Zerodyme

Story by Noiratblack on SoFurry

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Zerodyme

Vorwort: Dies ist eine Geschichte, die auf bereits geschehen Ereignissen basiert. Um die Zusammenhänge zu verstehen ist es zwingend notwendig, die Geschichte „Maro" vorher zu lesen. Sie ist zum download bereit bei furaffinity.net, von Noiratblack, Suchwort: Maro.

Es wird kommen eine Zeit.

Es wird kommen die Zeit des Endes.

Es wird kommen die Zeit des Anfangs.

Es wird kommen Chaos und Ordnung.

Es wird erscheinen eine weiße Seele gekleidet in der Nacht der Sterne

und es wird erscheinen die weiße Kleidung, kleidend die Finsternis

und da wird sein der Morgen im Abend.

Es wird erscheinen Waffe und Feder.

Es wird erscheinen Liebe und Hass.

Es wird erscheinen Tod und Leben.

Es wird erscheinen Macht und Nichts.

Geboren wird werden das Ende der Nacht.

Das Nichts wird sich erheben,

zu stürzen die Macht von Liebe,

und der Hass wird die Waffe sein.

Erschaffer der Geburt wird es sein,

die letzte Ordnung, Ende des Chaos,

roter Morgen und schwarze Seele,

Waffen am Anfang kreuzend..

Das Licht grüßt den Abend,

denn der Tag vergeht im Dunkel.

Und da wird die Uhr schlagen,

jene deren Seelen wie Sterne,

gekleidet in Trauer werden Federn kratzen,

die Waffen überhörend, die sie rufen,

die letzte Ordnung, Ende des Chaos.

Und dann wird sie kommen,

die letzte Ordnung.

Und sie wird verschlingen das Chaos.

Sie wird verschlingen Hass und Liebe.

Sie wird verschlingen Tod und Leben.

Sie wird verschlingen Macht und Nichts.

Sie ist die Ordnung.

Die letzte Ordnung.

Ihr Sterblichen!

Ihr wurdet gewarnt!

Sir Sacrarius Dominicius Vanitasus

Prolog: Zerodyme, die Wächterin

Einsam ist die Musik, dunkel und warm hallend durch die knarrenden Bäume, die sich alt und gebrechlich in den Wind stützen, der ihr Laub hinwegfegt, zürnend ihres Alters und ihres Unwillens, zu fließen wie das Wasser im Bach.

Dennoch, da ist diese Musik, die durch den Wald hallt, der einsam ist und fern sind die Menschen und nah ist die Stille.

„Und ich sage euch, ihr sollt sie nicht unterschätzen. Sie wirkt schwach, sie sieht unschuldig aus, aber seid dessen gewiss, meine Herren, dass dies ein Irrtum ist. Sie ist keineswegs schwach und unschuldig schon gar nicht. Sie ist eine Gefahr. Warum wir sie suchen? Das weiß ich nicht, aber unser Meister sucht sie und das Geld ist hoch. Siebentausend Goldforin, sofort auf die Hand. Dies ist eine Menge Geld, aber wie wir alle wissen, eine solche Menge wird nicht für jeden ausgegeben."

Einsam ist die Musik, zitternd und hoch in die Wiesen flüchtend, die sich in Sonnenlicht und Sturm wiegen, das Wetter betrachtend, während die Bäume, alt und weise, über die Jungen fluchen und schimpfen, während Vögel sich im Rausch der Liebe jagen.

Dennoch ist da diese Musik, die über Lichtungen, Berg und Tal herabfällt, die Leben und Liebe fordert und der Einsamkeit flüchtet.

„Deswegen horchte ich mich um, suchte und fand. Diese, die wir suchen ist vielleicht noch viel mehr wert. Vielleicht. Vielleicht ist sie auch unbezahlbar. Kennt ihr die Geschichten des Seelenbundes? Ja, sicher kennt ihr sie. Nun, sie ist nicht nur eine mächtige Magierin, erfahrene Kriegerin und eine reißende Bestie, nein, sie ist auch einen Seelenbund eingegangen. Mit niemandem geringeren als Maro persönlich. SCHWEIGT! Ich bin mir sicher. Ich bin mir immer sicher und wir alle kennen die Regel. Wenn sie seinen Namen im Geiste ruft, wird er sie hören. Wenn er sie ruft, wird sie ihn hören."

Einsam ist der helle Klang, rauchig und fein, ätherisch und wie Staub, wie ein leichtes Lüftchen, ein Tropfen im Wind. Doch groß ist die Flöte, zwei Meter messend. Und ein Drache, schwarz wie die Nacht, silbernes Haar, eine Mähne bis zum Schweif, mit stählernen Augen, kraftvoll und muskulös, spielt die Flöte sanft und vorsichtig mit geübter Hand. Seine Augen sind in die weite Ferne gerichtet, achten nicht auf die Berge um ihn herum, die karge Landschaft der fernen Lande. Sein Blick reicht durch Holz, Laub, Luft und Erde hinweg, einen Ort betrachtend, den zuvor kaum jemand je gesehen.

„Sie darf nicht einmal Verdacht schöpfen. Nein, sie darf sich nicht einmal erschrecken. Die Schwärze der Ohnmacht muss sofort kommen, ohne Warnung, ohne jede Ahnung. Wir mögen stark sein, ich mag ein Antimagier sein, aber gegen sie werden wir nicht bestehen und wenn ihr Freund kommt, werden wir von ihnen schnell dahingemetzelt werden. Kennt ihr die Geschichten des Nachtzahns? Natürlich kennt ihr sie. Ich hatte die Ehre in einmal zu sehen, denn er diente unserem Meister eine kurze Zeit und wahrlich, einen Krieger wie ihn gibt es kein zweites Mal. Und sie? Sie habe ich noch nicht gesehen, aber ich kenne die, die sie gesehen haben und ich achte ihr Wort. Die Geschichten untertreiben, weil sie nur eine Frau zu sein scheint. Seid gewarnt, ihre Waffe ist nicht ihre Waffe. Pah! Dieser Stock ist gefährlich, doch wirkliche Gefahr droht von ganz anderer Seite. Ihre Waffe ist ihre Stimme, ihre Bewegung, ihr Körper, ihre Zähne, ihre Klauen. Sie ist eine wandelnde, denkende Waffe. Ihr könnt nicht vorsichtig genug sein. Gebt ihr keine Zeit, gebt ihr kein Versteck, denn seid versichert, als Mensch ist sie bereits kaum zu bändigen, geschweige denn zu fangen sein, denn sie wird den Zorn des Wassers und der Fluten gegen uns entfesseln. Als schwarzer Drache hingegen wird sie wie ein Tornado, wie der schwerste Sturm sein. Sie wird uns hinwegfegen wie ein einsames Blatt und selbst meine Fertigkeiten werden dann versagen."

Einsam ist der Gesang, tief und kraftvoll, lebend von Wärme und Energie, die Tiere aufhorchen lässt. Die Worte sind von alter Sprache, fehlerlos ist der Ton, sanft steigend und fallend, voller Kontrolle und Macht. Der Gesang leitet den Regen in den Wald, leitet den Wind durch die Bäume und wendet den nahen Orkan ab.

„Durch den Seelenbund hat sie einige Fähigkeiten dieses Maros bekommen und ich sage euch, das ist schlecht. Was? Warum nicht Maro fangen? WEIL DAS UNMGLICH IST!!! Ihr werdet keine Hand an ihn legen, wir werden nur sie jagen. Es mag ein Kopfgeld auf ihn geben, es mag astronomisch sein, doch er ist unbezahlbar. Niemand würde mich je dazu kriegen. Nein! Wir werden nur sie jagen. Wir werden vorsichtig sein, sehr vorsichtig. Also, bleibt wachsam. Wie? Wie sie heißt? Ihr kennt sie, ihr Name war in einer nicht weit entfernten Gegend einst in aller Munde. Es ist die Lady Zerodyme van Drayke."

Zweisam ist die Stille, in der eine Drachin auf einem Felsen sitzt, ruhig den Wald unter sich betrachtend, ab und an den Blick zu den anderen, höher gelegenen Berggipfeln richtend, immer auf der Suche nach jenen Dreisten, die es wagten ihren Wald zu betreten. Schwarz und eisern sind ihre Federn, wie Blut das eine, wie Meer das andere Auge. Ihr Schweif ist gekrönt von weißem Haar, welches Sterne hinter sich herzieht und hypnotisch schwingt.

Ein Drache sitzt neben dem Felsen, zu den Wolken sehend. Schwarz wie die Nacht ist er, seine Mähne grau und stumpf von dem Dreck und dem Sand der langen Reise. Zwei Flöten liegen vergessen neben einem Halbmondspeer, in dessen Klinge mächtige Worte geschmiedet sind und einem weißen Speer, aus dem Horn eines alten Meisters gefertigt.

Kapitel 1: Bellkur, der Wert der Freundschaft

Wie war jene Zeit, in der Krieg nicht existierte? Wie war jene Zeit? Niemand kann es sagen, niemand kann es wissen, denn intelligente Wesen gab es noch nicht. Mit uns kam der Krieg und der Hass und die Rache. Die Blutrache.

„Worüber denkst du nach, Lady Zero.", fragte Maro. Zerodyme schreckte aus ihren tiefen Gedanken auf. Der Abend kam, die Sonne ging blutrot hinter den Bäumen unter und färbte das helle Grün der Blätter in fließendes Gold.

„Nichts.", wehrte sie ab. „Nichts von Bedeutung. Ich träumte nur ein wenig."

„Hmm.", machte er, sah dem Gold beim Tanzen zu. Sein Blick glitt zu Seite ab, sah in die Tiefe des langen und breiten Tales. Dort sollte ein Fluss, breit und tief fließen, aber er verlor sich im Gestrüpp des Sumpfes, der diesen Berg umfasste und sich weit, weit in die Ebene erstreckte. Dort, in jenen Ebenen, waren die Bäume hoch, der Boden matschig, alles war selbst am hellsten Tag dunkel. Und so breiteten sich auch die Gedanken der beiden in die Dunkelheit aus, denn ein merkwürdiges Denken, eine Ahnung, die kaum zu greifen, hatte sie befallen. Es würden Tage kommen, die finster waren, dessen waren sie sich sicher, aber sie konnten diese Gefahr nicht erspüren. Trotz ihrer Sinne entzog sie sich wie ein leichter Schatten.

Weit weg, an einem Ort zu dem selbst Drachen viele Tage benötigen, war ein anderer, schwarzer Avial, doch ruhte er nicht auf Felsen, Sträuchern, sondern auf einem Dach. Lang und schlank war dieser Avial, gehörte doch weder den Coatyls, wie Zerodyme, mit glänzenden Federn, noch den Nordischen, wie Maro, mit glänzenden, harten Schuppen, an. Seine Flügel waren weiche mattschwarze Federn und Tauben betteten sich in sie, keinerlei Furcht vor dem übermannsgroßen Drachen habend. Einige Krähen hockten auf der glatten Haut, welche hart, wie Stein war und von undefiniertem, dunklen Glanz. Sie bedeckte den Rest des Körpers, nur an wenigen Stellen sprossen noch Federn. Am Schweif war ein langer Haarschopf. Auch dort hockten Vögel. Sie pickten Insekten heraus, reinigten ihn von den störenden Blutsaugern. Eine Elster hingegen saß am Nacken und kratzte und scharrte an seiner Kette, welche aus edlem Silber, durchwoben mit einer Goldader, und einem großen Onyx an der Brust bestand.

Der Avial, sein Name war Bellkur, schlief ruhig und friedlich und ebenso gingen die Menschen, Elfen und Zwerge unter ihm her. Sie fürchteten ihn nicht, waren diese Wesen doch so wichtig für ihren Wohlstand, denn nichts, nichts, liebten Drachen und Aviale mehr, als glänzenden Schmuck und sie waren spendabel, ja, um solche Schmuckstücke zu ergattern war ihnen meist jeder Preis recht. Woher sie all das Geld nahmen, wusste freilich niemand, aber es kümmerte sie auch nicht.

Das Haus, auf dem dieser schwarze Avial ruhte, war eine Herberge für die vielen Reisenden. Die Berge waren nah und unsicher waren ihre Pfade. Lang war der Weg zur nächsten Stadt, also versorgten sich die Reisenden, Händler, Söldner, Abenteurer, mit allem, was sie brauchten.

Die Stadt war voll, nein, überfüllt. Ein Jahr war es her, dass ein Spalt sich geöffnet hatte und tausende aus einer fernen Welt hereinströmten. Es waren alle Arten, alle Völker, und sie waren von merkwürdigen, seltsamen Orten gekommen.

So auch Bellkur.

Seine Heimat war warm und voller Wasser gewesen. Große Städte gab es dort kaum, während er hier langsam den Überblick verlor, wie viele Städe, welche Herrscher es geben mochte, wie viele Prinzen, Grafen, Ritter und Lehnsherren er schon gesehen hatte. Es waren hunderte.

„SCHWEIGT!"

Bellkur schrak aus seinen Träumen auf, die ausnahmsweise nicht von Schatten begleitet wurden. Doch seine Freude darüber hielt nur kurz, wunderte er sich doch, was ihn geweckt hatte. Er hörte ein Gespräch, direkt unter sich. Es hörte sich an wie mehrere. Sie riefen, sie redeten durcheinander und laut, so dass Bellkur sich nicht einmal Mühe geben musste, zu lauschen. Hatte da jemand etwas vom Nachtzahn gesagt? Ja, Bellkur war sich sicher. Maro, der berühmte Krieger, sein Name war soeben gefallen. Bellkur war ihm noch nie begegnet, doch eine Bekannte, Zerodyme, hatte einst am Lagerfeuer von ihm berichtet, ihre Geschichte erzählt. Bellkur hörte weiter zu.

Es fielen Drohungen, es fielen Pläne, ein Seelenbund wurde erwähnt. Auch von ihm hatte Zerodyme einst berichtet.

„WEIL DAS UNMGLICH IST!!!"

Ein lauter Schrei, übermenschlich laut. Bellkur spürte die Magie, die verwendet wurde. Es war eine Wolke, wabernd und groß. Der Schreihals war ein Mächtiger. Und was hatte er noch gehört, Zerodyme jagen, Maro jagen? Es gab ein Kopfgeld? Nun war sich Bellkur sicher, dieses Gespräch war interessant. Er schärfte den Wind, schärfte seine Gedanken und entfesselte seine Magie. Er lauschte angestrengt.

„Ja, die Lady in Schwarz, die Wächterin, die Bestie...sie hat viele Namen. Und es ist möglich sie zu fangen. Kronn, suche dir die besten Männer unter diesem Abschaum da unten, der Sold wird gut sein, Rarko, du begleitest ihn. Tychia, du besorgst von den hiesigen Schmieden so viele magische Waffen, wie du kannst. Geld spielt keine Rolle. Suche auch einige Rüstungen und lasse sie alle hierher schaffen. Sarakam...nein ...Sakararka..."

„Sarkrakaramakam."

„Habe ich gesagt. Such einige Abenteurer auf."

„Rekrutieren?"

„Nein. Du wirst sie töten. Ihre Schätze werden uns dienlich sein. Tro, Kari, ihr kommt mit mir."

„Wohin?"

„Wir haben..."

Die nächsten Worte hörte Bellkur nicht mehr. Er löschte seinen Zauber, sprang vom Dach. Wie eine Faust hatte die Magie seinen Geist getroffen, wie ein Dolch die Ahnung und tatsächlich, hinter ihm splitterte das Dach, getroffen von einer Welle reiner Magie. Bellkur wurde von der Druckwelle in der Luft herumgeworfen, landete hart auf der Straße. Es war blankes Glück, dass er niemanden unter seinem Körper begrub. Erschrockene Schreie erhoben sich. Bellkur sah unter dem Nebel des Schmerzes nach oben. Dort stand ein Mann, fast ein Greis und trotzdem so stark und wach wie ein Jüngling wirkend. Er webte Zauber. Neben ihm, zwei Haudegen im besten Alter, die die Armbrüste anlegten. Bellkur spürte Magie auf den Pfeilen. Normale Armbrüste konnten ihm kaum etwas anhaben, aber eine solche Kraft würde sogar Häuser durchbohren. Schneller als Bellkur sehen konnte, zuckte eine Energiewelle an ihm vorbei, ihn nur deswegen nicht treffend, weil seine Gedanken einen mächtigen Schild vor ihm aufbauten. Doch seine Kraft erschöpfte sich. Dieser Mann, dieser Greis war stark. Unglaublich stark. Stark genug, ihn seiner Magie durch einen eigenen Zauber zu berauben.

Er darf mich nicht berühren., dachte Bellkur, während sich seine Macht sammelte. Er kannte die Antimagier. Es gab nichts Gefährlicheres als sie.

Er sprang auf, entging nur durch seine starken Beine und einem beherzten Sprung mitten in die Menge einer weiteren Energiewelle. Bellkur wandte seinen Kopf um, rammte seine Gedanken gegen die Herberge. Die Wände bröckelten, doch das von Zwergen erbaute Gebäude hielt. Bellkur fluchte, breitete seine Flügel aus und erhob sich in die Luft.

Nur Sekunden später ließ ihn ein stechender Schmerz beinah wieder zu Boden fallen. Er sah zu seinen Hinterläufen. Ein rundes Loch war im linken Bein, hatte den Muskel durchstoßen. Jeder Flügelschlag schickte neue Schmerzwellen zum Kopf hinauf. Mit einigen Schwierigkeiten sammelte Bellkur erneut seine Macht, betäubte den Schmerz, legte die Nerven seines linken Beines lahm.

Leicht schräg war sein Flug, doch er war schnell, raste unter den Wolken hinweg, während weit entfernt, auf einem Dach ein Greis die unflätigsten Flüche ausstieß und zwei Männer neben ihn dem Drachen hinterher sahen.

In noch weiterer Ferne, nicht Tage, sondern Wochen und Monate von Maro, Zerodyme und Bellkur entfernt, beendete ein alter Mann, gekleidet in hellem weiß einen Zauber, der ihm die Gabe der Fernsicht geschenkt hatte. Er strich sich über seinen langen, weißen Bart und beglückwünschte einen Berater, ein junger Mann mit spöttischen Gesichtszügen, eine Robe und einen Insignienring am Zeigefinger tragend, beides mit einem alten Schriftzeichen versehen, welches ihn als einen Meister der Erdmagie auszeichnet.

„Ihr habt richtig entschieden. Sie werden unserer Sache dienlich sein. Und jene Kopfgeldjäger scheinen fähig zu sein."

„Doch was ist..."

„Mit diesem Mitwisser? Nun, er mag auch uns dienen. Wenn er die beiden findet, wird es umso interessanter. Drei Meister werden dann vereint sein." Er hob die Hand, die Wand wurde erneut durchsichtig und zeigte die Gesichter von Maro, Zerodyme und Bellkur. Maro, seine stählernen Augen verträumt in weite Ferne richtend, während sich sein fleischiges, silbernes Haar im Wind wiegte und selbstständig bewegte. Zerodyme, die einen Monolog sprach, den man durch den Zauber nicht hören konnte, deren rotes und blaues Auge weich zu jemandem sahen. Bellkur, dessen Augen gehetzt blickten, die rasten, während er seinen Körper durch die sternenklare Nacht jagte. „Sieh! Sieh doch nur wie sie dreinschauen. So spottend, so stark, so selbstbewusst, so ahnungslos, so unwissend, so vollkommen und absolut hilflos der Dinge harrend die da kommen werden!"

„Ja Sir. Eure Augen sind ohne Fehl."

„Zweifelsohne sind sie das, doch ist es eher meine Magie, welche ohne Fehl ist, dieser Zauber...dennoch bin ich neugierig, was sie sagen...ja, die Neugier. Unsere größte Stärke und unsere größte Schwäche ist sie. Doch solche Gedanken haben im Moment keinen Platz. Komm, ich werde mit meinen Dienern sprechen. Ich bin gespannt, aufs äußerste gespannt, wie sie gegen drei Drachen bestehen werden wollen."

Dunkel, finster war die Nacht, in der Bellkur, wie von Besessenheit getrieben, über Zerodymes Wald jagte. Er spürte ihre Magie, spürte sie in der Ferne auf einem Berg. Hungrig knurrte sein Magen, schmerzhaft zog er sich zusammen. Bellkur zuckte zusammen, als seine Konzentration einen Moment nachließ und der Schmerz in seinem Bein sofort wieder Wellen in seinen Kopf schickte. Er sah nach hinten. Die Wunde eiterte, tropfte. Vorsichtig versuchte er sein Bein zu bewegen, doch es reagierte kaum. Zum wer weiß wievielten Mal verfluchte Bellkur, es versäumt zu haben starke Heilungsmagie zu erlernen. Aus irgendeinem Grund war nicht in der Lage die verdammte Wunde zu schließen. Er vermutete, dass die Pfeile magischen Ursprungs waren und es deshalb verhinderten.

Bellkur fluchte erneut und trieb sich weiter an. Er musste schnell zu Zerodyme. Die Schwäche befiel langsam seine Glieder.

„Warum eigentlich dieser Unwille, mit mir den Sumpf zu besuchen?", fragte Zerodyme durch die Stille, in der sie die feste Wolkendecke anstarrten. „Fürchtest du, der große Maro, tatsächlich Nässe und Matsch und ein paar Blutegel?"

Maro lächelte bei dieser Rüge.

„Nein. Selbstverständlich fürchte ich, der mächtige Maro, nichts und niemanden. Aber die ekelhafte Nässe und der klebende Matsch und die saugenden Blutegel sind leider Gegner, die man mit einem Speer nicht so leicht erschlagen kann."

Zerodyme lachte laut über seine Worte, in denen er ihren philosophisch angehauchten Ton auf alberne Weise imitiert hatte.

„Nein.", sagte Maro nun ernsthafter. „Ich mag ihn einfach nur nicht. Wilde, schroffe, karge Landschaften, die wirken, als hätten Zwerge sie für mich gemacht, ja, das ist etwas, dass ich liebe. Aber Sümpfe, dunkel, modrig, nein, sie sind nicht für mich gemacht worden."

„Kannst du dir vorstellen, dass nichts auf der Welt für dich gemacht wurde?"

„Nein. Das ist absolut unmöglich." Maro konnte einfach nicht ernst bleiben. Er konnte es nicht. Es machte ihm viel zu viel Spaß Zerodyme aufzuziehen.

Schmerz!

Ihre Geister wurden geschlagen, sie zuckten zusammen, als sie eine hilflose Welle der Magie erfasste. Voller Schmerz, Verzweiflung. Sie sprangen auf, erschrocken. Ihre Gedanken wurden überflutet von Worten, von Bildern. Sie öffneten die Flügel, legten sich in den Wind und rasten dicht über die Baumkronen hinweg, zu der Quelle des Hilferufs.

Der Sumpf war so dunkel, wie Maro sich ihn vorgestellt hatte. Die Wurzeln der Bäume ragten anklagend aus dem brackigen Wasser, aus dem regelmäßig gelbliche Blasen Faulgases stiegen, die Luft nicht mit Gestank, sondern mit einer Art süßlichen Geruchs füllend. Einige kleine Echsen flohen vor den Drachen, in der Ferne verschwand im Nebel ein Reh, welches sich hierher verirrt hatte. Ein weißes Eichhörnchen versteckte sich eilends kletternd in den Baumkronen.

Maro und Zerodyme gingen weiter, die Augen suchend. Der Nebel war dicht, sehr dicht, doch sie konnten nicht fern sein. Hier in der Nähe war es gewesen, doch der Ruf war vor einigen Minuten verklungen.

