Die Welt des goldenen Mondes - Kapitel 1: Der verletzte Wolf

Story by Meister Fuchs on SoFurry

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#1 of Die Welt des goldenen Mondes - Band 1: Der Letzte der Lougarou


Hallo ihr Lieben!

Ich freue mich über euer Interesse an meiner Story. Sie ist natürlich von mir frei erfunden, daher sind alle Übereinstimmungen mit realen Dingen oder Personen Zufall oder unumgängliche wahre Begebenheiten. Weiterhin möchte ich erwähnen das alle Rechte wie immer bei mir liegen. Ihr dürft sie natürlich so oft kopieren und weitergeben wie ihr wollt, nur bitte nicht verändern oder als eure eigene ausgeben. Wie immer wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen!

Viele liebe Grüße von eurem Meister-Fuchs :3

PS: Falls ihr meine Geschichte lieber als PDF mit einigen Extras haben möchtet, schaut doch mal kurz hier vorbei:

https://www.sofurry.com/view/818576

*Die Welt des goldenen Mondes *

Band 1 Der Letzte der Lougarou

Kapitel 1: Der verletzte Wolf (endgültige Version vom 04.02.2015)

Ein alter grauer Wolf legte sich gerade auf einen flachen Felsen nieder und noch bevor er es richtig bemerkt hatte, saß schon eine Schar von Welpen vor ihm. Kurz darauf bat einer der Welpen: „Bitte erzählt uns eine Geschichte, Meister." Der alte Wolf hob den Kopf und erwiderte mit einem Lächeln: „Gerne, aber ihr müsst gut zuhören." Sofort riefen die Welpen freudig: „Ja versprochen!" „Schön", entgegnete der alte Wolf und fing wenige Sekunden später schon an zu erzählen: „Jeder von euch kennt die vielen Geschichten, Mythen und Legenden, die sich die Menschen früher erzählt haben. Tausende gab es und viele Millionen Male wurden sie erzählt, doch nur die Wenigsten wussten damals, dass einige auch wahr waren."

„Was sind Menschen, Meister?", fragte einer der Welpen plötzlich, worauf ein anderer ihm gleich spöttisch antwortete: „Das waren Affen ohne Fell du Dummie." „Hey! Beleidige ihn nicht nur weil er es nicht wusste. So etwas macht man nicht", schimpfte der alte Wolf direkt und fuhr fort: „Die Geschichte, die ich euch erzählen möchte, ist auch wahr. Ich selbst habe es miterlebt und zwar vor über 300 Jahren auf einem fernen Planeten namens Erde..."

---- Rückblende: Die Erde im Jahr 2085 ----

„Max! Beweg' endlich deinen Hintern aus dem Bett!", brüllte eine Frauenstimme quer durch eine Wohnung. Ein junger Mann mit schwarzen Haaren stieg noch halb am Schlafen aus seinem Bett und wankte zu seinem Kleiderschrank. Gemütlich zog er sich eine blaue Jogginghose und ein T-Shirt an und ging runter in die Küche. Dort erklang zum Leid des Jungen wieder die Stimme seiner Mutter: „Wann ziehst du Nichtsnutz endlich aus? Ich brauche das Zimmer für das Baby."

„Reg dich ab. Ich hab heute einen Termin für eine Wohnungsbesichtigung und außerdem bist du doch erst im sechsten Monat. Es ist also noch genug Zeit", antwortete der Junge sichtlich genervt. „Das mag sein. Trotzdem will ich, dass du endlich ausziehst!", konterte die Mutter sofort, worauf der Junge erwiderte: „Jaja, ist ja gut. Ich bin heute noch weg. Ist dir das früh genug?" „Das glaub ich erst, wenn ich es sehe", antwortete sie ihm spöttisch.

Der Junge ging wieder in sein Zimmer und packte ein paar Sachen zusammen. „Es wird Zeit, dass ich von hier verschwinde", sprach er zu sich und räumte weiter seine Sachen zusammen, während er nebenbei die Frühnachrichten in seinem Fernseher verfolgte.

Die Nachrichtensprecherin wechselte plötzlich zu einem Thema, das ihn sehr interessierte: „Immer mehr Tierarten verschwinden auf geheimnisvolle Weise aus den Wäldern, den Tierparks und den Privathaushalten. Nach neusten Ermittlungen der Polizei sind alle Füchse, Bären und katzenartigen Tiere wie zum Beispiel Leoparden, Löwen und sogar alle Hauskatzen verschwunden. Niemand weiß wo diese geblieben sind. Die Polizei hat bisher keinerlei Anhaltspunkte oder Spuren von Tätern gefunden. Heute Abend zeigen wir einen ausführlichen Sonderbericht über dieses Massenverschwinden einiger Tierarten, aber nun weiter zum Sport..."

„Hmm - das ist schon sehr merkwürdig", murmelte der Junge vor sich hin. Er schaltete den Fernseher aus und räumte weiter seine kompletten Sachen zusammen. Die Poster an den Wänden mit den Wölfen darauf, die Wolfsfiguren und alles andere was ihm gehörte verstaute er in Kisten und trug diese raus in den Garten zur Feuerstelle.

