Tage im Juni - ENTDECKER (1) - Ger

Story by Kranich im Exil on SoFurry

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#17 of Tage im Juni

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TAGE IM JUNI

Entdecker

- 1 -

Das Treiben im Luchshaus war diesen Morgen ungewohnt hektisch. Man hätte fast sagen können fanatisch.

Kaja war damit beschäftigt, die große Schrankwand im Wohnzimmer bis auf das letzte Buch auszuräumen und abzustauben -- eine Beschäftigung, die sie für gewöhnlich ans Jahresende schob und sich dann als guten Vorsatz für das nächste auftrug. Heute jedoch ging sie der Sache mit einer fast krankhaften Euphorie nach und gab sich nur dann zufrieden, wenn sie jedes Buch durchgeblättert und jede einzelne Seite vom Staub befreit hatte.

Isak schien es auch nicht gut zu gehen, denn er lief schon den ganzen Morgen in Nadelstreifenanzug und Krawatte herum. Beides hasste er wie die Pest. Sein buschiges Fell warf unter dem eng anliegenden Stoff breite Wülste. Er meinte bloß, es müsste so sein, wollte er gut aussehen.

Jannik kommentierte die Angelegenheit lieber nicht und setzte sich an den Küchentisch, von wo aus er mit einer Schale Müsli in der Pfote das kuriose Theaterspiel beobachte.

»Hast du den Flur gefegt?«, fragte Kaja. »Ist das Dach sauber? Ist der Apfelbaum gegossen?«

»Das mache ich bevor er kommt«, gab Isak zurück und strich etwas Wachs auf seine Tasthaare.

»Dafür ist nicht genug Zeit! Er wird sehen, dass die Blätter herunterhängen!«

Jannik hob die Pfote und fragte, wer vorbeikommen würde. Er bekam keine Antwort. Stattdessen nahm ihm Kaja die noch halbvolle Schüssel aus den Pfoten und wusch sie ab.

»Er sieht, wenn das Geschirr dreckig ist!«, tadelte sie.

Welche Sicherung war so plötzlich bei ihnen durchgebrannt? Erwarteten sie den Besuch des Bürgermeisters? Nein, konnte nicht sein, denn der war eine Frau.

Aber vielleicht ist die Welt über Nacht in eine andere Dimension gesogen wurden, in der sie männlich war und zudem die Fähigkeit besaß, unerledigte Hausarbeiten im Urin zu spüren. Die lahmste Superkraft der Welt.

»Wer kommt?«, wollte Jannik wissen.

»Wer schon«, rief Isak aus dem Wohnzimmer, wo er Fusseln vom Teppich pflückte. »Dein Bruder!«

»Ich -- hab keinen Bruder.«

»Hör auf rumzualbern!«, meckerte seine Mutter und drückte ihm einen Anzug in seiner Größe in die Pfoten. »Er war so lange fort. Wenn er zurückkommt, soll er keinen Saustall vorfinden.«

»Ich habe keinen Bruder!«, protestierte er und warf den Anzug trotzig auf den Küchentisch.

Kaja ignorierte ihn und schwärmte darüber, ob_»Janniks Bruder«_ den Literaturpreis für sein Buch bekommen würde. »Das wäre schön.«

»Natürlich«, gab Isak zurück. »Er war neulich in der Zeitung. Sieht gut aus. Macht viel Sport und hält sich gesund.«

Buch? Zeitung? Jannik verstand mit jedem Wort weniger. Er war sich absolut sicher, dass er keinen Bruder hatte. Es gab nur drei Luchse in der Familie.

Er lief ins Wohnzimmer, um den beiden das Familienfoto zu zeigen, von dem er wusste, dass darauf keine mysteriöse vierte Person war.

»Rede doch keinen Unsinn!«, ermahnte ihn Isak. »Sonst wirst du nie so gut werden wie dein Bruder.«

Sein Vater reichte Jannik ein rahmenloses Foto. Der Junge starrte darauf und blickte in das Gesicht eines jungen Hirsches. Sollte das ein Scherz sein?

»Sein Geweih sieht so mächtig aus«, meinte Kaja.