„Da!", rief Maro, deutete in den Nebel. Eine Gestalt krauchte über den Boden. Maro und Zerodyme liefen zu ihm. Es war ein schwarzer Avial, doch seine Haut und seine Federn waren über und über mit Schlamm beklebt. Seine Augen flatterten.

„Bellkur.", erkannte ihn Zerodyme. Sie zogen ihn auf ein Stück trockenen Bodens.

„Bellkur!", rief ihn Zerodyme, schlug ihm grob aufs Gesicht, um ihn wieder zu Sinnen zu bringen. Der Avial murmelte Worte, zusammenhanglos. Sein Blick flog, fixierte nichts, er war im Delirium. „Bellkur, reiß dich zusammen!"

„Gift.", sagte Maro, sein Bein hochhebend. Er sah die Wunde. „Diese Wunde wurde nicht behandelt, und sie war vergiftet...und ich glaube, dass das Wasser das seinige auch tun wird."

Zerodyme kam zu ihm, legte ihre Hände auf die Wunde. Sie erhob einen Gesang, brachte das Gift und den Eiter in Bewegung. Blut lief auf ihrem Befehl aus der Wunde, die Gifte flossen mit. Sie konzentrierte sich, suchte den ganzen Körper, alle Adern nach etwas ab, dass nicht da sein durfte, aber der Körper war gereinigt. Schnell schloss sie die Wunde. Es blieb nicht mal eine Spur, eine Narbe, zurück.

„Fertig...aber es war schwieriger als es hätte sein müssen.", sagte sie.

„Hmm?"

„Ein Zauber lag auf der Wunde. Er war stark. Jemand hat ihn verletzt und wollte ihn mit absoluter Sicherheit töten."

Bellkur redete inzwischen nicht mehr. Die Ohnmacht hatte seinem Geist Ruhe beschert.

„Wer ist dieser Bellkur?"

„Ich traf ihn in jener Welt. Es war wohl einen Tag nachdem ich dich gerettet hatte. Er hockte deprimiert in einer Ecke, leise fluchend. Nun, ich ging zu ihm und wir kamen ins Gespräch. Er kommt aus einer anderen Welt. Und er ist sehr mächtig, sehr weise. Es war angenehm mit ihm zu sprechen."

„Und ihr habt euch innerhalb weniger Tage angefreundet? Ich habe Wochen gebraucht und darauf bin ich sehr stolz."

„Maro, es ist weder Zeit noch Ort für Scherze.", rügte ihn Zerodyme. Sich im Sumpf umsehend. Sie hatten Bellkur nicht weit transportieren können und so schafften sie ihn auf eine kleine Erhebung, die trotzig dem Wasser standhielt. Verschiedene Gewächse wuchsen hier, verkrüppelte Büsche und einige Gräser, die Zerodyme vor einiger Zeit eingesammelt und neben Bellkurs Kopf gelegt hatte. Ihre würzigen Gerüche reizten Maros Nase.

„Er sieht merkwürdig aus.", sagte Maro und strich vorsichtig über die glatte Haut des Avials. Er hatte Federflügel, ganz ähnlich wie Zerodyme und auch einige andere waren an seinen Gelenken versteckt. Ebenso besaß er lange Federn am Schweif. Doch seine schwarze Haut wirkte wie ein geschliffener Stein.

„Er kommt aus einer anderen Welt.", erklärte Zerodyme. „In eurer Welt gab es nur solche Drachen wie dich, mit Schuppen, meistens sogar ohne Haare.", Maro nickte. „Hier waren die ersten Drachen hingegen Coatyls, so wie ich. Zwar gibt es Drachen mit Schuppen und andere, aber die haben sich erst später entwickelt. Einen solchen wie dich nennt man hier einen Nordling, um nur ein Beispiel zu nennen. Und er, er kommt wiederum aus einer anderen Welt. Er selbst bezeichnet sich als Avial...wie ich ihn verstanden habe, ist es eine besondere, edlere Rasse von Drachen, die viel Wert auf die Unterscheidung von Avial und Drache legt. Wie sie sich dort entwickelt haben, vermag ich auch nicht zu sagen. Eines jedoch weiß ich mit Sicherheit. Durch alle Dimensionen ziehen sich zwei Konstanten. Es gibt Magie und es gibt Drachen."

„Ja, das stimmt, dennoch...was mag ihn getrieben haben? Er ist bis zur Erschöpfung gegangen. Nicht mehr viel, und nicht etwa seine Wunde sondern die Erschöpfung hätten ihm das Leben geraubt...hast du verstehen können, was er schrie?", fragte Maro, „Die Gedanken, die wir hörten...sie waren so chaotisch."

„Er verlor die Kontrolle über sich und schrie um Hilfe. Aber ich glaube eine Warnung aus diesem Chaos herausgehört zu haben. Wir werden sehen. Maro, derweil er schläft, jage ihm einige Tiere. Sein Körper ist ausgebrannt."

„Gern."

Maro öffnete seine Flügel und verschwand mit einigen Flügelschlägen über den Baumwipfeln. Zerodyme blieb bei Bellkur, reinigte seinen Körper von den Resten des Giftes, half seinem Körper, sich zu erholen. Sie zog das Wasser aus den Gräsern, die sie vor kurzem gesammelt hatte, verdichtete die heilenden Stoffe zu einem Extrakt, welches sie auf seiner Haut auftrug.

Diese dunkle Ahnung wurde greifbar.

Kapitel 2: Maro, Krieger, um jeden Preis

Er sah sie kaum kommen, die Faust. Magische Kraft war hinter diesem Hieb. Getroffen, härter als er es erwartet hatte, sackte Maro etwas in sich zusammen, doch die Schellen an Beinen, Armen, Händen, Schweif und Hals, die ihn an die Mauer fesselten, verhinderten, das er zu Boden ging.

„Ich will dein verdammtes Grinsen nicht mehr sehen! Rede, verdammt!"

Maro grinste, höhnisch, spöttisch, verachtend. Seine Augen waren voller Mordlust, voller Triebe. Dem Alten wurde mulmig bei diesen Augen. Eine Gänsehaut kroch hinterlistig seinen Rücken hinauf, ließ ihn erschauern. Er zögerte, schlug dann noch mal zu. Maros Kopf wurde zur Seite geworfen.

„DU SOLLST REDEN!!!"

Maro spuckte ihm Blut ins Gesicht. Wieder dieser Blick, wie die Rose waren die Augen schön, doch konnte ein jeder Magier spüren, dass diese Rose auf einer Sense wuchs.

„Ich muss euch warnen. Ich habe...fern von hier, ein Gespräch belauscht. Es gibt jemanden, der euch jagt."

„Es gibt immer jemanden. Das Geld ist eine große Verlockung.", antwortete Maro. Bellkur sah geduldig zum Himmel, der blau war. Er leckte sich die Lefzen sauber vom Blut, das von seiner Mahlzeit, welche aus einem Reh und einer Kuh von einer Weide bestanden hatte, übrig geblieben war. Er zupfte an den verschlammten Armbändern, zumindest schienen es Maro Armbänder zu sein, die er aus irgendeinem Grund nicht ablegen wollte. „Es gibt ein Kopfgeld.", erklärte Bellkur weiter, „Und zwar nicht nur auf dich, Maro, sondern auf dich, Zerodyme."

„Wieso?", fragte Zerodyme. Ihr hin und her schlagender Schweif legte sich auf den Erdboden, glitt langsam ins Sumpfwasser. Wieder zupfte Bellkur vorsichtig ab den Bändern, fast wie ein Reflex.

„Ich weiß nicht wieso sie dich jagen, aber diese Kopfgeldjäger sind sehr stark. Ein Antimagier ist ihr Anführer."

„Antimagier?", fragte Maro. Er hörte auf, mit seinem Speer herumzuspielen, setzte sich, nun neugieriger. „Wie sah er aus."

„Ein alter Mann.", rief sich Bellkur ins Gedächtnis, ließ die Bilder an seinem inneren Auge vorbeiziehen. „Er wirkt jung, stark, aber..."

„Er ist ein Greis.", unterbrach ihn Maro. „Seine Haare sind weiß und er hat blaue Augen."

Bellkur schluckte die Erwiderung auf Maros unhöfliches Verhalten runter, denn die Beschreibung stimmte.

„Ich kenne ihn.", sagte Maro, sah zwischen Zerodyme und Bellkur hin und her. „Ich reiste lange durch die Welt und habe einige beeindruckende Zauberer gesehen. Der, von dem wir sprechen, heißt Rachkurius. Er ist ein Söldner und ein äußerst mächtiger Magier. Er dient Sir Sacrarius Dominicius Vanitasus, ein recht mächtiger Herrscher, weit im Norden residierend."

„Woher weißt du das?", fragten Zerodyme und Bellkur aus einem Munde.

„Auch ich diente ihm.", erklärte Maro. „Er zahlt gut und mein Auftrag, einen gewissen Attentäter aufzuspüren und zu töten war leicht. Doch habe ich ihm nie etwas von dir erzählt, Zerodyme. Wie könnte er von dir erfahren haben?"

„Fernsicht.", sagte nun Bellkur. „Ich kann Magie gut spüren...zumindest besser als ihr. Und ich spüre sein Auge auf uns ruhen. Jetzt. In diesem Moment."

„Kann er uns auch hören?"

„Nein. Das vermag die Fernsicht nicht. Dennoch will er aus irgendeinem Grund dich haben, Zerodyme. Lebend, wenn ich es richtig verstanden habe."

„Das ist in der Tat merkwürdig." Maro lehnte sich zurück, sah zu den Bäumen hinauf. Aus dem Laub starrte ihn ein weißes Eichhörnchen keck an. Zerodyme stand auf, lief ein paar Mal hin und her, patschte dabei durch das flache Sumpfwasser. Einige Vögel flogen bei diesen Geräuschen auf.

„Niemand jagt mich ungestraft.", sagte Zerodyme nach einigem Überlegen. Sie sah zu ihren Bäumen, zu ihren Pflanzen, ihrem gesamten Wald, der ohne ihre Herrschaft nur ein Schatten seiner selbst wäre, wenn die Menschen ihn nicht schon vollständig abgeholzt hätten.

„Ich höre, Zerodyme. Was schlägst du vor?", fragte Maro. Zerodyme lächelte zur Antwort und dieses Lächeln hatte Maro schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Es war voller Berechnung und kalter Mordlust. Es steckte ihn an.

„Vielleicht solltest du dir das Gesicht waschen, Rachkurius."

„Hmm?"

„Ich bin ein Drache, kleiner Mensch."

„Du stehst in einem Siegel, Maro. Weder deine Magie, noch dein Feueratem oder dein Seelenbund hilft dir hier."

„Ich kann kein Feuer speien. Das konnte ich nie. Aber mein Gift ist absolut tödlich...und ich habe schon so manchem Menschen beim Sterben zugesehen, nur weil er etwas Speichel von mir in seinem Blut hatte." Maro lächelte giftig, zeigte seine Fangzähne. Rachkurius wurde blass, stürzte zu einem Fass an der Wand und wusch sich Blut und Spucke ab.

Wollen sie mich ertränken?, fragte sich Maro still und sah zu den anderen gut zwei dutzend Fässern, die an den Wänden in dem Raum standen. Oder haben sie einfach keine ordentliche Folterkammer?

„Ver...", begann Rachkurius zu fluchen, aber Schmerz erstickte die Worte. Die rechte Seite seines Gesichtes warf Blasen, wie von Säure getroffen. Maro sah sich, während der alte Mann seine Wunde mit einer Salbe versorgte, gelangweilt in dem Raum um. Die Wände waren aus starkem, dickem Stein, am Boden ein antimagisches Siegel, aus dem sich Rachkurius heraus hielt, um nicht selbst seine Fähigkeiten zu verlieren. Die Tür war nur aus Holz, aber mehrfach verriegelt.

„Jetzt ist der Spaß vorbei!", schrie ihn Rachkurius an, sein halbes Gesicht von einer grünlichen, stark nach Lorbeer riechenden Paste bedeckt.

„Ja. In der Tat. Der ist vorbei.", sagte Maro, merkwürdigen Glanz in den Augen. Er lächelte siegesgewiss.

„Wir haben ihn gesehen."

„Seid ihr euch sicher, Rachkurius? Maro, der große Maro...allein? In eurer Stadt? Und die anderen beiden sind nicht bei ihm?"

„Ja, wir sind uns sicher. Sagt, habt ihr das nicht durch eure Fernsicht vorhersehen können, Sir?"

„Nein. Wie es aussieht, ist der Drache, den ihr entkommen ließet ein recht beeindruckender Magier. Er hat magische Verwirblungen überall um den Wald herum geschaffen. Ich bekomme kaum ein Bild, wenn, dann unscharf."

„Ja, dieser Drache ist stark. Er hat das Gebäude, in dem wir uns befanden beinah einstürzen lassen."

„Das ist keine Herausforderung."

„Aber es war keine Magie, sonst hätte ich ihr Gewebe gesehen. Es war blanke Energie, blanke mentale Energie. Wir haben diesen Drachen nur deswegen in die Flucht geschlagen, weil wir ihn überraschten."

„Dann ist er in der Tat ein starker Magier."

„Hmm."

„Was ist, Rachkurius? Ihr wirkt besorgt."

„Es handelt sich um eine Falle. Ich bin mir dessen sicher. Die anderen beiden sind hier, irgendwo und warten auf unsere Aktion. Maro ist das Bauernopfer, Sir. Ich...ich bin nicht stolz darauf, aber ich muss euch um etwas bitten."

„Redet."

„Diese Drachen sind gewitzt und stark. Wir kennen Maros und Zerodymes Fähigkeiten. Aber nicht die von dem dritten Drachen. Bitte ruft uns zurück. Bitte sagt diese Jagd ab. Gegen die drei werden wir scheitern."

„NEIN!!!"

Die steinerne Figur zersprang, wie immer, wenn Sir Vanitasus einen Wutanfall bekam. Rachkurius warf die kleinen Steine zur Seite, mit denen er Sekunden zuvor noch gesprochen hatte. Er sah zu seinen Leuten. Es waren mehrere dutzend in der Lagerhalle versammelt. Alle bewaffnet und Meister ihres Fachs. Da waren erfahrene Waldläufer, in grün gekleidet, einige Attentäter, welche ihren gesamten Körper in Tücher hüllten, so dass unmöglich festzustellen war, ob sich unter der Kutte ein Mann oder eine Frau verbarg. So manch ein Schlagedrein hatte sich angeschlossen und auch drei Magier waren anwesend. Und dennoch war sich Rachkurius unsicher.

„Also gut Leute. Hört her. Maro ist in der Stadt und zeigt sich offen und allein. Seine Begleiter sind nicht bei ihm, obwohl sie es sein müssten. Sie wurden vor uns gewarnt. Es ist eine offensichtliche Falle. Ich vermute daher, dass es eine Doppel- oder Dreifachfalle ist." Die Schlagedreins hörten bereits nicht mehr zu, die Assassinen hingegen nickten verständig. „Sie wissen, dass wir diese Falle sehen. Also werden wir eine Falle gegen die Falle stellen und sie haben eine weitere Falle für uns. Dieser Gedanke kann hin und her bis zur Unendlichkeit gedacht werden. Allerdings sind wir mehr als fünfzig Mann. Sie sind drei. Wenn wir unsere Masse klug einsetzen, mag es uns gelingen. Also hört her."

„Wieso, zur Hölle, lächelst du?!"

„Ach, Rachkurius. Du bist und bleibst leicht zu durchschauen. Ich habe Respekt vor dir, trotz allem was zwischen uns geschehen ist, denn schließlich haben wir einst gemeinsam gejagt. Erinnerst du dich?"

„Ich fühle mich, aufrichtig, geehrt, dass du dich an mich erinnerst."

„Das solltest du. So wie auch ich geehrt war, an deiner Seite reisen zu dürfen. Und auch wenn du mein Feind bist, so respektiere ich dich trotzdem. Also, bevor du nun versuchst mich mit deinen kleinen Messerchen und Werkzeugchen, die du so bedrohlich vor mir aufgebaut hast, zu foltern, mache ich dir, um der alten Freundschaft willen, folgendes Angebot: Du machst mir diese Ketten los, und ich werde dich bei dem darauf folgenden Massaker vergessen. Ich werde dich, sozusagen, übersehen und dir das Leben schenken. Was hältst du davon?"

„Du...Maro, du...du glaubst wirklich, dass du aus der Festung von Sir Vanitasus entkommen wirst?"

„Ja, mein Freund. Also?"

Die Geschäfte waren sehr belebt. Marktschreier priesen die verschiedensten Waren an. Von Früchten und Fleisch über Tiere, Schmuck, Tand zu Waffen oder gar Häusern. Maro wurde oft angesprochen. Nicht nur, dass er über die Menge wie ein Berg über eine Ebene hinausragte, er war auch ein Drache und sein dicker Geldbeutel, den er sich mit einem Ledergürtel um die Hüfte gebunden hatte, klimperte bei jedem Schritt. Das es sich bei diesem schwarzen Drachen um den so gesuchten Maro handelte, war den Händlern egal. Sie wussten, nur Idioten erschlugen die Händler, waren sie es doch, die die vielen Verbrecher versorgten. Maro hatte den Ruf, viele Dinge getan zu haben, aber er hatte noch nie jemanden erschlagen, der ihm etwas verkaufte.

Maro hielt vor dem Stand eines Meisterschmiedes aus der Gegend. Der Zwerg, er sah wie ein Bilderbuchzwerg aus, legte sofort ein Lächeln auf sein größtenteils unter einem Bart verstecktem Gesicht und öffnete alle Truhen, Schatullen, legte die Waffen ordentlicher hin.

„Sehr verehrter Meister Maro. Es ist mir eine Freude, euch wieder zusehen."

„Beruhige dich, Quarchras. Du weißt, dass ich nur bei einkaufe.", antwortete Maro. Er beugte sich herunter, betrachtete mit Kenneraugen die feinen Ketten.

„Es wird gesagt, dass ihr gejagt werdet. Viele Männer sagten euren Namen."; flüsterte der Zwerg leise. Maro lächelte.

„Eine schöne Kette habt ihr. Ich muss sagen, eure Arbeit wird von Besuch zu Besuch besser.", antwortete Maro laut, scheinbar zusammenhanglos.

Der Zwerg nickte. „Sie haben von euch und zwei anderen Drachen geredet. Sie wollen euch fangen."

„Hmm. Wisst ihr, ich könnte euch um einige eurer Kostbarkeiten erleichtern, wenn ich mich so umsehe. Zeigt mir doch das Schwert da."

Der Zwerg holte geflissentlich die Waffe, legte sie auf den Tisch. Er flüsterte Maro weiter zu, nannte Namen und Fertigkeiten. Maro, die Gunst der Sekunde nutzend, in der niemand sehen konnte, dass auch er flüsterte, sagte, „Geht, Quachras. Diese Stadt wird ein Schlachtfeld. Ich kann nicht für eure Sicherheit garantieren. Verschwindet alle. Diese Stadt wird zerstört werden." Er erhob sich wieder, sprach lauter, „Nein, dieses ist es nicht. Das andere, links davon."

Wieder ging der Zwerg weg, redete kurz mit seinem Gesellen, welcher unauffällig in der Hintertür verschwand, zu anderen Händlern ging und die Nachricht verbreitete. Quachras legte das Schwert auf den Tisch. Die Spielregeln kennend, beugte er sich vor, redete leise, wie als wollte er die Vorzüge der Waffe anpreisen und auch Maro beugte sich herunter, scheinbar leise mit sich selbst redend.

„Wir sind die Jäger dieses Mannes. Verlasst den Ort schnell mein Freund und versteckt eure Waren gut. Es gibt tatsächlich einige Dinge, die ich gerne kaufen würde." Maro strich vorsichtig über das Schwert. Der Zwerg sah, dass sie unter seinem Tisch plötzlich eine Kiste materialisierte. „Ich vertraue auf eure Ehrlichkeit, Quachras. Gebt dies denen, deren Häuser zerstört wurden. Es sollte für alle reichen."

Mit enttäuschtem Gesicht erhob sich Maro, ging weg, während Quachras den vermeintlichen Kunden zurückzurufen versuchte. Einige Händler in der Nähe schüttelten bedauernd den Kopf. Ein solches Geschäft mit einem Drachen darf einem Schmied üblicherweise nicht durch die Lappen gehen. Ihre sehr gut versteckte Schadenfreude schwand aber wieder, als sie die Nachricht erreichte. Quachras brachte die Kiste in seine Werkstatt, öffnete sie. Bis zum Rand war sie mit Edelsteinen gefüllt, mit Geschmeide von solcher Schönheit, das ihm die Augen übergingen. Er packte sie zusammen, versteckte sie unter einem Tuch, rief nach seinem Lehrling und hieß ihn, den Wagen voll zu laden. Nach und nach bauten die verschiedenen Händler ihre Stände ab, versteckten ihre Waren.

Maro spazierte weiter in der Stadt herum.

„Du musst wahnsinnig geworden sein! Die Angst vernebelt deinen Verstand, ist es nicht so? Es muss so sein!"

Maro zeigte ihm seine Zähne. Geifer tropfte aus seinem Maul, die Beute erwartend, die vor ihm stand. Der Stein rauchte, wo die Tropfen landeten. Rachkurius sprang zurück, ließ die Zange, die er vom Tisch genommen hatte, fallen und brachte Abstand zwischen sich und Maro, damit der ihn nicht noch einmal anspucken konnte.

„Hast du etwa Angst? Rachkurius? So nicht. Es müsste andersherum sein."

Maro lachte ihn aus, verspottete ihn. Deutlich konnte Rachkurius die Kraft sehen, mit der sich Maro gegen die Ketten stemmte. Nicht weil er sie brechen konnte. Es machte ihm Spaß. Er nahm die ganze Situation nicht ernst.

„Nun was, Rachkurius? Du stehst deinem Tod gegenüber. Oder vielleicht auch deinem Erlöser. Wie entscheidest du dich? Willst du mich foltern? Worauf wartest du? Los! Trau dich! Tu es! Wag es! Mach es! Schneid los! Los! LOS!!!"

„Du!"

Maro blieb stehen. Er drehte sich langsam um. Fünf Männer standen hinter ihm, jeder trug die Anzeichen notorischer Blödheit im Gesicht. Sie waren mit Äxten bewaffnet.

„Ihr wünscht?", fragte Maro.

„Du bist der, den sie suchen.", sagte ihr Anführer. Er hob seine Axt. Auf eine Geste hin begannen sie den Drachen auf dem großen Platz einzukreisen.

„Du große...wo kommen die denn her?", fragte Rachkurius, von einem Versteck weit weg zusehend. „Kennen die nicht die...tss...Idioten! Sei's drum." Er wandte sich an einen Magier neben ihm. „Sag den anderen Bescheid, dass wir mit dem Plan fortfahren, sobald Maro mit denen da unten fertig ist. Sie sollen zusehen. Und gib ihnen eine Warnung. Auf gar keinen Fall darf Maro seinen Speer auch nur heben, wenn wir angreifen, verstanden? Er darf keine Zeit haben, um seine Magie zu sammeln."

Der Magier nickte, schloss die Augen und sandte die Gedanken an die anderen.

Maro hob seinen Speer, hielt ihn mit einer Hand waagerecht zur rechten Seite. Überdeutlich konnte Rachkurius die vielen Muskeln sehen, die wachen Augen. Den Speer aber sah er nicht.

„Oh Gott...", murmelte er.