Innerhalb einer Stunde hatte er alles aus seinem Zimmer draußen und machte sich an alles was in der Wohnung noch ihm gehörte oder worauf er zu sehen war. Nachdem er auch alle Fotos von sich aus allen Alben entfernt hatte und alles in der Feuerstelle aufgetürmt war, übergoss er es großzügig mit Benzin. Er nahm seinen Rucksack mit den wichtigsten Sachen, die er behalten wollte und rief: „Mama! Komm mal raus in den Garten!" Nur widerwillig kam die schwangere Mutter raus und schaute etwas verwundert, als sie ihn vor einem riesigen Haufen stehen sah. „Was machst du da? Was für eine Scheiße baust du jetzt schon wieder?", fragte sie genervt.

Zwischen dem Haufen und der Terrassentür lagen gute zehn Meter. Der Junge ging etwa bis in die Mitte und holte ein Feuerzeug aus der Hosentasche. Nachdem er es angemacht hatte, sprach er: „Du wolltest mich doch los werden. Heute werde ich dir deinen Wunsch erfüllen."

Sie schaute hinter ihm auf den Haufen und sah erst jetzt, dass es all seine Sachen waren. Bilder, Bücher, Figuren, Kleidung und alles, was er bekommen und aufgehoben hatte. Selbst seine Geburtsurkunde und alle anderen staatlichen Unterlagen und Dokumente lagen auf dem Haufen. Sie drehte sich blitzschnell um und schaute ins Wohnzimmer hinter sich. Sämtliche Bilder von ihm waren nicht mehr da. Die Rahmen auf den Tischen, im Regal und an den Wänden alle waren sie leer. Sie drehte sich wieder zu ihm und sah ihn entgeistert an. „Aber - du", murmelte sie leise und mehr brachte sie in diesem Moment einfach nicht raus.

„Ab heute existiert Max Friedrich nicht länger. Es hat ihn nie gegeben und wird ihn auch nie wieder geben. Wenn ich durch die Haustür dieses Grundstück verlassen habe, ab dann lautet mein Name Reiga", erwiderte er und warf das Feuerzeug über seine Schulter nach hinten auf den Haufen. Mit einem lauten "Wusch" entzündete sich das Benzin. Die Hitzewelle, die dabei entstand, spürte man selbst an der Terrassentür und veranlasste die Mutter dazu sich schützend die Arme vor den Kopf zu halten.

Die fast fünf Meter hohen Flammen brannten ohne Hemmungen und verwandelten langsam alles in Asche. Zögernd nahm die schwangere Frau ihre Arme runter und schattenhaft wie ein Geist, sah sie aus den Augenwinkeln ihren Sohn an sich vorbei gehen und hörte dabei die Worte, die für sie die Letzten von ihm sein sollten. „Lebe wohl", flüsterte er mit dem letzten Rest an Liebe, die er noch für sie empfand und verschwand daraufhin.

Völlig geschockt starrte sie ins Feuer. Seine Worte geisterten noch einen Augenblick in ihren Gedanken herum, bis sie plötzlich die ganzen Erinnerungen an ihn noch einmal sah. Der Moment nach der Geburt, wo sie ihn zum ersten Mal gesehen und im Arm gehalten hatte. Er war ihr erstes Kind gewesen. Sie hatte früher immer solche Angst um ihn. Sie sah seine ersten Schritte, wie er in die Schule kam und wie er mit acht Jahren das erste Mal einen echten Wolf im Zoo gesehen hatte. Er war damals so glücklich gewesen.

Plötzlich schreckte sie auf, als sie realisierte, wie sie ihn in den letzten Jahren behandelt hatte und was gerade geschehen war. Stürmisch rannte die schwangere Frau durch die Wohnung und schrie: „Mein Baby!!!" Sie riss die Haustür auf, rannte hinaus und schaute links und rechts die Straße entlang, doch sie kam schon zu spät. „Nein! Komm zurück! Bitte!!!", schrie sie die Straßen rauf und runter, doch nichts geschah und niemand antwortete. Sie fiel auf die Knie und fing an zu weinen. Ihr Herz brannte und quälende Schreie durchzogen ihre Gedanken. „Nein!!! Ich habe mein Baby vertrieben!", schrie sie erneut. Ein altes Ehepaar, das nebenan wohnte, hatte sie auf der Straße gesehen und war bereits zu ihr gekommen, um nach ihr zu sehn. Kurze Zeit später kam die Feuerwehr und löschte das Feuer im Garten.

Diese Mutter hatte ihr Kind vertrieben und nun wollte das Schicksal es, dass es sie für den Rest ihres Lebens quälen sollte. Ohne Bilder und nur mit den halbvergessenen Erinnerungen an ihn, sollte sie nun leben. Vielleicht würde irgendwann die Zeit den Schmerz mildern, doch vergessen sollte sie es nie.

Der Junge, dessen Name nun Reiga war, war derweil schon ein gutes Stück vorangekommen. Mit dem Bus zum Bahnhof und weiter mit dem Zug, hatte er seine Vergangenheit weit hinter sich gelassen und dachte ab da auch nicht mehr an diese Familie. „Endlich frei", murmelte er zu sich und sah frohen Mutes in Richtung Zukunft.

Einige Monate vergingen und Reiga hatte sich bisher tapfer durchgeschlagen. Er zog von Stadt zu Stadt und beschaffte sich durch kleine Jobs etwas Geld zum Leben. Mal als Kurier, mal als Tellerwäscher und auch als Kellner hatte er schon gearbeitet.