»Er ist der beste an der Universität. Die Landesbank hat ihn zum Geschäftsführer ernannt.«

»Ob er alle seine Freunde mitbringt? Dann könnte er Jannik ein paar davon abgeben.«

»Es ist nicht Janniks Schuld, dass er keine Freunde hat. Er ist einfach zu langweilig.«

»Wenn er zudem nicht so schüchtern wäre und den Mund aufbekommen würde.«

»Und dann hat er noch diesen komischen Fleck auf der Stirn. Und mickrig ist er auch.«

Beschämt sank Janniks Kopf immer weiter zwischen seine Schultern. Er protestierte, aber sie waren zu vertieft in den Streit über seine Unzulänglichkeiten und bemerkten ihn nicht einmal.

Plötzlich drehten sich ihre Köpfe hastig zur Haustür und ihr Gezeter verstummte.

»Er ist schon da«, raunte Kaja und wurde ganz leise.

Jannik musterte erwartungsvoll die Tür. Dort schien aber niemand zu sein. Er spitzte die Ohren, konnte jedoch nichts hören. Trotzdem musste dort irgendetwas vor sich gehen, denn plötzlich überkam ihn eine unerklärliche Unruhe.

Eisige Kälte schien unter dem Türspalt hindurchzukriechen, direkt in seinen Körper hinein, und ließ ihn zittern. Sein Herz fing an zu rasen. Er wartete angespannt.

An der Haustür regte sich nichts. Kein Klopfen, kein Läuten, kein Rufen. Alles war still. Dennoch konnte er das Gefühl nicht abschütteln, dass dort jemand an der Schwelle stand. Oder etwas. Etwas absolut Grausiges. Es wartete und Jannik konnte spüren, wie seine kalten Augen durch das Holz schielten.

Es war kein Anthro. Kein Tier. Keine Person. Es war böse. Er fühlte es.

Das Haus war totenstill. Nicht einmal Wind war zu hören. Kaja und Isak waren verstummt. Nein, verschwunden. Nirgendwo zu sehen.

Plötzlich stand Jannik im Garten.

Mit nervösem Blick inspizierte er die Fenster. Sie waren so schwarz, als hätte die Nacht in das Haus Einzug gehalten. In den Scheiben war nichts zu sehen. Keine Spiegelungen. Wie schwarze Löcher ins Nichts.

Das fremde Etwas war jetzt im Haus. Auch weiterhin entzog es sich seinem Blick, aber er wusste, dass es hinter den dunklen Scheiben umherstreifte und ihn beobachtete.

Er konnte es in seinem Kopf sehen, wo es sich aus dem Schwarz seiner Augenlider schälte. Es war mit keinem ihm bekannten Lebewesen zu vergleichen. Es war verzerrt und falsch.

Wann immer er blinzelte, blitzten Fragmente eines monströsen Gesichtes vor ihm auf. Mal dornenhafte Zähne, mal eine rankenartige Zunge, aber immer zwei fahle, weiße Augen. Weit aufgerissen und funkelnd wie zwei Grablichter im nächtlichen Rauschen.

Angst selbst schien aus den Fenstern zu quellen und sich wie eine unsichtbare Macht um Jannik zu schlingen. Sie ergriff und lähmte ihn. Das ganze Haus wirkte befremdlich. Nicht länger wie ein Heim, sondern wie ein kalter, namenloser Ort.

Das Wesen wusste, dass er es fürchtete.

Der Junge wagte es nicht, seine Augen zu schließen, auch wenn er nichts sehnlicher wollte. Er kam sich vor wie das Kaninchen vor der Schlange. Die schwarzen Augen schienen alles zu durchdringen und starrten direkt in Janniks Innerstes, wo sie alle seine Ängste vor sich ausgebreitet sahen wie eine düstere Wiese mit vertrockneten Blumen.

Ein Dröhnen durchfuhr das Luchshaus. Es brachte die Luft zum Beben und Janniks Brust zum zittern.

Die Tür stand offen. Etwas Unbeschreibliches kam aus ihr gestürmt. Es besaß keinen Kopf und doch starrte es ihn an. Hatte weder Hände noch Pfoten und trotzdem rannte es ihm entgegen.