Zwei Sekunden. Rachkurius hatte sie erwartet, doch es ist, wie es ist, mit dem Warten. Man erwartet einen Moment, einen bestimmten Augenblick, und dann wenn er kommt, zwinkert man. Rachkurius hatte gezwinkert. Als er die Augen wieder öffnete, waren die fünf Männer tot. Maro hatte sie wortwörtlich in ihre Einzelteile zerlegt. Rachkurius sah nur noch, wie die zweigeteilte Klinge einer Axt, die Maros Speer zerschnitten hatte, klirrend auf die Steine der Straße fiel. Blut tränkte den Boden.

„Rachkurius!", rief Maro, sich auf der Stelle drehend. „Waren sie das schon? Wo bist du? Wo seid ihr, Feiglinge?!"

„An den Plan halten.", sagte Rachkurius zu seinem Magier.

Maro drehte sich noch einmal im Kreis. Schien die Häuser mit seinem Blick durchbohren zu wollen. Niemand tat ihm den Gefallen, überhaupt aus dem Fenster zu sehen. Maro ging langsam weiter.

Rachkurius folgte ihm versteckt. Mit ihm kamen zwei Attentäter und ein Magier. Weitere Gruppen waren unterwegs. Rachkurius betete inständig, dass sie vorsichtig waren.

Der Drache ging weiter durch offene Straßen und Plätze. Sie waren ruhig, fast unbelebt, bis weder Reisende noch Händler oder Dienstboten da waren. Sie befanden sich bei der Kiche, der offene Friedhof war in der Nähe. Der Platz war um diese Uhrzeit immer verwaist so auch an diesem Tag. Die Falle war so offensichtlich. Maro provozierte. Er wollte, dass sie heraussprangen, wissend, dass dies eine Falle war, dass sie sich nach anderen Gegnern, nach einem Hinterhalt umsahen. Doppelfalle. Dreifachfalle. Eine unendliche Kette.

Maro blieb da, ging auf und ab, betrachtete mit mäßigem Interesse die Grabsteine. Rachkurius entschied sich, denn es blieben in dieser Situation nur zwei Möglichkeiten: Agieren oder Reagieren. Agieren, und angreifen, oder reagieren, und warten, bis die anderen Drachen auftauchten, sie möglicherweise fanden und so das Blatt endgültig gegen sie wendeten. Er gab seinem Magier das Signal.

In dem Moment, in dem der Magier seine Gedanken weitergab, blieb Maro stehen. Exakt in dem Moment. Rachkurius warf sich sofort zu Boden. Das rettete ihm das Leben.

Er hatte gar nicht sehen wollen, wie Maro reagierte, er hatte es nicht spüren wollen, er begriff einfach nur, welchen Fehler er gemacht hatte.

Er hatte geglaubt, er kenne seine Fähigkeiten.

Doch die Sinne Maros waren fein. So fein, dass er ein Netz aus Gedanken gespürt hatte, dass er gespürt hatte, welche Worte in diesem Netz gesprochen wurden, dass er gesehen hatte, wo dieses Netz herkam. Eine fliegende Klinge raste zum zweiten Stock eines Hauses, fast fünfzig Meter entfernt. Sie durchschnitt das Stockwerk und das Netz verschwand im selben Moment.

„Nummer eins. Sechsundfünfzig verbleiben.", sagte Maro. Es mochte seine eigene Windmagie sein oder Rachkusius Adrenalin, doch er hörte diese Worte auch durch das Brechen der Wände. Schnell kam er auf die Beine und sprang aus dem Fenster. Einige Sekunden später brach das Haus in sich zusammen.

Maro sprang weit weg in eine Seitengasse, außer Reichweite von Rachkurius's Antimagie, mitten in die wartenden Arme eines Schlägers. Maro parierte die Keule, hinter sich hörte einen Pfeil von der Sehne springen. Maro ließ sich fallen, der Pfeil flog über ihn hinweg, streifte seinen Gegner. Der Mann nutzte die Chance, ließ seine Keule aus der Rückhand auf Maros Magengegend fallen. Maro packte mit seinem Schweif sein Bein und riss ihn von den Füßen. Er sprang auf, mitten im Sprung schwang er seine Waffe in einem senkrechten Halbkreis, den Mann mit der Keule damit aufschneidend und eine fliegende Klinge zum Haus gegenüber loslassend.

Rachkurius kam in Reichweite, ließ einen Siegelzauber los. Maro fluchte und sprang weit nach oben. Eine Energiewelle erfasste ihn von der Seite, Maro konnte aus den Augenwinkeln noch den Magier sehen, der sich weit aus dem Fenster gebeugt hatte. Er breitete seine Flügel, versuchte Kontrolle über seinen Flug zu bekommen. Er drehte sich einmal um die eigene Achse und ein Pfeil, wieder von dem bereits von einer fliegenden Klinge getroffenen Gebäude abgeschossen, flog an ihm vorbei. Er konnte sich nicht mehr in den Wind legen und schlug hart auf dem Boden auf. Ein Attentäter kam aus dem Nichts angesprungen, hatte sich hinter einer Illusion einer Wand verborgen. Die Klinge sauste.

Rachkurius sah, wie die Klinge, ihre Form ließ auf Gift schließen, Maro am Arm traf. Sie durchschnitt ihn ohne sichtbaren Effekt. Rachkurius konnte es wie in einer Zeitlupe sehen. Die Klinge traf die Schuppen, ging durch den Oberarm durch, mit dem sich Maro vom Boden abstützte, schlug ohne Widerstand auf den Steinboden. Erschrocken sah der Attentäter zu Maro.

Sein Gesicht zerfloss. Wie Wasser.

„Euer Plan war gut. Er war ausgezeichnet.", sagte Rachkurius, um Zeit zu gewinnen. Maro spielte mit.

„Er war gut, für eure Verhältnisse. Wir hätten noch bessere zur Hand gehabt."

„Einen besseren? Mein Gott, ihr habt fast die gesamte Stadt zerstört! Aber ich habe es damals nicht bemerkt...es waren nirgends Leute und ich habe versäumt die Straßen aus der Stadt beobachten zu lassen, sonst hätte ich all die Fliehenden gesehen...und hätte vorhersehen können was geschehen sollte."

„In der Tat."

„Dann wärest nicht nur du, sondern auch die anderen beiden hier."

„Mach dich nicht lächerlich. Ich war der Bauer, denn ich bin ein Krieger. Ein sehr starker Krieger. Zerodyme und Bellkur sind Magier...unglaubliche Magier. Ihr hättet sie nie und nimmer bekommen, selbst wenn ihr mich sofort getötet hättet."

„Was macht dich so sicher?"

„Wir hatten bessere Pläne zur Hand...viel bessere und haben sie doch nicht genutzt."

Rachkurius schrie auf, rief eine Warnung, als er spürte wie sich ungeheure Magie in Maro sammelte. Er explodierte in einer hellblauen Fontäne. Eissplitter durchsiebten die Luft. Der Attentäter wurde durchlöchert, einer der Waldläufer schrie erstickt auf, als sie ihn ins Gesicht trafen. Nur Rachkurius überlebte, weil er rechtzeitig eine Antimagische Mauer aufbaute. Dennoch, und er glaubte es selbst nicht, fügten ihm die blauen Tropfen kleine Kratzwunden zu. Sein ganzer Körper fühlte sich von einem Moment zum anderen an wie wochenlang geschunden.

Der Speer lag noch auf dem Platz.

Wieder spürte Rachkurius eine Magieansammlung. Sie war weit, weit über ihm. Er sah nach oben. Dort war ein dunkler Schatten im hellen Blau. Die Magie zirkulierte um ihn herum. Rachkurius erkannte einen Drachen, dessen Flügel weiß leuchteten. Er verlor keine Zeit, baute in einem Umkreis von mehreren Metern eine feste magische Mauer auf, rief laut nach seinen Leuten.

Der Drache begann sich im Sturzflug schnell zu drehen. Die Flügel ließen Klingen los, sensenförmig und kaum sichtbar, wie die Maros, aber unendlich viel stärker. Wie Donnerschläge klang das Schmettern, als sie die Häuser und den steinernen Boden trafen, tiefe Risse hinein schnitten und bombengleich explodierten, wenn ihre Kraft schwand. Rachkuius sah zehn seiner Leute, sie waren nur Meter von seiner Barriere entfernt, hätten nur noch eine Sekunde gebraucht, beim Sterben zu.

Jetzt waren sie noch ein Dutzend. Wo die anderen waren, konnte Rachkurius nur vermuten. Wenn sie schlau waren, hatten sie die Beine in die Hand genommen.

Der Drache landete. Es war der Fremde, der Rachkurius vor mehreren Wochen entwischt war. Er starrte böse durch die Mauer. Rachkurius verstärkte seinen Zauber und im selben Moment war er da. Der Druck. Die blanken Gedankenkräfte des Drachen rammten die Mauer und ließen sie brüchig werden. Rachkurius sammelte seine Magie, ließ eine Energiewelle auf den Drachen los, der leichtfüßig zur Seite sprang.

„Assassine!", rief Rachkurius, bat mit einer Geste um eine Waffe. Doch der Assassine, vermutlich der letzte von ihnen, regte sich nicht. Er schaute Rachkurius nur unter seinem Mantel an.

Aus einem blauen und einem roten Auge.

„AHH!!!", schrie Rachkurius auf, deutete auf sie. Die Verbleibenden verstanden sofort, zogen ihre Waffen, doch Zerodyme streckte nur ihre Arme aus, ließ das Blut ihrer Feinde einen Moment zum Stillstand kommen. Es hatte sie nur eine Sekunde gekostet und zehn Männer lagen auf dem Boden, sich im stummen Schmerz an die Brust fassend.

Diese Sekunde hatte Rachkurius genutzt. Er hatte alle Magie gesammelt, die Mauer aufgelöst und beide, der sich nähernde Drache und Zerodyme, wurden von einer Druckwelle blanker Energie weggeschleudert.

Eine weitere Sekunde verging. Rachkurius's Lächeln über diesen siegreichen Zauber schwand, als er eine magische Kraft näher kommen spürte. Sie war schnell. Und sie kam erneut von oben.

Seine Reflexe retteten ihm wieder das Leben, denn im selben Moment, in dem er weg sprang, schlug ein Speer auf der Stelle auf, auf der er gestanden hatte. Maro war da, hatte irgendwoher seinen weißen Speer und einen anderen, kürzeren mit einer Halbmondklinge. Einhändig schwang er jede Waffe, setzte mit einem katzenartigen Sprung Rachkurius nach, holte aus.

Rachkurius stützte sich mit der Hand auf dem Boden ab, stieß eine Welle aus seinen Füßen, um schneller zu werden. Maro war trotzdem hinter ihm. Rachkurius ließ sich auf den Boden fallen, rammte die linke Hand in den Boden, hielt die Rechte nach hinten und beschwor zwei Siegel. Maro bremste ab, doch er lief in das Bannsiegel auf dem Boden. Anschließend warf ihn das zweite Siegel, welches von der Hand von Rachkurius durch die Luft geschwebt war und sich auf seine Brust einzeichnete, zu Boden. Maro konnte sich nicht regen.

Rachkurius drehte sich um, atmete erstaunt aus, als könne er selbst nicht glauben, was er vollbracht hatte. Er gab sich seiner Überraschung nur kurz hin, denn in den Staubwolken der zerstörten Gebäude wurden zwei Schemen sichtbar. Rachkurius murmelte einen letzten Zauber, spulte die beschwörenden Worte so schnell runter, dass nichts zu verstehen war. Es gab ein kurzes, saugendes Geräusch und plötzlich verschwanden er und Maro in einer Verzerrung mitten in der Luft.

Zerodyme und Bellkur hasteten zu der Stelle, an der sie die beiden verschwinden sehen hatten. Es gab keine Spur von dem Zauber, keinerlei Magie lag noch in der Luft. Die Waffen waren auch weg.

„Warum habt ihr sie dann nicht genommen, eure Pläne? Dann wären wir alle tot und du noch in Freiheit."

„Rachkurius...du NARR!!!", brüllte ihn Maro an. „Denkst du denn wirklich, wir hätten euch einfach getötet? Dann hätten wir nie erfahren, wo wir suchen müssen! Der alte Herr Vanitasus ist ein gewitzter alter Herr. Er hat das Schloss gewechselt, denn dieses hier habe ich noch nie gesehen. Zugegeben, ich habe nur das Verließ gesehen, denn du hast mich hierher teleportiert, aber ich kannte die alten Verließe gut... es war seine Magie, nicht? Ich habe es erraten...wie immer verrät dich dein Gesicht! Er hat ein neues Schloss mithilfe von Magie und einer Hundertschaft Sklaven erbaut und das alte eingerissen...daraus folgt, er war nicht nur auf Zerodyme aus. Er wollte auch mich und falls ihr scheitert, sollten wir ihn nicht finden können, denn ich wusste ja, wo das alte Schloss stand. Aber hier...inmitten dieser Gegend...ich hätte es hier nicht vermutet. Um zum Thema zurückzukommen, unserem Plan, was wäre denn, wenn...na? weißt du es? Wenn..." Er ließ den Satz lächelnd unvollendet. Rachkurius sah ihn immer noch ahnungslos an.

„Bellkur hätte deine Mauer sprengen können, setzte dich aber nur mit seinen Gedanken unter Druck. Zerodyme war dir so nah, sie hätte dein Herz einfach anhalten können. Warum habe ich dir keine fliegende Klinge hinterher geworfen? Warum bin ich dir hinterher gerannt, einem meisterhaften Antimagier? Verstehst du?"

„Was wäre...wenn du dich gefangen nehmen lassen hast..."

„Korrekt.", antwortete Maro. „Hat auch lang genug gedauert."

Zerodyme sah sich noch eine Weile suchend um, aber ihre feinen Sinne konnten keinen Faden, kein Netz finden. Dieser Mann, dieser Rachkurius, war wahrlich ein Meister, dass er seine Magie vor ihr verstecken konnte.

„Es hat alles geklappt, wie du vorhergesagt hast.", sagte Bellkur. Milde Überraschung lag in der Stimme, die Zerodyme aber geflissentlich überhörte.

„Ja.", antwortete sie. „Jetzt müssen wir nur noch warten."

Kapitel 3: Bellkur, der, der den Himmel zerbricht

Rachkurius wurde weiß. Sehr weiß. Seine Augen rasten durch den Raum, suchten Maro ab, suchten die Wände ab, suchten jede Stelle mit der Maro seinen Schweif erreichen konnte ab. Nichts. Nirgends war irgendetwas, was nicht in diesen Raum gehörte.

„Wie wollen sie dich finden?"

„Hmm? Wie wohl? Du suchst ja. Ich schlage vor, nicht innerhalb dieses Siegels. Du kennst doch diese Suchersteine? Die, die einem darauf eingestimmten Magier genau sagen, wo dieser Stein ist...natürlich, dumme Frage. In einem Siegel verliert er seine Wirkung. Aber außerhalb bekommt er sie wieder."

Wie auf Stichwort begann sich Rachkurius erneut umzusehen. Er stürmte plötzlich raus, wo Maros und Zerodymes Waffen lagen und kam nach einigen Minuten wieder herein. Er wirkte ratlos.

„Das Fass.", half ihm Maro mit mildtätigem Lächeln. Rachkurius stürzte zu dem Fass, in dem er sein Gesicht gewaschen hatte, beschwor ein kleines Licht herauf. Auf dem Grund lag er. Ein winziger Splitter, kaum so groß wie ein Sandkorn. Obwohl er wusste, wo er war, konnte Rachkurius seine Magie nicht spüren. Sie war nur ein Hauch.

Er packte den Splitter mit seiner Magie, holte ihn aus dem Fass und warf dieses glänzende Sandkorn Maro vor die Füße, wo das leichte Glühen sofort erlosch.

„Du hast ihn in deinem Maul versteckt.", sagte Rachkurius, durch diese Erkenntnis tatsächlich zu einem alten, schwachen Mann schrumpfend. Der Stein hatte seine Kraft wieder verloren, aber er hatte eine halbe Stunde in dem Fass gelegen. Zerodyme und der andere Drache wussten, wo Maro war. Sie waren sicherlich schon hierher unterwegs.

„Also, Rachkurius? Was wird nun?"

Von einem plötzlichen Wutanfall mutig geworden, packte Rachkurius eine Zange, trat vor und hob damit drohend eine Schuppe auf Maros Schnauze, direkt an der Nase, an, bereit sie herauszureißen. Dort, so hieß es, bereitete das Entschuppen, wie diese bei Drachen gängige Folterpraxis hieß, die meisten Schmerzen.

Rachkurius's Finger zitterten.

„Na los!", forderte Maro. Er starrte ihn direkt an, die Augen in Erwartung der Schmerzen etwas weiter geöffnet. „Worauf wartest du? Na komm. Ich werde dir nichts tun...jetzt noch nicht, aber danach. Dann wird der Schmerz deine Welt werden, bevor ich dich langsam deiner Knochen und Muskeln und Haut entledige und sie meinem Körper zuführe, denn es gibt nichts erbärmlicheres, als einen weinenden, sich windenden Menschen, der zusieht, während ein Drache ihn langsam foltert und frisst. In Stücken und Einzelteilen. Und wenn du dann durch Blutverlust langsam zur Ohnmacht wanderst, wird dich meine Magie wach halten. Und wenn der Tod nach dir greift, werde ich dich ihm entreißen. Ja, ich schenke dir erneut das Leben, um es dir wieder wegzunehmen! Also LOS!!! Besiegele dein ENDE!!!"

Rachkurius sprang zurück, atmete schwer. Seine Angst hatte immer mehr, immer neue grauenhafte Bilder in seinem Kopf auftauchen lassen, immer mehr rote Schleier und Leichen, mehr Tote, Zähne und Geifer und der nahe Boden, der durch sein eigenes Blut feucht geworden war.

„Kluge Entscheidung.", lobte ihn Maro. Seine Augen, während seiner Worte immer blutrünstiger, schmaler und gieriger geworden, schienen plötzlich weich und freundlich. Seine zischende, giftige Stimme wurde dunkel und warm.

„Und...und...", Rachkurius versuchte sich wieder zu fassen, „...und was nun? Was tun wir jetzt? Es kann Tage...Maro? Hörst du mir zu?"

„Drei...zwei..."

Die Tür flog krachend auf.

Zerodyme stand in ihrer Drachengestalt im großen Gang neben der Zelle. Sie spannte ihre Beinmuskeln an.

„Nicht!", rief Maro. Zerodyme entspannte sich wieder, doch ihre zornigen Augen fixierten Rachkurius immer noch.

„Sicher?"

„Ja. Rachkurius. Sei so gut...", er deutete mit dem Kopf auf seine Fesseln. Rachkurius trat näher, holte aus seinem wallenden weißen Gewand, auf dem noch eine Blutspritzer Maros waren, ein Schlüsselbund. Er machte zuerst die mechanischen Schlösser auf, dann hob er seine Hand, konzentrierte sich einen Moment und ließ die magischen aufspringen. Zuletzt entfernte er das Siegel.

Rachkurius drehte sich um. Es stand in seinem Gesicht geschrieben. Er erwartete förmlich, dass entweder Zerodyme ihn jetzt ansprang, oder Maro ihn von hinten töten würde, doch nichts dergleichen geschah.

„Zerodyme.", sagte Maro und ließ nach und nach seine steif gewordenen Gelenke knacken. „Machen wir nach Plan weiter?"

„Nein.", antwortete sie. „Wir werden uns erstmal zurückziehen."

„Zurück?", fragte Maro laut. „Ist..."

„Der Plan wurde geändert. Komm nun, Bellkur wird sie nicht mehr lange aufhalten können. Wir sollten uns beeilen. Vergiss die Waffen nicht."

Maro winkelte überrascht die Flügel an, er nahm seinen und Zerodymes Speer und zu dritt liefen sie los. Zerodyme enthielt sich einer Erklärung und Maro beschloss später zu fragen. Nur Rachkurius, der durch seine Magie mit den beiden mithalten konnte, sagte etwas.

„Maro? Hättest du wirklich...hättest du?"

„Selbstverständlich nicht. So was Widerwärtiges. Ich habe dir nur die Entscheidung erleichtert."

Und wie Maro in Rachkurius's Gesicht lesen konnte, Wahrheit und Lüge, ja manchmal sogar Gedanken aus der Mimik entnahm, so konnte Rachkurius Wahrheit und Lüge in Maros Stimme hören, sie unterscheiden.

Maro hatte gelogen.

Gebrüll. Explosionen und das markante Geräusch von zerbrechenden Steinen und kreischenden Eisen begrüßten die drei. Bellkur brüllte, rief etwas in einer unbekannten Sprache. Der Effekt war, dass ein Wachturm seitlich abbrach.

„Da seid ihr ja! Ich könnte Hilfe gebrauchen!", rief Bellkur, während er mit seinen Gedanken einen Bolzenhagel abhielt, den mehrere beeindruckend große Ballisten aus einem Turm abgefeuert hatten.

Der Platz hatte phänomenale Größe. Eine Stadt mochte in ihm Platz finden. Er erstreckte sich über weite Straßen, die Kasernen, Waffenlager, Paläste und Wachtürme säumten. Überall waren Menschen. Alle bewaffnet und von vielen, zu vielen, ging magisches Strahlen aus.

„Woher hat er all diese Magier?", fragte Maro Rachkurius, eine Kampfpose einnehmend. Zerodyme sah sich um. Ihr Eintreffen hatte den Kampf zum Stillstand gebracht. Bellkur nutzte die Pause dankbar und schnappte nach Luft, hielt seine magische Wand aber weiterhin aufrecht.

„Es sind zu viele.", sagte Zerodyme, unwissentlich exakt denselben Ton treffend, wie Maro ihn vor einiger Zeit verwendete, diese Mischung aus Resignation und Kampfeswillen und der Erkenntnis, dass dieser Kampf nicht zu gewinnen ist.

„Steig auf.", sagte Maro zu Rachkurius. Der alte Mann kletterte flink auf seinen Rücken, klemmte seine Beine unter Maros Flügel und hielt sich an den langen Hörnern fest.

„Seid vorsichtig.", sagte Bellkur, seine Feinde mit unruhig umher huschenden Augen betrachtend, während er seine Flügel ausbreitete. „Sie haben neuartige Waffen von den Zwergen. Sie durchschlagen sogar unsere Panzer."

„Dennoch.", sagte Zerodyme. „Maro, in die Luft!"

Sie flogen in die Höhe und wichen Pfeilen und einigen Feuerbällen aus. Bellkur befreite seine Magie, sie nahm Form an. In einem riesigen Umkreis entstanden Schatten, die sich schnell verfestigten. Es waren mehrere Drachen, alle entweder wie Bellkur, Maro oder Zerodyme aussehend. Maro verstand und machte einige Flugmanöver. Die Schatten machten es nach und bald war über dem Platz nur noch ein irrsinniges Gewimmel, dem kein Auge zu folgen mochte. Mit einem Mal flogen sie aus dem Durcheinander davon, jede mögliche Straße verwendend.

Die Türme spuckten Pfeile und winzige Kugeln, Schrappnel. Maro konnte genau die verschiedenen Kanonen aus den Türmen ragen sehen. Menschen bedienten sie mit geübter Hand.

Maro und Zero flogen gemeinsam eine Straße entlang, gemeinsam mit einem Abbild Bellkurs. Bellkur selbst war senkrecht in die Höhe geschossen. Rachkurius indes hatte einfach die Augen geschlossen, hielt sich krampfhaft fest.