Zu seiner Verwunderung hatte er jedoch bisher immer das Gefühl gehabt nicht am richtigen Ort zu sein. Es zog ihn immer weiter und so kam es auch, dass er sich schon keine Wohnung mehr suchte. Für Hotels hatte er oft zu wenig Geld, deswegen schlief er immer gerade da wo er wollte. Die Leute schauten ihn zwar manchmal komisch an, aber ansonsten ignorierten sie ihn eigentlich.

An Weihnachten des ersten Jahres nach seiner Flucht geschah etwas, dass ihn sehr erstaunt hatte. Er war seit etwa einer Woche in einer kleinen Stadt unterwegs und schlief dort immer auf einer Parkbank. Am sechsten Tag hatte ihn eine Frau auf einen Kaffee eingeladen. Sie wollte wissen warum er immer auf der Bank schlief. Als er sagte, dass er kein Zuhause hatte und kein Geld für ein Hotel, holte die Frau einen weißen Umschlag aus ihrer Tasche und gab ihm diesen.

Reiga öffnete ihn und bekam große Augen, als er die vielen Geldscheine darin sah. Er gab ihr den Umschlag sofort lächelnd zurück und sagte ihr, dass er das unmöglich annehmen könne. Die Frau jedoch blieb hartnäckig und versuchte ihn zu überreden, doch auch er blieb standhaft. Reiga machte der Frau einen Vorschlag. Er würde das Geld unter keinen Umständen annehmen, aber er wäre für einen Teller heiße Suppe sehr dankbar. Die Frau gab es schließlich auf und natürlich bekam er von ihr die Suppe bezahlt.

Nachdem er sich satt gegessen und aufgewärmt hatte, bedankte er sich und ging weiter seine Wege. Die Frau schaute ihm hinterher und freute sich, denn sie hatte ihm den Umschlag in seinen Rucksack gesteckt, als er auf der Toilette gewesen war. Reiga bemerkte es erst, als er nach seinem letzten Brot schaute und war natürlich sehr überrascht. Er schaute noch mal genauer nach und zählte dabei das Geld. Es waren genau 1000€. Eine enorme Menge Geld und noch mehr für jemanden, der gar nichts hatte. Er beschloss aber schnell das Geld nicht zu behalten, zumindest nicht alles. Er kaufte sich davon warme Kleidung, genug zu essen, eine Fahrkarte für den Zug und einige Medikamente für Notfälle. 200€ behielt er für irgendetwas Unvorhersehbares und den Rest des Geldes gab er in einem Spendenbüro ab mit der Bemerkung, dass es an den örtlichen Tierschutzverein gehen sollte.

Mit dem Zug ging es dann weiter Richtung Sonnenuntergang und dabei sah er aus dem Fenster in die Ferne. „Wohin zieht es mich? Was zieht mich? Wann bin ich da?" Diese Fragen quälten ihn schon seit Wochen und egal wie lange er auch darüber nachdachte, Antworten konnte er keine finden.

Schon nach wenigen Stunden war er an der Endstation angekommen. Weiter fuhr der Zug leider nicht und nun fragte er sich: „Kauf ich eine neue Karte oder geh ich zu Fuß weiter?" Er wusste nicht warum, aber irgendetwas sagte ihm, er solle laufen und so beschloss er es dann auch. Er schlenderte aus der Stadt und ging weiter in westlicher Richtung. Nach etwa drei Kilometer kam er in einen Wald und da die Sonne inzwischen untergegangen war, war es dort auch ziemlich dunkel. Erst nach einigen Minuten gewöhnte er sich daran und konnte dann wieder einigermaßen etwas sehen.

Nach einer kleinen Weile kam er an einem Abhang vorbei. Er wollte kurz mal die Aussicht genießen, deshalb stellte er sich an die Kante. Sehr weit konnte man nicht sehen und außer Wald und einem kleinen Dorf in der Ferne, gab es auch groß nichts zu sehen. Eine Windböe traf ihn sachte von vorn und verleitete ihn dazu seine Augen zu schließen. Den frischen kühlen Wind genießend, legte er den Kopf in den Nacken, um ihn auch am Hals spüren zu können.

Er konnte die Stille des Waldes und den Wind mit jeder Faser seines Herzens spüren, doch plötzlich hörte er ein klagendes und entsetzliches Jaulen. Ohne groß darüber nachzudenken stürmte er in die Richtung, aus der er glaubte das Jaulen gehört zu haben und wenige Augenblicke später, folgte ein wesentlich lauteres Jaulen dem Ersten. Jetzt war er sich sicher, dass er in die richtige Richtung rannte und legte noch an Tempo zu. Ein drittes Jaulen ließ nicht lange auf sich warten und Reiga überlegte, was es sein könnte.

Die Wut stieg in ihm auf, als ihm eine Möglichkeit einfiel und diese sprach er dann auch aus: „Da quält jemand einen Hund!" Von Wut und Zorn angestachelt, erhöhte er noch weiter die Geschwindigkeit. Er sprang über Wurzeln und Steine, wich Bäumen und Büschen aus. Immer schneller wurde er und obwohl seine Lungen schmerzten und seine Muskeln brannten wie Feuer, rannte er immer weiter. Als dann das vierte Jaulen zu hören war, schien es schon ganz nahe zu sein. Er wich einem Baum aus und sprang durch eine Hecke, die er zu spät gesehen hatte. Als er wieder nach vorne schaute, traute er seinen Augen nicht. Reiga war völlig geschockt. Ein großer grauer Wolf lag auf dem Boden und blutete am rechten Hinterlauf stark aus einer Wunde. Dazu stand dort ein Wildschwein und schien den Wolf zu attackieren. Als das Wildschwein wieder ausholte und den Wolf rammte, ertönte ein ebenso entsetzliches Jaulen wie zuvor, nur diesmal natürlich noch lauter.

