen. Ich habe leider nicht herausfinden können, wo sich die Energiequelle befindet aber ich gehe davon aus, dass sie in der Welt des Lichts ist."

Xyon löste die Arme und stützte sich am Schreibtisch ab. ,,Wenn wir diese Quelle zerstören könnten, würde auch das Lebewesen, das Sylv gefährdet, ausgeschaltet werden?"

,,Korrekt."

Mariku saß allein im Esszimmer, als sich plötzlich die Tür öffnete und Xyon eintrat. Die Steppenfüchsin achtete kaum auf ihn und stocherte in ihrem Essen herum. ,,Warum hast du nicht mit uns zusammen gegessen?", fragte der Mischling und trat zu ihr. Mariku warf einen Blick zu ihm. Sein Fell hatte auffällige Farben. Helles Gelb, Blau, Rosa und Grün. Eine seltsame Farbkombination, fand Mariku, doch sie wirkte auch geheimnisvoll und magisch.

,,Ich hatte keinen Hunger gehabt.", meinte sie und sah wieder zu ihrem Essen. Ein paar gekochte Kartoffeln, Möhren und Salat. Nicht das Lieblingsessen der Füchsin, doch sie gewöhnte sich an die unterschiedlichen Vorlieben der anderen. Dieses Mahl hatte die Wölfin Tau sich gewünscht. Mariku hatte sie eher als eine Fleischfresserin eingeschätzt.

,,Darf ich mich setzen?", fragte Xyon. Mariku nickte abwesend.

Er zog den Stuhl neben ihr zurück und setzte sich. Normalerweise saß er am Tischende.

Xyon sah die Füchsin an. ,,Kommst du mit Tau zurecht? Oder willst du doch wieder allein...?"

,,Nein, sie ist in Ordnung.", sagte sie knapp. ,,Was ist los mit dir? Du wirkst so bedrückt. Besorgt es dich, dass das Tor zusammengebrochen ist?"

Mariku sprang auf und funkelte den Mischling an. ,,Verdammt, das hat nichts mit dem verdammten Tor zu tun! Ich mache mir Sorgen um dich! Du bist in letzter Zeit noch beschäftigter als sonst. Sag, wann hast du das letzte Mal ein paar Stunden Schlaf bekommen?"

Xyon stand ebenfalls auf und stellte die Ohren auf. ,,Zum Schlafen ist keine Zeit. Eine Katastrophe steht bevor, die uns alle ausrotten könnte. Ich kann mich nicht ins Bett legen und einfach pennen. Ich muss aufpassen, dass keine Schlachten mehr ausbrechen, ich muss Sisco helfen, etwas über dieses Wesen in Sylv herauszufinden und ich muss Sesuke..." Mariku legte den Finger auf seine Lefzen. ,,Wir arbeiten alle an dieser Sache. Keiner von uns wird wirklich ruhig schlafen können und das weißt du auch. Aber wir müssen uns auch darum kümmern, dass wir genügend Kraft haben, um das durchzustehen und uns in einer Schlacht behaupten können. Wenn du jede Nacht durcharbeitest, wirst du das nicht lange aushalten." Ihre Stimme wurde weicher und in ihren Augen glänzte etwas. Sie legte die Pfoten auf seine Schulter und flüsterte: ,,Ich habe Angst um dich. Da ist dieses blöde Gefühl im Bauch."

Xyons sonst metallisch wirkende Augen wurden zu flüssigem Hellgrau. Plötzlich spürte er die Füchsin am ganzen Körper.

,,Mach dir keine Sorgen um mich. Ich komm schon klar." Die Füchsin löste sich von ihm, ihre roten Augen wurden heller. ,,Natürlich."

Sie strich sich wieder ihr Fell glatt. Xyon beobachtete sie aufmerksam. Nie zuvor hatte er auf ihren Körper geachtet, sie war für ein Weibchen sehr groß, hatte allerdings auch sehr weibliche Kurven. Ihr hellgraues Fell war kurz und dicht. Am Bauch wurde das Fell cremefarbig und gelblich. Ihre verführerischen Augen hatten eine aufdringliche rote Farbe, ebenso ihre glatten Haare, diese hatten ein kräftiges Pink. Sie trug einen Seitenscheitel, die Haare fielen ihr über die Augen und gingen bis zu den Schultern.

Xyon lächelte und sah seinen Körper herab. Er war schlank, nicht besonders muskulös, zwar konnte er kämpfen, doch er hatte nicht viel Zeit, um sich auf Muskelaufbau zu konzentrieren. Seine Haare waren eher wuschelig als glatt. Der Haaransatz war violett. Bis zu den roten Spitzen gingen die Haare in jede Regenbogenfarbe über. Das auffällige Zeichen des Wächters des Xyonits. Xyon wusste, dass alle vor ihm die gleiche seltsame Haarfarbe haben mussten. Durch die bunten Haare und das Fell kam er sich vor wie ein Stück einer bunten Kindergeburtstagstorte, doch somit konnte man ihn immerhin nie verwechseln.