Dann sah Maro eine der Waffen, von denen Bellkur gesprochen hatte. Es waren viele Eisenrohre, in einem Kreis angeordnet. Sie begannen sich langsam zu drehen, wurden schneller, spuckten Feuer. Maro wich instinktiv aus, hinter ihm zersprang die Wand in einem Kugelhagel. Er und Zerodyme sahen erschrocken zu der Stelle. Das Geschütz drehte sich langsam mit, folgte ihrem Flug. Die beiden Drachen flogen schneller, legten sich mit mehr Kraft in den Wind, doch ein gerader Flug war nun unmöglich. Diese Waffen waren überall! Aus jedem Fenster, an allen möglichen Stellen und auch auf der Straße, hinter Steinmauern versteckt, warteten sie. Zerodyme schlug Kreise, legte sich schräg, nur um sofort die Flügel anzulegen, sich fallen zu lassen und im letzten Moment, bevor sie in eine weitere Kugelsalve hineinfiel, die Flügel zu öffnen, die von mindestens drei anderen Geschützen dankbar als Ziel gewählt wurden.

Beide sahen das Ende dieser Gasse aus Türmen. Am Ende der Straßen warteten weitere Geschütze. Sie drehten und begannen zu schießen. Rachkurius schon sich auf Maros Kopf vor, hielt eine Hand auf und sandte ein Siegel zum Boden. Zeichen breiteten sich auf dem Boden aus. Die Kanonen hielten einfach an.

Nein. Sie stehen nicht., dachte Zerodyme und sah genauer hin. Die Kanonen drehten immer noch, aber unwahrscheinlich viel langsamer. War Rachkurius tatsächlich in der Lage, die Zeit zu beeinflussen? Das hätte sie ihm nicht zugetraut.

Die beiden Drachen flogen über sie hinweg, in den blauen Himmel hinaus. Hilflos flogen einige Bolzen und Kugeln hinterher, doch sie verfehlten sie weit.

„Was ist geschehen?", rief Sir Vanitasus. Erbost rannte er auf den großen Hof seines Schlosses. Es war ein Schlachtfeld. Überall waren Verwundete und Tote, manche mit schrecklichen Bissverletzungen. Mehrere Türme waren zerstört, einige weitere Gebäude hatten gelitten, zumindest keines seiner wertvollen Geschütze war beschädigt.

„Die Drachen griffen uns an. Sir, wir waren nicht in der Lage sie aufzuhalten.", meldete der Hauptmann der Wache. Er selbst hielt sich im Moment eine Armverletzung und drückte ein Tuch darauf. „Wir haben Verletzte, wissen aber noch nicht wie viele. Ein unbekannter Drache griff mit Zerodyme an. Sie ging ins Verließ, er hielt uns auf. Er setzte starke Magie ein Sir...und er scheint mehreren meiner Männer...das Blut ausgesaugt zu haben..."

„Wie Bitte?"

„Ja, Sir. Es scheint, er nutzt Blut als eine Kraftquelle für seine Magie. Er wurde während des Kampfes nicht schwächer."

„Hmm...was ist mit Maro? Konnten sie ihn befreien?"

„...Ja Sir. Sie konnten ihn befreien."

Sir Vanitasus griff sich nachdenklich an den Bart. „Rachkurius?"

„Er ist mit ihnen geflohen. Es scheint mir, Sir, er hat uns verraten."

Erneut griff sich Vanitasus an den Bart, strich langsam darüber.

„Gleichwohl, es wird uns schon gelingen, auch ohne sie. Hauptmann, ich..."

Die letzten Worte verschluckte ein Summen, das die Steine vibrieren ließ. Vanitasus sah nach oben, als er dort eine starke Magiequelle spürte. In der Ferne, scheinbar nur knapp unter den Wolken, schwebte ein schwarzer Drache, sah auf sie herab.

„Sir Sir Sacrarius Dominicius Vanitasus!", rief der Drache herab. Die Magie sammelte sich, konzentrierte sich über ihm. „Ihr seid mutig Drachen herauszufordern, deshalb habe ich mich gefragt, wie man solchen Mut belohnen könnte. Ich habe eine angemessene Belohnung für euch gefunden! Vollkommene Verzweiflung!"

Die Magie sprengte sämtliches Denken, sämtliches Fühlen. Sir Vanitasus und seine Magier sahen nur hinauf. Der Drache drehte seine Kreise und seinem Flug folgte ein kompliziertes Siegel, als wäre es in den Himmel gemalt. Es verzerrte sich und zersprang wie Glas. Der Drache flog nach Westen, drei Drachen hinterher. Ob sie echt waren oder nicht, konnte keiner sagen. Nahezu alle hatten die Geschütze überwunden und waren in alle Himmelsrichtungen verschwunden.

Ein Splittern war zu hören. Sir Vanitasus war sich nun sicher, der Drache hatte etwas Undenkbares getan.

„In Deckung!", brüllte er seinen Männern zu, doch der gewaltige Platz bot keine solche. Sir Vanitasus errichtete einen Schild um sich herum. Zuerst landeten kleine Splitte, in hellem Blau. Dann größere Teile, dann Wände, dann Scherben von der Größe von Gebäuden. Scherben, in denen immer noch der Himmel zu sein schien, ja sogar Wolken, friedlich und ruhig, schwebten noch in den Wänden, von sanftem Wind getrieben. Sie schlugen ein, Stein und Stahl unter sich begrabend, ganze Türme zerschneidend, Männer zerquetschend und Sir Vanitasus Palast im Zentrum wurde zu einer Ruine.

So schnell wie sie kamen, verschwanden sie auch wieder. Die Splitter lösten sich auf, ganz spontan und jene merkwürdige Leere am Himmel, in die niemand zu sehen vermochte, wurde wieder von blau und von Wolken ersetzt. Zurück blieben ein einst prächtiges, nun zerstörtes Schloss und viele, viele Menschen, für die jede Rettung zu spät kam. Vanitasus ging auf die Knie, sah zum Himmel und wieder zu den Ruinen, sich nicht im Geringsten um die Verletzten kümmernd. Ein Lachen rang sich verzweifelt aus seiner Kehle. Ein irres Lachen.

Er wollte sie haben. Er wollte diese Drachen um jeden Preis haben.

„Und?", fragte Zerodyme.

„Ich habe ein Andenken dagelassen. Daran werden sie noch zu knabbern haben.", antwortete Bellkur, als er elegant landete. In der Ferne war das Schloss noch zwischen den Bergen zu erkennen, riesig und ein ganzes Plateau ausfüllend. Sir Vanitasus hatte die Position gut gewählt. Das umgebende Land war reich und dennoch gespalten. Sie hatten bereits mehrere Dörfer überflogen, an deren Eingängen schon Sir Vanitasus's Banner flatterte, drei schwarze Kreise auf rotem Hintergrund, von einem weißen Dreieck eingefasst.

Auf den Straßen waren Soldaten unterwegs, Armeen aller Herren Länder marschierten. Ob sie gegen oder für Sir Vanitasus in die Schlacht zogen, vermochte keiner der Drachen zu sagen. Sie standen auf einer Anhöhe, am Rande eines dichten Waldes, ganz in der Nähe mehrerer Schafweiden und sahen hinab auf das Gewirr von Straßen und Gebäuden und Menschen. Wer auch immer kämpfte, und es mussten aufgrund der zahlreichen Banner viele Kriegsherren sein, sie alle gehörten einer Partei an, denn die Armeen gingen nicht gegeneinander ins Feld.

„Ein merkwürdiges Schauspiel.", bemerkte Bellkur, auf die Menschen blickend. „Sind sie Freunde oder Feinde?"

„Das macht keinen Unterschied.", antwortete Maro. „Sie alle sind unsere Gegner. Rachkurius...", sprach er den alten Mann an, der neben ihm stand. „...sag, was weißt du darüber?"

Rachkurius ließ sich Zeit mit seiner Antwort. Er betrachtete aufmerksam die Massen, beobachtete die Bewegungen.

„Es scheint, wenn ich die Banner richtig sehe, dass dies die Armee von Sir Vanitasus ist."

„Alle?", fragte Maro überrascht. „Wo hat er so viele Verbündete her?"

Zerodyme schnitt beiden mit einem leisen Zischen das Wort ab. Sie deutete nach rechts, den Hang entlang. Dort kamen aus dem Wald eine Gruppe Leute. Die Drachen und Rachkurius zogen sich weiter in das Gebüsch zurück, beobachteten diese Menschen genau. Sie trugen unterschiedliche Rüstungen, manche waren schwarz, andere kamen wohl aus dem Norden. Sie hatten auf einem Wagen viele fremdartige Waffen geladen, die keiner von ihnen zuvor gesehen hatte. Zerodyme schärfte ihren Blick, konnte sie klarer sehen. Kein Zweifel, diese Männer waren professionelle Drachentöter. Eine Tätowierung an ihren linken Armen verriet sie.

„Sie stehen auch in seinen Diensten?", fragte Zerodyme ungläubig. „Maro, wir haben diese Armeen bereits bei unserer Ankunft gesehen. Deswegen mussten wir fliehen. Nun sag, was weißt du darüber. Du hast einmal für Sir Vanitasus gearbeitet."

„Darüber nichts, doch scheint mir dies eine Heeresschau zu sein. Sir Vanitasus bereitet sich auf einen umfassenden Krieg vor und hat sich viele Verbündete gesucht. Aber Drachentöter? Es gibt kein Reich der Drachen oder ähnliches. Ich verstehe nicht, was das bringen soll, wieso sie in einer Armee dienen sollen. Normalerweise dienen sie dem Meistbietenden, doch bei diesen Massen? Was gibt er ihnen?"

Bellkur schob sich weiter nach vorn, sah mit schmalen Augen zu den Drachentötern. Es kamen immer noch welche aus dem Wald. Inzwischen mussten es über hundert sein.

„Ich glaube aber doch, dass es sich um einen solchen Krieg gegen ein Reich handelt.", sagte Bellkur. „Dennoch, Maro hat recht. Es sind zu viele. Ich frage mich, was er ihnen versprochen hat, damit ihm so viele Menschen folgen."

„Geld.", sagte Rachkurius schlicht. „Die Berge...", er deutete zum Horizont hinter dem Schloss, wo sich ein großes Gebirge türmte, „...dort lebten viele Zwerge. Er überwältigte sie und versklavte viele von ihnen. Sir Vanitasus ist durch diese Mienen in den Bergen einer der reichsten Fürsten dieser Gegend. Mit Geld kann man viele für sich gewinnen."

„Nicht so viele.", widersprach Zerodyme. „Solche Armeen...nein. Es sind auch andere Fürstentümer unter ihnen. Wenn sie ihm nur für Geld helfen, von dem er schon mehr als genug hat, einen Krieg zu gewinnen, würde er immer mächtiger werden, aber die anderen Fürsten hätten nichts gewonnen. Nein, sie hätten sogar viele ihrer Soldaten verloren. Da muss noch etwas anderes sein, damit sie ihm helfen. Irgendetwas, was diesen Fürsten viel wichtiger ist als das Ego oder ihr Reich." Sie sah zu Maro und Bellkur. „Ich bin die einzige von uns, die sich dort blicken lassen kann. Rachkurius suchen sie, und Maro und Bellkur sind inzwischen berühmt. Nur mich werden sie nicht so schnell erkennen."

Sie setzte sich, schloss die Augen. Langsam wurde ihr Körper kleiner, ihre Federn gingen zurück und machten glatter, schwarzer Haut Platz, ihr wuchs ein weißer Schopf. Nach einigen Minuten stand sie auf, strich sich durch ihr unordentliches Haar.

„Rachkurius, dein Mantel.", sagte sie. Der alte Mann sah betont weg, zog seine schwere Kutte und seinen Mantel aus, bis er nur noch leichte Kleidung an hatte und gab sie Zerodyme. Sie warf sich alles über, zog die Kapuze tief ins Gesicht, so dass man ihre Augen nicht sehen konnte.

„Ich werde mich dort umsehen und in Erfahrung bringen, was geschieht. Nein, Maro, meinen Speer kann ich nicht mitnehmen. Man könnte mich erkennen.", lehnte sie die dargebotene Waffe ab. „Wartet hier auf mich."

Sie hatte sogar ihre dunkle Stimme verstellt, so glaubwürdig, dass die Drachen sie nicht mehr erkannt hätten.

„In Ordnung.", sagte Maro und setzte sich an einen Baum. „Ruf uns, wenn du uns brauchst. Wir werden schnell fliegen."

Zerodyme antwortete nicht. Sie verließ das dichte Gebüsch, in dem sich Rachkurius und Maro gegenüber gesetzt hatten, während Bellkur sich katzenartig zusammenrollte um zu schlafen. Auf ihrem Weg zur Straße ging sie durch den matschigsten Teil der Wiesen, fiel mehrmals absichtlich hin. Nun sah der Umhang tatsächlich aus wie von einer langen Reise. Sie ging zum Schloss.

Kapitel 4: Zerodyme, die Stille der Nacht

Es war so einfach, sich den Armeen von Söldnern anzuschließen. Wie einst suchte sie die Attentäter, begleitete sie auf ihrem Marsch. Niemand stellte Fragen, doch das überraschte sie nicht. Es waren so viele Menschen hier, wer vermochte da noch einen Überblick zu behalten?

Aber sie hätte es wissen müssen. Es war einfach, zu einfach gewesen. Der Abend kam, die Dunkelheit senkte sich schnell über das Land, doch nach einem anstrengenden Marsch, der aus der Luft so viel kürzer und einfacher ausgesehen hatte, schritt sie endlich durch eben jene Pforten, durch die sie Stunden zuvor geflohen war. Sie erschrak bei dem Anblick.

Die zerstörten Türme, der vernichtete Palast, alles stand wieder. Die vielen Toten, die Massen der neuen Waffen, alles weg. Ohne sich eine Blöße zu geben ging sie weiter, stets die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Dennoch schaute sie sich sehr genau um. Sie sah viele kleine Ritzungen in den Wänden, kaum sichtbare Zeichnungen, angedeutete Worte und dennoch war ihr die Bedeutung dieser Dinge klar. Sir Vanitasus hatte, wie Maro erzählt hatte, dieses Schloss in einem Rekordtempo erbauen lassen, durch Sklaven und Magie. Er hatte eine Suche und eine Jagd nach den beiden wohl gefährlichsten Drachen der Gegend angestrengt und auch wenn Bellkur, Maro und Zerodyme ihre Feinde in der Stadt schnell ausgeschaltet hatten, so waren es doch alle zweifellos äußerst erfahrene, daher teure, Kopfgeldjäger gewesen. Er hatte Waffen und Truppen angehäuft, deren Zahlen sämtliche Vorstellungen sprengten. Die Zeichnungen an den Wänden waren nekromantische Beschwörungen. Es hatten keine lebenden Soldaten auf die Drachen geschossen, sondern Tote, möglicherweise waren auch dienende Geister unter ihnen. Nun war sein Schloss, nachdem es von dem vernichtendsten Zauber, die Zerodyme je gesehen hatte, getroffen worden war, plötzlich wieder unbeschädigt.

In Zerodyme keimte langsam das schleichende Gefühl, dass dieser Gegner zu mächtig war, dass ein Sieg trotz ihrer Fähigkeiten, trotz der unbestreitbaren Siege unmöglich war. Und dass ihr Gegner einen Plan hatte, den sie nicht erkennen konnten.

Eine Seitengasse, schnell huschte sie hinein. Keiner sah sie, weiter ging ihr Weg. Sie hatte keinen Bedarf, auf den großen Hauptplatz zu kommen. Zuerst wollte sie wissen, wieso Sir Vanitasus so besessen von ihnen war. Einen normalen Krieg versuchte der Fürst nicht auszulösen, darin stimmte sie Bellkur überein. Aber ein Krieg gegen Drachen konnte es ebenso nicht sein, denn es gab kein Reich, kein spezielles Gebiet, das man angreifen konnte. Zerodyme versteckte sich in einer dunklen Ecke, lehnte wie beiläufig an der Wand und versuchte ihre Gedanken zu sammeln.

Sir Vanitasus jagt uns. Er hat dieses Schloss erbaut. Er hat eine...spektakuläre Verteidigung errichten lassen, die erst zum Einsatz kommt, wenn er die gebannten Toten beschwört. Das ist nur möglich, wenn man in der Nähe ist, wenn nur eine gewisse Distanz zwischen Zaubernden und Toten besteht... also wenn er angegriffen wird... und er sammelt seine Armee...worauf weist das hin...nur...nur auf eines. Er befürchtet angegriffen zu werden. Ein Krieg, in dem er in die Defensive geraten kann...aber das ist unlogisch...was für einen Sinn hätte es, dann diesen Krieg auszulösen?

Zerodyme verbrachte noch etwas Zeit mit dieser fruchtlosen Überlegung. Sie entschied, dass sie ein Archiv finden musste. Irgendwo müssten Dokumente, Pläne sein.

Leise löste sie sich von der Wand, suchte sich einen Weg durch die schmalen Gassen abseits der Hauptstraße. Die Kasernen und Lagerhäuser erkannte sie sofort. Große Gebäude, abweisende Fassaden, nur mit einem einfachen Schloss verriegelte Türen. Hier würde sie nichts Interessantes finden. Zwei mal wich sie einer Gruppe wachen aus, verschmolz mit dem Schatten.

Nachdem es bereits tiefe Nacht war, fand sie endlich was sie suchte. Ein großes Gebäude, breite herrschaftliche Fenster, die viel Licht zum Schreiben hineinließen und ein sanfter Geruch nach Tinte.

Eine Weile nestelte Zerodyme an den Schlössern herum. Sie konnte sie nicht magisch öffnen, denn kleine Antizauber blockierten ihre Versuche mit schmerzhaften Stichen. Sie hatte auch kein Messer oder Ähnliches dabei, um die Tür aufzubrechen. Ratlos schlich Zerodyme um das Haus herum, ständig zu den Ausgucken der vielen Wachtürme schielend, doch in den Schatten der Nacht sah sie niemand und alle Patrouillen kündigten sich durch Fackelschein und lautes Stampfen selbst an.

Schließlich fand sie ein Fenster, in dem der Holzrahmen gerissen war. Sie erhob ein leises, dunkles Summen. Rasch zog sie alles Wasser aus der umgebenden Luft, schuf eine Wasserblase, die sich innen und außen auf das Glas legte. Sie erschuf Druck, das Glas brach, doch das Wasser fing alle Scherben und den Klang des Splitterns auf. Sie kletterte hinein, ließ die Scherben zu Boden sinken und löste ihren Zauber.

Die ersten Räume waren mit unwichtigem Pergament versehen, Anzahl der Nahrungsmittel, Grundbesitze, verschiedene Steuern und welche Dörfer sie gezahlt hatten, Namen von Rittern. Als sie auch weiter oben nichts fand außer solchen Dokumenten, entschied sie im Keller des Gebäudes weiter zu suchen. Im Foyer, als sie aus den engen Gängen in den großen Raum trat, stieß sie fast mit einem alten Mann zusammen, der im Kerzenlicht seinen Weg suchte. Er schien entweder taub oder fast blind zu sein, denn obwohl im Zerodyme so nah gewesen war, reagierte er nicht.

Sie ließ ihn an sich vorbeigehen. Er drehte sich weder um, noch nahm er irgendeine Kenntnis von ihrer Anwesenheit. Sie schlich ihm nach.

Das Gebäude war verwinkelter, weit komplexer und größer, als sie angenommen hatte. Trotz ihres Orientierungssinnes, den sie immer für herausragend gehalten hatte, war es ihr bald ein Rätsel, wie sie je wieder zurückfinden sollte. Schon lange hatte sie keine Fenster mehr gesehen, doch im Keller konnten sie noch nicht sein, da sie keine Treppe hinab gestiegen waren.

Der alte Mann ging mit schlurfenden Schritten seines Weges, doch die Räume und Gänge waren immer neu. Er ging nicht im Kreis, wie Zerodyme in einem Anflug von Spott gedacht hatte.

Nach einer scheinbaren Ewigkeit, kam der Mann bei einer Tür an. Sie hatte nur ein Schloss. Langsam schob der Alte einen Schlüssel hinein und öffnete laut quietschend die Tür. Er verschloss sie hinter sich. Zerodyme blieb davor stehen.

Hatte sie sich das eingebildet? Hatte ihr dieser alte, taube, langsam durch die Gänge schlurfende Zausel die Tür so schnell vor der Nase zugemacht, wie sie es selbst kaum gekonnt hätte? Die Tür war dick und schwer, aber er hatte sie so schnell...mit solcher Leichtigkeit geöffnet und geschlossen, nebenbei, aus dem Unterarm.

Kann denn kein alter Mann noch ein einfacher alter Mann sein?, fragte sich Zerodyme in Gedanken und begann zu summen. Sie spürte keine Zauber auf der Tür, doch sie ging kein Risiko ein und forschte auch hinter der Tür. Ebenfalls nichts.

Sie verfestigte etwas Luftfeuchtigkeit zu Nebel und dann zu einem Eisschlüssel, der perfekt ins Schloss passte. Klackend schob sich der Riegel zur Seite, sie schob mit aller Kraft die Tür auf. Als sie sie schließen wollte, musste sie ihren Körper dagegen stemmen und könnte nur mit Mühe einen lauten, erschöpften Seufzer unterdrücken, als die Tür endlich nachgab.

Sie drehte sich um, spähte den Gang entlang. Er war absolut dunkel, sie konnte nichts sehen. Und sie konnte nichts hören.

Instinktiv spannte sie ihre Beine an, hielt die Arme etwas weiter seitlich. Wo war das Schlurfen, der Klang von Schritten?

Sie wartete, doch nichts. Sie konnte den Mann nicht einmal in der Magie spüren. Wo war er?

Zerodyme tastete sich langsam an der Wand vorwärts, setzte einen Fuß vorsichtig vor den anderen. Wenige Schritte weiter trat sie auf etwas weichem und einen Schritt weiter kam die erste Stufe abwärts. Sie ging drei Stufen und tastete den weichen Boden ab. Es war Moos. So dick und weich, dass es jedes Geräusch verschluckte. Mit sichereren Schritten ging sie weiter, bis, mitten auf der Treppe, eine Kreuzung kam. Links gingen die Treppen wieder hinauf. Rechts ging ein gerader Weg entlang. Geradeaus führten die Stufen weiter hinab. Sie zögerte kurz, ging geradeaus weiter. Wenige Meter war eine weitere Kreuzung, wieder ein Weg nach oben, nach unten und einer auf gleicher Höhe.

Ein gottverdammtes Labyrinth!, dachte Zerodyme erschrocken. Sie musste weiter, doch sie wusste nicht, welche Fallen warten mochten. Sie ging in die Hocke, legte eine Hand auf das Moos und beschwor mit leisem Gesang ihre Magie.

Die Gänge schallen. Aber wenn ich leise bin, wird er mich kaum hören. Also los!

Sie befreite ihre Kräfte, verfolgte das Wasser durch die Pflanzen hindurch. Innerhalb von Sekunden sah sie vor sich ein Netz, hauchdünn und sich verteilend, vernetzend. Der Zauber wirkte weiter, immer weiter und immer komplizierter wurde das Netz, immer schwieriger, immer tiefer, bis sie ein mehrere Quadratkilometergroßes Spinnennetz, dass jeder Beschreibung spottete, vor sich sah. Sie konnte weder Anfang noch Ende sehen. Sie konnte nicht ausmachen, was Eingänge waren und wo der eine Ausgang war. Es waren dutzende, hunderte, zu viele.

Wo ist der Alte?