Das Jaulen des Wolfes durchzog Reigas ganzen Körper und setzte in ihm ungeahnte Kräfte frei. Er schrie sich die Seele aus dem Leib und stürmte auf das Wildschwein zu. Durch einen kräftigen Tritt gegen den Kopf, flog das Wildschwein gute drei bis vier Meter weit. Reiga stellte sich schützen vor den Wolf und starrte das Wildschein voller Wut und Zorn an. Natürlich ließ es sich davon nicht großartig beeindrucken. Schnell war es wieder zum Angriff bereit. Reiga wusste, dass er aus rein körperlicher Sicht keine Chance gegen dieses Vieh hatte. Ohne groß weiter nachzudenken, griff er sich einen großen Stein und wartete bis das Wildschwein nahe genug war. Mit all seiner Kraft schleuderte er den Stein und traf es am Kopf. Diese Tiere waren zwar sehr robust und feste gebaut, doch einem Stein hatten auch sie nichts entgegenzusetzen.

Vom Stein erschlagen lag das Wildschwein nun auf dem Boden und rührte sich nicht mehr. Reiga jedoch bemerkte erst jetzt die gewaltigen Schmerzen in seinem Körper und brach daraufhin stöhnend zusammen. Es dauerte eine ganze Weile, bis er sich wieder bewegen konnte und die Schmerzen der Anstrengungen halbwegs nachgelassen hatten. Er kniete sich vor den Wolf und schaute sich die Wunde an. Es war eine Schusswunde. Er konnte die Kugel sogar sehen. Sie war zum Glück nicht sehr tief eingedrungen. „Vermutlich kein gewollter Treffer, sonst wäre auch schon längst ein Jäger auf der Suche nach dir", stellte er fest und berührte mit der Hand vorsichtig das Bein. Dabei jaulte der Wolf auf und schnappte nach ihm.

Die Hand war das Einzige, was ihm noch nicht wehgetan hatte, aber jetzt tat auch sie weh. Reiga wich etwas zurück, sprach dann jedoch mit sanfter Stimme auf ihn ein: „Bitte. Du musst mir vertrauen. Ich muss die Kugel raus holen und die Wunde weiter versorgen, sonst wirst du sterben." Doch der Wolf zeigte ihm weiter die Zähne und knurrte vor sich hin. „Was mach ich jetzt nur? Ich kann dich hier nicht sterben lassen", fragte Reiga sich selbst, drehte den Kopf zur Seite und fuhr mit der Hand durch sein schwarzes Haar. Plötzlich hörte das Knurren auf und als Reiga sich wieder zu dem Wolf umdrehte, sah er, dass dieser ihn nur anschaute.

Mit geschlossenem Maul und einem merkwürdigen Blick, schaute der Wolf ihn an. ,,Bitte vertrau mir doch", flehte Reiga erneut, woraufhin der Wolf die Augen schloss und einmal kurz nickte. Reiga war überrascht, denn das hatte er natürlich nicht erwartet und fragte deshalb noch mal nach: „War das jetzt ein Ja?" Der Wolf legte sich auf die Seite, schaute weg und verhielt sich ruhig. Reiga war sich sicher, jetzt sein Vertrauen zu haben. Er holte die Verbandssachen und ein paar Medikamente aus seinem Rucksack und begann damit die Wunde vorsichtig zu säubern. Glücklicherweise blutete die Wunde nicht mehr so stark und er versuchte natürlich dem Wolf dabei keine Schmerzen zu bereiten, jedoch ließ sich das nicht immer vermeiden, sodass er hin und wieder ein kurzes Jaulen hörte.

Als er die Wunde so gut es ging gesäubert hatte, kam leider der schwierigste Teil dran. Er musste jetzt die Kugel raus holen. Zum Glück steckte diese nicht sehr tief drin. Er konnte sie sogar gut sehen und dass machte es natürlich erheblich leichter. Er erhob sich und holte im Wald einen kleinen dicken Stock. Der Wolf schaute ihm dabei zu und warf ihm einen fragenden Blick zu, als Reiga sich vor ihn kniete und ihm den Stock vor die Schnauze hielt. „Ich muss jetzt die Kugel raus holen und das wird bestimmt sehr wehtun. Beiß auf den Stock. Ich habe mal gehört, das würde vom Schmerz ablenken und es damit etwas erträglicher machen." Reiga hatte es nicht erwartet, dass er es machte, aber zumindest wollte er ihm diese Möglichkeit geben.

Der Wolf schaute ihn an und öffnete auch tatsächlich sein Maul. Als Reiga ihm den Stock ins Maul legte, biss der Wolf wirklich zu und behielt ihn auch ihm Maul. „Kann es sein, dass er versteht, was ich sage?", dachte Reiga sich kurz, während er sich wieder vor die Wunde kniete. Sanft sprach er: „Ich fang jetzt an und bitte denk daran, auch wenn es jetzt sehr wehtut. Ich mach das nicht um dich zu verletzen, sondern um dir zu helfen."