Plötzlich stand es direkt vor ihm. Das Dröhnen wurde unerträglich laut und verwandelte sich in ein tiefes, rasselndes Atmen. Er spürte es in seiner Brust.

Jannik schlug die Augen auf.

Das Licht des Dachfensters blendete ihn. Das schwere Atmen lag ihm in den Ohren. Sein eigenes. Sein Herz beruhigte sich. Seine Panik zerfloss langsam, als die Wärme seiner Decke ihn einhüllte und das Zwitschern der Vögel lauter wurde. Durch das Fenster sah er die Wolken vorbeiziehen. Nicht für lange, denn seine Augen fielen wieder zu. Nur um dann erneut aufgeschreckt zu werden, vom Gebrüll des Weckers.

Er schlug neben sich. Traf ihn nicht. So langsam fing er an zu glauben, der Schreihals hätte ein Eigenleben entwickelt und Spaß daran, sich vor Jannik zu verstecken. Genervt angelte der kleine Luchs herum, bis er den Lärm endlich stoppen konnte.

Er drückte sich schwerfällig vom Bett auf und tapste herum.

Diesmal war der Traum schneller gewesen als der Wecker. Obwohl er auf das Ende hätte verzichten können. Mit dem Morgenmatsch in seinem Kopf versuchte er ihn zu analysieren. Vor ihm hatten sich gleich mehrere Gruselszenarien ausgebreitet. Fürchtete er, seine Eltern zu enttäuschen? Wünschten sie sich einen mutigen, erfolgreichen Sohn? Einen der nur als traumhafter Hirschbruder erscheinen kann, weil sie in der Realität mit dem mickrigen Luchs vorlieb nehmen mussten? Und warum musste ihm der Erfolg nur als ein solches Monstrum erschien?

Der Gedanke bedrückte ihn. Der eben noch furchterregende Traum stimmte ihn nun traurig. Aber warum versteckte sich das Monster im dunklen Haus? Sein Unterbewusstsein hatte scheinbar viel Freude daran, ihn darauf hinzuweisen, wie schüchtern und ängstlich er war.

Vielleicht war das Traumgebäude auch nicht das Luchshaus gewesen sondern ein Spiegelbild des verlassenen Lazaretts am Marktplatz. Seit er Niklas' Vorschlag eines Besuchs zugestimmt hatte, kehrten seine Gedanken immer wieder zum düsteren Gemäuer mit den schwarzen Fenstern zurück. Er wollte es nicht betreten. Der bloße Gedanke an diesen Ort ließ ihn frösteln.

Er spielte mit dem Gedanken, Niklas abzusagen. Aber was würde der Waschbär dann von ihm denken? Dass er ein Feigling war? Recht hätte er. Es war genau das, was ihm der Traum zeigte: einen Feigling. Eine Enttäuschung.

Jannik wollte das Treffen mit Niklas nicht aufs Spiel setzen. Nicht jetzt, da sich der kleine Waschbär ihm gegenüber endlich zu öffnen schien.

Sei kein Weichei, sagte er sich. Wenn du einen Freund haben willst, muss du etwas dafür tun.

Selbst wenn im Gemäuer ein Monster wartete. Aber das war sehr unwahrscheinlich. Richtig?

Als er in die Küche kam, saß Isak wie immer mit seinem Haferbrei am Tisch und inspizierte was es neues im Revier gab. Kaja war an der Theke mit einigen Kartons beschäftigt, in denen sie eifrig herumkramte.

Jannik beobachtete die Situation sehr genau, um sicherzugehen, dass er diesmal wirklich wach war. Mit Erleichterung stellte er fest, dass es nur einige Farbdosen und neue Spitzen für ihre Graviergeräte waren.

Er setzte sich mit seinem Morgenmüsli zu Isak und sein Blick fiel kurz auf die Haustür. Dort war niemand. Es war still. Zum Glück.

Er grübelte über den gestrigen Tag nach. Darüber, was Chucks zu Niklas gesagt hatte. Dass dessen Brüder irgendetwas mit der Sache zu tun hätten.