Sie suchte, fand ihn einige hundert Meter voraus. Er war schnell. Sie spürte seine Füße auf den Pflanzen schnell dahin schreiten. An seinem Hals war etwas, dass ihn mit den Pflanzen verband. Sie konzentrierte sich auf ihn, versuchte magische Schwingungen an ihm zu finden. Tatsächlich, da war ein dünner Faden. Er schien zu beben, zu pulsieren. Der Puls entzog den Pflanzen etwas Kraft, nur ein Hauch, und gab sie ihm, stärkte ihn. Möglicherweise zeigte er ihm den Weg.

Zerodyme verlor keine Zeit mehr. Sie ließ die Augen geschlossen, konzentrierte sich auf die Wege zwischen ihr und dem Mann und rannte.

Laut schmatzte das Moos unter ihr, als sie um die Ecken schlitterte, beinah fiel und nur durch ihren Schweif das Gleichgewicht halten konnte. Sie spürte, wie die Mann stehen blieb, sich vermutlich umwandte, um zu lauschen. Ihre Füße waren das einzige Geräusch in diesen stillen Gängen. Seine Beine bewegten sich wieder, rannten davon. Zerodyme, von Panik gepackt, ließ alle Vorsicht fahren und lief so schnell sie konnte. Sie wusste, sie würde nie wieder aus dem Labyrinth herausfinden, wenn sie diesen Mann nicht einholte.

Sie rief aus, befreite ihre Magie und belebte die Pflanzen. Sie griffen nach den Beinen des Mannes, wellten sich, versuchten ihn zu Fall zu bringen. Er rutschte, doch er rannte, als könnte er sehen, als würde er tatsächlich dieses Labyrinth auswendig im Kopf haben. Zerodyme, durch das anhaltende Tempo des Alten panisch werdend, hielt nichts mehr zurück. Sie schickte Energiewellen durch die Gänge, stark genug die Wände zu erschüttern. Der ziellose Zauber riss den Mann von den Füßen. Zerodyme ließ die Pflanzen innerhalb von Augenblicken wachsen, mehr, als sie es in Jahren gekonnt hätten. Sie fesselten ihn und raubten ihm jede Bewegung.

Zerodyme stürmte heran, warf sich unnötigerweise auf ihn. Er rief erstickt um Hilfe, doch die schmalen, verwinkelten Gänge trugen seine Worte nicht weit.

„Hör gut zu.", flüsterte Zerodyme, „Du kannst mich doch hören, oder? Antworte! Los!"

Er antwortete.

„Du wirst mich dorthin führen, wo auch immer du hin wolltest. Dort werde ich tun, weswegen ich kam. Dann wirst du mich wieder dahin führen, woher du kamst. Dann werde ich dich ohne jede Wunde gehen lassen. Wenn du versuchst zu fliehen, werde ich dir Schmerzen zufügen. Wenn du versuchst, mich in diesem Irrgarten loszuwerden, werde ich dir wehtun. Hast du das verstanden?"

Er bejahte.

„Gut. Ich werde dich jetzt aufstehen lassen und deine Beine und Arme so fesseln, dass du sie nicht besonders bewegen kannst, mit einer Schnur dran, die ich halten werde. Wenn mir diese Schnur entgleitet, weil du dich losreißt oder irgendetwas anderes machst, werde ich diesen Pflanzen befehlen, alles in einem Kilometer festzuhalten und so zu umschließen, dass es, wenn es lebt, unweigerlich ersticken wird. Ist das klar?"

Er bejahte erneut. Ein verständiger Mann., gab Zerodyme zu, ließ aber in ihrer Wachsamkeit nicht nach.

Schnell bildete sich das Moos durch ihren Gesang zurück, ließ nur ein paar wie Hanfseil gebundene Fesseln an Hand und Beinen zurück, die es ihm kaum erlaubten, die Arme zu bewegen und die Beine mehr als einige Zentimeter zu bewegen. Sie hielt beide Fesseln mit einem festen Seil aus Moos. Der Mann stand umständlich auf, begann mit kurzen Schritten voraus zu gehen. Zerodyme folgte ihm auf den Fersen, hielt die Augen geschlossen und beobachtete das Pflanzennetz durch die Magie. Niemand sonst war in diesen Gängen, sie war irgendwo mitten in dem fein vernetzten Kreis, der sich wie ein Kegel zur Mitte hin noch weiter verteilte und vertiefte.

Der Mann trog sie nicht. Er führte sie langsam aber sicher zum Zentrum, in dem es nur einen, noch mehrere dutzend Meter tiefer gelegenen Ausgang zu geben schien.

Licht.

Nicht im Traum hätte Zerodyme je gedacht so froh über den Anblick einer einsamen, stark rauchenden Fackel zu sein und über den Anblick einer verrosteten Tür, die genauso schwer schien, wie diejenige am Eingang.

„Hierher wollte ich gehen.", sagte der Mann. Es waren die einzigen Worte bisher. Seine Stimme war brüchig, schien älter als er selbst.

„Gut.", sagte Zerodyme. Sie griff in seinen Kragen und riss ihm die Kette vom Hals, an der sie die Verbindung zu den Pflanzen gespürt hatte. Er protestierte nicht, sank nur in sich zusammen. Sie besah sich, nun da sie Licht hatte, den Stein genau. Ein schlichter Granitstein, geschliffen. Er wurde von Ranken umwickelt. Allein durch die Berührung mit ihrer Haut befreite dieser seine Kraft. Sie fühlte sich gestärkt, wach und durch ihr inneres Auge konnte sie in dem gelben Netz der tausend Wege einen leuchtenden, bläulich wirkenden Pfad sehen.

„Interessanter Schmuck.", sagte sie und steckte ihn ein. Nun wunderte sie nichts mehr. Die Kraft des Alten, sein Tempo...keine Konstitution, sonder Magie. „Ich werde jetzt da rein gehen, du wirst warten. Dann werde ich dich mitnehmen. In Ordnung?"

Er nickte nur und rutschte an der Wand in eine Hocke.

„Willst du, da du hier alleine bleibst und ich allein reingehe, irgendetwas sagen?", fragte sie mit falscher Liebenswürdigkeit. „Irgendein Monster oder eine Falle, von der wir wissen sollten? Wenn mir deine Kette abhanden kommt, werden wir beide hier sterben, oder gibt es etwa einen Notausgang?"

„Eine Giftschlange.", sagte er. „Eine Blinde...hier in den Gängen...sie riecht Eindringlinge. Ich weiß nicht welcher Art sie ist, aber sie meidet den Weg. Sir Vanitasus hat irgendetwas an allen Abzweigungen des Weges gemacht, irgendeinen Zauber, der sie daran hindert, den im Stein gespeicherten Weg zu betreten."

Wieso spüre ich sie nicht?, fragte sich Zerodyme. Sie schärfte ihre Sinne erneut, spürte die nahen Wege entlang...nirgends eine Bewegung. Sie konzentrierte sich weiter, konzentrierte sich auf die letzte Abzweigung.

Da lag sie. Sie waren bei der letzten Kreuzung links abgebogen. Rechts davon lag eine, mehr als fünfzehn Meter messende Schlange im Moos. Sie fügte sich so gut in die Pflanzen ein, dass Zerodyme größte Mühe hatte, ihre Konturen klar auf den Pflanzen zu spüren.

„Na schön...danke, dass du uns nicht beide hast umbringen lassen, alter Mann. Noch etwas?"

„Kein Feuer in den Räumen. Nur magische Lichter, die auf den Anhänger reagieren. Es gibt viele Räume."

Sie nickte und ließ ihn anschließend allein.

Kaum hatte Zerodyme die Tür hinter sich geschlossen, verlor sie die zusätzliche Kraft. Sie spürte erneut die Müdigkeit zurückkehren. Sie ging einen vorsichtigen Schritt ins Dunkel. Ein Kerzenleuchter an der Decke entzündete sich von selbst. Mehrere Fackeln im Raum brannten plötzlich. Sie sah sich um.

Der Raum hatte an den Wänden viele Schränke, auch zwei Arbeitstische mit Federn und einem verschlossenen Glas Tinte standen bereit. In den Schränken waren viele Pergamente ordentlich eingeordnet. Der Raum öffnete sich durch zwei Türen zu anderen Räumen.

Zerodyme ging zu den Pergamenten und griff sich ein zufälliges heraus. Da war ein Name, von dem sie nie gehört hatte...einige Daten zu ihm und das er verstorben war. Verwirrt zog sie die Augenbrauen hoch und griff nach dem nächsten Pergament. Wieder ein Name, doch hier stand nach den Daten, dass er nicht geeignet sei. Sie warf es beiseite, holte das nächste. Diesen Namen kannte sie. Er lautete Terau de Darto. Ein begabter Erdmagier, der durch seinen Wohlstand und seine Freundlichkeit sehr berühmt geworden war. Zerodyme hatte nur Gutes von ihm gehört. Zu ihm standen einige bekannte Daten, Geburtsort, Alter, Aussehen, Magiekräfte und etwas zum Charakter. Er war in die Kategorie 4 eingeteilt worden.

Kategorie 4?, fragte sich Zerodyme. Was mag das sein?

Sie besah sich den Schrank genauer. Weit unten, am Boden des Schrankes, waren Buchstaben eingeritzt: Menschen. Dasselbe Wort folgte mehrere Schränke weiter, nur an einem in diesem Raum stand Elfen.

Sie verließ den Raum und kaum hatte sie die Schwelle hinter der Tür verlassen, erleuchteten neue Fackeln und Kerzen den Raum vor ihr. Hinter ihr löschten sich die Flammen.

Wieder Schränke voller Pergamente. Sie sah bei allen nach, doch sämtliche Dokumente hier gehörten zu Elfen.

Der nächste Raum. Hier gab es drei Schränke, in denen wieder nur Elfenmagier aufgelistet waren. Alle sieben weiteren hingegen widmeten sich Drachen. Zerodyme begann zu suchen.

Akchrarus...Achrto...alles A...ich muss weiter.

Sie nahm sich den letzten Schrank vor, doch unter Z konnte sie ihren Namen nicht finden. Verwirrt verschränkte sie die Arme. Sie folgte ihrem Instinkt und sah unter M nach. Bereits die erste Schriftrolle war sehr dick und sie konnte auf dem sichtbaren Teil der Schrift mehrmals den Namen Maro lesen. Sie trug sie zu einem der Schreibtische und öffnete sie. Aufmerksam las sie.

Beobachtungsdokument: Klasse - Drache --- Beobachtetes Individuum: Maro

Name: Maro

Titel: Weißer Nachtzahn

Herkunft: unbekannt - wurde, kurz nachdem der Spalt aufgetaucht war, zum ersten Mal gesehen. Herkunft aus jener Welt nicht auszuschließen.

Alter: -

Physische Charakteristika: Schwarzer Norddrache, aufrecht stehend. Graue Zeichnung, glänzende Schuppen, silbernes bis dunkelgraues Haar bis zum Schweif. Das Individuum trägt immer einen weißen Speer und eine große Flöte. Es ist anzumerken, dass der Speer angeblich von einem Drachenhorn stammt. Soweit bekannt nicht in der Lage Feuer zu speien. Besitzt extrem giftige Drüsen in den Zähnen. Proben des Giftes wurden untersucht. Heilung bei Infizierung als unmöglich erachtet. Zudem diverse Säuren im Speichel. Aufgrund dessen ist davon auszugehen, dass das Individuum weder Geruchs- noch Geschmacksnerven hat. Theorie bisher unbestätigt.

Größe: Beträgt nach Berichten ca. 2,50m

Flügel: Vorhanden. Spannweite beträgt nach Beobachtungen ca. 7-8m

Psychische Charakteristika: Soweit bekannt, einzelgängerisch, pflegt keinerlei Beziehungen. Gilt als ehrenhafter, dennoch grausamer und gnadenloser Gegner. Selbstbewusst, hochnäsig, respektlos. Aufgrund der Erkenntnisse und des Gespräches mit dem Söldner Rachkurius ist davon auszugehen, dass das Individuum hochintelligent ist. Berichte über Folter sind bekannt, wurden aber bisher nicht bestätigt.

Magie: Windmagier. Individuum ist ein Gestenmagier. Berühmt für eine fliegende Klinge, andere Magieformen bisher unbekannt. Steht in dem Ruf sehr feine Sinne für Magie zu haben. Bericht bisher unbestätigt.

Sonstiges: Verweilt selten an einem Ort, scheint oft zu Reisen. Pflegt stets ein gutes Band zu den Zwergen der jeweiligen Umgebung. Möglicherweise sammelt das Individuum deren Schätze und versteckt sie vor Enteignung. Theorie bestätigt. Zwerge bringen große Mengen an Geld, Rüstungen und Artefakten zum Individuum. Ort des Versteckes bisher unbekannt. Besondere Gesinnungen oder Ideale wurden nicht festgestellt. Individuum arbeitet als Söldner, Leibwache und Attentäter. Meidet Kriege oder große Schlachten. Unter Kriegern steht er in dem Ruf, unbesiegbar zu sein.

Während der Beobachtungen wurde der Name Zerodyme im Zusammenhang mit einem Seelenbund mehrmals fallen gelassen. Dokumentenanhang dazu erstellt.

Aufgrund dieser Erkenntnisse ist das Individuum Maro als Individuum der Kategorie 8 einzuteilen. Das Individuum muss lebend gefangen werden. Auftrag hat sekundäre Priorität.

Dokumentanhang: Zerodyme

Unbekannter Name. Keine Historie in den Akten vorhanden. Nachforschungen in anderen Fürstentümern ergaben nichts.

Korrektur. Mitwissendes Objekt zum Individuum Zerodyme befragt. Umfassende Ergebnisse bei der Befragung erhalten. Mitwissendes Objekt wurde nach Beendigung der Befragung eliminiert.

Name: Zerodyme van Drayke

Titel: Wächterin / gefiederte Bestie / die schwarze Bestie

Herkunft: Adlige Drachenelfe aus dem Geschlecht der Draykes. Geburtsort ist Dokumenten nach die Stadt Askarat. Geschlecht der Draykes gilt als ausgestorben, es muss im Moment davon ausgegangen werden, dass das Individuum die letzte Überlebende ist. Beschützt einen alten Wald fünf Wochenreisen Richtung Osten. Wald gilt als verflucht.

Alter: -

Physische Charakteristika: Eine weibliche Drachenelfe, soweit bekannt in der Lage ihre Form frei zwischen menschlicher und drachischer Erscheinung zu ändern. Merkmale der menschlichen Erscheinung sind vollkommen unbekannt. Merkmale der drachischen Erscheinung umfassen eine schwarze Coatyl, teilweise grau gefiedert. Ihre Augen haben unterschiedliche Farben. Rot wurde als eine der Farben benannt, an das andere Auge konnte sich das mitwissende Objekt nicht erinnern. Am Schweif soll das Individuum weiße Federn tragen. Fähigkeit zum Feuerspeien, Giftdrüsen oder andere Merkmale sind nicht bekannt.

Größe: Es wird vermutet, dass das Individuum 3-4 m Höhe und 9-10 m Länge misst, da es sich bei ihrer drachischen Seite um eine Coatyl handelt. Theorie bisher unbestätigt.

Flügel: Vorhanden. Aufgrund der allgemeinen Erkenntnisse kann mit großer Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Flügelspannweite 10 m übertrifft, aber 15 m nicht übersteigt.

Psychische Charakteristika: Soweit bekannt, äußerst intelligent und gebildet. Individuum gilt in der Gegend des Waldes als heilige Wächterin, deren Territorium nicht verletzt werden darf. Menschen in der Gegend meiden den Wald, daher kaum genaue Daten vorhanden. Offensichtlich besitzt das Individuum beschützerische Instinkte. Reisenden, die ihr Territorium verletzen, gewährt das Individuum selten das Leben. Es sind Gerüchte über grausame Morde in den Dörfern im Umlauf. Es kann von harter Kampfnatur ausgegangen werden. Zudem ist nie bekannt geworden, dass das Individuum den Wald für Raubzüge verlässt oder dass es zum Menschenfresserei neigt. Es kann von weicher sowie friedlicher Allgemeinnatur ausgegangen werden. Theorien bisher unbestätigt.

Magie: Wassermagierin. Individuum ist eine Zelys. Magie an Musik und Worte gebunden. Die Wassermagie ist Berichten nach extrem stark und besitzt umfassende Reichweite. Das Individuum besitzt ebenso heilende Fertigkeiten.

Sonstiges: Wurde bisher nur im Wald gesichtet. Scheinbar scheint das Individuum nie das Territorium zu verlassen. Individuum Maro ist ein regelmäßiger Gast im Territorium des Individuums Zerodyme. Berichten zufolge haben beide Individuen einen Seelenbund geschlossen. Bericht bestätigt. Seelenbund vorhanden.

Aufgrund der Erkenntnisse ist das Individuum Zerodyme als Individuum der Kategorie 9 einzustufen

Aufgrund neuer Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem Seelenbund ist das Individuum Maro als Individuum der Kategorie 9 einzustufen. Begründung im Zusatzanhang.

Beide Individuen sind lebend zu fangen. Auftrag hat primäre Priorität.

Zusatzanhang: Seelenbund - Auswirkungen -jüngste Vorkommnisse

Der Seelenbund ist eine extrem seltene Erscheinung in der Magie. Bisher kaum bestätigte Berichte dazu vorhanden. Bestätigte Berichte umfassen folgendes:

  • Entsteht, wenn zwei Individuen sich durch ein magisches Ritual verbinden. Entsteht auch zufällig durch starke Zaubereinwirkung des einen Individuums auf das andere. Überdurchschnittlich oft entsteht dies bei starken Heilern, wurde aber auch schon bei Erzrivalen gesehen.

  • Verbundene Individuen können einander über jede Distanz rufen. Genaue Worte oder Gespräche sind dabei nicht möglich. Soweit bekannt, kann man nur Stimmung oder den Willen übertragen.

  • Verbundene Individuen teilen gewisse Erinnerungen. Welches System diese gemeinsamen Erinnerungen haben oder ob sie zufällig sind ist bisher nicht bekannt.

  • Mit der Zeit wird der Bund stärker, was zur Folge hat, das beide Individuen mehr voneinander annehmen, sowie Fähigkeiten, Stärken, Gedanken, Erinnerungen und magische Kenntnisse vom jeweils anderen erlernen. Bisher nicht bekannt, was vollkommene Einheit zur Folge hat. Es ist davon auszugehen, dass sich ihre Stärke addiert und beispielsweise aus zwei guten Magiern, bestehend aus einem Feuer- und einem Erdmagie, zwei Magier mit umfassenden Kenntnissen der allgemeinen Magie und meisterhaften Fähigkeiten in Erd- und Feuermagie werden.

Im Falle der Individuen Maro und Zerodyme ist, da sie nicht nur Meister anderer Magieformen sondern auch anderer Wirkarten sind, davon auszugehen, dass der Seelenbund sie zu Individuen der Kategorie 10 werden lassen wird. Entfaltung des Seelenbundes muss entgegengewirkt werden. Drachen sind schnellstens zu fassen. Primärer Auftrag wurde dem Söldner Rachkurius erteilt. Kopfgeld auf die Individuen Maro und Zerodyme wurde ausgestellt.

Zusatzanhang: Unbekannter Drache - neue Quelle

Bei Besprechungen entdeckte der Söldner Rachkurius in Trepo einen Mitwisser, welcher erfolgreich floh. Es handelt sich um einen schwarzen unbekannten Drachen. Anhang wird erstellt.

Korrektur. Weitere Mitwissende Objekte entdeckt und befragt. Geringe Ergebnisse wurden bei der Befragung erhalten. Dokumentanhang wurde erstellt. Mitwissende Objekte wurden nach Beendigung der Befragung eliminiert.

Dokumentanhang: Unbekannter Drache

Name: Bellkur

Titel: -

Herkunft: Unbekannt - wurde, nach auftreten des Spaltes, zum ersten Mal gesichtet. Herkunft aus anderer Welt nicht auszuschließen.

Alter: -

Physische Charakteristika: Individuum ist kein Drache. Individuum ist ein schwarzer Avial. Flügel und Schweif haben schwarze Federn. Rest des Körpers besitzt marmorierte, matt glänzende schwarze Haut. Individuum hat rote Augen. Genauere Erkenntnisse bisher nicht möglich.

Größe: Das Individuum ist nach Berichten ca. 4 m hoch und besitzt eine Länge von mehr als 10 aber nicht mehr als 12 m.

Flügel: Vorhanden. Spannweite wird nach Beobachtungen auf etwa 20 m geschätzt.

Psychische Charakteristika: -

Magie: Das Individuum wurde als Magier des Feuers, des Windes und der Erde bereits gesehen. Es ist nicht auszuschließen, dass das Individuum alle Elemente beherrscht. Theorie bestätigt. Individuum Bellkur ist ein Magier aller Elemente.

Sonstiges: Individuum ist bisher nicht aufgefallen. Soweit bekannt, kennt das Individuum die Individuen Maro und Zerodyme. Beziehung unbekannt. Fähigkeiten und Psyche unbekannt. Aufgrund dieser Erkenntnisse ist größte Vorsicht anzuwenden.

Aufgrund der Erkenntnisse wird das Individuum Bellkur als Individuum der Kategorie 8 - 9 eingeteilt.

Ergänzung. Das Individuum Bellkur wird seit dem Vorfall in der Stadt Trepo mit der Zerstörung selbiger endete, als Individuum der Kategorie 10 eingeteilt. Neueste Berichte zeigen, dass das Individuum Bellkur undenkbare Zauber aussprechen kann.

Ergänzung. Neueste Vorfälle in Trepo ergeben, dass die Fähigkeiten des Individuums Zerodyme über das Maß der Berichte hinausgehen. Individuum Zerodyme ist in der Lage, das Wasser in Körpern anzuhalten und so zum sofortigen Tod zu führen. Das Individuum Zerodyme wird als Individuum der Kategorie 10 eingeteilt.

Ergänzung. Alle drei Individuen Maro, Zerodyme und Bellkur sind einander bekannt und pflegen offenbar freundschaftliche Beziehungen. Nach dem Angriff auf das Schloss durch die Individuen Zerodyme und Bellkur, sowie der erfolgreichen Befreiung Maros und der Entführung des Söldners Rachkurius werden alle drei Individuen als Individuen der Kategorie 11 eingeteilt.

Individuen sind extrem gefährlich, gnadenlos und bleiben stets beieinander. Ihre Ergreifung muss zwingend geschehen. Primärer Auftrag wurde dem Söldner Assato, dem Magier Ästhus und dem Söldner Merutharys erteilt. Kopfgeld für das Individuum Bellkur wurde ausgestellt. Kopfgeld für die Individuen Maro und Zerodyme wurde erhöht. Individuen sind ab sofort tot oder lebendig zu fangen.

Zerodyme atmete aus. Sehr langsam. Dann atmete sie ein. Sehr tief. Dann sah sie sich um. Sie betrachtete die vielen Schränke, die Pergamentrollen, derer hier hunderte sein mussten. Und sie wusste, es würde noch viele Räume geben. Sehr viele.

Sie ging weiter, ging systematisch durch jeden einzelnen Raum. Irgendwann kam sie an eine Treppe, die sie weiter in die Dunkelheit hinab führte. Zerodyme ging herunter. Was sie dort sah, sollte sie nie mehr vergessen.

Kerker. Dies war der grausamste Kerker, das morbideste Labor und der ekelhafteste Auswuchs menschlichen Einfallsreichtums, den Zerodyme je gesehen hatte.