Vorsichtig betrachtete er noch mal kurz die Wunde. Ein kleines dunkles Loch in seinem rechten Hinterbein und im Zentrum davon steckte die Kugel, die er herausnehmen musste. Vorsichtig drückte er seinen Zeigefinger und den Daumen hinein. Der Wolf jaulte auf und man konnte hören wie der Stock zu bersten begann. Reiga tat alles, um es so schnell wie möglich zu Beenden. „Bitte halte durch! Ich habe sie gleich! Gleich ist es vorbei! Ich hab sie!!!", rief er und zog daraufhin vorsichtig seine Finger und damit die Kugel aus der Wunde raus. Mit einem letzten kleinen Ruck waren sie auch schon draußen, doch genau in diesem Moment zermalmte der Wolf den Stock in seinem Maul und verlor dabei das Bewusstsein.

Reiga legte die Kugel schnell bei Seite und machte sich daran die wieder blutende Wunde zu verbinden. Er musste einen guten Verband machen, denn es durfte auf keinen Fall wieder Dreck in die Wunde kommen. Gerade als Reiga fertig war, bekam er ein paar Wassertropfen ab. „Oh nein! Bitte jetzt keinen Regen", flehte er, überlegte kurz und erinnerte sich an eine nahe gelegene Höhle, die er beim Vorbeilaufen gesehen hatte. Schnell packte er seine Sachen zusammen und nahm den Wolf auf die Schulter. „Man ist der schwer. Ich glaube ich muss mein Zeug erst mal hier zurücklassen", murmelte er vor sich hin.

Reiga beeilte sich und trug den Wolf in die Höhle. Zum Glück war diese nur wenige Hunderte Meter entfernt. Er legte den Wolf auf den Boden, holte seine Sachen und dabei auch gleich das erschlagene Wildschwein. Er ging nochmal raus und holte auch einige Zweige, um daraus eine Unterlage für den Wolf zu machen.

Langsam machte der Wolf die Augen auf und bemerkte schnell den Druck an seinem Bein und den Geruch von Fleisch. Hastig versuchte er aufzustehen und begann zu jaulen. Schmerz zog durch sein Bein und wenige Sekunden später, spürte er Hände an sich. „Bitte leg dich wieder hin. Du darfst nicht aufstehen!", hörte er eine Stimme sagen und schaute sich daraufhin um.

Nachdem sich seine Augen erholt hatten und er wieder klar sehen konnte, erkannte er einen jungen Menschen, der vor ihm kniete und fing an zu knurren. Reiga ging wieder auf seinen Platz auf der anderen Seite des Feuers, schaute zu dem knurrenden Wolf rüber und fragte: „Erinnerst du dich etwa nicht? Du lagst im Wald mit einer Schusswunde und wurdest von einem Wildschwein angegriffen. Ich habe das Wildschwein erschlagen und deine Wunde behandelt. Hast du es wirklich vergessen?"

Langsam kamen die Erinnerungen zurück. Das Knurren hörte auf und wenige Sekunden später sah Reiga wie jede Anspannung im Körper des Wolfes zu verschwinden schien. Vorsichtig bewegte der Wolf seinen Kopf und schaute sich um. „Ich habe dich hier in die Höhle getragen, weil es angefangen hat zu regnen. Hast du Hunger? Ich hab das Wildschwein auseinander genommen und über dem Feuer gebraten", fragte Reiga, nahm ein großes Stück Fleisch und legte es vor den Wolf. Dieser starrte kurz sabbernd auf das Fleisch, konnte sich jedoch kaum bewegen und so nicht richtig fressen. Als Reiga das sah, erhob er sich wieder und setzte sich langsam neben den Wolf, um ihn nicht zu erschrecken. Er nahm das Fleisch, schnitt immer wieder kleinere Stücke ab und legte sie dem Wolf vorsichtig ins Maul. Dieser war dafür unendlich dankbar und lies sich das Fleisch schmecken.

Nachdem der Wolf sich satt gefressen hatte, sprach Reiga: „So und jetzt schlaf bitte. Du musst viel schlafen, damit du zu Kräften kommst und deine Wunde anständig verheilen kann. Ich werde bei dir bleiben, bis du wieder gesund bist und für dich selbst sorgen kannst." Den Wolf schien das berührt zu haben, denn er leckte einmal kurz über Reigas Hand und schaute ihn aus liebevollen Augen an. Irgendwie wusste Reiga, was das heißen sollte und antworte ihm: „Schon gut. Das mach ich doch gern für dich. Schlaf jetzt." Reiga streichelte ihm noch über den Kopf bis er eingeschlafen war, dann ging er wieder auf seinen Platz zurück und legte sich ebenfalls schlafen.

Durch ein kurzes Kläffen wachte Reiga am nächsten Tag auf und sah wie sich der Wolf scheinbar verkrampfte. „Was machst du da? Was ist mit dir?", fragte er besorgt. Ein Japsen folgte und kurz darauf entspannte er sich wieder. Der Wolf schien irgendwie erleichtert, aber auch beschämt zu sein. Er schnaubte einmal kurz und legte dabei wieder den Kopf auf die Blätterunterlage. Reiga wunderte sich und fragte: „Was hatte das gerade für einen Sinn?" Wenige Sekunden später bekam er eine Antwort, jedoch eine andere als erwartet. Er bemerkte einen üblen Geruch in der Höhle und musste sich die Nase zuhalten. „Verdammt - was stinkt hier so?", fragte er und als sich der Wolf die Pfote über die Schnauze legte und anfing zu winseln, ahnte Reiga es schon. Er ging um den Wolf herum und sah was kommen musste.