,,Ich weiß, es ist gerade eine harte Zeit, doch wir müssen alle einen kühlen Kopf bewahren.", flüsterte die Steppenfüchsin und strich dem Mischling das Haar aus dem Gesicht. ,,Du fühlst dich für ganz Xornia verantwortlich, bist oft unterwegs und arbeitest hart. Wir können dir helfen."

Xyon seufzte. ,,Ich alleine habe die Aufgabe, den Stein zu beschützen und über Xornia zu wachen."

Mariku ballte die Faust. ,,Dämlicher Sturkopf! Von mir aus, mach doch. Wenn du irgendwann vor Erschöpfung zusammenbrichst, bist du selbst schuld. Dann hat Xornia niemanden mehr und wird schlimmstenfalls im Chaos versinken, nur weil du Idiot nicht einsiehst, dass du Unterstützung brauchst."

Xyon kehrte ihr den Rücken zu. ,,Ich muss weg, draußen werde ich gebraucht."

Mariku griff nach seinem Schweif, zog ihn zurück und brüllte: ,,Hörst du mir überhaupt zu? Mich lässt du den ganzen Tag am Tor stehen, Sisco gibst du ein paar Aufträge für Geräte, Sesuke übernimmt Botengänge. Das ist nichts im Gegensatz zu dem, was du machst. Wir können unsere Arbeit teilen, denn du brauchst auch mal eine Auszeit."

Xyon drehte den Kopf zu ihr und schwieg.

,,Ich mache mir Sorgen um dich. Natürlich ist es gerade eine schwierige Zeit aber... du hast dich noch nichtmal richtig von der Schlacht gegen Ez'quil erholt."

Sie deutete auf den Steifen auf Xyons Brustkorb. ,,Du hast nicht ein einziges Mal die Salbe aufgetragen, die ich dir gegen habe und obwohl du deinen Arm schonen solltest, arbeitest du trotzdem."

,,Wir befinden uns in einem Ausnahmezustand.", sagte Xyon knapp. Mariku griff ihn ans Handgelenk und sah ihm tief in die Augen.

,,Genau deshalb sollten wir darauf achten, stark genug für einen Kampf zu sein. Du würdest in deinem jetzigen Zustand sogar gegen mich verlieren." Sie kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. ,,Was ist aus dem starken Xyon geworden, den ich immer bewundert hatte?"

Sie legte die Arme um seinen Oberkörper und drückte sich an ihn. ,,Wo ist der Xyon, den ich geliebt hatte?"

Xyon sah sich um, alle saßen am Tisch. Nach der Auseinandersetzung hatte Mariku kein Wort mehr mit ihm gewechselt. Der Mischling schob den leeren Teller weg und warf einen Blick aus dem Fenster. Auch in Xornia war es Nacht geworden. Xyon wartete, bis alle fertig gespeist hatten und sich auf ihre Räume zurückzogen. Er räumte alles auf und trabte durch die Gänge, bis er einen kleinen Raum erreichte. Er würde Marikus Rat beherzigen und diese Nacht nicht durcharbeiten, obwohl noch so viel zu tun war. Die Schutzhülle, die Xornia wie ein Schleier umhüllte, war durch den Zusammenbruch des Tores beschädigt worden. Außerdem sollten in den nördlichen Regionen wieder Schlachten angefangen haben und er wollte Sesuke noch kontaktieren, um sich zu vergewissern, dass es ihm und den anderen gut ging und wie die Suche voran ging.

Xyon ließ den Körper in das heiße Wasser gleiten und stöhnte. Dampf schwebte in der Luft. Sein Fell hatte die Pflege nach der Arbeit draußen nötig.

Nach dem Bad begab er sich in seinen privaten Raum, wo er sich auf dem Bett nieder ließ. Es war dunkel, nur eine Kerze flackerte vor sich hin.

,,Mariku hatte mich geliebt?", dachte er sich und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Er schloss die Augen und überlegte. Nie hatte er darüber nachgedacht, eine Gefährtin zu haben. Er mochte Mariku zwar, doch es war kein Platz für eine Beziehung.

Er schlug die Augen auf. War wirklich kein Platz, nur weil er für Xornia verantwortlich war? Er erinnerte sich, wie oft sie ihm Unterstützung anbot. Vielleicht würde Xornia eine weitere Herrscherin ganz gut tun.