In quadratisch angeordneten Gängen standen auf dutzenden Säulenförmigen Erhebungen, immer vier nebeneinander, lange, gefüllte Glasrohre. In diesen Glasrohren schwammen in einer gelblich leuchtenden Flüssigkeit Embryonen von widerwärtigen Kreaturen. Diese waren in verschiedenen Stadien. Manche klein und es war kaum zu erkennen, was sie werden sollten, andere schienen erwachsen. Es waren Mutationen aller Art an diesen Kreaturen. Manche hatten mehrere Gliedmaßen, welche nicht zwingend an den gewohnten Stellen zu wachsen schienen. Andere waren verkrüppelt, hatten ein Verbogenes Rückrat, manchen fehlten Augen, sie sah etwas, was vollkommen von Fell bedeckt war und nur ein Glasrohr war leer Als sie schließlich in eine Ecke des Labors blickte, in der ein großer Durchgang zu einer Art Arbeitszimmer führte, musste sie sich abwenden. Ihr wurde durch den Anblick und durch den leicht süßlichen Duft der Verwesung schlecht. Ihr Würgereflex rebellierte. Sie gab nach, ging in die Knie und übergab sich. Ihr Magen rebellierte weiter und sie fühlte sich schwach auf den Beinen. Langsam schlich sie, gebeugt, zu dem Arbeitsraum. Dort lag auf dem Tisch etwas, dass man nur noch schwer als Mensch durchgehen lassen konnte. Seine Innereien verteilten sich auf Kupferschalen vor dem Tisch und eine Sammlung chirurgischer Messer sammelte sich in einer Halterung. Auf anderen Tischen, die sich an der Wand verteilten, lagen Papiere, Skizzen der menschlichen Anatomie, Merkzettel aller Art auf denen manchmal nur Stichworte standen.

Sie trat näher, versuchte krampfhaft nicht auf die Leiche zu sehen, der jemand sogar die Haut vom Gesicht abgezogen hatte. Sie sah die Zettel durch. Es waren alles nur Merkzettel, von jemandem mit einer fürchterlichen Handschrift verfasst. Oft standen dort Fremdworte, die Zerodyme nicht verstand.

Einer erweckte ihre Aufmerksamkeit, da er, im Gegensatz zu allen anderen, aus einer der Pergamentrollen gerissen schien. Sie erkannte die wesentlich feinere Maserung des Pergaments. Hier war die Schrift fein und deutlich. Es handelte sich offenbar um ein Gedicht, in das der Besitzer all dieser Zettel viele kleine Fußnoten gekritzelt hatte. Sie las.

Dieses Dokument unterliegt strengster Geheimhaltung. Es wurde zu Dokumentationszwecken aufgezeichnet. Es enthält eine Rede, die unser edler Herr Sir Sacrarius Dominicius Vanitasus im Traum letzte Nacht sagte. Möglicherweise handelt es sich um eine Prophezeiung. Ich schicke ihnen, Herr Doktor, dieses Dokument mit der Bitte, seinen Sinn zu entschlüsseln. Reden sie mit niemandem darüber.

Gezeichnet: Artas Rirstrio, persönlicher Berater des Herrn Vanitasus

Es wird kommen eine Zeit.

Es wird kommen die Zeit des Endes.

Es wird kommen die Zeit des Anfangs.

Es wird kommen Chaos und Ordnung. (teilweise Krieg - manche bleiben außen vor)

Es wird erscheinen eine weiße Seele gekleidet in der Nacht der Sterne (Anklang an Magie?)

und es wird erscheinen die Weiße Kleidung, kleidend die Finsternis (Verrat)

und da wird sein der Morgen im Abend. (Chaos - Metapher - Ankündigung von Krieg)

Es wird erscheinen Waffe und Feder. (Dissonanz - Uneinigkeit in eigenen Reihen)

Es wird erscheinen Liebe und Hass.

Es wird erscheinen Tod und Leben.

Es wird erscheinen Macht und Nichts. (?)

Geboren wird werden das Ende der Nacht. (meine Arbeit - Experimente?)

Das Nichts wird sich erheben,

zu stürzen die Macht von Liebe,

und der Hass wird die Waffe sein. (Spionage der Völker - Zwist innerhalb)

Erschaffer der Geburt wird es sein, (Meine Arbeit)

die letzte Ordnung, Ende des Chaos,

roter Morgen und schwarze Seele, (Jemand stirbt)

Waffen am Anfang kreuzend. (kennen einander - Verbundenheit - Blut!!!)

Das Licht grüßt den Abend,

denn der Tag vergeht im Dunkel. (mit dem Tod der schwarzen Seele - Krieg)

Und da wird die Uhr schlagen, (Entscheidung)

jene deren Seelen wie Sterne, (Drachen! Magier!)

gekleidet in Trauer werden Federn kratzen, (Schwarze - die, die V. sucht - Kategorie 11)

die Waffen überhörend, die sie rufen, (Weghörend? Beschäftigt?

die letzte Ordnung, Ende des Chaos.

Und dann wird sie kommen,

die letzte Ordnung. (Die Schöpfung - mglw. auch Anklang Apokalypse?)

Und sie wird verschlingen das Chaos.

Sie wird verschlingen Hass und Liebe.

Sie wird verschlingen Tod und Leben.

Sie wird verschlingen Macht und Nichts. (Metapher - Ende der Welt)

Sie ist die Ordnung.

Die letzte Ordnung.

Ihr Sterblichen!

Ihr wurdet gewarnt! (Gott! Ich verstehe es!)

(Werter Herr Rirstrio. Diese Prophezeiung darf nicht erfüllt werden. Die Kreatur, die sie aus den Zellen von Drachen kombiniert mit menschlichen zu erschaffen gedenken, wird etwas Schreckliches auslösen. Um das zu verhindern, habe ich mich, wie in den Dokumenten so gern beschrieben, eliminiert. Betrachten sie dies als enthusiastische Arbeitsabnahme ihrer Spione, die mich noch „verhört" hätten. Ebenso habe ich eine Giftlösung in die Nährlösung zu meinen Kindern, ihnen besser als Experimente bekannt, gegeben, welche sie schnell und, so hoffe ich, schmerzlos getötet hat. Leben sie wohl.)

Zerodyme sah auf, sah sich im gesamten Raum um. Da war ein großer Schrank. Sie rannte zu ihm und riss die Türen auf. Jemand hatte viele Umhänge und Kittel, die im Schrank hingen, auf den Schrankboden geworfen. Dieser Jemand, ein Mann um die dreißig, mit einem aristokratischen Bart und äußerst hübschem Gesicht, was von einer deutlichen Narbe an der Unterlippe entstellt wurde, hing an den Kleiderhalterungen im Schrank. Er hatte ein dickes Seil benutzt. Zerodyme fasste ihn an. Sein Körper war noch warm und noch immer floss ihn der Speichel von den Lippen. Die violett verfärbte Zunge hing aus dem Mund und sie glänzte noch feucht. Er konnte erst seit einigen Minuten, vielleicht auch seit einer halben Stunde, tot sein. Der Brief war vor kurzem gekommen, die Tinte auf dem Pergament war frisch und der Mann hatte noch nicht aufgehört sich hin und her zu drehen.

Zerodyme vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Sie befreite ihre Magie, spürte den Raum und fühlte ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt. All diese Kreaturen in den Glasbehältern waren vermischt. Sie spürte Menschen in ihnen. Sie spürte Elfen in ihnen. Sie spürte Zwerge. Sie spürte Drachen. Diese Experimente waren eine neue Art, eine neue Rasse.

Ihr wurde klar, weswegen sich Sir Vanitasus auf einen Krieg vorbereitete, weswegen er all diese anderen Fürstentümer auf seine Seite hatte ziehen können und wieso er sich mit Zerodyme, Maro und Bellkur anlegte. Er brauchte etwas von ihnen. Er brauchte eine Quelle. Er brauchte ihre Körper, tot oder lebendig, denn ihr Blut war stark, es war mächtig.

Zorn durchflutete sie. Grenzenlose Wut. Hass, wie ihn nur Drachen spüren konnten. Sie wollte töten, sie wollte morden für das Unrecht, für diese Monstrosität, die sich Experiment nannte.

Zerodyme stürmte hinaus. Sie schnippte einmal energisch mit den Fingern, alle Glasbehälter zersprangen mit solcher Wucht, dass es die Experimente zerriss. Ein weiteres Schnippen und das Wasser im ganzen Raum ballte sich. Sie zog immer mehr Wasser aus allem. Aus dem Holz, aus den Experimenten, aus den Leichen. Alles verfiel, brach, staubig, wurde zu Staub, bis der ganze Raum wie leer schien, abgesehen von einigen Metallgegenständen und den Glassplittern.

Sie ging die Treppen hinauf, packte eine Fackel.

Niemand wird diese Schriften je wieder sehen. Wenn ein Kopfgeldjäger nach irgendwen sucht, wird er nichts mehr haben...nichts! Keinen Anhaltspunkt!

In allen Räumen äscherte sie die Schränke, Tische und Pergament ein. Sie ließ nichts übrig, vergaß keinen der Räume.

Mit einem Gefühl eiskalter Entschlossenheit verließ sie die Räume, trat wieder in den Gang. Der Alte saß immer noch an der Wand, sah sie aus gleichgültigen Augen an. Sein Blick war so bedeutungslos, so einfach, so gewohnt. Er entfachte Zerodymes Zorn noch weiter, trieb sie zur Weißglut. Dieser Mann saß einfach da, wagte es sie anzusehen, hatte es gewagt mit ihr zu sprechen. Er wusste von den Plänen von Vanitasus, dessen war sie sich sicher. Und er hieß sie gut, die widerwärtigen Experimente. Wie konnte er es wagen, sie weiter anzusehen? Wie konnte er es wagen, zu fragen was los sei? Wie konnte er so anmaßend sein?!

Mit einem Schritt war sie bei ihm und in einer fließenden Bewegung packte sie ihn am Hals und hob ihn an der Wand hoch, hielt ihn in der Luft. Seine Beine berührten den Boden nicht mehr, er schnappte nach Luft. Sie schlug die Kapuze zurück, offenbarte ihm, wer sie war.

„Mein Name ist Zerodyme van Drayke."

Seine Augen öffneten sich im plötzlichen Erkennen. Er griff panisch nach ihren Armen, versuchte zwecklos ihren Griff zu öffnen.

„Nenn mir einen Grund! Nenn mir nur einen Grund dich am Leben zu lassen! Nur einen! Zeit läuft! Zehn. Neun. Acht. Sieben."

„Ihr gabt euer Wort."

„Sechs. Fünf."

„Euer...euer Wort..."

„Vier. Drei. Zwei."

„Bi...bitte..."

„Eins. Null."

Nichts geschah. Zerodyme wollte, sie wollte, es gab nichts in ihrem Kopf was sie mehr wollte, als seinen dünnen Hals zu zerdrücken und ihn von seinen Leiden zu erlösen. Sie konnte es nicht. Dieser Mann war nur ein alter Wicht, irgendein dummer folgsamer Lakai. Er verantwortete nicht, was geschah. Sie ließ ihn wieder zu Boden. Laut keuchend rang er nach Luft, kroch auf dem Moos umher.

Sie nahm das Seil, wartete bis er wieder aufstand. Er ging voran. Sie wies ihm den Weg durch das Dunkel. In der Nähe spürte sie die Giftschlange, von der der alte Mann gesprochen hatte. Sie folgte ihnen über Seitenwege, wartete hungrig auf eine Möglichkeit.

Diese Möglichkeit wurde der Schlange verweigert. Zerodyme fand ohne Probleme den Ausgang. Sie stieß den Alten von sich, löste durch einen Gedanken seine Fesseln. Er verschwand schnell im Dunkel der verwinkelten Gänge. Er würde Vanitasus von ihr erzählen, doch das war ihr gleichgültig. Sie ließ die schwere Tür offen, erhob ihre Stimme. Das Wasser des Mooses wurde entzogen, sammelte sich in den dünnen, in Stein geritzten Runen. Sie ließ es gefrieren, ließ es den Stein sprengen.

Augenblicklich bewegte sich die Schlange, raste zielsicher auf sie zu. Sie hob die Hand.

„Stopp!", befahl sie. Die Schlange blieb, ihr halb offenes Maul nur Zentimeter von ihrer Hand entfernt, stehen. „Mir ist gleichgültig, ob du dein gesamtes Leben in diesem Loch verbracht hast, Schlange, aber so geht man nicht mit derjenigen um, die dir die Freiheit schenkte."

Die Schlange klappte ihr Maul zu, ließ unschlüssig den Kopf hängen. Zerodyme übermittelte ihr in Gedanken Bilder. Viele Bilder von ihrem Wald, was dort lebte, wie groß er war, wie man diesen Ort erreichte. Sie sendete ihr ein Gefühl von Sicherheit. Die Schlange legte sich wieder auf den Boden, schlängelte mit ihrem beeindruckenden Körper davon.

Zerodyme sah ihr eine Weile hinterher, sich fragend, ob sie den Weg schaffen würde. Sie warf sich wieder die Kapuze über und suchte den Weg aus dem verwinkelten Haus. Als sie ein Fenster fand, trat sie es ohne viel Federlesen kaputt und sprang nach draußen. Eine Wache sah sie. Er griff zum Schwert, erhob die Stimme zum Alarm. Kaum trat ihn ein Laut über die Lippen, wurde er von der Seite von der Riesenschlange angegriffen, welche seinen Ruf in ihrem Maul erstickte und jegliche Gegenwehr durch das schnell wirkende Gift im Keim erstickte. Zerodyme schickte der Schlange dankende Gedanken und wandte sich ab. Sie suchte eine der Hauptstraßen und schloss sich den Söldnern an, als wäre nichts gewesen. Noch immer gingen Scharen zu dem Platz. Immer wieder bogen Leute ab, in Kasernen, zu ihren Quartieren. Sie ging bis zum großen Hauptplatz im Zentrum der Burg.

Langsam geriet der Marsch ins Stocken. Zerodyme begann damit, sich durchzudrängeln. Viele Männer protestierten, da sie mit ihren Ellenbogen nicht zimperlich umging, doch niemand wagte es, Hand an sie zu legen. Niemand der bei Trost war, legte sich mit jemandem an, der offensichtlich aus der Gilde der Attentäter stammte, zumal immer mehrere dutzend andere zusahen.

Etwas weiter entfernt vom großen Zentralbalkon, der direkt über einer der Türen waren, aus denen sie, Maro und Rachkurius Stunden zuvor die Kerker verlassen hatten, blieb sie stehen und sah wie alle anderen nach oben.

Sie wartete.

Kapitel 5: Zerodyme, Herrin des Wassers

Zum ersten Mal sah Zerodyme Sir Vanitasus. Er war stattlich, in seiner Jugend bestimmt eine Schönheit gewesen. Er trat auf dem großen Balkon vor, musterte die hunderte und tausende Diener unter sich. Menschen, Elfen, Zwerge, sie alle Krieger, Magier, Drachentöter, Attentäter. Nur eine nicht, doch er spürte nicht den kalten Blick Zerodymes, deren Augen ihm den Tod versprachen.

„Meine Freunde! Ich freue mich euch zu sehen!" Jubel brandete auf. Er beschwichtigte sie mit erhabenen Gesten.

„Nein! Meine Freunde! Zu früh ist es, mich zu preisen, habe ich euch doch bisher nur versammelt! Doch ihr müsst nicht mehr lange warten! Nein, eure Geduld ist am Ende! Meine auch! Lang haben wir gewartet, doch sage ich euch, der Krieg wird kommen und Sieger werden wir sein!" Wieder Jubel. Auch wenn Zerodyme die Rede nicht besonders einfallsreich fand, so gab sie zu, dass er ein begabter Redner war. Er sprach mit Charisma, mit Feuer und Kraft. Seine Stimme inspirierte.

„Doch bleibt eines für mich, was ich für euch tun kann, meine Freunde! Etwas Bedeutsames!" Er machte eine lange Pause, griff mit seinen feingliedrigen Händen auf die Brüstung, sah auf die vielen Gesichter herab. Dieses Mal kein Jubel. Manche sahen zweifelnd, manche fragend. Seine Stimme hatte sich verändert. Alle Magier auf dem Platz, auch Zerodyme, spürten etwas. Einen Druck, eine merkwürdige Kraft erhob sich.

„Ich habe den Zauber gefunden. Eine Magie von unaussprechbarer Macht. Ich werde Frieden bringen! Meine Freunde! Und ihr...ihr seid MEIN!"

Er hob die Arme, eine Welle unglaublicher Energie, faul und verwesend, dunkel und durch Hass zersetzt, brach aus ihnen hervor, überwältigte sie alle. Ihre Augen wurden leer, ihre Gesichter stumpf.

Zerodyme rührte sich nicht. Geistesgegenwärtig hatte sie verschiedene magische Mauern um sich und ihren Geist errichtet. Die Barrieren hatten gehalten, dennoch war sie geschwächt. Sie sah sich um, nirgends eine Regung, niemand nahm sie wahr. Sie standen da wie lebende Säulen.

„Kniet nieder!", rief Sir Vanitasus. Seine Diener knieten nieder. Hinter Vanitasus traten seine Berater heran, zehn an der Zahl, und sahen mit ihm hinab auf die fügsame Armee und auf jene eine, die nicht ihr Haupt beugte. Sir Vanitasus zögerte, er starrte diese Gestalt in ihrer dreckigen Kutte nieder, fixierte seine Kraft auf sie, aber zwecklos. Ihr Geist beugte sich nicht.

„Wer bist du?", fragte er. Zerodyme schlug mit einer fließenden Bewegung ihre Kapuze zurück, sah den Fürsten direkt an. Der fegende Wind wurde still. Der Moment zog sich zur Ewigkeit.

„Ratet.", forderte sie ihn auf. „Oder ist euer Blick durch Alter blind?" Die Berater tuschelten. Vanitasus schien in seinem Geist zu suchen, doch er erkannte sie nicht.

„Ihr erkennt mich nicht, obwohl ihr meine Ruhe störtet? Ihr erkennt mich nicht, obwohl ihr mich jagt? Ihr enttäuscht mich maßlos, Sir Vanitasus."

„Zerodyme!" Sir Vanitasus erkannte sie. Er sah nach oben, zum Himmel. Seine Berater sahen den Platz entlang und suchten die anderen beiden Drachen.

„Für euch ist mein Name Zerodyme van Drayke. Und meine Freunde...sie sind nicht hier, Sir Vanitasus. Ich bin allein." Er sah sie ungläubig an.

„Närrin! Hier sind tausende Soldaten und du kommst allein? Unter meinen Dienern sind Magier, Krieger und Attentäter und wenn ich es befehle, werden sie ihre wertlosen Leben für mich geben. Du kommst allein, wissend, dass ich dich jage? Um mein Leben zu holen, musst du tausende besiegen! Du wirst kein Land sehen."

Bei diesen Worten überkam Zerodyme eine merkwürdige Art Deja-vu, als hätte sie dies bereits gehört. Und sie kannte auch die Antwort darauf.

„Und ich bin nur eine. Versucht mein Blut zu holen, welches so wertvoll für euch ist."

Sie befreite ihre Magie, schärfte ihren Geist. Wieder ein Deja-vu. Wieder, als hätte sie es bereits erlebt. Sie spürte überdeutlich ihre starke Aura, spürte das Wasser im Blut all jener Soldaten, spürte den Wind, spürte, wie er sie umflog. Da wurde es ihr klar.

Der Seelenbund wurde, wie sie es in den Dokumenten im Labor gelesen hatte, stärker.

Sie nahm immer mehr von dem Wissen und Können Maros in sich auf. Die Erinnerungen, das Flötenspiel, der Kampf mit dem Speer, mit Posen und Finten, die sie nie gekonnt hatte, der Wind, der so spürbar war, so greifbar, die Macht in den Händen, bereit heraus zu brechen und mit einer Geste Fluten zu entfesseln. In ihrem Kopf bildeten sich immer neue Muster, sie sah Erinnerungen, in denen ein junger Mann unwahrscheinlich schnell mit einem Schwert, dann mit zwei Schwertern, dann ohne Waffen gegen Soldaten kämpfte. Sie sah diesen jungen Mann unter einem ebenso stattlichen Hühnen üben. Sie sah endlose Übungen, stundenlang. Monate verschwammen in ihrem Kopf zu Sekunden.

„Wieso macht ihr euch die Mühe?", fragte Vanitasus. „Was soll dieser Irrsinn. Ihr..."

„Ich habe euer Labor gefunden.", unterbrach Zerodyme. Erschrocken zog er die Augenbrauen zusammen. „Eure Riesenschlange ist frei, euer Bibliothekar verschreckt geflüchtet und euer Mann der so gerne mit den Messern spielt, hat sich beim Anblick eurer Prophezeiung spontan aufgehängt."

Einer der zehn Berater atmete erschrocken ein. Vanitasus war einfach sprachlos.

„Zudem muss ich euch leider mitteilen, dass ich eure Pläne nicht gutheiße, auch wenn es mich auf merkwürdige Art beeindruckt, dass ihr mich nicht erkennt, wohl aber meine Absicht.", zischte Zerodyme bedrohlich, griff nach dem Gürtel eines Söldners neben ihr und zog, ohne nachzudenken, statt dem Schwert die beiden kurzen Dolche. Sie wiegte sie in der Hand und nahm eine eingeübte Kampfpose ein. „Deshalb habe ich drei Dinge beschlossen. Erstens, ich vernichte euer Labor. Zweitens, ich vernichte eure Bibliothek. Drittens, ich töte euch. Zwei Dinge habe ich bereits getan."

Zerodyme lächelte giftig. Sie konnte seinen Zorn spüren. Sir Vanitasus machte wütend eine ausholende Geste und alle seine willenlosen Diener wandten sich Zerodyme zu. Das Morden begann.

Schnitte folgten, tief und schnell. Wie der Wind rauschte sie zwischen den Reihen des Chaos hin und her, ihre Feinde erbarmungslos niederschlagend, immer näher zum Balkon laufend. Ein Drachentöter stellte sich ihr in den Weg, sie warf die Schwerter hinter sich, Schreie waren die Antwort. Schnell entriss sie ihm seinen Speer mit einem Griff, brach ihm dabei einen Arm. Sie war nun unter dem großen Balkon, spürte den Wind um sich herum. Instinktiv machte sie eine Geste, richtete die Hand zum Boden und schoss in die Luft. Kaum erreichte sie die Brüstung, empfingen sie mehrere magische Wellen, die sie mit Leichtigkeit übersprang. Sie duckte sich unter einem Feuerball hindurch, brach dem nächst bestem Gegner seiner Beine mit einem gezielten Schlag des Speers. Die anderen neun zogen ihre Waffen, Sir Vanitasus sammelte seine Magie, doch ehe noch etwas geschehen konnte, rammte sie einen zweiten die Klinge in den Bauch, hob ihn mit übermenschlicher Kraft hoch und schleuderte ihn zu den anderen.

Sir Vanitasus warf seine Magie gegen sie, ein kraftvolles Bannsiegel. Zerodyme hob ihre rechte Hand, blitzschnell flog das Wasser aus dem Brunnen in der Mitte des Platzes zu ihr und schützte sie. Das Siegel zersprang auf ihren Befehl hin und die Wasserbarriere floss auf zwei der Berater zu. Beide holten Luft, wollten Beschwörungen rufen. Sie erstickten, als das Wasser mit neuem Tempo in ihre Lungen eindrang und dort schlagartig gefror. Eine weitere Geste Zerodymes, und ein vierter Berater wurde von Eissplittern des Wassers durchlöchert, das eben noch in den Lungen anderer gesteckt hatte.