Reiga nahm die Hand von seiner Nase und streichelte dem Wolf über den Kopf, während er ihn dabei versuchte zu beruhigen: „Dafür musst du dich doch nicht schämen. Das ist doch völlig normal, dass so was passieren kann. Du kannst dich ja nicht bewegen. Ich mach es weg, das ist doch kein Problem. Komm - beruhig dich wieder."

Der Wolf konnte nicht anders. Er hörte zwar auf zu winseln, behielt jedoch die Pfote über den Augen. Während Reiga den Haufen des Tieres entfernte und ihn säuberte, überlegte er wie es in Zukunft in diesem Punkt weitergehen sollte. Als er alles sauber hatte, holte er im Wald einige dicht gewachsene Zweige. Sachte hob er das Hinterteil des Wolfes an und legte ihm einen der Zweige unter. „So, wenn du das nächste Mal musst, dann brauchst du es nur laufen zu lassen. Den Zweig kann ich leicht austauschen, so geht es am Einfachsten, aber mach dabei bitte deinen Schweif hoch. Du versaust dir sonst wieder dein schönes Fell", erklärte Reiga schließlich.

Der Wolf hingegen behielt noch immer seine Pfote auf der Schnauze. Reiga setzte sich neben ihn und streichelte ihm über den Kopf. „Ach komm schon. Wie soll ich denn deine schönen Augen bewundern, wenn du sie unter deiner Pfote versteckst?", sprach er mit sanfter Stimme und versuchte erneut den Wolf damit zu beruhigen. Nur langsam nahm er die Pfote runter, traute sich aber dennoch nicht Reiga anzuschauen.

„Na geht doch. Du brauchst dich wirklich nicht vor mir dafür zu schämen. Überleg doch mal - wenn du mir egal wärst, dann hätte ich dich auch nicht vor dem Wildschwein gerettet oder dir das Fleisch klein geschnitten. Ich werde alles für dich tun, wenn du mir versprichst, dass du dich nicht vor mir schämst und dich nur darauf konzentrierst wieder gesund zu werden. Bist du damit einverstanden?", erwiderte er, hielt dabei dem Wolf die offene Hand vor und wartete darauf, dass dieser sie annahm.

Der Wolf hatte nun mal seinen Stolz, doch den, begriff er, galt es jetzt erst mal zu vergessen. Nur zögerlich hob er den Kopf und schaute in Reigas Augen, dann legte er seine Pfote in Reigas offene Hand und nickte einmal kurz. Dieser freute sich darüber und entgegnete: „Schön, dass du dich dafür entschieden hast. Obwohl ich es sowieso gemacht hätte, aber mit deinem Okay freut es mich mehr. Jetzt schlaf bitte noch ein bisschen, während ich uns etwas zu essen besorge." Er streichelte dem Wolf nochmal über den Kopf und ging danach aus der Höhle raus. Der Wolf schaute ihm noch kurz hinterher und legte sich dann schlafen.

Reiga war schon seit über einer Stunde unterwegs und suchte nach kleineren Tieren. Er war zwar sehr tierlieb und auch kein besonders guter Jäger, aber schließlich konnte er einem Wolf kein Butterbrot geben. Er suchte und suchte, doch er fand nichts.

Nachdem Reiga fast zwei Stunden unterwegs war, hatte er die Schnauze voll. „Mir reicht's! Ich geh jetzt in das Dorf und kauf einfach was!", schnaubte er und ging los. Im Dorf angekommen stattete er dem Metzger einen Besuch ab und kaufte dort die kleinste Hirschkeule für knapp 14€. Er wollte gerade wieder aus dem Dorf raus gehen, da sah er eine Apotheke und überlegte kurz: „Ich hab die Wunde zwar sauber gemacht, aber wenn doch was passiert? Ich hab nicht die richtigen Medikamente um..." Noch bevor er den Gedanken zu Ende geführt hatte, war er auch schon in der Apotheke und fragte die Frau an der Kasse: „Hallo. Mein Hund wurde angeschossen. Ich hab die Kugel entfernt, die Wunde gereinigt und verbunden. Ich hab aber Angst, dass sie sich entzünden könnte. Was kann ich für Medikamente bekommen, um dem entgegenzuwirken?"

Die etwas ältere Dame an der Theke antwortete: „Was hat denn der Tierarzt gesagt?" „Nichts. Ich kann mir keinen Tierarzt leisten", erwiderte Reiga direkt. Die Frau überlegte kurz und fragte dann aber: „Das heißt, du hast die Kugel wirklich selbst entfernt?" „Ja. Können sie mir nun helfen oder nicht? Ich will ihn nicht zu lange alleine lassen", antwortete Reiga ihr etwas nervös. Die Apothekerin musterte ihn kurz und holte schließlich einen Stoffbeutel hervor. In diesen packte sie einige Medikamente aus den Regalen rein. Sie suchte noch nach anderen Sachen, die sie hineinsteckte und ging dann in den hinteren Teil der Apotheke.

Erst nach fast zehn Minuten kam sie zurück. Reiga wollte schon gehen, hatte aber doch gewartet. Die Frau kam mit einem leichten Lächeln wieder an die Theke, gab ihm den Stoffbeutel und erwiderte auf seinen fragenden Blick: „Bitteschön. In diesem Beutel ist alles was du brauchst. Ich wünsch deinem Hund gute Besserung und dir noch einen schönen Tag." Etwas überrumpelt und verwirrt fragte er nur: „Aber was ist mit...?" Doch die Frau fiel ihm ins Wort und entgegnete direkt: „Ist schon okay. Auf wiedersehen." Reiga begriff, dankte ihr noch und verabschiedete sich, während er die Apotheke verließ.