»Wisst ihr schon, wer Chucks angegriffen hat?«, fragte er Isak.

»Noch nicht. Wir haben mit ihm gesprochen, aber er kann sich an nichts erinnern.«

Janniks Ohren senkten sich. Es musste ihn wirklich schlimm erwischt haben.

Sein Vater und ein Kollege waren gestern für mehrere Stunden an der Schule gewesen und hatten verschiedene Lehrer und Schüler befragt. Jannik war sich nicht sicher, ob sie wirklich nichts herausgefunden hatten oder ob Isak bloß nichts darüber sagen durfte. Er vermutete, dass es keine gute Idee war, ihm etwas über Niklas zu erzählen. Er wüsste nicht einmal genau was.

»Kannst du etwas darüber sagen?«, fragte Isak und hatte scheinbar seinen Blick bemerkt.

Der kleine Luchs schüttelte den Kopf und stellte sich ahnungslos. Gelogen war es ja nicht.

Isak brummte: »In der Innenstadt hat schon wieder eine Hundegang randaliert.« Er überflog einen Bericht. »Sie haben ein Café verwüstet und die Scheiben mehrerer Wohnungen eingeworfen. Alles im Besitz von Katzen. Wahrscheinlich politisch motiviert.«

»Was bringt es ihnen denn, anderer Leute Eigentum zu ruinieren?«, rief Kaja von hinten. »Außer dass jeder denkt, sie seien verrückt.«

»Es bringt ihnen Schlagzeilen. Das ist das wichtigste. Es ist dasselbe wie mit diesem stumpfsinnigen Wolfs-Rapper, der sich nackt auf die Bühne stellt und mit Blut einschmiert. Und dann darüber weint, dass Hunde so einen schlechten Ruf hätten. Sinn machen muss es nicht. Nur schlagfertig sein.«

Er wischte missmutig auf dem Tablet herum. Dann sah er Jannik an. »Falls dir eine Gruppe von Hunden entgegenkommt«, sprach er, »ist es kein Verbrechen, die Straßenseite zu wechseln.«

Jannik nickte.

Kaja winkte aus dem Fenster und lächelte. Isak sah nicht auf, aber sein Blick sprang zu ihr. Seine gekräuselte Stirn verriet, dass er sich unerfreuliche Dinge ausmalte. Wahrscheinlich welche mit rotem Fell und einem buschigen Schweif.

»Jake hat gute Fortschritte mit dem Pool gemacht«, meinte sie. Sie wusste genau, dass Isak nicht gut darauf zu sprechen war. »Wie sieht es überhaupt mit unserem aus?«

Jannik erinnerte sich, dass die beiden schon seit Monaten an einem möglichen Pool hinterm Haus planten. Bislang war außer vielen Worten nichts dabei herumgekommen. Isak war noch nie gut darin, nein zu etwas zu sagen und so stapelten sich seine Versprechungen, wie das Papier auf seinem Schreibtisch.

»Wenn sich eine gewisse Dame für ein Modell entscheiden könnte«, gab er genauso frech zurück mit einem schiefen Grinsen.

»Ich habe dir vor einem Monat das mit der Bucht gezeigt«, nahm sie ihm den Wind. »Das wäre perfekt für die Sitzgruppe.«

»Du willst die ollen Teile präsentieren?«

»Ich meine die neue Sitzgruppe.«

»Neu?«

»Isak.« Sie legte ihm ihre Arme von hinten um den Körper. »Du bist wieder mal so weit hinterher.« Sie drückte ihre Wange sacht gegen seine. Eine einfache Taktik, um ihn zu entwaffnen.

»Außerdem, wenn Jake so etwas hinbekommt, dann sollten wir das auch können.« Sie hatte sichtlich Spaß daran, Isak mit seinen beiden Lieblingsthemen zu necken. Er brummte nur und starrte angestrengt auf sein Tablet, als machte es ihm nichts aus.