Zerodyme duckte sich ohne nachzudenken. Ein Schwert flog quer über ihren Kopf hinweg. Sie sprang sofort in die Luft, drehte sich dabei um die eigene Achse, wobei sie den Speer kreisen ließ und dem Angreifer die Kehle durchschnitt. Sie landete mit einer Rolle, sprang sofort weiter, über den Hieb ihres nächsten Gegners hinweg und rammte ihm im Gegenzug die Waffe in den Rücken. Sie versuchte die Klinge aus dem Körper hinauszuhebeln, aber die Widerhaken hatten sich verfangen.

Sie ließ los, wandte sich ihren verbleibenden vier Gegnern zu. Sie erhob ihre Stimme, ein wortloser Gesang. Magische Arme griffen nach den Herzen ihrer Gegner, die sich mit starken magischen Barrieren schützten. Vanitasus griff ein, riss mit einer Geste den Boden zu Zerodymes Füßen auf. Sie sprang zurück, verfestigte die Luftfeuchte zu einem Speer aus Eis. Von selbst flog die Waffe zu ihren Feinde, schlug mit einem Seitwärtshieb zu. Der Mann duckte sich weg, die anderen webten Magie. Zerodyme baute eine Mauer, doch ehe sie fertig war, rammten die Gedanken von Vanitasus sie und erschütterten Zerodymes Aura. Ein Berater ließ eine Flammenwand los, heißer und verzehrender als jedes normale Feuer, während ein anderer in seiner Hand einen Blitz gefangen hielt, bereit ihn zu entfesseln.

Zerodyme sprang weg, löschte ihre Mauer und den Speer. Die Wand änderte ihre Richtung, die Kraft des Blitzes befreite sich. Zerodyme streckte einen Arm aus, fing den Blitz ab, lud seine Energie in ihren Körper, lenkte ihn durch magische Bahnen, gab ihm Kraft und schickte ihn zu dem Berater, der die Flammenwand kontrollierte. Er wurde getroffen, schrie laut und durchdringend. Das Feuer löste sich auf, als sein Meister starb.

Noch während sie erschrocken starrten, nahm Zerodyme den Wind, ballte und schleuderte ihn mit einer ausholenden Geste. Drei wurden von dem Zauber getroffen, zwei hielten ihre Mauern aufrecht. Der dritte wurde durch die Wucht von den Füßen gehoben und fiel laut schreiend vom Balkon. Er verstummte nach wenigen Sekunden.

„Das reicht jetzt!", brüllte Vanitasus, stieß seine verbleibenden beiden Diener zur Seite. Er stellte sich Zerodyme gegenüber, die Fäuste geballt. Er fixierte sie mit einem Blick blanken Hasses.

„Ich bin euer Gegner, Drachin!"

„Nehmt euch nicht zuviel vor, Sir Vanitasus. Vielleicht seid ihr allen menschlichen Magiern gewachsen. Vielleicht. Doch das sagt nichts über euren Status in unseren Reihen aus."

„Ich habe schon Drachen getötet."

„Das habt ihr. Ich sehe die Wahrheit in euren Augen. Doch wart ihr allein? Das dachte ich mir." Sie streckte einen magischen Arm zu dem Speer aus, der noch in der Leiche eines Mannes steckte, riss ihn mit Gewalt heraus. Sie fing die Waffe eingeübt und nahm ebenso leicht eine Kampfpose ein. Vanitasus zog ein Schwert, hielt es beidhändig, die Spitze zum Boden zeigend.

Eine Weile geschah nichts. Die Berater stellten sich, wartend, an die Seite. Sie hielten sich bereit, auf den leisesten Befehl ihres Meisters ihre Magie freizusetzen.

„Wie sieht es mit dem Seelenbund aus, Drachin?", fragte Vanitasus.

„Neugier hat so manchem Kätzchen schon den Kopf gekostet.", antwortete Zerodyme. „Nicht dass es einen Unterschied macht. Ich habe nur keine Lust euch zu antworten."

Zerodyme summte leise, rief das Wasser zu sich und erschuf einen leichten Nebelwirbel um sich herum. Vanitasus machte sich bereit, lud seinen Körper mit seiner eigenen Magie auf. Zerodyme spürte das Feuer um ihn herum, welches so stark war, dass es unwillig an den ihm auferlegten Fesseln ruckte. Sie wusste, wenn er seine gesamte Kraft los ließ, würde sie nichts entgegenhalten können. Unmerklich verdichtete sie den Nebel, rief die Wolken tiefer und entzog der Luft immer mehr Wasser.

Mit einer schnellen Bewegung warf Vanitasus plötzlich sein Schwert hoch. Feuer folgte der Klinge, verdichtete sich zu einem Feuergeist. Zerodyme erstarrte für einen Moment. Eine Inkarnation eines Elementes zu beschwören, dazu gehörte viel Konzentration, viel Kraft. Zerodyme warf dem Geist eine Welle entgegen, welche beim Aufprall einfach verdampfte. Eine dichte Nebelwolke entstand.

Zerodyme stürmte vor, die Waffe vor sich. Sie wich der Stelle aus, an der der Nebel sich lichtete, wo der Feuergeist bereits die Wassertropfen verdampfte. Sie spürte, wie Vanitasus aus dem Nebel flüchtete. Mit einem langen Sprung schloss sie zu ihm auf, landete schlitternd auf den Knien, hieb mit dem Speer zu. Vanitasus sprang über den Schlag hinweg, führte einen Rundschlag aus, dem Zerodyme entging, indem sie sich nach hinten warf. Ihr Schweif packte Vanitasus am Bein, riss ihn mit zu Boden. Gelenkig sprang Zerodyme auf, packte ihren Speer, stach zu. Vanitasus brachte im letzten Moment sein Schwert zwischen der Klinge des Speeres und seinen Hals. Er legte Magie hinter seine Kraft, schlug die Waffe von sich. Mit einer Energiewelle schleuderte er sich mehrere Meter nach oben, schlug von oben zu. Zerodyme antworte mit einem rückhändigen Hieb, aufwärts. Beide Waffen trafen sich und Wellen blanker ätherischer Magie zerrissen die Luft um sie herum. Zerodyme lenkte immer mehr Magie in ihren Speer, in ihren eigenen Körper und dachte gar nicht daran nachzugeben. Vanitasus ebenso.

Der Feuergeist kam aus dem Nebel und entfesselte seine Kräfte gegen Zerodyme. Sie zischte einen Fluch und gab nach. Durch den Druck der magisch aufgeladenen Schläge wurde sie nach hinten geschleudert. Vanitasus warf sich zu Boden, damit ihn das Feuer des eigenen Feuergeistes nicht traf.

Einer der Berater entschied nun einzugreifen. Er beschwor mit lauten Worten den Stein und versuchte die Wand hinter Zerodyme einstürzen zu lassen. Zerodyme richtete eine Hand zu den Brocken, warf sie mit einer Bewegung auf den Feuergeist. Als die Wand endgültig einstürzte und einen beträchtlichen Teil des Palastes mit sich riss, schützte Zerodyme sich mit einer großen Wasserblase, umfasst von starken, wirbelnden Winden. Kleinere Steine flogen einfach weg, die wurden von der festen Wasserblase, die Zerodyme auch von innen mit Wind stärkte, aufgefangen.

Als nach wenigen Sekunden alles niedergestürzt war, befreite Zerodyme mit einem Schrei ihre gesamte Magie, schleuderte alles mit einer Welle Energie weg.

Stille folgte und Rauch.

Als der Staub sich legte, sah Zerodyme was nicht sein konnte. Vanitasus war tot. Von irgendetwas aufgeschlitzt worden. Der Feuergeist löste sich langsam auf, verlosch. Die beiden Berater lagen am Boden, unaussprechliches Grauen in den toten Gesichtern.

Zerodyme stand inmitten der Trümmer und konnte nicht glauben was sie sah.

Ein Rauschen, leicht und schwach, doch ihre durch den Kampf überempfindlichen Sinne reagierten. Sie sprang vor, drehte sich in der Luft, warf eine Energiewelle von sich. Die Kreatur wehrte sie ab.

Zerodyme stockte der Atem bei dem Anblick. Das Wesen, das Ding, sie wusste nicht wie sie es nennen sollte, war auf wunderschöne Art grotesk.

Es schien eine Mischung aus Drache und Mensch zu sein. Sein Haupt war kahl, aber es besaß einen Schweif, der fleischig wirkte, bis auf einige weiße Haare am Ende. Sein Körper war teilweise geschuppt, meist aber sahen die Schuppen weich, unwirklich aus. Ein Arm hatte Klauen und war wesentlich größer als der andere, menschliche Arm. Seine Augen waren blutrot.

Zerodyme wich sofort weiter zurück, denn spürte sie nicht nur unheimliche starke magische Kräfte in dieser Kreatur. Die Mordlust und der Hass zeichneten sein schiefes Gesicht. Zerodymes scharfe Sinne spürten sofort woher diese Kräfte, diese Bosheit kamen. In seinem Geist war blankes Chaos. Monster lieferten sich hinter seiner Stirn endlose Kämpfe und ein ums andere Mal wurde der Sieger von einer neuen, noch böseren Kreatur geschlagen.

In seinem Körper spürte sie das Blut von Vanitasus, sie spürte das Blut von den beiden Beratern, doch da war mehr. Ungläubig, dass das wahr sein konnte, sah Zerodyme über die Brüstung des Balkons. Alle Soldaten, Tausende von ihnen, die einst unter dem Befehl von Vanitasus gestanden hatten, folgten nun diesem Wesen. Die Bande, die Vanitasus mit seinen nekromantischen Bannmalen verbunden hatten, hingen jetzt an dieser Kreatur.

Die Kreatur näherte sich langsam. Zerodyme machte sich bereit für was auch immer da kommen mochte. Dabei streiften ihre magischen Fühler erneut dieses Wesen. Sie fand die Antwort auf ihre Frage, denn dunkel erinnerte sie sich an das Labor, an die Experimente, an das einzelne, unscheinbare, leere Glasrohr und an die Nachricht, alle Kreaturen seien vergiftet worden.

Doch in dieser Kreatur konnte sie, nur eine Winzigkeit, unscheinbar, das Blut von Maro und Bellkur fühlen. Sie erinnerte sich schlagartig an die Wunde Bellkurs, an den Schlag, den Rachkurius gegen Maro geführt hatte, an das Blut und den Speichel im Wasserfass.

„Das ist unmöglich.", flüsterte Zerodyme. Die Kreatur rief seine magischen Energien herbei. Da war der Wind, so scharf und schnell wie der Maros. Da war die Kraft, die unglaubliche Macht Bellkurs. Da war der wahnsinnige Schimmer von Vanitasus.

Zerodyme packte ihren Speer fester. Die Kreatur zögerte kurz, lächelte auf seine merkwürdige schiefe Art und rammte ihr die Waffe mit einem Gedanken aus der Hand. Es streckte seine Hand aus, war nur ein paar Meter von Zerodyme entfernt und sie konnte die Dichte seiner Magie förmlich sehen.

Sie warf ihn mit einem Schlag alle magische Kraft entgegen, eine Welle Energie, Windklingen und Eissplitter. Blitzschnell baute die Kreatur eine Mauer auf, wurde durch den Angriff aber zurück geworfen.

Zerodyme sprang vom Balkon, mitten in die überraschten Massen. Sie rannte, rannte, warf mit Magie um sich, ließ den Wind viele Schnitte zufügen und Blut gefrieren. Sie rannte um ihr Leben.

Maros Gesicht wurde für eine Sekunde abwesend. Er sprang auf, packte seinen Speer und die Waffe Zerodymes, hatte die Flügel bereits geöffnet.

„Bellkur! Rachkurius! Los!"

Kapitel 6: Der Meister des Nichts, die Wende der Zeiten

Zerodyme tauchte unter einem Speer hindurch, sprang über einen Schwerthieb und drehte sich in der Luft, um einer Wurfklinge auszuweichen. An ihrer magischen Mauer prallte erneut Energie ab. Sie wankte. Ihr Geist wankte. Ihre Wassermagie erlosch, die Mauer verschwand. Sie konnte den Ton nicht halten, konnte sich nicht mehr auf die Magie konzentrieren. Sie lief immer weiter, immer schneller. Jemand packte ihren Schweif. Der Ruck war schmerzhaft, aber sie ließ sich instinktiv zurückreißen, rammte dem Mann ihre Beine in den Bauch. Knapp wich sie im Sprung einem Morgenstern aus. Irgendein Idiot hatte einen Pfeil abgefeuert, der sie weit verfehlte und einen Soldaten in die Schulter traf.

Ich kann nicht mehr!, dachte sie panisch. Eine gefährliche Schwere begann sich langsam ihrer Glieder zu bemächtigen. Ihre Reflexe ließen nach.

Sie erreichte den Rand der Masse aus Soldaten. Sie packte den nächst Besten, entriss ihm den Dolch, versteckte sich hinter ihm, die Waffe an der Kehle. Der gesunde Menschenverstand funktionierte noch bei diesen Leuten, denn sie machten nicht hirnlos weiter. Sie gingen langsamer vorwärts, weiter an der Seite gingen sie schneller, versuchten sie einzukreisen. Zerodyme ging rückwärts, zog ihre Geisel mit sich. Sie linste zu den Soldaten. In der Ferne, auf halber Strecke zwischen ihr und dem Balkon konnte sie die Kreatur kommen sehen. Sie sah wieder zu den Seiten. Viele Wege gingen von der Hauptstraße ab. Die Attentäter verschwanden systematisch in diesen Wegen, versuchten eine Abkürzung, um sie von hinten anzugreifen. Zerodyme sah eine Straße in ihrer Nähe. Sie verlor keine Zeit mehr, denn die Kreatur näherte sich schnell, und stieß den Mann von sich, nutzte dabei den Schwung und rannte in die Seitengasse. Sofort sprang eine vermummte Gestalt aus einem Fenster, stellte sich ihr in den Weg. Zerodyme sah einen Dolch in seiner Hand, die andere war hinter dem Rücken versteckt. Sie sprang zur einen Wand, sprang zur gegenüberliegenden und landete hinter dem Attentäter, der ihrer Akrobatik überrascht zugesehen hatte. Er fasste sich wieder und nahm die Verfolgung auf.

Zerodyme bog bei der nächsten Kreuzung links ab, versuchte vom Platz wegzukommen. Eine weitere vermummte Gestalt sprang ihr aus einer schmalen Seitengasse in den Weg. Sie sprang furchtlos auf ihn zu, rammte ihn einen Ellenbogen ins Gesicht. Stöhnend fiel ihr Gegner auf den Stein. Zerodyme entriss ihm im Fallen den Dolch, warf ihn direkt hinter sich. Ein gurgelnder Schrei bestätigte ihr, dass sie gut gezielt hatte. Sie rief mit einem lauten melodischen Ruf die Reste ihrer Magie herbei ließ die Luftfeuchte sich am Boden sammeln und vereiste dann alles Wasser in der Umgebung. Die ersten Verfolger, die um die Ecke rannten, schlitterten und fielen zuhauf. Zerodyme wandte sich wieder um, rannte schnell, aber sicheren Schrittes. Eine weitere Kreuzung, doch dieses Mal wurde sie erwartet. Mindestens ein dutzend Attentäter und drei Magier standen Zerodyme im Weg, die keine Kraft mehr hatte, ihre Magie zu benutzen, die unbewaffnet war.

Da war ein junger Mann, er verteidigte sich gegen viele. Seine Waffen waren seine Arme, seine Schilde seine Hände. Griffe, Finten, Sprünge, Drehungen und ein unerschütterliches Selbstvertrauen.

Zerodyme spürte diese plötzliche Flut. Bilder und Worte brannten sich ein. Sie wusste plötzlich, dass sie diese Gegner leicht überwinden konnte. Sie rannte weiter, wich einer Wurfklinge mit einer knappen Linksdrehung aus, und sprang an die Wand. Sie stieß sich heftig ab und rammte im Sprung einem Gegner beide Knie ins Gesicht. Noch während er rückwärts fiel, griff sie nach seinem Gürtel, sprang durch den Schwung vorwärts ab, drehte sich und warf mit jeder Hand zwei Klingen mitten in die Masse. Geschrei erhob sich, doch die Magier, durch ihre Schilde sicher, webten einen Zauber. Zerodyme schlug ein Fenster an der Wand ein und sprang hindurch. Rufe folgten ihr, Sekunden später Menschen.

Zerodyme rannte fast blind durch die Dunkelheit dieser Kaserne, doch zu ihrem Glück bedeutete das, dass die Menschen tatsächlich nichts sehen konnten. Sie suchte die Aufgänge und rannte zum Dach. Oben angekommen lief sie auf dem geraden Dach weiter vom Zentrum des Schlosses weg. Aus den Augenwinkeln nahm sie eine Art Funken wahr. Rattern ertönte und Kugeln schlugen an ihren Fersen ein. Zerodyme rannte schneller, sah einen Moment hin. Eine der neuartigen Kanonen hatte sie im Visier. Die sprengenden Einschläge näherten sich langsam ihren Füßen.

Das Ende des Daches. Zerodyme sprang ohne nachzudenken. Eine Kugel streifte ihren Schweif, riss eine dünne Wunde hinein. Erst jetzt bemerkte sie, dass das gegenüberliegende flache Dach sechs Meter unter dem anderen war. Sie konnte ihre Landung nicht mit Magie abfedern.

Hart landete sie auf dem Stein. Sie rollte sich ab, der Schmerz, der ihre Beine betäubte, ließ sie laut aufschreien. Mit einiger Mühe kämpfte sie sich wieder hoch, lief weiter, langsamer als zuvor. Sie humpelte, konnte ihr rechtes Bein kaum bewegen.

Rufe folgten ihr, die Menschen sammelten sich an den Fenstern, ein Stockwerk unter dem Dach, von dem Zerodyme gesprungen war. Sie überwanden die schmale Gasse und landeten wesentlich eleganter, holten sie ein.

Zerodyme hörte die nahenden Schritte. Sie wirbelte herum, packte einen Mann, der bereits die Hand nach ihr ausgestreckt hatte und kugelte ihm mit einem schnellen Griff den Arm aus. Sie drehte ihn grob um, entriss ihm sein Schwert und hielt es ihm an die Kehle.

„Das wird langweilig, Mädchen!", rief ein Verfolger, ein Bogenschütze, der sie aus mehreren Meter Entfernung ins Visier nahm. Sie sah seine spitzen Ohren, ein Elf. Er würde aus dieser Distanz sein Ziel nicht verfehlen. Sie fragte sich, ob die Kreatur den Soldaten genug Freiheit gab, damit sie reden konnten, doch die leeren Augen bewiesen das Gegenteil. Die Kreatur sprach durch den Elf. „Gib einfach auf. Es ist vorbei."

Zerodyme blickte hinter sich. Der Rand des Daches war nah und sie konnte nicht zum nächsten hinüber springen. Es war drei Stockwerke über ihr. Die Fenster füllten sich bereits mit anderen Soldaten, die begannen die Scheiben einzuschlagen. Sie sah nach oben, zu der Kanone. Sie hatte sie im Visier. Die Soldaten näherten sich von hinten.

Verzweifelt sah Zerodyme sich um. Sie stieß den Mann von sich, nahm sein Schwert in beide Hände und begann sich langsam im Kreis zu drehen. Der Elf zielte immer noch auf sie, doch Zerodyme war sich sicher, durch ihr Adrenalin und ihre nun überscharfen Nerven den Pfeil kommen sehen zu können. Mehr Sorgen als dieser eine Bogenschütze machten ihr hunderte Magier, tausende Soldaten und ein Monster.

„Gib einfach auf, Mädchen.", forderte der Elf erneut. Zerodyme wartete drei Sekunden, genug Zeit, damit Menschen damit rechneten, dass sie nicht reagierte, aber nicht zu wenig, als dass sie noch reagieren würden. Sie warf mit einer ausholenden Bewegung das Schwert zum Elf. Dieser, mehr als Reflex als beabsichtigte Tat, schoss seinen Pfeil ab, konnte der Klinge aber nicht mehr ausweichen. Zerodyme nutzte den Schwung des Wurfes, ließ sich zu Boden fallen. Der Pfeil surrte über sie hinweg und traf einen Mann in die Brust. Er fiel vornüber, dankbar nahm Zerodyme ihm seine Axt ab und stand wieder auf. Die Soldaten hatten sie eingekreist, hielten aber einen Sicherheitsabstand ein.

Plötzlich verspürte Zerodyme ein merkwürdiges Gefühl. Sie verspürte den unbändigen Wunsch, sich auf den Boden zu werfen, einfach, ohne auf die Soldaten und die Gefahr zu achten, sich fallen zu lassen.

Sie zögerte nicht, ließ sich fallen.

Ein Schatten begrub sie unter sich. Sie erschrak einen Moment, erkannte dann aber Bellkurs glatte Haut, die direkt über ihrem Kopf war. Sie hörte sein wütendes Gebrüll und spürte wie er seine Macht auf ihre Feinde losließ. Das Feuer brannte heiß, das Dach sprang auf und fegende Winde schleuderten ihre Feinde vom Dach.

Als das Dach sicher war, erhob sich Bellkur, ließ Zerodyme wieder unter ihm hervorkrauchen. Maro landete neben ihnen, Rachkurius sprang von seinem Rücken. Zerodyme hielt ihm sofort ihr Bein hin, sie spürte bereits die heilenden Kräfte, die auf seiner Hand lagen. Rachkurius legte seine Hände auf ihren Unterschenkel, Wärme durchfuhr Zerodyme. Sie atmete erschöpft, erleichtert, beruhigt aus. Maro und Bellkur fixierten derweil die anderen Gebäude, sahen über den Rand des Daches in die prall gefüllten Straßen.

Die Soldaten bewegten sich nicht, schienen vor Schreck erstarrt. Zerodyme wusste es besser.

„Maro, Bellkur, wir müssen fliehen!", rief sie den knurrenden Drachen laut zu. Sie alle sahen verwundert zu ihr. „Es gibt ein...Ding...Vanitasus hat etwas geschaffen, was zu mächtig ist! Wir müssen hier weg!"

Sie sah kaum die Zeichen auf dem Boden, da wusste sie, dass es zu spät war. Ein Netz aus Runen, merkwürdig verzerrt und in einer Sprache die keiner der vier kannte, entstand auf dem Boden, umfasste das Dach und zog eine leuchtende Mauer hoch. Die Kreatur stand im Aufgang.

„Verdammt.", flüsterte Rachkurius und kam mit seinem Wort nicht mal annähernd an das, was Maro und Bellkur bei dem Anblick des verunstalteten Monsters in den Sinn kam. Sie spürten die Macht dieser Kreatur und sie spürten das Blut in ihr. Die Geschicklichkeit und Unnachgiebigkeit Maros. Die Kraft und blanke Macht Bellkurs. Die Erfahrung und Weisheit Zerodymes.

Zerodyme spürte sich selbst in dem Wesen. Sie spürte ihre Kräfte, ihre Wassermagie und ihre Fertigkeiten mit dem Speer, sogar ihre Gedanken schienen herumzugeistern, zu flüstern.

„Was ist das?", fragte Bellkur, der verängstigt einen Schritt zurücktrat, den mächtigen Kopf hin und her werfend, versuchend, die flüsternden dunklen Stimmen der Kreatur zu verscheuchen.