Der Fußmarsch bis zur Höhle dauerte mit der Hirschkeule auf der Schulter und den anderen Sachen etwa 40 Minuten. Als er endlich da war, freute es ihn zu sehen, dass der Wolf noch auf seinem Platz lag und anscheinend auch noch schlief. Er bemühte sich leise zu sein, um ihn nicht zu wecken und machte schnell das Feuer wieder an. Die Hirschkeule musste er zum Glück nur darüber hängen, gelegentlich drehen, aber ansonsten eigentlich nur warten.

Währenddessen schaute er in den Beutel der Apothekerin rein und entdeckte allerlei nützliche Sachen. Ein ganzes Din A4 Blatt vollgeschrieben mit verschiedenen Anweisungen war auch dabei. „Ach deswegen ist sie nach hinten gegangen", dachte er sich und ging dabei weiter die Sachen in dem Beutel durch. Antibiotika, Schmerzmittel, Entzündungshemmer, Salben, eine Schere, eine kleine Dose mit Vaseline, ein elektronisches Thermometer und Zäpfchen gegen Fieber. „Ich glaube, wenn ich ihm die Dinger geben muss, dann beißt er mir wieder in die Hand. Na ja, ich hoffe sowieso, dass ich das alles hier nicht brauche. Mal sehn was auf dem Zettel steht", dachte Reiga sich und begann still zu lesen:

Hallo mein Junge!

Damit du die Medikamente zum richtigen Zeitpunkt und auch korrekt benutzt, habe ich hier ein paar Anweisungen und Hilfestellungen aufgeschrieben:

1. Ich hoffe, dass du das Fell um die Wunde wegrasiert oder zumindest kurz geschnitten hast, wenn nicht, mach das als erstes und so schnell wie möglich!

2. Reib' die Salbe aus der gelben Tube auf den Verband an die Stelle wo er auf der Wunde liegt, aber nur dünn, nicht zu viel nehmen.

3. Gib ihm morgens und abends jeweils eine Tablette von den entzündungshemmenden Medikamenten (rote Schachtel mit weißem Streifen) und die Schmerztabletten (gelbe Schachtel mit weißen Streifen).

4. Mit dem Thermometer musst du jeden Abend seine Temperatur messen, auch wenn es ihm nicht gefällt. Zur Not musst du ihn dazu zwingen und am besten wäre es, wenn in diesem Fall noch eine zweite Person zum Festhalten des kleinen Patienten da ist. Temperatur messen: Reib die Spitze des Thermometers mit der Vaseline ein und führe es vorsichtig 2-3 cm in seinen After (Darmausgang) ein. Die Temperatur darf nicht erhöht sein, dass wäre das erste Anzeichen einer Entzündung. Da die Normaltemperatur eines Hundes höher ist, als die des Menschen, hier noch vorsichtshalber einige Daten:

- normal: 37,5 - 39 °C

- Fieber: 39,5 °C und mehr

- 41°C und mehr ist höchste Lebensgefahr!!!

5. Sollte er Fieber bekommen, also mehr als 39 °C haben, dann musst du ihm ein Zäpfchen geben. Lass dir dabei am besten auch von jemandem helfen. Ist niemand da, dann musst du versuchen ihn zu überrumpeln. Das heißt, wenn er es am Wenigsten erwarten, schiebst du es ihm vorsichtig in den After und hältst den mit dem Schweif zu, damit er es nicht wieder raus drücken kann. Das Zäpfchen vorher natürlich auf jeden Fall mit etwas Vaseline einreiben!

6. Geht das Fieber nicht runter, musst du anfangen ihm die Antibiotika zu geben (blaue Schachtel). 39 - 40°C eine Tablette morgens und abends, wenn es mehr als 40°C sind und die Wunde merkwürdig aussieht und faulig riecht, dann gib ihm eine Tablette morgens, mittags und abends! Geht es ihm nach ein-zwei Tagen immer noch nicht besser, dann bring ihn auf jeden Fall zu einem Tierarzt! Die werden ihm helfen, auch wenn du nicht bezahlen kannst.

So, dass war jetzt alles. Ich bin mir sicher, es wird nichts Schlimmes passieren, aber so bist du zumindest gut vorbereitet. Grüß deinen Hund lieb von mir. Ich wünsche ihm gute Besserung!!!

Liebe Grüße von deiner Apotheken-Fee Frau Marian.

„Okay, das hätte ich nicht erwartet", dachte Reiga sich und legte den Zettel bei Seite. Er machte sich daran die Wunde besser zu versorgen. Nachdem er vorsichtig den Verband entfernt hatte und die offene Wunde betrachtete, fiel ihm etwas auf. „Die sieht nicht entzündet aus und faulig riechen tut sie auch nicht", dachte er sich und betrachtete die Wunde noch kurz, bevor er sich daran machte das Fell um die Wunde herum mit der Schere wegzuschneiden.