Kaja packte die inspizierten Materialien zurück in die Kartons. Sie musste immer wieder grinsen, wenn sie aus dem Fenster sah. »So ein Pool scheint auch ideal zum Nacktbaden zu sein.«

So sehr sich Isak dazu zwang, das konnte er nicht ignorieren. »Erregt der Kerl schon wieder öffentliches Ärgernis?«

Der Nachbar war nicht nur ein ausgefuchstes Früchtchen, sondern auch Profinudist. Man hätte meinen können, libidinöse Hasen hätten die größte Freude am Entkleiden. Stattdessen schienen es Hundeartige zu sein.

Isak hatte extra eine Hecke am Zaun zum Nebengrundstück gepflanzt, um unschickliche Sichtungen auf ein Minimum zu reduzieren. So eine Hecke schien aber ihren eigenen Willen zu haben und ließ dennoch gelegentlich durch vereinzelte Löcher etwas Fragwürdiges hindurchblitzen. Vielleicht würde sich Isak nächstes Mal für eine Mauer entscheiden. Aus Granit und drei Meter hoch.

Kaja musste kichern. »Von hier sieht er riesig aus.«

Jannik ging in Deckung, denn fast hätte ihm Isak seinen Haferbrei ins Gesicht gespukt.

Kaja musste nun richtig lachen. »Ich meine den Pool.«

Das schien Isak genug zu sein. Er drückte sich vom Stuhl und marschierte zum Fenster, um es aufzureißen und seinen Kopf nach draußen zu stecken. »Zieh dir gefälligst was an, Fuchs! Oder es gibt 'ne Anzeige.«

Jannik konnte die prompte Antwort von draußen hören. Irgendetwas mit dem Recht auf freie Entfaltung auf dem eigenen Grundstück. Isak brummte wütend. Profinudisten kennen ihre Rechte.

»Der Kerl!«, schnaufte er und zog lautstark das Fenster zu. »Irgendwann verhafte ich ihn selbst.«

Jannik wettete, dass Isak das viel Freude bereiten würde. Er konnte verstehen, warum Kaja das Thema so lustig fand. Isak regte sich für gewöhnlich über kaum etwas auf und blieb beherrscht allen Unannehmlichkeiten gegenüber. Wer hätte ahnen können, dass sein Kryptonid pelzig ist? Und Jake schien ebenso zu wissen, dass Isak empfindlich auf ihn reagierte. Darum forderte er sein Glück immer wieder heraus. Und das war auch witzig.

Isak gab Kaja einen Kuss, wuschelte Jannik durchs Kopfhaar und machte sich auf zur Arbeit. Er würde heute wahrscheinlich auf der anderen Seite ums Haus zum Auto gehen, um keine Fuchsereien sehen zu müssen.

Jannik setzte sich ebenso in Bewegung. Auf ihn wartete ein weiterer belangloser Tag in der Schule -- oder nein, eigentlich wartete niemand auf ihn. Der Tag passierte einfach, wie immer. Keiner würde Notiz von ihm nehmen, niemand bemerken, falls er mal fehlen sollte. Vielleicht wunderten sie sich dann, dass sie ihre Hausaufgaben nicht in letzter Minute irgendwo abschreiben konnten.

»Da war doch wer«, würden sie sich umsehen. »Wie heißt er noch?« Genau.

Er nahm den Weg an der Hecke entlang und versuchte einen Blick auf Jakes neuen Pool zu erhaschen. Er hatte nicht mitbekommen, dass er schon eingeweiht war und ihr eigener würde wohl nicht vor Wintereinbruch fertig werden.

Durch die hohen Gräser des Wildgartens erspähte er schwarze Randsteine und dahinter das blaugrüne Schimmern frischen Wassers, dessen Duft ihm die Nase umschmeichelte. Es würde so gut tun, die Füße hinein zu tauchen, während ihm die schwere Sommerhitze auf den Schultern lag.

Jannik wanderte verträumt den schmalen Weg entlang und erspähte im Vorgarten einen rotbefellten Schweif zwischen gelben Gräsern. Er hielt darauf zu und der fuchsige Rest tauchte auf, samt Kopf mit spitzer Nase und langen Ohren. Sie zuckten, als sie den kleinen Luchs bemerkten.

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