„Ich...", sagte die Kreatur, imitierte dabei perfekt Zerodymes Stimme, „...bin der Herr der Welt, der Meister der neuen Art. Ich...", er wechselte zu Bellkurs Stimme, „...bin das Kind der Perfektion, der Einzigartige. Ich...", plötzlich Maros Stimme, „...bin die Wende der Welt, das Ende von Chaos und der Beginn von Ordnung. Ich...", die kräftige Stimme von Vanitasus erklang und blieb erhalten, „...bin allmächtig. Euer Blut macht mich allmächtig." Das Monster bückte sich seelenruhig, berührte das Blut des gefallenen Elfen. Augenblicklich konnten sie den Elfen, seine flüsternden Gedanken, seine Geschicklichkeit mit dem Bogen in der Kreatur fühlen. Sie konnten spüren wie sein magisches Potenzial in der Kreatur aufblühte, sie weiter stärkte.

„Das...das ist nicht wahr.", flüsterte Maro, als er begriff, dass dieser Feind mit jedem Blutstropfen eines anderen gefallenen Gegners, den er bloß berührte, mächtiger werden würde und dass um das Gebäude herum tausende Soldaten und hunderte weitere Magier standen. Er gab Zerodyme ihre Waffe. Durch die Magie von Rachkurius gestärkt, packte sie ihren Halbmondspeer und nahm ihre Kampfpose ein, so wie Maro. Die Kreatur reagierte nicht.

Bellkur hatte derweil das Muster des rot leuchtenden Siegels auf dem Boden genau betrachtet.

„Dies ist ein Fangsiegel.", sagte er. „Niemand kann es verlassen, bis eine bestimmte Bedingung erfüllt wurde."

„Richtig.", sagte die Kreatur, nun mit einer unbekannten Stimme. „Die Bedingung ist, entweder nur ihr in diesem Siegel lebt, oder nur ich lebe. Ja. Ein Duell! Ein Kampf! Zeigt meine Macht, zeigt mir was ich kann! Los! Ein Kampf! Lasst uns k...kä...kämpfen!" Er sprach das letzte Wort in Extase, mit irrsinniger Beglückung aus. So pervers, dass es den Drachen kalt über den Rücken lief und Rachkurius unweigerlich zusammenzuckte. Der Antimagier zog sein Schwert.

„Ja! Ja! Ein Kampf! Los! Greift an!" Die Kreatur befreite ihre Macht, eine sichtbare Aura pulste um ihren Körper herum. Maros schneidender Wind, Zerodymes mächtiges Wasser, Bellkurs gewaltige Kraft, das Feuer von Vanitasus, all diese Charaktereigenschaften spürten sie deutlich.

„Können wir überhaupt gegen uns selbst gewinnen?", fragte Maro sich laut. Bellkur behielt seine Gedanken für sich, fixierte die Kreatur und versuchte einen Plan zu entwickeln. Die Kreatur griff nicht an, wartete auf die Aktion der Drachen.

Es ist nur etwas größer als Zerodyme, das Dach aber ist mehr als fünfzig Meter breit und lang. Es hat genug Platz, wir aber nicht genug zum Fliegen., dachte Bellkur fieberhaft nach. Maro und Zerodyme standen immer noch in ihren Kampfposen da, warteten. Auch ihre Augen flackerten unruhig umher, suchten eine Lösung.

„Rachkurius.", sagte Bellkur. „Es liegt an uns." Rachkurius nickte dem Drachen zu, hielt seine Hand auf sein Schwert und gab ihm seine Magie. Zerodyme und Maro machten sich derweil bereit, der Kreatur zu widerstehen, hoffend, dass die Antimagie von Rachkurius und was auch immer Bellkur vorhatte, reichen würde.

„Los! JA!!! KÄMPFT!", rief die Kratur, offenbarte dabei eine lange, gespaltene Zunge. Sie ruckte merkwürdig herum, die Glieder verkrampft und das Gesicht zu einer irren Grimasse verzogen.

Maro und Zerodyme nickten sich zu, hielten ihre Waffen bereit und machten den ersten Schritt.

Kapitel 7: Maro, Zerodyme, Bellkur, die Schlacht

Maro wie auch Zerodyme, Bellkur und Rachkurius kannten die Logik, den Verlauf, nachdem ein solcher Kampf den Legenden nach verlief. Kleiner Ritter greift großen, bösen, räuberischen Drachen an, wird zurückgeworfen. Drache greift an, wird von einer besonderen Waffe, Medaillon, Schild oder Zauber, den der Ritter durch gute Taten während seiner langen, martyrerischen Reise erhalten hatte aufgehalten. Es folgt ein langer, spannender Kampf, an dessen Ende der Ritter sein magisches Schwert mit einem lauten Ruf in den offenen Rachen das Drachen stößt, worauf dieser sofort, ohne Feuerspeien oder ein letztes zubeißen stirbt. Dann rettet der Ritter seine Prinzessin und beide leben glücklich bis an ihr Ende.

Die tatsächlichen Geschichten liefen, den Erfahrungen der drei Drachen nach, anders ab. Drache versteckt sich vor marodierenden, nach wertvollen Schuppen, verzauberten Blut und unzerstörbaren Hörnern gierenden Menschen, wird von einem Ritter überfallen. Ritter greift an. Drache tötet Ritter. Drache frisst Ritter, manchmal auch mit Rüstung. Ende.

Doch dieser Kampf verlief weder wie es die Legenden vorhersagten, noch wie es die Erfahrung lehrte.

Maro schlug aus der Entfernung zu, entfesselte seine Winde gegen die Kreatur. Mit einer Handbewegung fing sie den Wind ab, schleuderte ihn zurück. Maro baute rechtzeitig eine Mauer, fing seine eigene Attacke ab. Er lud seinen Speer mit seiner Magie auf, stürmte vor. Rasend schnell ließ er seine eingeübten Attacken, seine Finten und Schläge auf die Kreatur los, doch sie wich mit einer Eleganz, die ihr keiner zugetraut hätte, aus. Zerodyme schloss sich an und wie ein Kämpfer ließen sie ihre Attacken einhageln. Die Kreatur wich aus, drehte, rollte ab, ließ die Klingen nur Zentimeter an sich vorbeifliegen, sprang in zurück, entfesselte seine Gedanken. Die Wucht hob die beiden von den Füßen, schleuderte sie gegen die Begrenzung des Siegels. Zerodyme und Maro landeten simultan auf Knien, rangen nach Atem. Die Kreatur wandte sich Rachkurius zu, der sofort sein Schwert fester packte. Bellkur stellte sich in den Weg.

„Ich bin dein Gegner."

Die Kreatur lachte laut. Beiläufig rammte es seine Gedanken gegen Bellkur, doch dessen Mauer hielt. Sie stockte. Bellkur ging seitlich, zeigte der Kreatur seine Flanke, sie nahm zum ersten Mal eine kampfbereite Pose an, das Grinsen verschwand. Sie erkannte die Stärke des Gegners vor sich.

Bellkur bäumte sich auf, sprang mit einem plötzlichen Satz, schneller als man es einem Drachen seiner Größe zutrauen würde, zu der Kreatur. Sie wich mit einer Seitwärtsrolle aus, wurde dabei vom peitschenden Schweif Bellkur am Kopf getroffen und herumgerissen. Gelenkig wie Zerodyme sprang er wieder auf, sammelte den Wind an seinen Händen, scharf wie der Maros. Mit kreisenden Armen ließ er fliegende Klingen los. Rachkurius sprang in den Weg, sein Schwert vor sich. Es löschte den Wind, machte ihn zu einer scharfen Brise, die Bellkurs Federn zerzauste. Der Drache sprang seinem Feind hinterher, wieder wich die Kreatur aus, wissend, dass sie einem direkten Angriff nichts entgegensetzen konnte. Bellkur grub seine Krallen tief in den Stein des Daches, er vollführte einen Rückwärtssprung, eine lange Rolle. Der Boden erbebte, als er landete, die Kreatur verlor einen Moment das Gleichgewicht. Bellkur öffnete sein Maul, biss zu. Die Kreatur sah seine Fänge auf sich zukommen, packte die Fangzähne, leitete Magie in seinen Körper. Es Widerstand der Kraft Bellkurs, der sich anschickte ihn zu fressen. Immer mehr Kraft sammelte sich in seinen Armen, vor Wut zischend hielt er die Fangzähne fest. Rachkurius packte ihn von hinten, entfesselte seine Antimagie. Die magischen Kräfte der Kreatur schwanden in Sekunden um ein Vielfaches, ein Teil seiner Aura löste sich einfach auf. Wütend brüllte es auf, eine Energiewelle schleuderte Rachkurius von ihm weg, Bellkur widerstand erneut, doch er verringerte den Druck für einen Moment. Eine weitere Welle hob ihn von den Füßen, doch er fing sich in der Luft und landete sanft.

Die Kreatur ging in den Angriff. Sie sprang auf Bellkur zu, beschwor mit einer einfachen Geste einen Speer herbei, schwang ihn auf die gleiche Art wie Maro es tat. Ein weiter Hieb, Bellkur wich leichtfüßig aus, doch mit einer plötzlichen Rückhanddrehung raste die Klinge direkt auf seinen Hals zu.

Ein lautes Klirren.

Zentimeter bevor der Speer, der ein perfektes Duplikat von Maros Waffe war, Bellkurs Kehle durchschneiden konnte, prallte er auf Zerodymes Halbmondklinge. Ätherische Stürme wurden frei, als beide ihre Kräfte in die Waffen lenkten. Zerodyme, geschwächt, gab bereits nach Sekunden langsam nach. Maro sprang hinzu, hielt mit seinem Speer gegen. Blitze begannen zwischen den Waffen zu wandern, langsame, grelle Lichtbögen. Maro hielt seine Waffe einhändig, sammelte in der anderen Hand den Wind. Die Kreatur tat es ihm nach. Beide streckten ihre Hände vor, stoppten knapp voreinander.

Maro stöhnte, leitete alle Magie in diesen Zauber, die Kreatur hielt mit, überwältigte ihn langsam. Maros Lippen formten einen stummen Hilferuf. Bellkur kam ihm zu Hilfe. Die scharfe Klinge missachtend stützte er beide Arme gegen Maros Waffe, drückte mit blanker Kraft. Zerodyme löste ihren Speer, nahm ihn in die Hinterhand und beschrieb einen kurzen Aufwärtshieb. Ein Gedanke der Kreatur stoppte ihren Schlag, versuchte ihr erneut die Waffe aus der Hand zu schlagen, doch trotz der schmerzhaft vibrierenden Muskeln und der harten Stromschläge weigerte sich Zerodyme. Rachkurius kam hinzu, schlich sich von hinten an und hieb auf sein Genick. Er traf auf eine kleine Mauer, instinktiv aufgebaut, doch die Antimagie durchbrach sie mühelos. Die Kreatur ließ aber nicht noch einmal zu, dass Rachkurius ihn berührte. Mit einem weiteren Gedanken, härter als zuvor und so anstrengend, dass seine Verteidigung gegen die anderen drei für einen Augenblick wankte, rammte er Rachkurius seinen blanken Zorn, seinen Hass in den Geist. Rachkurius taumelte zurück, geblendet von den Gefühlen und Gedanken, die in ihn eindrangen. Er ging auf die Knie, übergab sich, verlor kurz drauf das Bewusstsein.

Die Kreatur wandte sich wieder ihnen zu, erhöhte den Druck. Die ätherischen Stürme begannen das Siegel zu zerreißen, ein Teil des Daches verschwand spontan, Gewitterwolken sammelten sich und Blitze zuckten in ihnen umher.

Die Kreatur stieß einen stummen Schrei aus, das Gesicht eine Fratze der Wut. Sie sammelte immer mehr Kraft, ignorierte dabei die Gefahr, die auch für sie von den ätherischen Stürmen ausging. Das Siegel zerbrach vollends, die roten Streifen leuchteten in allen Farben auf, bevor sie einfach verschwanden. Die Drachen zögerten keinen Moment. Gleichzeitig löschten sie ihre Zauber, sprangen von der Druckwelle der Energie weg. Maro und Bellkur öffneten ihre Flügel und flogen höher. Die Kreatur sammelte ihre am Rücken, erschuf kaum sichtbare Flügel, die wie Nebel wirkten. Sie sprang in die Luft, flatterte den Drachen ungeübt hinterher. Zerodyme sah kurz nach oben, doch die Kreatur schien sie vergessen zu haben. Sie lief zu Rachkurius. Seine Ohnmacht war tief, doch er schien nicht verletzt zu sein. Zerodyme konzentrierte sich, legte ihre menschliche Haut ab.

Drei Schatten umkreisten einander im Gewitter. Ein großer, Bellkur, der die Blitze nutzte, seine magischen Reserven wieder aufzufüllen, ein kleinerer, Maro, den der stürmische Wind mit neuer Kraft füllte und einer, nur so groß wie ein Mensch, der vor Wut brüllend den Drachen auf magischen Schwingen hinterher flog, sie ständig mit Energiewellen, mit fliegenden Klingen oder riesigen Eissplittern attackierte. Mehrere Male griffen Hände aus Wasser nach den Drachen, versuchten sie zu fangen, doch sie umflogen sie geschickt. Wenige Minuten nach Beginn dieses Spieles kam ein vierter Schatten hinzu, größer als Maro, doch kleiner als Bellkur. Zerodyme lud ihren bis an die Grenzen belasteten Körper durch die Wolken, nahm das viele Wasser in sich auf. Sie brüllte, ob sie das tat, um ihren Gegner einzuschüchtern, oder weil sie froh war, wieder in ihrer drachischen Gestalt zu sein, konnten die anderen beiden nicht sagen.

Weitere Blitze zuckten, tanzten zwischen den Auren der vier umher.

Man mochte es nicht glauben, doch die Soldaten am Boden, hunderte und tausende, waren bei Bewusstsein. Sie hatten keine Kontrolle über ihren Körper, hatten hilflos zusehen müssen, was sie da taten, waren machtlos gewesen sich selbst zu stoppen, doch sie sahen. Sie waren da. Einige von ihnen schrieben später, Jahre nach diesem Kampf, ihre Memoiren. Viele wurden durch die Zeit, durch Unwissen und Ignoranz zerstört. Doch einige wenige blieben erhalten.

So schrieb ein Elf:

Nie sah ich dergleichen. Diese Kreatur, Geschöpf desjenigen, der uns unterwarf, maß sich mit dem legendären Maro, genannt der Nachtschatten; der Dunkelschatten; weißer Nachtzahn; Dämon. Er maß sich mit Zerodyme; der Wächterin; der schwarzen Bestie und vieles hörte ich von ihr, mehr noch als von Maro. Er maß sich mit Bellkur, damals unbekannt, doch bald sollte sein Name mit allerlei Titeln in den Geschichtsbüchern stehen. Der Meister; Herr der Elemente; Der, der das Unaussprechliche regiert; Blutauge. So viele Titel für diese drei, die meinen Augen ein Schauspiel darbrachten, wie ich es in meinem langen Leben nie wieder habe sehen dürfen.

So schrieb ein Söldner:

Gebannt verfolgte ich Maros Flug. Akrobatisch, schnell und geschwind reitete er den Wind wie es kein anderer vermochte. Er entfesselte Stürme, seine fliegenden Klingen durchsiebten die Luft. Fürwahr, er schlug auf die Monstrosität ein, hart und geschickt, bis er ihr die Waffe entreißen konnte und sie unbewaffnet war. Er biss sie, und sie fiel durch sein Gift.

So schrieb ein Attentäter:

Zerodyme, die schwarze Bestie. Sie hätte unserem Orden Ehre gemacht. Ich konnte ihre verwinkelten Züge selbst kaum vorhersehen. Wie sie die Wolken verdichtete, die Blitze konzentrierte und abflaute. Ich wusste nicht was es soll, bis ich sah, wie Bellkur das Monster lockte, wie Maro es angriff, es sogar biss, bis es sich, durch Wut und Hass geblendet, von Zerodymes Blitzen eingekesselt sah.

So schrieb ein Magier:

Bellkur, der unbekannte Drache, der, den niemand zuvor gesehen hatte. Er war es. Seine Magie hat die Blitze aufgeladen. Ich konnte es durch meine Sinne deutlich spüren. Maro lockte und reizte die mächtige, unerfahrene Bestie, Zerodyme bereitete die Falle, doch Bellkur leitete seine grenzenlose Magie in die Wolken, erzeugte eine Spannung nie von noch dagewesenem Ausmaß, dem die Bestie unweigerlich zum Opfer fallen musste. Ja, sie war mächtiger gewesen als die Drachen und ja, wäre der Kampf auf dem Dach weitergegangen, ich bin mir sicher, die Drachen hätten verloren, doch das Siegel war gesprungen und die Drachen hatten ihre mächtigste Waffe erneut in die Klauen bekommen. Ihre Freiheit.

Jahrhunderte später stritten Historiker, wer die Schlacht gewonnen hatte, wer die leitende Rolle gewesen war. Traurig ist die Tatsache, dass der Mensch oft nicht in der Lage ist zu erkennen, dass es manchmal keiner und manchmal alle gewesen waren. Der Mensch will den Namen, den einen Namen, den er diesem Schauspiel geben konnte, von dem die Historien, die Bilder und alten Weisen berichteten. Schlacht des Maro. Schlacht der Zerodyme. Schlacht des Bellkur. Dies wollten sie, dies war ihr Denken. Die Schlacht der Drei, das war undenkbar, unmöglich, weiß doch der Mensch in seiner Weisheit, dass alle Drachen Egomanen, Einzelgänger sind. Aus Not mochten sie sich zusammengeschlossen haben, doch nie und nimmer, weil sie, welch Vorstellung, Freunde waren, die einander halfen.

Epilog: Zwei Federn, zwei Klingen und das Chaos, das sie ruft

„Schön hast du es hier.", sagte Zerodyme, strich mit ihrem Schweif über den Steingarten und brachte ihn in Unordnung. Maro sah nicht vom Spielbrett auf, auf dem er Bellkur und Rachkurius soeben ein Spiel beibrachte, welches in seiner alten Welt gern gespielt worden war. Er nannte es Go, doch Zerodyme hörte nur halbherzig seinen begeisterten Erklärungen zu. Nicht aus Desinteresse, doch in den Monaten, in denen sie in seiner Welt gewesen war, hatte sie das Spiel bereits gelernt, brauchte also keine Lehrstunde wie Bellkur oder Rachkurius.

Sie sah sich um. Hinter ihr stand Maros Heim. Ein großes Haus, aus Holz gefertigt und durch seine Ausmaße für ihn Schlafkammer und Übungshalle zugleich. Dieses Haus wurde eingesäumt von vereinzelten, alten Bäumen, zwischen denen immer wieder kleine Steinstatuen, Obelisken und andere Häuser standen. Diese große, an einem weiten Berghang gelegene Siedlung wurde von einer großen Mauer eingefasst.

Es war ein alter Tempel, in dem Priester lebten, die sich der Religionen und ihrer Dogmen entsagt hatten, die geschworen hatten, im Dienste des Friedens und der Einheit zu leben. Sie hatten Maro, trotz der Geschichten, aufgenommen, sogar die große Halle für ihn gebaut, damit er üben konnte. Einmal am Tag kam der Älteste der Priester vorbei und spielte mit dem Dämon Go. Maros Teil des Handels war, die Siedlung zu beschützen. Und auch wenn er oft auf Reisen war, so nahmen die Priester seine laxe Haltung gegenüber seinem Teil der Abmachung gelassen, denn er brachte immer Schätze und viel Geld mit, welches er unter den Menschen verteilte. Lediglich einige wenige, die wertvollsten Stücke, von denen Zerodyme wusste dass es Zwergenschätze waren, die die Erdgeborenen ihm zur Aufbewahrung gegeben hatten, verschwanden an einem unbekannten Ort.

„Das Spiel ist zu Ende.", sagte Maro, deutete dabei kurz auf einige schwarze Steine, die Rachkurius, der gegen ihn spielte, nicht retten konnte.

„Das ist...Damezumari...richtig?"

„Ja. Die Steine sind tot, es macht keinen Sinn, weiterzuspielen. Zerodyme?" Maro drehte sich halb zu ihr um. Sie reagierte eine Weile nicht. Ihr Blick war an ihren Waffen hängen geblieben, den weißen Drachenhornspeer, den Himmelstod, ihren Halbmondspeer und das Langschwert von Rachkurius, die sie hierher mitgebracht hatten, hier an diesen Ort, fast vier Flugtage von ihrem Wald entfernt. Die Flöten lagen daneben, sowie die kleine Kette mit dem bemoosten Stein, das einzige Mitbringsel von jenem Schloss und jener Schlacht, die nun einige Wochen zurücklag. Ihr Blick wanderte zu Rachkurius, der schnell genesen war und in seinem weißen Umhang wahrhaftig stattlich aussah, zu Bellkur, der sich nach all den Kämpfen von einem hiesigen Schneider neue Armbänder für seine Vorderbeine machen lassen hatte, um die dünnen Narben zu verdecken.

„Ein Gefühl beschleicht mich, hinterlistig und dunkel. Ich glaube, all dies ist noch nicht vorbei."

„Ja.", stimmte Bellkur zu. „Merkwürdig ist es, nicht? Kaum ist die Schlacht vorbei, kehrt wieder Ruhe in dieses vom Krieg zerrüttete Land. So schnell, wie ein Tropfen im See, nur dass er vergessen hat, Wellen zu ziehen."

„In der Tat." Maro stand auf, richtete seinen Blick in weite ferne. Vorsichtig ging er über den Steingarten, hinterließ bedachte Spuren. „Sagt, Zerodyme, Bellkur.", wandte er sich nach einigen nachdenklichen Minuten voller Schweigen wieder an sie. „Als ihr in meiner Welt gestrandet wart, hattet ihr nicht zufällig Zeit, die Geschichte meiner Welt zu studieren, oder?"

Beide schüttelten verneinend den Kopf. Maro ging eine Weile auf und ab.

„In unseren Geschichten erzählt man auch vom Beginn der Zeit des Chaos. Jenes Zeitalter, aus dem der Orden hervorkam. Es hieß, am Anfang hätte ein mächtiger, charismatischer Fürst gestanden, in der Lage, mit Worten die Herzen der Menschen zu beflügeln, Fremde zu Leibwachen zu machen, die ohne zu zögern ihr Leben für ihn gegeben hätten. Dieser Mann rief den Krieg aus, nachdem er so viele für sich gewann. Doch er wurde besiegt und all die umliegenden Fürsten, dutzende waren es, die gegen ihn vereint gewesen waren, waren nun Feinde. So begann das Zeitalter des Chaos und der Krieg breitete sich immer weiter aus und in den Jahrhunderten danach gab es nie auch nur einen Tag Frieden...bis schließlich der Orden sie alle unterwarf und das Land hemmungslos ausbeutete, bis nur noch Wüste blieb."

„Interessante Geschichte..."

„Das ist nicht alles.", unterbrach Maro Zerodyme. Sie zischte beleidigt, er ignorierte es. „Ist es nicht merkwürdig, diese Parallelen? Vanitasus, ein charismatischer Herrscher, einer der mit...Worten...die Herzen anderer kontrolliert? In den Geschichtsbüchern steht nichts über Magie oder über irgendwelche Mischlingsmonster, die der Fürst verwendete, dennoch sind die Parallelen beeindruckend."

„Und worauf willst du hinaus?", fragte Bellkur.

„Ich befürchte, dass dieser Welt dasselbe bevorsteht. Allumfassender Krieg, bis nichts mehr lebt."

Bellkur ist ein Charakter von Marluxia

Zerodyme ist ein Charakter von Gaiasangel

Maro ist ein Charakter von mir

Bitte benutzt sie nicht ohne unsere Erlaubnis.

Eine Kurzgeschichte von Noiratblack

Fortsetzung folgt