Während er das tat, bemerkte er auch warum es notwendig war, denn einige Haare waren bereits in der Wunde. Mit viel Vorsicht zog er diese raus und löste leider dadurch ein kurzes Jaulen aus. „Bitte entschuldige. Ich muss die Wunde neu versorgen damit sie sich nicht entzündet. Ich bin gleich fertig. Versuch am besten weiter zu schlafen", flüsterte er dem Wolf leise zu. Dieser war über Reigas Worte sichtlich erleichtert, denn er hatte schon befürchtet, dass die Wunde wieder anfangen würde wehzutun. Als Reiga das Fell soweit weggeschnitten hatte wie es ging, legte er dem Wolf einen neuen Verband mit der Salbe an.

Inzwischen war das Fleisch auch schon fast soweit und nachdem er sich satt gegessen hatte, wartete er darauf, dass der Wolf wach wurde. Er hätte ihn auch wecken können, aber das wollte er einfach nicht. Reiga setzte sich neben ihn und streichelte ihm über den Kopf und den Rücken.

„Ein so wunderschönes Tier. Ich freue mich darauf dich durch den Wald flitzen zu sehen, auch wenn das dann heißt, dass ich dich nie wiedersehe", dachte er sich und kam dadurch den Tränen nahe. „Warum? Warum weine ich, wenn ich daran denke das du bald weg bist?", fragte er sich in Gedanken und plötzlich kamen die alten Fragen wieder in ihm hoch: „Was zieht mich? Wohin zieht es mich? Wann - aber - es zieht mich nicht!"

Reiga erschrak und stand ruckartig auf. Völlig hektisch lief er in der Höhle hin und her, dachte über alles nach und kam nur zu einem logischen Ergebnis. Der Wolf wachte durch diesen Tumult natürlich auf und schaute Reiga beim Auf- und Ablaufen zu.

Dieser bemerkte ihn kurz darauf und ging vor ihm auf die Knie, um auf dessen Augenhöhe zu sein, dann sprach er: „Seit über einem Jahr laufe ich nun von Stadt zu Stadt und völlig ziellos in der Welt umher. Ich spürte etwas, das mich zog. Eine Kraft, die mir sagte, was ich wann und wo machen sollte. Sie zog mich überall hin, aber jetzt zieht mich nichts mehr! Die ganze Zeit hatte ich nur drei Fragen im Kopf, auf die ich nie eine Antwort fand und jetzt kenne ich die Antworten. Die Antwort bist du! Du hast mich hierher gezogen. Du hast mich die ganze Zeit geleitet und letzten Endes zu dir hierher geführt. Nun da ich das alles jetzt weiß, drängen sich mir einige neue Fragen auf. Warum? Warum hast du mich zu dir gezogen? Warum bin ich hier? Sollte ich dich nur vor dem Tod bewahren? Warum kommen mir die Tränen, wenn ich daran denke, dass du bald wieder weg bist? Was stimmt nicht mit mir, dass ich mich sosehr zu dir hingezogen fühle?"

Der Wolf sah Reiga nur wartend an und schien genau zu verstehen, was dieser sagte. Er drückte daraufhin seine Schnauze unter Reigas Hand und lies ein kurzes Murren von sich hören.

Reiga sah ihm dabei zu und erwiderte: „Oh man - bitte entschuldige. Ich wollte dich nicht anmachen. Was kannst du schon dafür, dass ich nicht mehr alle Tassen im Schrank habe." Er kraulte dem Wolf kurz über den Kopf und fragte: „Hast du Hunger? Das Hirschfleisch ist schön saftig und zart." Der Wolf leckte sich über die Lefzen und gab ihm damit die Antwort. Reiga schnitt das Fleisch wieder in kleine Stücke und gab sie dem Wolf. Die Tabletten waren natürlich in einem der Stücke versteckt, so musste er sich damit schon mal keine Arbeit mehr machen, jedoch war da ja noch etwas.

„Hör mir mal bitte zu, mein Hübscher. Ich war ja Fressen holen und habe dabei auch noch ein paar Medikamente für dich geholt. Jetzt hat mir die Apothekerin aber noch dieses Fieberthermometer mitgegeben und hier auf den Zettel geschrieben, dass ich unbedingt deine Körpertemperatur jeden Abend messen soll. Ich muss es machen, weil, wenn sie erhöht ist, dann ist das ein Anzeichen dafür, dass du eine Entzündung bekommst. Ich werde jetzt also, wenn du erlaubst, dir dieses Ende des Thermometers unter den Schweif schieben und dort kurz stecken lassen. Wenn das Gerät piepst, ziehe ich es wieder raus. Bitte darf ich? Es ist wirklich wichtig und nur zu deinem Besten", fragte er.

Der Wolf schaute ihn weiter an und nickte ihm dann kurz zu. „Danke. Es wird vielleicht etwas unangenehm sein, aber es wird nicht wehtun, keine Angst", versicherte Reiga ihm und machte sich ans Werk. Er rechnete jede Sekunde damit von dem Wolf etwas zu hören, doch dieser lies alles eisern über sich ergehen und gab keinen Mucks von sich. „38 - völlig in Ordnung", verkündete Reiga fröhlich und kraulte dem Wolf über den Kopf, während er hinzufügte: „Das hast du toll gemacht. Danke." Dieser war schon wenige Minuten später eingeschlafen und auch Reiga legte sich dann schlafen. So vergingen die Tage ohne große Vorkommnisse und selbst die Jagd von Reiga verlief hin und wieder besser. Mal gab es einen Hasen, mal sogar ein kleineres Reh oder ein Schwein.

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